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I 12 Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme Nr. 4 533 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Buchdruck * * * *** Steindruck Halbbildung In der Arbeitsweise unserer Akzidenzsetzer heute und vor 10—20 Jahren besteht ein starker Unterschied. Damals be herrschte die Rahmenform den Akzidenzsatz, und was dem Lehrling grundlegend beigebracht war, das konnte der Gehilfe im Laufe der Zeit in verschiedenen Stellungen erweitern und befestigen. Die typographischen Vereine faßten das, was sich als nützlicher Brauch herausgestellt hatte, in Vorschriften und Regeln zusammen, nach denen auch Minderbefähigte ohne Schaden arbeiten konnten. So entstand ein gutes, gesundes Wissen, und jeder konnte leicht erkennen, was gut oder böse war. Heute nimmt auch der geringste Setzer die Freiheit für sich in Anspruch, die Papierfläche nach seinem Gefallen zu schmücken. Mit Schlapphut und Zwicker sucht er die Be fähigung vorzutäuschen, es Künstlern gleichzutun, aber seine Nachahmungen sind doch meist nur unverstandener Kram. Es fehlt eben alles, was den Künstler ausmacht, Schulung und Feingefühl. Aus einer einzelnen Linie schon läßt sich er kennen, ob ein Künstler oder ein Pfuscher sie hingesetzt hat. Unsern jungen Setzern fehlt aber die Selbstzucht. Die jetzige und wahrscheinlich alle folgenden Geschmacksrichtungen verlangen Fähigkeiten, die der Akzidenzsetzer nur durch tüch tige Studien erringen kann. Wer dabei kein Künstler werden kann, der bringt’s doch wenigstens zum Kunsthandwerker. Und wem auch das zu hoch ist, der sollte sich begnügen, ein guter Werksetzer zu bleiben. Statt dessen wollen viele über ihre Fähigkeitsgrenze hinaus, kommen aber nicht soweit, daß sie Ehre und Verdienst davon hätten. In den Fachschulen, die hier und da erstehen, wird das Ueber-Setzertum dadurch begünstigt, daß die jungen Leute an Aufgaben gehen dürfen, denen sie nicht gewachsen sind. Man muß viele Vorstudien getrieben haben, ehe man befähigt wird, Umrahmungen eigener Erfindung zu entwerfen, die sich sehen lassen können. Figurenzeichnen ohne vorherige Aktstudien ist ein Unding, und wer die Perspektive nicht beherrscht, der lasse die Hand davon. Es gibt doch noch viele Aufgaben außerdem, z. B. die, das von den Gießereien gelieferte Material in Schriften, Ornamenten und Vignetten richtig anzuwenden. Diese Fähigkeit aber scheint vielen Akzidenzsetzern abhanden gekommen zu sein, denn sie werden mit neuem Material in der Regel erst fertig, wenn sie die Anwendungsblätter der Gießereien in Händen haben. Im ganzen genommen kann man sagen, daß die tüchtige Grundlage fehlt, die den früheren Akzidenzsetzer auszeichnete. Halbbildung und Ueberhebung überall! Setzer, die eine Zeile korrekt auszuschließen wüßten, oder die feines Gefühl für Aus gleichungen und Sperrungen hätten, kann man mit der Laterne suchen. Gutes Deutsch darf man vom Akzidenzsetzer heute kaum noch verlangen. Da ist auch nur von unten herauf zu helfen, indem den Lehrlingen wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Hat ein Setzer eine gute, solide Lehre hinter sich, und ist er an gehalten worden, mit der Zeit hauszuhalten, dann wird er nütz licher sein, als manche sogenannte erste Kraft. Gerade die tüchtigen, verläßlichen Mittelsetzer fehlen uns, deren Kopf noch frei von Ueberspanntheit ist. Die Fachschulen und typo graphischen Vereinigungen aber sollten bestrebt sein, ihre Schüler und Mitglieder zu veranlassen, daß jeder in seinem Rahmen bleibe. Lieber ein tüchtiger, solider Kunsthandwerker sein, als ein verdorbener Künstler, der nicht einmal mehr weiter lernen darf, weil sich das für ihn angeblich nicht schickt. Ein auffälliges Beispiel, wie wenig das zeichnerische Können mit dem Wollen zusammenfällt, bietet das Programm zum Stiftungsfeste des Vereins der Berliner