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680 PAPIER-ZEITUNG Nr. 19 Der Anschluß an den Deutschen Buchdrucker-Verein hätte den Vorteil, den jede vorhandene Organisation gewährt; sie braucht nicht erst geschaffen zu werden, der Verein hat auch bereits eine nennens werte Zahl von Mitgliedern und ein bescheidenes Vermögen. Aber trotzdem dürfte es schwer halten, diejenigen Prinzipale, die sich dem Verein bisher nicht angeschlossen haben, und das ist die weitaus größere Zahl aller Buchdruckereibesitzer, zum Anschluß zu bewegen. Indolenz auf der einen, Abneigung gegen Tendenzen, denen der Verein huldigt, auf der andern Seite, hält die Prinzipale zurück. Am 15. Dezember 1903 hat der Vorstand des D. B. V., ohne daß man wußte warum, plötzlich öffentlich erklärt, er sehe ein, daß zur Zeit eine einheitliche Organisierung des deutschen Buchdruckgewerbes auf Grund der Innungsgesetzgebung nicht möglich sei und gebe seine diesbezüglichen Bestrebungen auf, und am 18. Februar 1904 über raschte der Vorsitzende desselben Vereins durch eine längere Publi kation, in der er, in unüberbrückbarem Widerspruch dazu, seiner Ueber- zeugung Ausdruck gibt, »daß das einzig wirklichen Erfolg Ver sprechende — die berufliche Zwangsorganisation auf gesetzlicher Grundlage« sei! Weite Kreise der Prinzipale könnten sich für die zwangsweise Organisierung, für den ganzen Innungsrummel und die Mitteichen, mit denen man dem »Handwerk« glaubte auf helfen zu können, schon darum wenig erwärmen, weil man ihre Aussichtslosigkeit erkannte, ehe sich die Anhänger durch die für die Handwerkskammern usw. unnütz hinausgeworfenen Gelder, durch die Auflösung mancher Zwangs- Innung usw. davon überzeugt hatten. Man fühlte sich auch, nament lich in den Großbetrieben der Zeitungsdruckereien, die zahlreiche Ge hilfen beschäftigen, gar nicht als »Handwerker«, und glaubte einer Bevormundung durch eine Zwangsorganisation, wie sie für Schuster und Schneider in der guten, alten Zeit üblich war, entraten zu können. In diesen Kreisen stand und steht man den Bestrebungen des D. B. V. sehr kühl, ja mißtrauisch gegenüber. Es ist im Interesse der Sache tief zu beklagen, daß der Herr Vorsitzende des D. B. V. sich den Lehren verschließt, die sich sowohl aus den Kämpfen gegen die Zwangorganisation, die eine bis dahin ungeahnte Zwietracht in die Kreise der Berufsgenossen getragen haben, aus der Geschichte der letzten Jahre, wie auch aus dem vor unseren Augen vollzogenen Emporblühen des auf freier Organisation erwachsenen Gehilfen-Verbandes ergeben. Wie die Verhältnisse liegen, müssen wir die Hoffnung aufgeben, daß das so begehrenswerte Ziel sich auf diesem zweiten Wege würde erreichen lassen. Aber es gibt noch einen dritten Weg, der unter Schonung der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Anschauungen, unter Anerkennung und Aufrechterhaltung aller bestehenden Ver einigungen, ja gerade unter Mithilfe derselben, betreten werden könnte: der Zusammenschluß aller bestehenden und noch zu be gründenden Lokal-Vereine speziell zur Beratung und Beschlußfassung in Tarif-Angelegenheiten. Die Anschauungen der Prinzipale mögen darüber, ob Zwangs- Organisation oder freie Entwicklung vorzuziehen sei, noch so weit auseinandergehen, darin sind sie doch einig, daß die Tarif-Angelegen heiten ein allgemeines und gleiches Interesse für alle Prinzipale haben, und wenn trotzdem eine allgemeine Prinzipal-Vereinigung in dieser Richtung bisher nicht zustande kam, so kann es nur daran liegen, daß man bisher die geeignete Form für einen solchen Zusammen schluß nicht gefunden hat. Man werfe doch nicht ein, daß in manchen Lokalvereinen auch nichttariftreue Prinzipale sitzen; ihre Zahl ist gering, und es lassen sich ja Vorkehrungen treffen, daß nicht sie etwa delegiert werden. Wie sich die Verbindung der Lokalvereine untereinander, etwa durch Delegation zu Provinzial- und dann weiter Kreisverbänden am einfachsten bewerkstelligen ließe, wäre die nächste, nicht allzu große Sorge. Lassen wir also alles Nebensächliche, lassen wir jedem seine Neigung oder Abneigung für behördliche Bevormundung und Zunft wesen, blicken wir nicht auf das, was geeignet ist, uns zu trennen, sondern auf die großen Interessen, die uns verbinden, streben wir in Bezug auf Einigkeit, Zähigkeit und - Opferwilligkeit den Gehilfen nach, die darin ein uns geradezu beschämendes Vorbild bieten. Aber mit dem Zusammenschluß allein ist noch nicht alles getan, wir werden auch dafür sorgen müssen, daß uns für Bedarfsfälle ge nügende Kapitalien zur Verfügung stehen; auch hierin kann uns der Gehilfen verband vorbildlich sein, der aus kleinen Beiträgen ein Ver mögen von 5 Millionen zusammengebracht hat. Ein wichtiger und Erfolg verheißender Schritt wäre dann noch der Anschluß aller einzelnen Vereinigungen im Reiche an den Zentral- Verband Deutscher Industrieller (Geschäftsstelle Berlin W, Am Karls bad 4a). Welche Vorteile es den Prinzipals-Vereinigungen bieten könnte, einem