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Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 745 Bütten- oder Maschinenpapier? 5098 Frage: Als Konkurs-Verwalter der X’schen Papierfabrik er suche ich Sie um Ihr Urteil in folgender Streitangelegenheit. Abschriften der Korrespondenz lege ich bei: Der Geschäftsführer und Betriebsleiter der Fabrik verkaufte anläßlich seines Besuches an die Firma Y. ca. 1000 Kilo fein weiß Kanzleipapier mit Schöpfrand an 2 Seiten, 44x68 cm, 31/82 Kg die 1000 Bogen plano, Farbe bezw. Weiße, Griff und Festigkeit nach dem von ihr übergebenen Muster, das ich beilege und mit G bezeichne. Dieses Muster ist ein Handpapier, während der Geschäftsführer die Firma besonders darauf aufmerksam machte, daß er das Papier auf der Papiermaschine herstelle. Der Firma Y. war also bekannt, daß sie kein Handpapier, sondern Maschinenpapier bekomme. Nach der Fertigstellung wurden der Firma Y. auf ihr Verlangen Ausfallmuster gesandt, worauf sie die ganze Fabri kation zurückweist, da das Papier in Farbe, Qualität und Griff ihrem s. Zt. übergebenen Muster zwar nicht nachstehe, aber den Charakter als Handpapier entbehre, weshalb sie die Ware nicht gebrauchen könne. Ich erachte-nach Obigem eine Verfügungsstellung für völlig unberechtigt. Antwort: Die Bestellprobe hat Schöpfrand an 4 Seiten, die Lieferung nur an 2 Seiten. In Qualität und Glätte steht die Lieferung der Bestellprobe nicht nach. Wenn Besteller wußte oder vor Abschluß des Vertrags davon in Kenntnis gesetzt war, daß das Papier auf der Maschine angefertigt würde, so muß er es abnehmen. Ob dies aber der Fall ist, läßt sich auf Grund einseitiger Darstellung nicht beurteilen. Der Richter kann Zeugen vernehmen und auf jede von ihm beliebte Art den Willen der Parteien bei Abschluß ermitteln. Abziehpapier. Unverbrennbares Papier 5099. Frage: 1. Anbei sende ich Ihnen einen Bogen Gestell abzüge mit der Bitte festzustellen, worauf der Fehler beruhen könnte. Vor Jahresfrist lieferten wir an eine Firma in L. solche Abzüge. Jetzt schreibt dieselbe, daß das Papier schwer abzieht, während es früher gut abgezogen hat. Liegt der Fehler im Aufstrich, in der Druckfarbe oder in sonstiger Verarbeitung? 2. Könnten Sie mir ein Mittel angeben, welches Papier un verbrennbar macht? Antwort: 1. Wir übergaben das Abziehpapier einer be freundeten angesehenen Firma, die solche Waren herstellt, zur Prüfung. Diese antwortete uns, daß sie den Fehler, der die Ursache des Versagens des Papiers bildet, nicht finden könne. Wir selbst haben darüber keine Erfahrungen. 2. Unverbrennbar ist nur Papier, welches aus Asbestfasern hergestellt ist (Asbestpapier). Gewöhnliches Papier kann man schwer verbrennbar machen durch Tränken oder Bestreichen mit Lösungen mineralischer Salze. Verwertung von Verfügungsware 5100. Frage: Ich lieferte an einen Kunden Drucksachen. Hier von wurden mir 5000 zurückgeschlagen wegen eines geringfügigen Druckfehlers. Nun verbietet mir der Besteller die Drucksachen zu Klebadressen umzuarbeiten, weil seine Firma darauf sei, zum Teil auch sein Klischee. Ich verlangte Vergütung des Papierwertes, andernfalls kann ich doch mit meiner Ware nach Belieben verfahren? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Der vom Fragesteller zurückgenommene Teil der Lieferung ist sein Eigentum geworden und unterliegt daher seiner freien Verfügung. Dieses Verfügungsrecht erleidet jedoch insoweit eine Einschränkung, als dadurch in das Firmenrecht des Bestellers eingegriffen würde. Ein solcher Eingriff wird im Sinne des § 37 HGB. darin zu finden sein, daß der Aufdruck der Firma des Bestellers von dem Fragesteller im Geschäftsbetriebe, ins besondere nach außen hin, verwendet wird. Gegenüber einer solchen Verwendung kann der Besteller auf Unterlassung und bei Nachweis eines Schadens auch auf Schadenersatz klagen. Ob das Gleiche vom etwaigen Gebrauche des Klischees gilt, hängt von dem dargestellten Gegenstand ab. Steindruck-Papier 5101. Frage: Ich bestellte Naturkarton laut einliegender Probe, jedoch schwerer, druckfähig für 12 Farben für Steindruck. Geliefert erhielt ich einen Karton laut beifolgender Probe 2, welcher schon bei der dritten Farbe so auseinanderging, daß er nicht mehr zum Passen zu bringen war. Weicht das gelieferte Papier derartig von der Probe ab, daß ich es mit Erfolg zur Verfügung stellen kann! Antwort: Das beanstandete Papier stimmt — abgesehen von der Glätte — mit dem Kaufmuster gut überein. Nur durch außerordentlich sachkundige Verarbeitung wird es möglich, selbst bestes Steindruckpapier von vorliegender Größe (110x140 cm) so zu verdrucken, daß es sich während mehr fachen Bedruckens nicht dehnt. Das Papier muß z. B. vor dem Verarbeiten längere Zeit in dem Druckraume lagern und Temperatur sowie Feuchtigkeit dieses Raumes annehmen. Auch sollen Wärmegrad und Feuchtigkeitsgehalt der Luft im Druck raum möglichst gleichmäßig sein. Fragesteller kann das Papier mit Aussicht auf Erfolg nur dann beanstanden, wenn er Papier von gleicher Glätte wie Vorlage bestellt hat, und das gelieferte Papier auch in unbedrucktem Zustand so rauh ist wie der uns vorgelegte, mit drei Farben bedruckte Bogen. Ob das gelieferte Papier wesentlich mehr mineralische Be schwerungsstoffe enthält als das Kaufmuster, läßt sich durch genaues Abwiegen der weißgebrannten Asche von gleich schweren Stücken beider Papiersorten ermitteln. Gegen Abbildung geschütztes Gebäude? 