Buchdrucker und Schriftgießer. Auf der ersten Seite hält ein total verzeichnetes Kraftmädchen einen ebensowenig geratenen Lorbeerzweig in die Höhe, auf den folgenden Seiten sehen wir japanisierende Motive, die von einem Kundigen hätten durchgezeichnet werden sollen, und auf der letzten ist eine Speisekarten-Umrahmung angebracht, die in keinem Verhältnis zur Textschrift steht und im obern Teil Krebse oder Hummern zeigt, die um diese Jahreszeit nicht vorkommen. Wenn der Zeichner, der sich auf jeder Seite angibt, Buchdrucker ist, der nicht genügend vorgebildet war, so mag das zur Erklärung, nicht zur Ent schuldigung dienen: Was man nicht kann, das soll man lassen. Aber warum ließ der Verein diese Zeichnungen ausführen? Mit solchen Erzeugnissen, die nicht in unser Arbeitsbereich gehören, begeben wir uns in Konkurrenz mit berufsmäßigen Künstlern, und da fallen wir in der Regel ärgerlich durch. Bleiben wir in den Grenzen unsers Könnens, dann brauchen wir unsere Leistungen nicht zu verstecken. Weitere Beispiele dafür, wie ein bedenklicher Diletantismus selbst in guten Druckereien um sich greift, sind unter den dies jährigen Neujahrskarten zu finden. Statt sich mit dem vor handenen reichen Material zu begnügen, schneidet man Er gänzungsstücke dazu und erlaubt sich Vignettenzeichnungen, die unproportioniert, falsch und häßlich sind. Die rohen, fehler haften Schnitz eiversuche, die aus der Werkstatt des kleinen Moritz herzurühren scheinen, gehen mit dem Signum an gesehener Druckereien in die Welt und verwirren die ohnehin schon schwachen Begriffe derer in der Provinz, die dann auch mittun, um nicht rückständig zu bleiben. So hat eine süd deutsche erste Akzidenzdruckerei eine Wunschkarte in Holz- hack-Manier ausgegeben, die häßlich im Aufbau, schlecht und nachlässig in der Zeichnung und so mangelhaft geschnitten ist. daß sie in dieser Beziehung kaum übertroffen werden könnte. Der Zeichner, der wahrscheinlich auch der Schnitzelmann ist. soll seine Kunst für sich behalten. Die Ornamente sind mise rabel, eine Landschaft im untern Felde reizt zum Lachen, und oben ranken um ein plumpes Gold-Gehäuse grüne lorbeerartige Blätter, an denen rote Früchte von Kürbis-Größe erscheinen. Rechts und Links ist durch Ueberpausen hübsch regelmäßig gemacht worden, vermutlich, weil es dem Erfinder an weiteren Ideen gebrach. Man halte diese in sechs Farben gedruckte Mißgeburt einer wie gesagt führenden süddeutschen Druckerei gegen die nur fünffarbige, wunderbar feine Karte der Otto Elsner'schen Druckerei, um den gewaltigen Abstand zwischen Künstelei und Kunst zu ermessen. Es gibt ein so großes Proletariat unter den berufsmäßigen Zeichnern und kleinen Malern, daß es nicht nötig ist, diesen Leuten ihr kärgliches Brot zu nehmen. Mancher flotte Zeichner wäre froh, wenn er sicher wäre, das Setzer-Minimum zu ver dienen. Ein sehr verständiger Zeichenlehrer, der eine Berliner Malschule leitet, pflegt seinen Schülern oft zu sagen: »Malen Sie nur keine Bilder, denn dabei müssen Sie verhungern!« In ähnlicher Weise sollte man auf unsre heranwaehsenden Akzidenz setzer einwirken: Nur "keine Bilder! Trockenfirnis für Druckfarben als Ersatz für Sikkativ e 100 g ganz weißes eisenfreies Manganborat werden feinst pulverisiert, dann durch ein Haarsieb oder Mull gesiebt und zu 600 g besten Leinöls, welches man'kn einem besonders sauberen Tiegel erhitzt, nach und nach eingerührt. Während des Siedens muß die Flüssigkeit beständig gerührt werden, wodurch sich das Manganborat löst. Sobald man die Lösung auf 100‘ C. erhitzt hat, hebt man den Tiegel ab, läßt etwas abkühlen, dann füllt man den noch warmen fertigen Trocken firnis in Blechbehälter. Die damit versetzten Druckfarben trocknen rasch mit mäßigem Glanze, während mit Sikkativ vermischte Farben bei mehrmaligem Uebereinanderdruck speckig werden und schlecht trocknen, m.