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746 PAPIER-ZEITUNG Nr. 20 Abzüge vom Gehalt des Werkmeisters 5104. Frage: 1. Darf laut Gesetz einem Werkmeister, der wöchentliche Entlohnung erhält, und der zur Zeit im gekündigten Verhältnisse steht, etwa eintretende stundenweise Versäumnis, die durch Unwohlsein oder durch Konsultation eines Spezialarztes im benachbarten Orte entstehen, von der Entlohnung in Abzug gebracht werden? 2. Gestattet das Gesetz weiter, ein stundenweises Fort bleiben in jeder Woche, um sich nach anderer Stellung umzusehen, ohne daß ebenfalls hieraus ein pekuniärer Schaden entsteht? Ist der Arbeitgeber berechtigt, diese Versäumnisse in Abzug zu bringen? Antwort: 1. Nach § 616 BGB darf der Dienstgeber dem Dienstnehmer nichts vom Gehalt abziehen, wenn dieser aus Gesundheitsrücksichten seinen Dienst für kurze Zeit unter brechen muß. 2. Nach § 629 BGB muß der Dienstgeber dem Dienst nehmer nach der Kündigung angemessene Zeit zum Aufsuchen eines anderen ArbeitsVerhältnisses gewähren. Das Gesetz sagt nichts darüber, ob der Dienstgeber berechtigt sei, für die hierbei versäumte Arbeitszeit Lohnabzüge zu machen, aber bei in Wochenlohn stehenden Angestellten sind derlei Abzüge nicht üblich, solange die Versäumnisse wie oben in ange messenen Grenzen bleiben. Goldschnitt von Büchern 5105. Frage: Wie beugt man dem Kleben von Goldschnitten bei Büchern mit Kunstdruckpapier vor? Die Schnitte gelingen tadellos, werden aber nachher die Bücher aufgemacht, so kleben an vielen Stellen die Blätter zusammen. Nach dem Losmachen ist der Schnitt voll kleiner Fasern und verliert sein ganzes Aussehen. Antwort eines Fachmannes: Bei Büchern mit Kunstdruckpapier, die Goldschnitt er halten sollen, stäubt man die Schnitte vor dem Einpressen mit Talkum ein und klopft sie dann ab, damit das überschüssige Talkum abfällt. Nach dem Schaben reibt man sie mit dickem Vergolderweiß ab, und behandelt dann die Schnitte wie ge wöhnlich. Vertretung 5106. Frage: Vor Ablauf des vorigen Jahres waren in Ihrer Zeitung mehrmals »Vertreter«-Gesuche enthalten, und auf eines dieser Gesuche für hiesigen Bezirk meldete ich mich. Mein Bewerbungsschreiben war vom 26. Dezember 08 datiert mit dem Bemerken, daß ich die Tour mit 1. April 1904 beginnen würde, da ich bis zu diesem Zeitpunkt an meine jetzige Stellung gebunden sei. Daraufhin wurden mehrere Briefe gewechselt betreffs der Provisionsbedingungen, über die beider seitige Einigung erzielt wurde, ferner mußte ich meine Photographie einsenden, welche die Firma heut noch im Besitz hat. Gleich nach dem Wechsel der ersten Briefe wurde ich aufgefordert, mich vorzu stellen, was ich jedoch wegen des. drängenden Geschäftsganges nicht tun konnte. Vor 14 Tagen habe ich dieser Bedingung Folge geleistet. Bei dieser Vorstellung teilte mir der Chef mit, daß er jetzt einen Reisenden in meinen Bezirk senden müsse, um diesen zu bearbeiten, ich solle an meinem hiesigen Wohnort den Reisenden bei der Kund schaft einführen, um nachzuweisen, daß ich auch gut eingeführt sei. Ebenso möchte ich dem Reisenden meine Kommissionsbücher vor legen, da ich diese nicht mitgebracht habe, damit er sich über die erzielten Umsätze orientieren könne. Vor meiner