so mächtigen Verbände, dem sich bereits die meisten Vereinigungen der Metall-, Textil-, Kohlen-, Eisen-Industrie usw. an geschlossen haben, anzugehören, das braucht hier nicht erst ausein andergesetzt zu werden. Dieser Anschluß entspräche dem der Ge hilfen an die Gewerkschaften. ». . . . Daß sich der Bund zum Bunde rasch versammle, seid einig ,— einig einig! X. Buchdruckereibesitzer Berichte aus typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Gesellschaft. Die mit den graphischen Berufen eng verbundene Photographie beschäftigte die Gesell schaft am 24. Februar. Herr Peter sprach über -»Die Amateur- Photographie und ihre Nutzamvendung in der Graphik«. Redner schilderte zunächst das Handwerkszeug des Photographen, nämlich: die Kamera mit der Mattscheibe zum Einstellen des Gegenstandes, das Objektiv, die Kassette und das Stativ, den Verschluß und später zum Entwickeln die Bädereinrichtung. Dann erklärte Redner die verschiedenen Objektive und schilderte deren zweckmäßige Verwendbarkeit, bemerkte aber, daß für die Graphik wie auch für Landschaftsaufnahmen, wenn nicht zu hohe For derungen gestellt werden, ein einfaches Objektiv(Aplanat) genüge. Er selbt besitze ein solches im Werte von 50 M., mit welchem die sehr gut gelungenen ausgestellten Photographien gefertigt waren. Da man zumeist Doppelkassetten anwendet, sei es ge raten, sich allemal genau zu vermerken, welche Platte belichtet worden ist, um nicht in Eile oder Aufregung zwei Aufnahmen auf eine Platte zu bekommen. Das Stativ kann einfach sein, doch muß es sicher stehen und der Kamera entsprechend kräftig gebaut sein, um jegliche Schwankung in der Kamera zu verhüten. Will man weniger als eine halbe Sekunde be lichten, so bedarf man eines Momentverschlusses, deren es eine große Anzahl gibt; die größte Schnelligkeit beträgt ungefähr ‘/1000 Sekunde. Diese letzteren sind direkt vor der Platte angebracht, während erstere sich entweder vor oder hinter dem Objektiv befinden. Die Kamera soll stets wagerecht stehen, was auf angebrachter Wasserwage zu kontrollieren ist, da andernfalls alle senkrechten Linien nach oben oder unten zusammenlaufen. Will man Verstellungen vornehmen, so ge schehe dies durch das Objektivbrett. Ist die Aufnahme ge macht, so wird die Kassette herausgenommen und verschlossen gelassen, bis die Platte in der Dunkelkammer entwickelt wird. Hat sie das Entwicklungsbad durchgemacht, so kommt sie nach kurzer Spülung in das Fixierbad, wo sie solange ver bleibt, bis auf der Rückseite die weißen Stellen verschwunden sind. Nach abermaliger gründlicher Spülung und dem not wendigen Trocknen ist das Negativ fertig zum Kopieren. Dies geschieht, indem man das Negativ und dahinter das Silber papier, das zur Aufnahme des Bildes (Positiv) dienen soll, in den Kopierrahmen spannt und dem Tageslicht aussetzt. Hierbei ist fortgesetzte Beobachtung notwendig, um das Positiv zur rechten Zeit zu entfernen. Diese Kopie ist vor dem Tages lichte zu schützen, bis sie getont und fixiert ist, weil sie erst dadurch völlig lichtbeständig wird. Nach gründlicher Wässerung ist das Bild fertig. Referent widmete dann der Belichtungs- dauer eingehende Besprechung. Leider sei die Photographie in der Wiedergabe der Farben sehr untreu. Obgleich man versuchte, dem Uebel zu begegnen, durch Anwenden einer Gelbscheibe oder durch farbenempfindliche Platten, wurde Zuverlässiges bisher nicht erreicht. Die allgemeine Anwendung der Photographie in der Graphik sei bekannt. Besonders vorteilhaft verwendet man sie zum Festhalten von allerlei Motiven, welche man nur gelegent lich sieht, sich aber nicht beschaffen kann. Beabsichtigt man Drucksachen, Bilder usw. aufzunehmen, so gebraucht man vor teilhaft eine Handkamera, beschaffe sich einen Ständer zu einem Reißbrett und eine lange Tafel, auf welche man die ganze Vorrichtung aufbaut. Besondere Anmerkungen für den Stand der Kamera und des Gegenstandes, sowie über die Belichtungs dauer erleichtern die Arbeit wesentlich. Ausgestellt waren neben zahlreichen Photographien auch Neujahrskarten und Kalender für 1904. W. J. München. Typographische Gesellschaft. In der Sitzung vom Sonnabend, 20. Februar 1904, im Restaurant »Belvedere«, fand eine Diplom-Ausstellung statt. Sie bildet die erste Rundsendung des V. D. T. G. Der erste Vorsitzende verlas ein Schreiben von der Geschäftsstelle des Deutschen Buchgewerbe-Vereins. Letzterer unternimmt, wie im Vorjahre, in allen größeren Druckstädten einen Zyklus von Vorträgen nebst Ausstellung und Projektionsbildern. Der Vortragende, Dr. Toennies, Direktor des Deutschen Buchgewerbemuseums, wird über »Illustration« sprechen. Der Verein fragt an, ob ein derartiger Vortrag auch in München erwünscht sei. Die Versammlung lehnte den Vorschlag ab, weil reiches Vortrags-Material für die nächste Zeit aus dem Kreise der Mitglieder vorhanden sei. Auch die Kosten eines solchen Vortrages erscheinen in Rück sieht auf die zur Zeit schlechten Kassenverhältnisse zu hoch.