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564 PAPIER-ZEITUNG Nr. 16 Ware »frachtfrei als von X. kommend« auszuliefern, damit ich die wirkliche Herkunft nicht erfahre. Mit der wirklich liefernden Fabrik stehe ich schon länger in Verbindung und zahle nach wie vor einen etwa 12 pCt. höheren Preis als bei dem nunmehr verkrachten Händler. Dieser Tage trennten sich die Inhaber einer seit etwa 6 Jahren liier bestehenden Papiergroßhandlung, weil das Geschäft für zwei Leute nicht genügend Verdienst abgeworfen hat. Diese Firma war bei den Verbrauchern als besonders leistungsfähig bekannt. So hatte s. Zt. eine Speditionsfirma einen Prospekt in einer Auflage von 60000 zu vergeben, wobei die erwähnte Großhandlung unter vielen Bewerbern am billigsten war. Namentlich die Preise für gewöhnliche kaufmännische Drucksachen hat die Großhandlung heruntergebracht und nur dadurch etwas verdient, daß sie von manchen Drucksachen für eigene Gefahr auf Lager anfertigen ließ, also durch die größere Auflage an den Druckkosten Ersparnisse machte. Daß die Teilhaber jetzt endlich gemerkt haben, wohin solche Geschäftsgrundsätze führen, nützt unserm Fach nicht mehr viel. Diese Beispiele beweisen aber, daß nicht großer Umsatz sondern vernünftige Preisstellung das Gedeihen eines Geschäfts sichern kann. R. Deutsches Tapeten-Kartell Die Vereine Deutscher Tapeten-Fabrikanten und -Händler, die miteinander seit Jahren das sogenannte Tapeten-Kartell bilden (vergl. »Tapeten-Fabrikation in Oesterreich« in Nr. 14), hielten vom 30. Januar bis 1. Februar 1904 Versammlungen in Berlin ab. Wie Herr Eduard Jungmann, der Vorsitzende des Händl er-Vereins, in der Tapeten-Zeitung mitteilt, handelte es sich in der Hauptsache darum, ob die Tapeten-Fabrik »Hansa« Iven & Co. in Hamburg, deren Leiter Herr Iven bis vor kurzem dem Vorstand des Vereins Deutscher Tapeten-Fabrikanten an gehört hat, die Verkaufsbedingungen des Vereins anerkennen und beim Kartell bleiben wird oder nicht. Herr Iven blieb der Versammlung fern, und Händler wie Fabrikanten beschlossen die genannte bedeutende Fabrik zu bekämpfen, falls sie bis zum 6. Februar ihre bereits erfolgte Kündigung nicht zurück nimmt. Zurücknahme der Kündigung erfolgte vor jenem Tage nicht, und so sind unter anderm folgende Beschlüsse in Kraft getreten: Der Verein Deutscher Tapeten-Fabrikanten läßt für die nächste Saison jedem Mitgliede die Verkaufspreise frei. Der Verein errichtet in England ein Verkaufssyndikat für Tapeten und Linkrusta. Den deutschen Tapetenhändlern wird vom Fabrikanten-Verein für den Gesamteinkauf von Tapeten und Linkrusta eine Umsatzprämie neben der jetzt bestehenden gewährt unter der Voraussetzung, daß die Händler ausschließ lich von Vereinsmitgliedern kaufen. Vereinslager sollen in verschiedenen Plätzen Deutschlands errichtet und die deutschen Tapetenhändler in 8 Bezirksversammlungen an verschiedenen Orten Deutschlands über die neu geschaffene Lage unterrichtet werden. Aus folgendem Auszug der Jungmann’schen Ausführungen kann man ersehen, wie es zu dem Kampf zwischen der einen genannten Fabrik und dem Verein der Tapeten-Fabrikanten gekommen ist: »Herr Iven ist seinerzeit mit einer Kollektion seiner Tapeten für England gegen den englischen Tapetenring aufgetreten und hat dadurch die englischen Fabriken veranlaßt, mit ihm in Unter handlung zu treten und seine Fabrik zu kaufen. Dabei ist er aber auf die Bedingung eingegangen, daß er auf gewisse, früher mit Erfolg bearbeitete Absatzgebiete Verzicht leisten müsse. Der Ersatz für den verlorenen Umsatz mußte teilweise zunächst im Inlande gesucht und erzwungen werden und dies geschah eines teils durch Aufsuchen kleiner Abnehmer, anderseits durch Drücken der Preise und Einführung von Surrogaten. Nach Kündigung des Kartellverhältnisses durch die Firma »Hansa« Iven & Cie. müsse der Verein Deutscher Tapeten- Fabrikanten geschlossen vorgehen und rechne dabei auf Unterstützung der geschlossenen Händlerschaft.« Offerten-Annahme Vom Main In großen Städten kann man bei vielen Firmen angeschrieben sehen: »Offerten-Annahme nur vormittags (oder nur Montags und Donnerstags) von 10—12 Uhr« oder dergleichen. Diese Beschränkung der Besuchszeit ist für den am Platz wohnenden Kaufmann — sei er Prinzipal, Angestellter oder Vertreter — unangenehm, doch kann er seine Zeit hiernach einteilen; hindernd aber wirkt diese Bestimmung für den auf der Durchreise begriffenen Verkäufer. Dieser ist oft nicht einmal stadtkundig und verliert schon hierdurch Zeit. Bei so vielen Leuten kann er nur in den Vormittagsstunden ankommen; in den wenigsten Fällen wird er sofort vorgelassen; oft ist- der Herr mit der Post, einem Kunden oder sonstwie