Vorstellung sandte mir die Firma auch eine kleine Musterkollektion, ich gewann also auch daraus die bestimmte Meinung eines Engagements. Nun erst, da ich .mich dagegen verwahrte, daß der Reisende einige Wochen vor meinem Antritt die ganze Tour bearbeiten soll, und daß ich das Geschäfts geheimnis der vorigen Firma durch Vorlegung ihrer Kommissions bücher brechen solle, schreibt mir die Firma, daß sie auf meine Ver tretung verzichte. Darf ich von der Firma mit gutem Recht eine Entschädigung fordern, da ich nunmehr durch die Entziehung der Ver tretung beschäftigungslos bin? Eine andere Vertretung im gleichen Geschäftszweig hatte ich abgelehnt. Darf ich mit ebenso gutem Recht die verursachten Reisespesen 3. Klasse von 17 M. 60 Pf. für Hin- und Rückreise verlangen? Antwort: Es erscheint fraglich, ob ein Anstellungsver- trag zustande gekommen ist. Der Geschäftsherr wollte viel leicht nur mit Hilfe des Fragestellers die Kundenliste des jenigen Geschäfts, in dem Fragesteller bisher tätig war, aus kundschaften. Wäre Fragesteller als Vertreter vom 1. April ab angestellt worden, so hätte er auf Grund der Aufforderung der neuen Firma, er solle während seiner Dienstzeit beim alten Geschäft das neue unterstützen und die Kundenliste vorlegen, vom Vertrag zurücktreten und Gehalt bis Ende Juni bean spruchen können, denn die Aufforderung zu strafbaren Hand lungen seitens des Geschäftsherrn ist ein wichtiger Grund im Sinne des Handelsgesetzes zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Der Geschäftsherr kann behaupten, er wollte den Frage steller nur anstellen, wenn dieser dem Reisenden die geforderten Nachweise geliefert hätte. Da aber diese Forderung gesetz- widrig war und vom Geschäftsherrn erst nachträglich gestellt wurde, so kann Fragesteller auf Grund des § 826 BGB vom Geschäftsherrn Schadenersatz fordern. Denn der Geschäftsherr hat gegen die guten Sitten verstoßen, als er den Fragesteller zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen verleiten wollte, und hat ihm vorsätzlich Schaden zugefügt, indem er ihn zu Reise spesen und zur Ablehnung einer anderen Stelle veranlaßte, ohne ihn darüber aufzuklären, daß er seine neue Stellung nur durch eine strafbare Handlung erlangen könne. Fragesteller kann als Schaden die Reisespesen und denjenigen Betrag fordern, den er als Vertreter während eines Vierteljahrs vor aussichtlich verdient hätte. Er muß aber hiervon den Betrag abziehen, den er etwa bei Erhalt einer neuen Stelle während dieser Zeit verdient. Schrenz 5107. Frage: Mit dem Altpapier-Händler X. in A. habe ich eine Differenz bekommen und bitte um Ihren guten Rat. X. will meinen Vorschlag, daß sich beide Parteien Ihrem Urteilspruch unterwerfen sollen, nicht annehmen. Am 18. Oktober 1903 bot mir X. laut bei folgender Karte 100 Ztr. Schrenz und Papier zu 3 M. 75 Pf., Bastlumpen 4 M. die 100 kg franko an. Darauf schrieb ich ihm am 19., daß er mir die angebotene Ladung Abfälle in 14 Tagen senden könne, die Bastlumpen könne ich aber nicht brauchen. Da ich seit einigen Jahren nur Papier abfälle von X. erhalte, er auch nie etwas anders angeboten hat, so nahm mein Korrespondent an, daß die Abfälle durchweg Papierabfälle seien. Die Ladung Abfälle kommt