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340 PAPIER-ZEITUNG Nr. 10 mehr genügen konnte, wandte sich Adolf Menzel, der als Litho graph seine Laufbahn begonnen hatte, der Buch-Illustration zu. In den Werken Friedrichs des Großen hat er die Buchkunst wieder zur Höhe gebracht; in geistvoller Weise findet er sieh mit dem Texte ab, und unerschöpflich ist seine Phantasie in der Erfindung von Vignetten, die sich dem Inhalt des Buches an passen. Als behaglicher Erzähler tritt Ludwig Richter in seinen Illustrationen der Märchen und Studentenlieder auf. Aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts sind als Illustratoren noch zu nennen Speckter, Neureuter, Hosemann, Schnorr von Karols- feldt, Rethel. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird von England und Frankreich aus der Tonholzschnitt auch bei uns üblich, nahm aber bald Formen an, die kaum noch als Illustration gelten konnten; in aufdringlicher Weise sucht man das, was der Text besagte, noch einmal zu schildern und störte damit den Leser nur. Es waren denn auch nicht mehr die Künstler, sondern die Xylographen, welche die Illustration machten. Dann tritt die Reproduktionskunst in die Er scheinung, und es begann eine neue Epoche. Aus der Ueber- gangszeit ist hervorragend noch Max Klinger zu nennen, dessen Illustrationen zu Amor und Psyche im Jahre 1880 als ideale Randzeichnungen zum Texte zu bezeichnen sind. Später ging eine neue Bewegung von England aus, wo William Morris wieder die Aufmerksamkeit auf die alten Meister lenkte. Andere Buchkünstler gingen in ihren Forderungen noch weiter, sie wollten die Illustration rein ornamental wirken lassen, und schließlich wurde der reine Linienstil angewendet. Den Anfang einer neuen Buchkunst leiteten Fidus, Cissarz, Hirzel, Sattler, Stassen u. A. ein, deren Werke das Gepräge reiner Illustrationen tragen, indem sie nicht die Wirk lichkeit darstellten, sondern nur Andeutungen zu geben und Empfindungen zu wecken suchen, wie es dem Zwecke der reinen Illustration entspricht. Der Illustrator weicht vom rechten Wege ab, wenn er nur darauf bedacht ist zu zeigen, was er kann, und nicht, was der Dichter sagt. Als unver gleichliche Vorbilder können Dürer und Menzel gelten, welche durch ihre Werke zu rechten Helfern des Dichters geworden sind. Den lebenden Künstlern kann nur empfohlen werden, die Geschichte der Illustration zu studieren, damit auch wir wieder zu einer vollen Blüte der Illustration und damit zu einer echten Volkskunst gelangen. Der Redner erntete reichen Beifall für seine lehrreichen und interessanten Ausführungen. Eingeleitet durch Herrn Könitzer, knüpfte sich hieran eine lebhafte Diskussion, in welcher der Vortragende nachholte, daß die an die Illustration gestellte Anforderung der bild lichen Wiedergabe von Gegenständen, welche der Belehrung dienen sollen, wo das Bild das Literaturwerk zu erläutern be stimmt ist, selbstredend keine Anwendung finden könne. Hier müsse man einen Unterschied machen zwischen der Illustration und der Abbildung. Herr Erler wies darauf hin, daß häufig ganz vorzügliche Illustrationen durch die Wiedergabe in ver kleinerter Reproduktion ihren Wert verlieren und dem jenigen, der das Original nicht genauer kennt, eine ganz falsche Vorstellung von der Arbeitsweise des Künstlers geben. Man müsse anerkennen, daß die heutigen Illustratoren tüchtige Künstler seien, umsomehr aber sei es zu bedauern, wenn man sähe, wie wenig künstlerisch die Illustrationen, z. B. der Weih nachtsnummern einzelner unserer Tages-Zeitungen, ausgefallen seien. Ursache sei da wohl die Hast der Arbeit. Die Nach welt werde an solchen Erzeugnissen keine Freude haben. Auf einige aus der Mitte der Versammlung gestellte Fragen be merkte der Vortragende noch, daß er in seinem Vortrage nicht die Namen aller Illustrationskünstler einer Epoche habe an führen können, sondern nur Beispiele gegeben habe, daß ferner Künstler, wie Gubitz zum Beispiel, nicht genannt wurden, weil sie nicht als Illustratoren gewirkt haben, das Verdienst des letzteren bestehe hauptsächlich in seiner Tätigkeit als Regene rator des Holzschnitts. Im übrigen müsse er nochmals be tonen, daß nicht alle zeichnende Kunst auch Illustration sei. Zum folgenden Punkt der Tagesordnung übergehend, er läuterte Herr Vietz die an der Stirnseite des Saales auf gemachte Ausstellung von Citochromien und Vierfarbendrucken. Dieselben seien mit Platten nach dem Dr. E. Albert’schen Verfahren gedruckt, zum Teil unter Verwendung Dr. Albert scher Reliefklischees für alle vier Farben. Der Wert der Reliefklischees werde immer mehr anerkannt, um deren Anwendung zu erleichtern, werde beabsichtigt, die Her stellung des Reliefs aus der Aetzerei in die Druckerei zu verlegen; auf diese Weise wären auch Niveaukor rekturen leichter zu bewerkstelligen. Die Citochromie, sei jenes Verfahren, bei welchen die Farben Schwarz, Rot, Blau und Gelb frisch aufeinander gedruckt werden. Die