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Nr. 55 PAPIER ZEIT UNG 1937 Anderm: Hauptsache ist, dass zunächst Normen dafür aufgestellt werden, was die Lehrlinge lernen müssen; denn bis jetzt ist nur darüber geprüft worden, was sie lernen konnten, und dadurch wird die ganze Einrichtung wertlos. Wir müssen durch die Prüfungen erreichen, dass ein Lehrling in allen denjenigen Fächern ordentlich ausgebildet wird, die zu seinem Fortkommen nötig sind, und die ihn befähigen, die Ansprüche, die wir an ihn stellen, zu erfüllen. Dies wird in den kleineren Druckereien nicht immer erreicht, daher muss dem, was in der Praxis fehlt, theoretisch nachgeholfen werden. Aber auch in tariflicher Beziehung sind die Handwerkskammern von Wichtigkeit, da sie die Zahl der Lehrlinge bestimmen können. So hat z. B. die Handswerkskammer in Magdeburg angeordnet, dass für die Zahl der in den Druckereien zulässigen Lehrlinge die Skala des Deutschen Buchdrucker-Tarifs maassgebend sei, und die Buchdruckerei- besitzer dieses Bezirkes sind daher gesetzlich an dieselbe gebunden. Es dürfte sich sonach empfehlen, bei den einzelnen Regierungen dahin vorstellig zu werden, dass sie einen Einfluss auf die Kammern nach der bezeichneten Richtung ausüben, damit allgemein die Lehr lingsskala des Tarifs zur gesetzlichen Grundlage wird. Kommerzienrat Büxenstein, Berlin: Es ist unbedingt erforderlich, dass die Buchdrucker an allen Orten eine gleiche, n. z. vierjährige Lehrzeit haben, und dieserhalb müssen wir unsern Einfluss bei den Handwerkskammern nach dieser Richtung hin geltend machen. Bezüglich der Zahl der zulässigen Lehrlinge kann zwar der Bundes rat einheitliche Reglung über das ganze Reich anordnen, und wir haben uns auch von Seiten der Tariforgane an denselben gewandt; dabei ist aber übersehen worden, dass zunächst die unteren Organe, die Landeszentralbehörden, Handwerkskammern und Innungen, für den Erlass solcher Vorschriften in Frage kommen. Wenn wir also möglichst bald etwas erreichen wollen, so müssen wir zunächst bei denjenigen Regierungen und Behörden einsetzen, die ein offenes Auge und Ohr für die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden haben. Fangen Sie an, in Sachsen, Baiern, Württemberg und Baden bei den Landeszentralbehörden den Antrag auf Festlegung der Lehrlingsskala zu stellen; erst wenn diese Schritte versagen, wollen wir den Weg des § 130 beschreiten. Merzbach, Posen: Gehen Sie nicht an die Regierungen, sondern an die Handwerkskammern; erst wenn diese versagen, fassen Sie weitere Schritte ins Auge. Leider steht aber die Kollegenschaft im grossen und ganzen den Handwerkskammern ablehnend gegenüber, und zwar weil sie die Verhältnisse falsch beurteilen. Eine grosse Anzahl stösst eich daran, dass sie Handwerker sein sollen, und darauf kommt es bei der Frage doch garnicht an. Die gesetzliche Handhabe ist nun einmal da, und an uns ist es, in unseren Kreisen dahin zu Wirken, dass das Gesetz auch die richtige Anwendung findet. In denjenigen Kreisen, in denen sich die Kollegen um die Sache ge kümmert haben, sind die Prüfungsausschüsse aus Fachleuten zu sammengesetzt worden; wenn sich allerdings die Fachleute ablehnend verhalten, brauchen sie' sich nicht zu wundern, dass auf sie keine Rücksicht genommen wird. In Posen z. B. hat die Handwerkskammer den Prüfungsausschuss einschliesslich des Vorsitzenden auf Vorschlag unseres Vereins aus Fachleuten ernannt, und wir können mithin unsere Verhältnisse selbst