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Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur wenn Abdruck ohne Namen gestattet Auskleiden von Halbzeugkästen Zur Frage 4659 in Nr. 73. Für Gefäße, in denen chlorhaltige Flüssigkeiten länger stehen müssen, bewähren sich als Auskleidung Platten aus gebrannter Steinzeug-Ohamotte, die von einer württem- bergischen Fabrik auch perforirt geliefert werden, sodaß ein Boden belag damit in Kästen, deren Wände mit nicht perforirten Platten ge schützt sind, zugleich das Abtropfen der chlorhaltigen Lauge ermög licht. Nach einem Gutachten der Großh. Bad. Chem.-Techn. Prüfungs- und Versuchs-Anstalt zeichnen sich diese Filtersteine durch große Widerstandsfähigkeit gegen verdünnte Säuren, Alkalien und gegen ■chlorhaltige Flüssigkeiten aus. Dr. B. Geräuschvoller Betrieb. — Mündliche Vertrags-Aenderung 4718. Frage: 1. Im Oktober 1902 bezog ich meine jetzigen Räume, die ich als Papierwarenfabrik gemietet habe. Einer der Nachbarn hat sich schon oft über zu grosses Geräusch beklagt, und ich wurde von der Polizei aufgefordert, Abhilfe zu schaffen. Soweit dies mit kleinem Kostenaufwande (etwas mehr als 100 M.) möglich war, kam ich der Aufforderung nach, doch wird die Abhilfe als unzureichend bezeichnet. Da der Nachbar anscheinend gewillt ist, sein vermeint liches Recht mit allen Mitteln durchzufechten, auch gerichtlich, so befragte ich einen hiesigen tüchtigen Anwalt. Dieser sagte, es sei Sache der Hauswirte, sich mit den Nachbarn auseinander zu setzen, wenn ich die Räume als Papierwarenfabrik gemietet habe und nur als solche verwende. Der Anwalt der Hauseigentümer behauptet da gegen, ich hätte für alles aufzukommen. 2. Bevor ich mietete und nochmals vor 4—6 Wochen wurde mir die mündliche Versicherung gegeben, bei Bebauung eines andern Nachbar grundstückes müsse ein freier Raum von einigen Metern bleiben. Nun wird direkt vor meinem Lithografenraum gebaut, so dass einige Aenderungen des Lichtes halber vorgenommen werden müssen. Auch hierin gehen die Meinungen der beiden Anwälte auseinander, und der gegnerische beruft sich darauf, dass eine gedruckte Bestimmung des Vertrages besagt, spätere Aenderungen desselben haben nur dann Giltigkeit, wenn sie schriftlich getroffen werden. Ehe ich mich in einen kostspieligen und unabsehbaren Prozess stürze, bitte ich um Ihre Ansicht. Vielleicht haben auch einige Firmen Erfahrungen in ähnlichen Angelegenheiten, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie dieselben in der Papier-Zeitung veröffentlichen würden. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: 1. Wegen störenden Geräusches aus Nachbargrundstücken vorzugehen ist nur der Eigentümer des Nachbargrundstücks berechtigt (§ 906 BGB.). Dieser kann jedoch den Anspruch auf Beseitigung des Geräusches nicht nur gegen den Eigen tümer des Grundstücks, aus welchem das Geräusch dringt, sondern auch gegen den Urheber des Geräusches erheben. (§ 1004 BGB.). Fragesteller kann daher vom Eigentümer, nicht aber von einem Mieter eines Nachbargrundstücks auf Be seitigung des Geräusches verklagt werden. Voraussetzung ist aber ein das gewöhnliche Maass übersteigendes Geräusch, wo bei die örtliche Lage und der Zweck des Grundstücks (Fabrik grundstück oder nicht) zu berücksichtigen ist. 2. Die Frage der Giltigkeit mündlicher Neben-Abreden eines schriftlichen MietsVertrages ist in Theorie und Praxis äusserst streitig. Sind mündliche Abreden ausdrücklich aus geschlossen, so kann, von besonderen Ausnahmefällen abge sehen, zu denen der vorliegende nicht zu rechnen ist, sich kein Teil auf solche mündlichen Abreden berufen. Begünstigung einzelner Gläubiger 4719. Frage: Vor 11/2 Jahren stellte eine hiesige Fahrrad- Fabrik ihre Zahlungen ein, und das Konkursverfahren wurde über sie eröffnet. In Anbetracht der geringen Masse wurde dann auf Veran lassung einer hiesigen Bank unter Zustimmung der Gläubiger das Konkursverfahren aufgehoben, damit die Liquidation aussergerichtlich erfolge und Kosten gespart würden. Als Liquidator wurde derselbe Rechtsanwalt gewählt, welcher vom Konkursgericht als Verwalter an gesetzt war. Vor einiger Zeit wurde uns nun von diesem Konkurs Verwalter ein Formular eingeschickt mit der Aufforderung, uns damit ■einverstanden zu erklären, dass mit einer einmaligen Zahlung von 10 pCt. unsere Forderung als ausgeglichen angesehen würde. Wir schrieben darauf, dass wir hiermit einverstanden wären, wenn uus schriftlich mitgeteilt würde, dass kein anderer Gläubiger mehr als lOpCt. erhält. Diese Bestätigurg können wir trotz mehrmaligen Schreibens nicht erhalten. Müssen gemäss dem Gesetz in vorliegendem Falle sämtliche Gläubiger gleichen Prozentsatz erhalten? Wie gehen wir am besten zur Klarstellung der Angelegenheit vor? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Beim Abschluss eines aussergerichtlichen Vergleichs ist die Bevorzugung einzelner Gläubiger durch höhere als akkord mässige Befriedigung nicht verboten. Auch das Reichsgericht hat in der Entscheidung Band 6 S. 227 und folgende Seiten eine solche Bevorzugung als an sich erlaubt erachtet. Auch die Giltigkeit eines auf Bevorzugung einzelner Gläubiger abzielenden Privatabkommens kann nicht bezweifelt werden, es sei denn, dass die nicht bevorzugten Gläubiger durch Vor spiegelung oder Verschweigung in den Irrtum versetzt worden sind, dass kein Gläubiger mehr erhalte als der andere. In diesem Falle steht den nicht bevorzugten Gläubigern das Recht der Anfechtung zu. Da im vorliegenden Falle dem Frage steller die Zusage, dass kein Gläubiger mehr erhalte als der andere, nicht erteilt, das Gegenteil aber auch nicht erwiesen worden ist, so würde Fragesteller, falls er dem Akkord vorschlage unbedingt zustimmt, zu einer Anfechtung wegen Irrtums nicht in der Lage sein. Dem Fragesteller bleibt also nur die Wahl, entweder seine Zustimmung zum Akkorde zu verweigern und sich dadurch die Forderung in voller Höhe gegen den Schuldner zu erhalten, oder sieh mit der Quote von 10 pCt. selbst auf die Gefahr zu begnügen, dass einzelne andere Gläubiger eine höhere Befriedigung vom Schuldner erlangen. Geleimt holzfrei Druck-Papier 4720. Frage: Einer unserer Kunden bestellte uns satinirt ganz geleimt holzfrei Druck. Wir haben dieses Papier mit demselben Leimzusatz hergestellt, wie es bei Schreibpapieren geschieht. Der wegen der besseren Druckfähigkeit erforderliche und auch durchaus zulässige grössere Füllstoff-Zusatz (Aschengehalt) vermindert aber den Leimungsgrad. Ist nun der Kunde auf Grund dieser Bestellung berechtigt schreib fähiges Papier zu verlangen, bei dem starke Tinten- striche nicht durchdringen? Nach unserer Ansicht nicht, er hätte dann holzfrei Schreibpapier bestellen müssen, das einen niedrigeren Aschengehalt und einen höheren Preis hat. Antwort: Wer »ganz geleimtes« Papier bestellt, drückt damit aus, dass das Papier leimfest sein soll. Die Papierfabrik durfte daher nur soviel und solchen Füllstoff zuteilen, wie ohne Schädigung der Leimung zulässig war. Wenn sie glaubte, dass sie dann kein gutes Druckpapier liefern könne, hätte sie den Auftrag ablehnen müssen. Pergamyn-Papier 4721. Frage: Wir bestellten einen Posten Pergament nach Probe I, der Ausfall ist nach Muster II. Um wieviel pCt. geringer ist nach Ihrem Dafürhalten letzteres Papier? Antwort: Beide Proben sind frei von Holzschliff und zeigen in Bezug auf Farbe keinen Unterschied. I hat etwas stärkeren Hochglanz und ist etwas durchscheinender und reiner. Da es bei diesen Papiersorten gerade auf Hochglanz und Durch sichtigkeit ankommt, halten wir Papier II für 10 pCt. weniger wert als I. Haftung für Gewerbe-Vergehen 4722. Frage: Stetige Aufträge und unzureichende Arbeitskräfte machen 2/s des Jahres Ueberstunden notwendig. Auch Sonntags wurde gearbeitet. Die Hälfte des aus etwa 40 Mädchen bestehenden Personals ist unter 16 Jahren. Polizeiliche Erlaubnis wurde nie ein geholt. Der Chef kümmert sich um die Ueberstunden nicht, und bei gelegentlichen Anfragen meinerseits wurde ich beauftragt, nur ruhig arbeiten zu lassen. Wer ist strafbar? Der Inhaber oder der Werk meister? Antwort: Sowohl der Besitzer der gewerblichen Anlagen als auch der Werkmeister sind dafür haftbar, dass die Be stimmungen der Gewerbe-Ordnung eingehalten werden. Kommt es wegen Uebertretung dieser Bestimmungen zu einer Anklage, so unterliegt es dem Ermessen der urteilenden Behörde, wie sie die Verantwortlichkeit verteilt. Nachdem Fragesteller, der den Betrieb unter Oberaufsicht des Inhabers leitet, diesen auf das Unzulässige der Sonntagsarbeit sowie der Beschäftigung Minderjähriger an Sonntagen erfolglos aufmerksam gemacht hat, wäre es seine Pflicht, zur Uebertretung des Gesetzes nicht weiter seine Hand zu bieten. Wenn er sich jedoch, um dieser Pflicht zu genügen, weigerte die Arbeiter an Sonntagen zu beschäftigen und zu beaufsichtigen, setzte er sich der Gefahr aus, entlassen zu werden. Wenn er in solchem Konflikt zwischen der bürgerlichen Pflicht und derjenigen der Selbst erhaltung die Anzeige unterlässt und weiter an Sonntagen ar-