beschäftigt, und man muß ab- I warten. In großen Häusern drängen sich während der Offerten stunden stets eine ganze Anzahl von Reisenden im Warteraum, die der Reihe nach — oder richtiger gesagt im Galopp — abgefertigt werden, und so vergeht dem Reisenden oft ein halber Tag ohne nennenswerten Erfolg. Zum mindesten sollte dem von auswärts kommenden Reisenden ein .Vorrang vor den einheimischen Geschäfts leuten eingeräumt werden, denn bei den großen Entfernungen kann man sonst gar nicht fertig werden. Wenn ich auf der Durchreise Firmen besuche, mit denen ich schon in Verbindung stehe, so kehre ich mich nicht an die Offerten-Stunden, sondern bitte für meine »Ungezogenheit« um Entschuldigung, indem ich meine triftigen Gründe aufzähle. Hilft dies nichts, so muß ich eben wiederkommen, in der Regel wird aber eine Ausnahme gemacht Wenn die maßgebenden Persönlichkeiten dieses Klagelied oft hören, so wird die Ausnahme schließlich zur Regel werden. Leute, die beschränkte Offerten-Stunden eingeführt haben, schädigen sich selbst, denn ein Kaufmann, der auf der Höhe stehen will, muß jedes Offert anhören. R. Klebstoffe für Briefhüllen Mitgeteilt von der Papier-Prüfungs-Anstalt Winkler in Leipzig, Daß Golddruck oftmals oxydiert, und daß die Schuld daran nicht immer mit Recht dem Papiere, das den Druck trägt, zu geschrieben wird, sondern oft nur an einem Fehler der Druck arbeit liegt, haben wir in unserem Buche »Papieruntersuchung« besprochen; doch manchmal tritt diese Erscheinung trotz guter, sorgfältiger Druckarbeit und fehlerfreien Papiers auf. Von verschiedenen Seiten wurden uns wiederholt mit Golddruck versehene Glückwunschkarten eingesandt, die in einem Briefumschlag eingeschlossen, oxydiert waren. Schuld sollte hieran das Papier der Umschläge sein. Eigentümlich war in diesen Fällen die Erscheinung, daß die Oxydation des Golddruckes nur auf zwei sich kreuzenden Stellen in Bandform auftrat, wogegen der andere auf dem Karton befindliche Gold druck fast unverändert geblieben war. Bei näherer Prüfung erwies sich dann, daß die oxydierten Streifen genau den Klebe stellen der Verschlußklappe entsprachen, und weitere Unter suchung ergab, daß der Klebstoff schwach saure Reaktion auf wies. Nicht immer war diese durch Zersetzung entstanden, sondern in einem Falle konnten wir die Ursache einem Zu satze zum Klebemittel zuschreiben, wodurch dieses vor Ver derben geschützt werden sollte. Schieferstifte (Griffel) Ein Lehrer beschreibt im »Vogtländischen Anzeiger« die herzoglich meiningische Schieferstiftfabrik in Steinach bei Sonneberg, deren Besichtigung ihm gestattet wurde. Wir ent nehmen seiner Schilderung folgendes: In einem Fabrikraum arbeitete ein Arbeiter- an einem eisernen Tische mit Kreissäge. Er nahm eine eben aus dem Bruche gekommene größere Schieferplatte, die 5 bis 6 cm stark sein mochte, zur Hand, sah zu, wieviel »Nutzen« sie wohl hergäbe, zeichnete mit einem eisernen Stifte diese Nutzen vor und teilte dann mit seiner Kreissäge in wenigen Minuten die Platte in 3 »Nutzen«. Diese 8 Nutzen nahm der nächste Arbeiter in Empfang. Ich vergleiche ihn mit dem Schneide müller; denn wie dieser- aus Klötzen Bretter schneidet, so schnitt jener Arbeiter mit der Kreissäge aus den groben Schieferstücken lauter Brettchen von Schieferstiftstärke und überreichte sie dem dritten Arbeiter, welcher mit einer hämmernden Maschine die Brettchen in viereckige Stifte spaltete, was sehr schnell ging. Der vierte Arbeiter hat eine einem Amboß ähnliche Maschine vor sich, deren Platte mit vier Ringen versehen war, in welche ein Knabe viereckige Schieferstifte legte. Ein auf dieser Platte hin- und her gehender Schieber schob die Griffel (Stifte) bald rechts, bald links durch vier hohle, eiserne Bolzen, wobei sie rund wurden. So wandern die Griffel nun hinunter in die Stadt in die Hände der Faktore, welche sie mit Papier umwickeln lassen — 100 Stifte zu umwickeln kostet 15 bis 25 Pf. — und dann an den Mann bringen. Um den Staub, der beim Bearbeiten von Schiefer mit Kreissägen und andern Maschinen entsteht, und der den Lungen der Arbeiter höchst schädlich werden muß, so viel als möglich zu beseitigen, hat man einen Exhaustor oder Staubeinatmungsmaschine aufgestellt, welche ziemlich staubfreie Luft in dem Raume schafft. Dieser Schiefer staub wird in Beuteln aufgefangen, in Säcken gesammelt und dann verkauft. Die stumpfen Kreissägen werden von besonderen Maschinen sofort wieder geschärft. Die treibende Kraft aller aufgestellten Maschinen war die Elektrizität. Der nötige Schiefer wird unter- und oberirdisch gewonnen. Er wird bis zur Verarbeitung in unterirdischen Räumen feucht erhalten, damit er sich leicht verarbeiten läßt. Eg.