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Nr. 13 PAPIER-ZEITUNG 453 Wohl selten hat etwas in der Stuttgarter Presse soviel Staub aufgewirbe.lt wie die von München aus erfolgte Beschlagnahme des ^Simplicissimus«, dessen Verlag und Expedition in München sich be finden, der in Stuttgart aber gedruckt wird, also erscheint. Da das Pflichtexemplar der Stuttgarter Polizei eingereicht werden muß, hätten die Behörden auch in Stuttgart die Beschlagnahme veranlassen müssen. Auf das Gerichtsverfahren darf man sehr gespannt sein. Uebrigens wird die Expedition des »Simplicissimus«, soweit sie den Versand umfaßt, nun von München nach Stuttgart verlegt, sodaß als Ort der Druckerei und Expedition künftig Stuttgart genannt wird. In Stuttgart hat sich ein Komitee gebildet, dem hervorragende Persönlichkeiten angehören, zur Erbauung eines eigenen Museums für Länder- und Völkerkunde-, die vorhandene Sammlung befindet sich bis jetzt in der Gewerbehalle. Die Mäßigkeitsbewegung hat bewirkt, daß in einer hiesigen größeren Druckerei für einige Pfennige warmer Tee zur Frühstücks pause geboten wird. Die Zahl der beförderten Zeitungsnummern im innerwürttem- bergischen Verkehr stieg in den letzten 20 Jahren von 26 auf 28 Mill., aus anderen Ländern nach Württemberg von 8‘/3 auf 101/2 und von Württemberg nach anderen Ländern von 51/2 auf 77/10 Millionen. Recht erfreulich ist der in Stuttgarts Buchdruckereien jetzt herrschende bessere Geschäftsgang. Seit einigen Wochen haben die vorhandenen Arbeitslosen stetig abgenommen; nach Eröffnung des Landtags und sobald die Frühjahrs arbeiten in Angriff genommen werden, dürften die vorhandenen 40 Arbeitslosen sich wohl noch mehr verringern. Auch die Karnevalszeit führt den Druckereien manche lohnende Arbeit zu. Am 1. Februar fand in Stuttgart wieder eine allgemeine Arbeits losenzählung statt mit folgendem Ergebnis: gänzlich Arbeitslose 528 männliche, teilweise Arbeitslose 172 männliche und 2 weibl. Personen. Als Ursache wurde angegeben in 60 Fällen Krankheit, in 4 Fällen Streik oder Aussperrung, in 415 Fällen Geschäftsstille, Aufhören der Saisonarbeit usw. S. Kalenderschau Die Farbenfabrik von Chr. Hostmann in Celle hat ihren Wochen-Abreißkalender zu einer handlichen Probe ihrer bunten Buchdruckfarben ausgebildet, indem die Kalenderblätter drei farbig mit verschiedenen Farben gedruckt sind, sodaß im Ganzen eine beträchtliche Farbenzahl im Gebrauch gezeigt wird. Um aber auch die Illustrationsfarben anwenden zu können, sind 13 Bilder zwischen die Kalenderblätter eingeschaltet, die teils von Holzschnitten, teils von Autotypien gedruckt sind. Der Kalender ist gut ausgestattet und wird auf jedem Druckerei kontor eine erwünschte Gabe sein. Die Firma Julius Klinkhardt, Schriftgießerei in Leipzig, ver schickte an ihre Kundschaft einen Wandkalender, der, trotz des genügend großen Karton-Formats von 43x28 cm, ein sehr zu sammengedrängtes Kalendarium aufweist. Der Karton wurde mit einer Tonplatte in grauer Farbe bedruckt, aus der vier weiße Felder ausgespart sind. Je eins dieser Felder ist mit dem Kalendarium von drei Monaten in ziemlich kleiner Schrift bei gedrängter Anordnung bedruckt. Auf der graugrünen Fläche ist in recht gelungener Weise durch Tonplattenschnitt auch die Firma, der Ortsname und der Buchdrucker-Adler ausgespart und schwarz derart eingedruckt, daß eine weiße Kontur ringsherum stehen blieb. Braunrote Ornamente auf dem grünen Grunde vervoll ständigen den Schmuck. Auf der Rückseite des Blattes findet sich eine Fabrikansicht in Dreifarbendruck und Anpreisungen der Erzeugnisse. Im Ganzen betrachtet ist der Kalender eigen artig, und die Farben passen gut zu einander. Ein ge schmackvoll ausgestattetes Glückwunsch-Zirkular begleitete den Kalender. Die Neue Photographische Gesellschaft in Berlin-Steglitz sandte ihren Geschäftsfreunden ein Kunstblatt in der Bildgröße von 75 X 30 cm auf grauer Karton-Unterlage. Es stellt eine weibliche Phantasiegestalt dar, die in der Landschaft stehend eine Widmung »Dem Wahren, Schönen« in ein mit dem Monogramm N. P. G. geschmücktes Buch einträgt. Das Original dieses Bildes ist anscheinend eine Tuschzeichnung, wenigstens deutet die Technik des Hintergrundes darauf hin, dagegen läßt sich an der Figur und am Gewand keinerlei zeichnerische Technik erkennen. Der Druck so großer Bilder mittels des von der Firma besonders gepflegten photographischen Rotationsdruckes ist immerhin schwierig, und ein Hintergrund mit landschaftlichen Einzelheiten erfordert tadellose Durch arbeitung der ganzen Fläche. Das Bild wurde, um eine gute Kontrastwirkung zu erzielen, auf einem kräftigen dunkelgrauen Karton leicht befestigt und bildet auf dieser Unterlage einen sehr wirkungsvollen Wandschmuck. Die Firma Gebrüder Feyl in Berlin SW 48, welche