an, und es waren etwa 40 Ztr. kleine Lumpenstückchen dabei. Ich stellte die Ladung d. h. die 40 Ztr. Lumpen sofort zur Verfügung, worauf mir X. antwortete, daß er mit Schrenz die Lumpen gemeint habe und die Sendung auf keinen Fall zurücknehmen wolle; trotz verschiedenen Hin- und Herschreibens bleibt er auf seinem Standpunkt stehen. Ich habe nun die 40 Ztr. Lumpen an seine Adresse zurückgesandt, X. hat die Annahme verweigert und die Lumpen einem Spediteur auf Lager gegeben. Ich bin der festen Meinung, daß man unter Schrenz doch Lumpenpapier versteht und keine Lumpen. Der Händler sagt doch auch stets für Schrenzpapier einfach Schrenz; dem nach mußte ich doch annehmen, daß mir Schrenzpapierabfälle und keine Lumpen geliefert würden. Antwort: Das Angebot des Händlers lautet: »Habe in Ladung 100 Ztr. Schrenz und Papier zu 3 M. 75 Pf., Bastlumpen 4 M., 100 Kilo franko Y.« Hiernach konnte Fragesteller annehmen, daß der Händler sowohl Schrenz wie Papier, die er durch das Bindewort »und« als verschiedene Waren kennzeichnet, in 100 Ztr. Ladungen ab zugeben hat. Indem Fragesteller Abfälle bestellte, mußte der Händler annehmen, daß Papierabfälle gewünscht sind, denn erstens werden Schrenzlumpen im Handel nicht kurzweg als Abfälle bezeichnet, und zweitens hat Fragesteller beim Händler in viel jähriger Geschäftsverbindung lediglich Papierabfälle und keine Lumpen gekauft. War aber trotzdem der Händler im Zweifel darüber, was er schicken sollte, so mußte er vom Fragesteller eine genauere Erklärung des Wortes »Abfälle« fordern, keines falls war er berechtigt, eine gemischte Ladung zu senden und diese willkürlich aus 60 Ztr. Papierabfällen und 40 Ztr. Schrenz lumpen zusammenzusetzen. Fragesteller war nicht berechtigt, die infolge Mißverständnisses gesandten 40 Ztr. Schrenzlumpen zurückzusenden, sondern hätte sie nach Handelsbrauch zur Verfügung stellen und auf Kosten des Verkäufers in seiner Fabrik oder bei einem Spediteur seines Wohnorts einlagern müssen. Unseres Erachtens würde der Streitfall auf billige Weise gelöst, wenn Fragesteller für die zurückgesandten 40 Ztr. Schrenzlumpen 40 Ztr. Altpapier beim Händler kaufte und bei nächster Gelegenheit bezöge, außerdem aber die halbe Hin- und Rückfracht für die zurückgesandten 40 Ztr. Schrenzlumpen bezahlte. Das Wort »Schrenz« bedeutet übrigens nicht nur gewöhnliches Packpapier oder minderwertigen Papier-Abfall, sondern auch billigste Lumpen, die zur Herstellung von gewöhnlichstem Packpapier (Schrenzpapier) geeignet sind. Es empfiehlt sich daher, das vieldeutige Wort in Verträgen nicht ohne erläuternden Zusatz anzuwenden. Torfpappe 5108. Frage: Inliegend sende ich Ihnen 2 Pappenmuster, welche aus 50 pOt. Lederpappenabfällen und 50 pOt. Torf gefertigt sein sollen. Ich bitte um Ihre Ansicht, ob sich dies so verhält. Antwort: Um diese Frage annähernd richtig beantworten zu können, müßte man mikroskopische Faserzählungen in Teil chen der Pappenmuster vornehmen. Derartige Arbeiten über lassen wir den Papierprüfungsanstalten. Aus der Brüchigkeit der Pappenmuster schließen wir jedoch, daß sie einen ziemlichen Prozentsatz von Torffasern enthalten, wodurch die Pappe wahr scheinlich in höherem Maße verschlechtert als verbilligt wurde.