regeln. Wir haben daher auch für die Lehrlingszahl die Tarifskala als verbindlich erklärt. Die Anregung des Kreises V ist auf das lebhafteste zu begrüssen, und ich selbst habe in unserem Kreise bereits den Vorschlag gemacht, dass die Vorsitzenden der verschiedenen Organisationen unseres Gewerbes zusammentreten, um gemeinsam eine einheitliche Reglung herbei zuführen. Kommerzienrat Büxenstein: Wir sollten uns auf den Stundpunkt Merzbachs stellen und sagen: wir müssen zunächst mit den vor handenen Faktoren rechnen und durch diese zu erreichen suchen, was möglich und für unser Gewerbe dienlich ist. Auf der andern Seite müssen wir aber offen eingestehen, dass das vorliegende Hand werkergesetz vollständig verfehlt ist; denn es trifft nicht nur für die vorhandenen tatsächlichen Verhältnisse nicht zu, sondern es hat in Berlin, Leipzig und an anderen Orten zu Zerwürfnissen unter den Gewerbetreibenden geführt. Das Gesetz ist überdies falsch auf gefasst worden. Es handelt sich dabei nicht um die Begriffe Fabrik oder Handwerk, sondern der Schwerpunkt liegt in der Ausbildung der Lehrlinge. So zweifellos es ist, dass ein Grossbetrieb wie der meinige als ein Handelsbetrieb angesehen werden muss und zur Handelskammer gehört, ebenso zweifellos ist es auch, dass ein Lehr ling, der bei mir als Buchdrucker oder z. B. bei Krupp als Schlosser lernt, zum Handwerker ausgebildet wird. Es ist nun nicht einzu sehen, weshalb für solche Lehrlinge andere Bestimmungen gelten sollen, als für Lehrlinge in kleinen Betrieben, die doch in derselben Weise ausgebildet werden müssen. Es ist deshalb auch ganz natur gemäss, dass die Grossbetriebe sowohl zur Handelskammer wie zur Handwerkskammer beitragspflichtig gemacht werden müssen. Nachdem noch Kommerzienrat Werlitz und andere Redner den Antrag des Referenten befürwortet haben, wird dieser von der Ver sammlung einstimmig angenommen und auf Vorschlag des Herrn Kommerzienrat Büxenstein der Vorstand beauftragt, auf Abänderung des Handwerkergesetzes sowie bei den Einzelregierungen und Hand werkskammern auf eine den Bedürfnissen des Buchdruckgewerbes entsprechende Reglung der Mindestlehrzeit und der Lehrlingszahl nach Kräften hinzuwirken. Leistung der Typograph-Setzmaschine Herr Carl Herrmann forderte in Nr. 24 der »Oesterreichisch-Unga- rischen Buchdrucker-Zeitung« auf, mit Veröffentlichung von Leistungen einzelner Maschinensetzer-Personale zu beginnen. Eine Druckerei in Reichenberg, Böhmen, beginnt damit und bemerkt in Nr. 27 genannter Zeitung, dass die vier Maschinensetzer für Zeitungssatz aus ihrem Personal genommen und in ihrer Offizin angelernt wurden. Sie schreibt: »Wir haben zwei Typograph-Setzmaschinen. Die vier Maschinen setzer haben bei achtstündiger Arbeitszeit in zwei Schichten im Durch schnitt pro Stunde Buchstaben geleistet: In der Setzer S. Setzer N. Setzer H. Setzer B. 4. Woche 8 658 3883 8371 8310 12. „ 4891 4 537 4315 4840 20. „ 4 993 5413 4781 4876 25. » 5 806 5438 4876 5300 Nach diesen Ziffern ist die Typograph-Leistung entschieden in der (österreichischen) Tarifkomission nicht richtig oder vielleicht auch nicht ganz vorurteilsfrei beurteilt worden. Es wird Sache der nächsten Tarifkommission sein, die neuesten Erfahrungen auf diesem Gebiet in Berechnung zu ziehen. Denn ist es richtig, dass man das Minimum für eine Linotype mit 5800 Buchstaben bewerten kann, wie kommt man dann dazu, von dem Setzer am Typograph bei demselben Lohn nur eine Leistung von 481 10 Buchstaben