sich als »Graphische Kunstdruckerei« bezeichnet, hat ihrem diesjährigen Kalender neben einer eigenartigen Form auch sehr wirkungs volle Ausstattung gegeben, indem das Linoleum als Tonplatte ausgiebigste Verwendung fand. Der Kalender bildet eine Mappe aus sattblauem Karton von 47X33 cm Größe. Die Vorderseite dieser Mappe trägt die Firma in Goldprägedruck, in der Mitte ist auf gelbbraunem Grunde ein Frauenkopf mit fliegenden Haaren sichtbar, darunter steht die neues Jahres zahl. Durch einen | förmigen Schnitt im Deckelkarton ist dies Mittelstück zur Klappe ausgebildet, deren Oeffnung gerade ein Vierteljahrskalendarium auf dem darunterliegenden Blatt er kennen läßt. Oeffnet man die Mappe, so zeigen sich als Inhalt vier Kalenderblätter. Sowohl die beschriebene Verzierung des Deckels wie auch der Schmuck der Kalenderblätter sind in der Druckerei der Firma entworfen und in Linoleum ge schnitten, und da auch figürliche Darstellungen darunter sind, so stellt der fertige Kalender eine sehr achtungswerte Arbeit von großem Fleiß und vielseitigem Können dar. Trotzdem darf nicht vergessen werden, daß es in der Regel nicht Auf gabe des Buchdruckers sein kann, auch bei wertvollen Arbeiten die Druckplatten in solchem Umfange selbst anzufertigen; und trotz aller Anerkennung des FeyTschen Kalenders wird man zeichnerische Mängel, die teils in der mangelhaften künstlerischen Bildung des Urhebers, teils in der Eigenart des gewählten Materials, des Linoleums, begründet sind, bemerken müssen. Dieselbe ausgedehnte Verwendung der Tonplatte findet sich auf dem Glückwunschschreiben der Firma, dessen bedruckte Fläche etwa zu einem Viertel mit dem Text bedeckt ist, während die verbleibenden drei Viertel Fläche mit dem Schmuck be druckt sind, der übrigens wiederum recht ansprechende Formen hat. Druck, Plattenschnitt, Karton und Farbenwahl sind gut, und durch seine eigenartige Form erregt der Kalender die Aufmerksamkeit. Büchertisch Die Schrift, unter Mitwirkung des Malers Albert Knab her ausgegeben und zu beziehen von Robert Moritz in Berlin N 28, Gleimstraße 59. Vollständig in 4 Doppellieferungen mit etwa je 14 Blättern in Farbendruck. Preis der Doppellieferung 2 M. 50 Pf. Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß die Werke über Schrift und Schriftformen immer zahlreicher werden. Ob die Verfasser richtige oder falsche Wege einschlagen, darüber kann mit Sicherheit erst dia Zukunft entscheiden, aber der Vorteil einer eingehenden, liebevollen Beschäftigung mit der lange vernachlässigten Schrift wird die häßlichen Ungetüme, die noch immer hier und da auftauchen und für Schrift gelten wollen, allmählich verschwinden lassen. Das neue Werk mit dem sehr allgemeinen Titel beschäftigt sich in lobenswerter Be schränkung nur mit guten und zugleich dem Zeitgeschmack ent sprechenden Schriften zum Nutzen aller Schriftmaler und -Zeichner. Bezeichnend für das Streben der Verfasser ist folgender Satz aus der Vorrede: »Wir bekämpfen ausdrücklich den sogenannten Sezessionsstil der Schrift. Alles Ueberflüssige, was die Schrift unleserlich macht, den Buchstaben entstellt, haben wir beiseite gelassen, das Eigentümliche jedes Buchstabens im Sinne der Zweckmäßigkeit entwickelt, und sind dabei immer bedacht gewesen, die Schrift für das Auge angenehm zu machen.« Wenn man die neun Blätter mit Schrift in dem Doppelheft darauf hin durchsieht, so muß man einräumen, daß die negative Tätigkeit der Verfasser, das Abschaffen unnützer, überflüssiger und häßlicher-Zu taten mit Geschmack und Verständnis ausgeübt ist, denn die ab gebildeten Schriften, die übrigens zum Teil den besten klassischen Vorbildern entlehnt sind, zeigen als übereinstimmendes Merkmal Ein fachheit und Klarheit. Auch die Kanzleischrift hat ihren Teil an diesen Vorzügen, denn auf Blatt 26, wo die Entwicklung der Schreib schrift veranschaulicht wird, halten sich auch die Zierschnörkel der Kanzlei in bescheidenen Grenzen, haben aber an Kraft gewonnen, so daß sie besser zur Schrift passen. Einige neue Schriftmuster von H Wieynk und R. Moritz verdienen sorgfältige Beachtung. Die vier letzten Blätter des ersten Heftes rühren von A. Knab her und ent halten Rahmenformen für alle möglichen Zwecke. Sie sind aus reinen Linien- und Flächen-Ornamenten zusammengesetzt, und die meisten lassen sich ohne Schwierigkeit für ein anderes Verhältnis von Länge zu Breite umzeichnen. Diese gefälligen Formen sind nicht nur als Ornamente wertvoll, sondern auch als Farbenzusammenstellungen; überhaupt wurde auf allen Blättern eine angenehme Wirkung der Schrift auf dem farbigen Hintergründe erstrebt und meistens auch er reicht. Als Vorlagewerk für Schriftzeichner ist dies Werk in seiner sorgfältigen Ausstattung, soweit die erste Lieferung dies erkennen läßt, sehr empfehlenswert.