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PAPIER-ZEITUNG Nr. 12 444 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur wenn Abdruck ohne Namen gestattet Zahlungsbedingungen 5020. Frage: Welche Bedeutung hat folgende Bemerkung auf deutschen Fakturen: »Ziel 3 Monate oder auf einen Monat per Kassa mit 2 pCt. Skonto.« Was bedeutet per Kassa? Hat der Empfänger der Waren dann den Frakturbetrag spesenfrei einzusenden, oder trassiert der Lieferant auf seine Kosten? Antwort: Der Aufdruck bedeutet: Der Rechnungsbetrag muß spätestens nach Ablauf von 3 Monaten von Ausstellung der Rechnung an bezahlt werden. Wird die Zahlung schon innerhalb eines Monats nach Ausstellung der Faktura geleistet, so darf der Gläubiger vom Betrag 2 pCt., den sogenannten Skonto, abziehen. »Per Kasse« bedeutet »bar« oder »in klingender Münze«. Der Schuldner muß den Betrag nach deutschem Recht kostenfrei einsenden. Inventur-Geschenk 5021. Frage: Ich wurde Anfang 1902 von einer Xer Papier warenfabrik an erster Stelle engagiert, kam aber gegen Ende des selben Jahres (Oktober) in Differenzen und wollte eine Anstellung in einem Hause in Y. annehmen. Dort wurden mir neben besserem Ge- halt, Prokura und Provision bezw. Inventurgeschenk zugesagt, und dies stellte ich meinen damaligen Chefs vor. Gleich hohen Gehalt bekam ich, das Inventurgeschenk sollte ich bekommen (hatte es aber nicht schriftlich) und nachdem ich mich nicht bald entschließen konnte zu bleiben, nahm mich der zweite Chef noch mals vor und sagte mir wörtlich: »Herr A., ich kann Sie nicht be greifen, nachdem Ihnen mein Socius denselben Gehalt und ein an ständiges Inventurgeschenk versprochen hat, daß Sie dann noch zögern können.« Wie schon bemerkt, erhielt ich die Gehaltszulage, und als ich dann Mitte vorigen Jahres auch an das Inventurgeschenk zu erinnern erlaubte, wollte der eine Chef erst nächstes Jahr damit gemeint haben, was ich nicht schriftlich widerlegen konnte, aber nicht zutraf, und der zweite Herr verhielt sich passiv. Am 31. Dezember gab ich die Stelle auf, die Inventur habe ich aber auch noch Ende 1903 auf genommen,und nun würde mir doch wenigstens für diese zweite Inventur, die ja der eine Herr gemeint haben will, das Geschenk zukommen. Kann ich nochmals herangehen, d. h. bin ich im Rechte mit meiner Forderung? Antwort: Wenn auch das Inventurgeschenk nur mündlich zugesagt wurde, so gilt doch diese Zusage ebenso, wie wenn sie schriftlich bestätigt worden wäre. Wenn Fragesteller das im Oktober 1902 vereinbarte höhere Gehalt schon in den letzten Monaten von 1902 erhielt, so beweist dies, daß die Ver einbarung für das Inventurgeschenk auch schon für die In ventur 1902 galt. Trat aber die Gehaltserhöhung erst Anfang 1903 in Kraft, so hat unseres Erachtens Fragesteller für die Inventur Ende 1902 keinen Anspruch auf ein Geschenk. Ende 1903 gebührt ihm aber das Inventurgeschenk, auch wenn er zu Ende 1903 gekündigt hat, denn es war nicht vereinbart, daß dieses Geschenk nur ausgefolgt werden soll, wenn Frage steller auch im darauffolgenden Jahr im Dienst der Firma bleibt. Man kann dagegen nicht einwenden, daß der Ge schäftsherr einem Angestellten, der gekündigt hat, kein Ge schenk zu geben braucht, denn ein zugesagtes Geschenk bildet einen Teil des Arbeitsverdienstes, und sobald die Arbeit geleistet ist, wird auch die Belohnung dafür fällig. Einseitig glattes Papier 5022. Frage: Nach einliegender Qualitätsprobe bestellten wir bei der Papierfabrik X. in A. im November durch ihren Vertreter 200 Ztr. einseitig glatt Zellulosepapier in rosa und anderen leichtgetönten Farben. Muster A ist das Kaufmuster, welches der Vertreter zurückließ. Die Fabrik fügte ein solches auch ihrer Auftragsbestätigung bei. Nach Empfang der Ausfallmuster drahteten wir, daß die Ladung nicht ab gesandt werden sollte, da wir wegen nicht mustergetreuer Lieferung die Annahme verweigern würden. Die Fabrik will sich auf nichts ein lassen, obgleich unseres Erachtens ein Laie den Unterschied zwischen Kauf- und Ausfallmuster fühlt. Wir bitten um Ihr unparteiisches Urteil und behändigen Ihnen neben unserm Kaufmuster A drei Ausfall muster von grün, weiß undrosa Zellulosepapier, die wirmitB bezeichneten. Sind wir berechtigt, der Firma, die einen äußerst hartnäckigen Stand punkt vertritt, eine Exklusivfrist zu stellen, während welcher es ihr ermöglicht wird, eine mustergetreue Sendung zu machen und sie im Falle ihrer Weigerung für etwaigen Schaden regreßpflichtig zu machen? Antwort: Die Kaufmuster bestehen überwiegend aus Holz zellstoff und zeigen beim Betupfen mit Dr. Wursters Holzschliff- reagentien nur einen Gehalt von 5 bis 10 pCt. Holzschliff oder verholzter Fasern, während die Lieferung bei gleicher Behandlung so starke Farbveränderung zeigt, daß man auf 40 bis 50 pCt. Holzschlif schließen muß. Dem entspricht