zu verlangen, ohne den Besitzer des Typograph empfindlich zu schädigen? Aus unserer obigen Zusammenstellung ist ersichtlich, dass sämt liche Setzer bereits in der zwölften Woche eine Durchschnitts- Stundenleistung von 4000 Buchstaben überschritten haben, wogegen im Tarif nur 8600 vorgesehen sind. Nach einem halben Jahre soll der Typograph-Setzer tarifmässig 4200 Buchstaben leisten, aus unserer Zusammenstellung ist diese Leistung bereits in der zwanzigsten Woche weit überschritten worden. Wir können daher wohl mit Recht den Schluss ziehen, dass das Minimum nach einem halben Jahre mit 4500 Buchstaben und nach einem vollen Jahre mit 5000 Buchstaben bemessen werden kann.« Geschäftslage und Arbeitsmarkt. Die grafischen Betriebe, ins besondere die Buchdruckerei, werden von der wachsenden oder ab flauenden Unternehmungslust zuerst betroffen, und jetzt ist die Zahl der Arbeitslosen im Buchdruckgewerbe in der Abnahme begriffen. Während die allmonatlichen Berichte des Buchdruckerverbandes in den letzten Jahren stets eine Verschlechterung des Arbeitsmarktes gegen die entsprechenden Monate des Vorjahres feststellen mussten, ergibt der Bericht für Mai 1903 ein erfreulicheres Bild. Insgesamt, auf der Reise und am Orte, wurden im Mai 1903 an 2761 Mitglieder für 46 868 Tage 62 782 M. 94 Pf. an Unterstützungen gezahlt, während im Mai 1902 an 8082 Mitglieder für 54 678 Tage 78 028 M. 68 Pf. auf zuwenden waren. Im Mai 1902 waren den ganzen Monat hin durch 1764 Mitglieder im Bezug von Arbeitslosen-Unterstützung, während diese Zahl im Mai 1903 nur 1572 betrug. K. Büchertisch Jahrbuch der bildenden Kunst 1903. Herausgegeben von Max Martersteig. II. Jahrgang. Verlag der Jahrbuch-Gesellschaft m. b. H., Berlin Preis 8 M. Im Format und in der vornehmen Ausstattung seinem Vorgänger gleichend, liegt der zweite Jahrgang dieses Werkes vor uns. Es bietet einen willkommenen Ueberblick über das gesamte künstlerische Schaffen des vergangenen Jahres. Markant sind einzelne persönliche Erscheinungen hervorgehoben und zwar ohne Partei zu nehmen für die alte oder für die neue Richtung. Für Verleger von be sonderem Werte sind äusser den Artikeln »Die reproduzirenden Künste« von Hans W. Singer und »Die Kunst im Buchgewerbe« von Rudolf Kautsch die mit grossem Fleisse bearbeiteten umfangreichen Ver zeichnisse, vor allem ein umfangreiches Künstler-Adressbuch mit zahl reichen Notizen über die Werke der einzelnen Künstler; ferner eine Zusammenstellung der Museen und Privatsammlungen, eine solche der Akademien, Kunst- und Gewerbeschulen. Die Künstler-, Kunst- und Kunstgewerbe-Verbände, die Ausstellungen und Kunstsalons, Kunstzeitschriften, Kunstverlags- und Kunsthandlungen, grafische Kunst- und Kunstgewerbe-Werkstätten Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz sind in ebenso sorgfältig bearbeiteten Verzeichnissen beigefügt. Dieselben gestalten das Werk zu einem ungemein zweck mässigen Nachschlagebuche, das durch 16 Kunstbeilagen in. Helio gravüre, Lichtdruck, Drei- und Vierfarbendruck, Original-Lithografie und Duplex-Autotypie aus angesehenen Kunstanstalten wie Georg Büxenstein & Co. - Berlin, Wilhelm Hoffmann - Dresden, J. Löwy-Wien, Gebr. Deyhle & Wagner - Berlin, Meisenbach, Riffarth & Co. - Berlin, H. Saenger - Hamburg und durch zahlreiche in den Text gedruckte Ab bildungen ein handliches kleines Prachtwerk darstellt. Der billige Preis wird sicher die Einführung des empfehlenswerten Buches wesentlich erleichtern. Paul Hennig