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222 Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme Nr. 7 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Buchgewerbe Buchdruck *** * * : Steindruck Berliner Typographische Gesellschaft Die nächste Sitzung findet im Berliner Buchgewerbesaal, Friedrichstraße 231, am Dienstag, 26. Januar, abends 9 Uhr, pünktlich statt. Zu recht zahlreichem Besuch werden die ge ehrten Mitglieder hiermit ganz besonders eingeladen. Gäste sind sehr willkommen. Der Vorstand Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. Aufnahmen. 2. »Die Illustration«. Durch Anschauungsmaterial erläuterter Vor trag des Direktors vom Deutschen Buchgewerbemuseum in Leipzig Herrn Dr. Toennies. 3. Diskussion. 4. Neues aus der Schriftgießerei. 5. Technische Fragen. Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachzeitschriften zur Benutzung aus. Der Buchgewerbesaal ist nach wie vor täglich von 11—2 Uhr geöffnet, den Besuchern stehen die Sammlungen der Typo graphischen Gesellschaft zur Benutzung offen. Die Tonplatte in der Lithografie und im Buchdruck Bei der Ausstattung neuzeitlicher lithografischer Merkantil arbeiten findet man vielfach die Anwendung von mehreren Tonplatten. Neben dem Wirrwarr des sogenannten litho grafischen »Merkantilstils« der letzten 20 Jahre macht sich eine neue Richtung bemerkbar, die einen gesunden Kern in sich birgt. Die bisher stillosen lithografischen Merkantilarbeiten bekommen »Stil«; sie machen sich frei von den Spielereien, den Wölkchen und Mätzchen, den durcheinander tanzenden Schriftzeilen. Das Schriftbild der neuen Merkantilarbeiten wird klar und ruhig. Die auf den Arbeiten angebrachten Buch staben, Wörter, tanzen nicht mehr, sie reden. Nebensäch lichkeiten, wie Fabrikansichten, Medaillen, »Blümchen« und »Bänderchen« werden nebensächlich behandelt, wie es sein soll. Besonders diese »Blümchen«! Sie werden nicht mehr in alle Winde gestreut, sondern man sammelt sie, ordnet sie und bringt sie bescheiden, aber daß Ganze zierend mit Sinn und Verstand, mit Stilverständnis, unter. So freut sich der in solchen Sachen!Geschmack besitzende Beschauer über die Umwandlung, die sich da in dem noch jungen Zweige des grafischen Kunstgewerbes, der Lithografie, vollzieht. Aber, aber, seine Freude findet noch keinen Widerhall in den Reihen der Jünger Senefelders. Nur wenige davon haben die Richtig keit des neuen Kurses erfaßt. Die andern sind gewöhnt an das bunte Durcheinander, welches die zwei Jahrzehnte hin durch die Hauptforce des Lithografen war. Das Neue ist ihnen noch zu »einfach«, zu leicht, d. h. scheinbar zu leicht. Denn zu einer der bisher so beliebten lithografischen Merkantilarbeiten gehörte kein geistiges Können, nur eine hohle Technik, eine aalglatte, blendende aber nichtssagende Aeußerlichkeit. Und diese äußere Hülle so glänzend als möglich zu gestalten, das war das Ziel jedes Merkantillithografen. Doch, in der Be schränkung zeigt sich erst der Meister. Mit weniger Aufwand etwas Inhaltreiches zu machen, das ist Kunst. Aber nein, sagte das Gros der Lithografen, das können die Buchdrucker machen, bei solchem einfachen Zeug können wir unsere Fingerfertigkeit nicht zeigen. Jawohl, ganz recht, sagten die Buchdrucker, laßt eure Finger von dem einfachen Zeug, das ist unsere Sache; wir haben die Richtigkeit der An wendung unseres Materials erkannt. Unser, von Künstlern geschaffenes Material bringen wir kunstverständig unter und dann haben wir noch den Tonplattenschnitt: damit füllen wir Lücken aus. Ihr aber, ihr Lithografen, bleibt bei eurer Gravurtechnik, pimpelt weiter! Doch der Geist der Zeit spricht anders. Die neue Zeit will die gegebene Fläche im grafischen Berufe, die Adreßkarte, den Brief- und Rechnungskopf, das Etikett und wie die merkantilen Kleinarbeiten alle heißen, zweckmäßig schmücken. Und da diktirt sie jedem die ihm zu Gebote