5102. Frage: Bin ich berechtigt, beifolgende Postkarte in den Handel zu bringen? Den Sachverhalt ersehen Sie aus beiliegenden Briefen. Die Karte ist landschaftlich gehalten, und aus der Landschaft läßt sich doch das im Briefwechsel erwähnte Gebäude nicht hinweg bringen. S. brachte bisher noch keine Karte in den Handel. Das Ge bäude ist Privat-Eigentum. Kann ich das Gebäude für sich auf Ansichtskarten bringen, ohne gegen angebliche Rechte des S. zu verstoßen, z. B. Text »Bad K., Straße«, wie ich Ihnen eine solche Karte von meiner Kon kurrenz beifüge? Oder kann Musterschutz auf irgend eine Art Karten und Ansichten genommen werden, wie man nach dem Brief von S. an nehmen muß? Antwort: Ansichtskarten Verleger S. am Wohnort des Fragestellers schrieb diesem folgenden Brief: Hierdurch teilen wir Ihnen mit, daß wir, nach einem mit Herrn Direktor Dr. X. getroffenen Abkommen, Musterschutz auf die von dem neuen Institutgebäude herzustellenden Ansichts-Postkarten und sonstigen graphischen Vervielfältigungen in jedem Arrangement, auch auf Karten mit anderen Ansichten (auf Grund des Reichsgesetzes), erworben haben und daß infolgedessen uns allein das Recht zusteht, Ansichten obigen Gebäudes zu vervielfältigen. Wir sind natürlich gern bereit, Ihnen die Reproduktionen s. Zt. in Commission zu geben. Betr. Gebrauchs- und Luxus-Gegenstände- etc. mit dieser An sicht wollen Sie sich mit uns vorher verständigen. Als der Fragesteller trotzdem landschaftliche Postkarten auf den Markt brachte, auf denen auch die Anstalt des Dr. X. abgebildet war, schrieb der Postkartenverleger wie folgt: Nach mir soeben gemachter Mitteilung haben Sie Ansichtspost karten vom Institut des Herrn Dr. X. anfertigen lassen und in den Handel gebracht. Ich verweise Sie auf mein Schreiben vom 25. August 1903 und teile Ihnen mit, daß ich heute auftragsgemäß wegen unerlaubten Anfertigens qu. Ansichtspostkarte Strafantrag bei der zuständigen Behörde stellen werde. Die Drohung des Postkartenverlegers S. erscheint unge fährlich. Wir kennen keinen reichsgesetzlichen oder anderen Schutz, der irgend einer Person das ausschließliche Recht ver leihen würde, eine Gegend nebst allen darin befindlichen Ge bäuden auf Postkarten oder anderen Drucksachen zu verviel fältigen. Im Gegenteil sind nach dem Gesetz zum Schutz von Kunstwerken Baudenkmäler ausdrücklich der Nachbildung mittels Druckverfahren freigegeben. Schutz gegen Nachdruck kann nur für ganz bestimmte Abbildungen oder Photographien einer Landschaft dem Urheber verliehen werden oder ge bühren. Fragesteller darf demnach unseres Erachtens die auf Grund eigener photographischer Aufnahme hergestellte An sichtskarte und auch andere von ihm hergestellte Abbildungen der erwähnten Anstalt, unbekümmert um die Drohungen des S., in den Handel bringen. Reisespesen des Stellensuchers 5103. Frage: Ich hatte mich s. Zt. um den Reiseposten bei der Firma X. in A. beworben und wurde nach längerem Briefwechsel von genannter Firma zur Vorstellung gebeten, um, wie im letzten Schreiben gesagt war, weitere Abmachungen zu treffen. Da ich jedoch nicht engagiert wurde, verlangte ich die Erstattung der gehabten Reisespesen. Wie Sie aus beiliegender Karte ersehen, weigert sich die Firma den geforderten Betrag zu zahlen. Ich bitte Sie mir mitzuteilen, ob die Firma berechtigt ist die Zahlung zu verweigern. Antwort: Die Firma X. lehnt die Bezahlung der Reise spesen ab, da der Bewerber die Reise in seinem Interesse gemacht habe, und über die Bezahlung der Reisespesen keine Vereinbarung getroffen wurde. Wir halten diese Auffassung für irrig. An der Vorstellung, die von der Firma X. gewünscht wurde, hatten offenbar beide Teile Interesse, und in solchen Fällen entspricht es der Billigkeit, wenn die Firma als der wirtschaftlich stärkere Teil zumindest die Hälfte der Reisekosten vergütet. Da der Bewerber von der Firma zum Besuch ein geladen wurde »um weitere Abmachungen zu treffen« ist es sogar möglich, daß im Streitfall der Richter die Firma zur Zahlung der vollen Reisekosten verurteilen würde.