Reihen folge der Farben brauche nicht genau inne gehalten zu werden, doch sei es natürlich, daß man die am meisten lasierenden zuletzt druckt. Es sei unvorsichtig, wenn man einem Auftrag geber gegenüber sich verpflichte, die Farbendrucke original treu zu liefern, denn es sei nicht möglich, alle Farben, wie sie der Maler in einem Oelgemälde sich zusammen mischt, durch das Spektrum zu zerlegen, darum sei auch ihre genaue Wieder gabe im Druck nicht immer möglich. Die im Druck aus gestellten anatomischen Präparate seien nicht von Zeichnungen sondern von sogenannten Wachsmulagen abgenommen; ihre Wiedergabe habe darum besondere Schwierigkeiten gemacht, und dennoch seien dieselben so vorzüglich ausgefallen, wie dies auf dem Wege der Lithographie kaum möglich sei. Der Redner macht weiter auf die Schwierigkeiten auf merksam, welche dem Drucker daraus erwachsen, daß er sich nach den ihm gelieferten Andrucken der Aetzanstalten richten solle. Es sei zu berücksichtigen, daß die Andrucke auf der Handpresse hergestellt und die Farbe auch mit der Hand auf gewalzt würde; ferner spiele das Papier eine große Rolle da bei. Es sei durchaus notwendig, daß der Reproduktionsanstalt schon bei der Erteilung des Auftrages mitgeteilt werde, ob der Druck auf weißem oder vielleicht auf gelblich getöntem Papier erfolgen solle. Während der Vortragende der Ansicht war, daß die unter dem Abdruck angebrachte Farbskala, welche die Farbe in einer kleinen vollen Fläche zeigt, am besten geeignet sei, dem Drucker die richtige Farbenwahl zu erleichtern, wurde aus der Mitte der Versammlung der Wunsch geäußert, die chemigraphischen Anstalten möchten dem Drucker nicht nur auf einem Gesamtaufdruck aller Platten die Farbenskala in dieser Weise veranschaulichen, sondern ihm auch einen Andruck von jeder einzelnen Form zur Verfügung stellen. Von Herrn Gustav Jahn wurde besonders auf die Schwierig keiten aufmerksam gemacht, die es bereite, wenn der Drucker mit der für die Maschine geeigneten Farbe diejenige Nüance erreichen solle, welche die chemigraphische Anstalt unter Ver wendung viel stärkerer und bei schwarzen Farben viel besserer Qualität auf der Handpresse erzielen könne. Schluß der Sitzung 121/4 Uhr. Berichte aus typographischen Gesellschaften Typographische Gesellschaft Braunschweig. Die erste offizielle Sitzung seit Bestehen der Gesellschaft fand am Donnerstag, 21. Januar, unter Anwesenheit von etwa 40 Mitgliedern im großen Saale des sogenannten Gilde- (Innungs-) Hauses der hiesigen Handwerkskammer statt. Vor Eintritt in die Beratung der Tagesordnung teilte der Leiter dieser Sitzung, Herr Oberfaktor Krösing, mit, daß auf Ansuchen der Innungsausschuß der Handwerkskammer unserer Gesellschaft in An erkennung ihrer künstlerischen Bestrebungen seine sämtlichen schönen Räume jederzeit gratis zur Verfügung gestellt habe. Der schriftlich zum Ausdruck gebrachte Dank für dieses außerordentliche Entgegen kommen sei dem Vorstande der Handwerkskammer bereits übermittelt worden, wozu die Versammlung nachträglich ihre Zustimmung gab. Die Beratung der vom bisherigen provisorischen Vorstand entworfenen Satzungen bildete den ersten Punkt der Tagesordnung. Ein Abdruck derselben war vorher sämtlichen Mitgliedern zugestellt, sodaß sie nach unwesentlichen Aenderungen angenommen wurden. Die Vorstandswahl ergab für das laufende Geschäftsjahr folgende Zusammensetzung: Krösing, 1. Vorsitzender, Schmidt, 2. Vorsitzender, Hebestreit, Kassierer, Schütt, 1. Schriftführer, Busse, 2. Schriftführer, Irmisch, Sammlungs verwalter und Giesecke, Beisitzer. Ueber die Wahl des ersten Vor sitzenden, des Kassirers und des ersten Schriftführers wurde schriftlich abgestimmt, und die übrigen Herren des Vorstandes wurden durch Zuruf gewählt. Zu Punkt 3 der Tagesordnung wurde der Beitritt zum Deutschen Buchgewerbeverein als korporatives Mitglied genehmigt, ebenso der Anschluß an den Verband der Deutschen Typographischen Gesellschaften, während der Beitritt zur Gutenberg-Gesellschaft in Mainz, über welche infolge Anregung aus der Mitte der Versammlung eine Aussprache stattfand, für später in Aussicht gestellt wurde. Schließlich forderte der Vorsitzende zu reger Beteiligung an dem Wettbewerb über den Entwurf einer Mitgliedskarte für die »Typo graphische Gesellschaft« auf, wozu kleine Geldpreise ausgesetzt sind. Bedingung ist hierbei nur die Verwendung von Material aus den Schriftgießereien, welches tatsächlich in den betreffenden Druckereien vorhanden. Das Preisrichteramt hierüber soll dem Vorstande des Verbandes der Deutschen Typographischen Gesellschaften übertragen werden. Bereits in der nächsten Februar-Sitzung soll ein größerer Vortrag »über die technischen Fortschritte im graphischen Gewerbe im Allgemeinen« stattfinden, während weitere Vorträge seitens einzelner Mitglieder schon in Aussicht gestellt sind, auch können hierzu Gäste seitens der Mitglieder eingeführt werden. Die Zahl der angemeldeten Mitglieder