stehenden Mittel. Jünger Gutenbergs, spricht sie, laß ab von dem, was nicht deine Technik ist. Die Tonplatte, sie ist ja ganz schön, aber — doch nicht in jeder manns Fingern. Nimm, was dir gegeben und wirtschafte damit, aber verständig. Und du, Jünger Senefelders, der du so müh sam und beladen warst, erkenne deine Last und schüttle sie ab. Du armer Kerl, wie hast du dich gequält. Du hast Figuren gravirt, Schmetterlinge, Blümchen und Landschaften — nichts von alledem konntest du zeichnen, aber gravirt hast du es doch. Du hast dich gefreut über den schönen Strich, den deine Nadel so blank und glatt in den Stein gravirte, du hast dich gefreut, wenn auch der Strich dort nicht hingehörte, wohin du ihn gravirtest. Du konntest nichts dafür, man wollte es nicht besser. Aber in Zukunft wird man dir besser auf die Finger gucken. Deshalb lerne auch du dein Material er kennen und wirtschafte besser. Hat nun der Lithograf die Augen auf, so wird er'auf den Buchdruckarbeiten, besonders auf den neuen amerikanischen Merkantilarbeiten, das entdecken, was ihn reizen muß. Er wird sich fragen, warum habe ich diese herrlichen klaren Schriftformen noch nicht gesehen? Warum habe ich noch nicht bemerkt, daß sich mit einer derben Zeichenplatte und wenigen gedeckten Tonflächen etwas besseres machen läßt? Warum hat dies alles aber der Buchdrucker? Ja, der Kunst gelehrte und der Künstler hat sich zuerst um den Buchdruck gekümmert, nicht um dich, denn du warst ein recht kon servativer Eigensinn. Der Buchdrucker muß sich erst die Leute heranholen, die für seine flächigen Arbeiten die zeich nerischen Leistungen schaffen. Du hast sie schon in deinen Reihen, aber du hast sie bisher nicht gefördert. Dem Buch drucker gehört die Type, dir aber Nadel, Feder, Pinsel und Stein. Nun noch etwas Geist dazu, dann kannst du dir mit Hilfe dieser Waffen neue Gebiete erobern, tue dies. Die »Spezialistenzüchterei« in deinen Reihen.wird so wie so auf hören. Während man heute noch von Merkantillithografen, Schriftlithografen und Chromolithografen spricht, wird man in Zukunft nur noch von »Lithografen« sprechen. Du wirst in Zukunft zum größten Teil mit der Feder arbeiten, deine Technik wird einfacher und dadurch bedeutend billiger, der Bedarf wird größer. Nur weil die Kosten für zeit raubende Steingravuren und für vielfarbige Chromolithografien so enorm hohe sind, gehen dir jetzt so viele Arbeiten ver loren. Und du hast gute Bundesgenossen in der Fotolitho grafie und dem Steindruck. Der Dreifarbendruck wird dir die bunten Bilderchen abnehmen, er wird sie besser machen als du. Deshalb sieh dich um, dir bleibt die Fläche. Und welches Verfahren ist wohl geeigneter für den Flächendruck, als der Steindruck? Mühselig ist das Schneiden von farbigen Flächen für den Buchdruck, nicht geeignet dieser für den Druck derselben. Frei arbeitet der Lithograf mit dem Pinsel und der Feder auf Stein. Eine Quälerei ist der Schnitt einer Tonplatte für den Buchdrucker, noch dazu, wenn in die Ton platte weiße Linien, Ornamente oder Konturenzeichnungen einzufügen sind. Eine negative Zeichnung auf flächigem dunklem Grunde herzustellen ist dem Lithografen, eine Kleinig keit. Er zeichnet die Linien alle, die negativ erscheinen sollen, positiv mit schwarzer Aetztusche auf den glatten, hellgelben Stein. Dann trägt er die Fettfarbe auf, die positive Zeichnung löst sich und steht klar als negative Zeichnung auf dunklem Grunde. Und danach läßt sich die betreffende Platte mit Leichtigkeit in beliebiger Anzahl auf den Maschinenstein über tragen und bedeutend leichter drucken als im Buchdruck, vor teilhaft für Massenauflagen. Die Aluminium-Rotationsmaschinen, die jetzt in Amerika aufgestellt sind, und die an Schnelligkeit der Buchdruckpresse nicht nachstehen, werden sich für den Flächendruck auch noch bewähren. Was aber an Merkantil drucksachen gravierter Art noch zu schaffen ist, das wird