auch die wesentlich geringere Reißfestigkeit der Liefermuster. Diese scheinen nur zu kleinem Teil aus frischem Papierstoff und zu überwiegendem Teil aus zerfasertem Altpapier zu bestehen, worauf auch die zahlreichen Knötchen von unzerfasertem und ungefärbtem Papier hinweisen. Dieser wesentliche Unterschied zwischen Kauf- und Liefermuster berechtigt den Fragesteller, die Annahme der Lieferung zu verweigern und vom Vertrag zurückzutreten sowie vom Lieferer Ersatz des Schadens zu fordern, den der Besteller infolge vertragswidriger Lieferung erlitten hat. Will Frage steller eine Frist zur Lieferung mustergetreuer Ersatzware bewilligen, so tut er ein übriges. Farbabweichung E 5023. Frage: Bin ich verpflichtet inliegende Probe 1, welche von einer Anfertigung stammt, die nach meiner Probe 2 vorgenommen worden ist, ohne weiteres zu übernehmen? Ich halte den Farbunterschied für nicht mehr in den Grenzen der Zulässigkeit liegend. Meine Vor schrift lautete: Farbe und Gewicht nach Probe. Dieser Farbunterschied liegt jedenfalls in der schärferen Satinage der Lieferung 1, welche ich aber nicht vorgeschrieben hatte. Antwort: Der Farbenunterschied übersteigt die zulässige Grenze, das gelieferte Papier ist dunkler gefärbt und sieht weniger fein aus. Dafür ist es aber fester und zäher in der Faser, da es mehr Holzzellstoff und weniger Holzschliff enthält als dieVorlage. DieserVorteil hebt den Nachteil derabweichenden Färbung auf. Es entspräche daher der Billigkeit, wenn Frage steller das Papier ohne Preisabzug übernähme. Schreibpapier 5024. Frage: Mein Kunde kaufte nach inliegender unlinierten Probe A liniertes Papier mit Druck. Ich lieferte Qualität B, wonach mein Kunde die Annahme verweigert, mit der Bemerkung, daß das Papier B nicht der Vorlage A entspräche. Muß ich meinem Kunden einen Nachlaß gewähren? und wieviel? Er würde dann das Papier abnehmen. Antwort: Liefermuster B ist vom Kaufmuster A nicht wesentlich verschieden, und wir sind der Ansicht, daß der Kunde das Papier ohne Nachlaß übernehmen sollte. Sat. rötl. Zellulose 5025. Frage: Eine Xer Firma bestellte bei uns rund 1500 kg sat. rötl. Zellulose in Formaten nach Muster A zum Preise von .. M. die 100 kg franko X. Unsere Lieferung erfolgte nach Muster B. Die Firma dirigierte die Sendung in eine Strafanstalt, wo -die Ware zu Düten verarbeitet wurde. Jetzt, nachdem die Düten bereits bedruckt sind, stellt man uns die Sendung zur Verfügung, da die Festigkeit zu gering sei. Das Bestellmuster zeigt zwar größere Härte im Griff, doch ist die Festigkeit des Ausfalles unseres Erachtens gleich gut. Unser Papier hat reine und gleichmäßige Durchsicht, was bei der Vorlage nicht der Fall ist. Wir sind der Meinung, daß die Verfügungstellung ungerechtfertigt ist, und bitten um Ihr fachkundiges Urteil. Antwort: Der Käufer hätte dafür sorgen sollen, daß das- Papier in der Strafanstalt vor dem Verarbeiten geprüft wird. Da er dies nicht getan hat und die Ware nicht in brauch barem Zustande dem Lieferer zurückgeben kann, so wäre die Beanstandung unberechtigt, auch wenn zwischen der Vorlage und dem gelieferten Papier bedeutende Unterschiede vorhanden wären. Wir finden jedoch, daß auch bei rechtzeitiger Be anstandung der geringe Festigkeitsunterschied zwischen beiden Papieren nicht zur Beanstandung hinreichen würde, denn ob wohl das Kaufmuster etwas zäher ist, so liegt doch dieser Unterschied in denjenigen Grenzen, die man dem Papier fabrikanten zubilligen muß, da er nicht ein wie das andere Mal die gleichen Rohstoffe zur Verfügung hat. Einseitig glattes braunes Packpapier 5026. Frage: In nachstehender Angelegenheit bitten wir Sie um Ihr fachmännisches Urteil. Nach Muster A haben wir von einer Fabrik etwa 25 000 kg Papier abgeschlossen, und Muster B zeigt den Ausfall der ersten Lieferung. Wir haben die Annahme des Papieres verweigert, da solches erstens nicht die Zähigkeit unseres Kaufmusters aufweist, während wir die Fabrik speziell aufmerksam gemacht haben, daß die Zähigkeit keines falls geringer sein dürfte, ferner weil das Papier von einer ganz, anderen Beschaffenheit ist. Sind wir berechtigt, die Annahme zu ver weigern, oder welchen Nachlaß können wir beanspruchen? Eine andere Papierfabrik teilt uns mit, daß das Papier einen Minderwert von 3 bis 4 M. aufweist. Antwort: Das Liefermuster ist ein außerordentlich zähes Papier, das anscheinend vorwiegend aus Natronzellstoff nebst etwas Jutelumpen hergestellt wurde. Muster B ist im Stoff mürbe und brüchig und besteht anscheinend zum größten Teil aus Altpapier. Wir halten infolgedessen die Lieferung nicht für mustergetreu, Annahmeweigerung für zulässig, und den von der anderen Papierfabrik angegebenen Minderwert für vorhanden. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin I 9, erlcten Druck von A. W. Hayn’s Erben. Berlin SW. Zimmer-Straße 29