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Nr. 55 PAPIER-ZEITUNG 1933 Fabrik-Nachrichten aus Amerika Arbeiter-Bewegung. Der Arbeiter-Ausstand in Hdlyoke dauert laut Nachrichten vom 23. Juni unverändert an, nach wie vor feiern 3380 Arbeitskräfte. Die Papierfabriken der Parsons Paper Company schlugen dem Arbeiterverband eine neue etwas höhere Lohnliste vor, diese wurde aber zurückgewiesen, und der Verband machte Gegenvorschläge, deren Beantwortung noch fehlt. Man ist auf längere Dauer des Ausstands gefasst, da die American Writing Paper Co. keine weiteren Zugeständnisse machen will. Voraussichtlich werden die Ar beiter eher des Ausstands müde als die Arbeitgeber, da zur Sommerszeit die Aufträge auf Feinpapier ohnehin spärlich zu sein pflegen. Die Schreibpapierfabriken in den westlichen Staaten scheinen unter Mangel an Aufträgen zu leiden, sie beschlossen, ihre Fabriken vom 3. bis 13. Juli zu schliessen, damit dem Markt nicht überflüssige Mengen Papier zugeführt werden. Das einheitliche Vorgehen in dieser Frage deutet an, dass die westlichen Papierfabrikanten auch in Fragen der Ar beits-Bedingungen einig sind. Dieser Tage fand in New York eine Beratung der Leiter hervorragender Druckpapier-Fabriken statt. Es soll dabei Einigung darüber erzielt worden sein, welche Haltung diese grossen Fabriken zu derjenigen Forderung der Arbeiter ein nehmen sollen, dass die 8-Stundenschicht für Maschinen-Arbeiter eingeführt werde. 100 Arbeiter der Sulfitstofffabrik in Glens Falls, welche die dortige, gleichfalls der International Paper Company ge hörende grosse Druckpapierfabrik mit Stoff versieht, sind in den Ausstand getreten, weil sie die geforderte Lohnerhöhung nicht erhielten. Forstwesen. Die Cornell Universität im Staat New York hatte vor mehreren Jahren den Unterricht der Forstwissenschaft in ihren Lehrplan aufgenommen und einen hervorragenden Forstmann, Professor Fernow, mit der Leitung dieses Unter richts betraut. Der Staat New York, der grosse Waldungen besitzt, hatte der Universität zum Zweck der Einrichtung einer Muster-Forstwirtschaft 30000 Acker Wald im Adirondack-Gebirge überwiesen. In der letzten Tagung der New Yorker Volks- Vertretung wurde gerügt, dass in diesem Versuchsgebiet zu viel Holz geschlagen wurde, und der Zuschuss, den der Staat New York der Universität für diesen Zweck geleistet hat, nicht wieder bewilligt. Daraufhin stellte die Universität die weiteren Vorträge über Forstwissenschaft ein und veröffentlichte eine längere Erklärung, worin sie die Schuld daran der Volksver tretung und dem Gouverneur des Staates New York zuschiebt. Die gerügten Abholzungen seien nötig und forstlich gerecht fertigt gewesen. Brand. Mitte Juni brannte die Seiden- und Packpapierfabrik der Kenyon Paper Company in Baldwinsville, Staat New York, nieder. Das Feuer entstand im Lumpenlager durch elektrischen Kurzschluss. Die Verbreitung des Feuers wurde hauptsächlich dadurch gefördert, dass die Riemen der Transmission brennende Lumpenschnitzel in alle Räume der Papierfabrik mitnahmen. Der Schaden wird auf 100 000 Dollar geschätzt, wovon 60 000 durch Versicherung gedeckt sind. Strohpappen 155. Schiedspruch In folgender Streitsache erbitten wir Ihr Urteil als Schiedsrichter. Laut beifolgendem Briefe vom 23. April bestellte bei uns die Firma X. in A. 5000 kg gelbe Strohdeckel, also einen Waggon, zum billigen Preise von .. M. die 100 kg franko. Von Signatur der einzelnen Packen war dabei keine Rede, diese ist auch wohl bei Waggon- ladungen nicht immer nötig. Wir liessen die Päcke dennoch aber so zeichnen, wie in dem Bestellbriefe vom 28. April mit der Stückzahl des Inhaltes angegeben, also die: 80 Pack, Format 68/84 cm, mit 40 und 50, nicht aber ausserdem noch mit der Angabe 5/4 und 4/4, wie es ja allerdings in der Bestellung ausserdem noch heisst. Die übrigen: 100 Pack, Format 70/90 cm, sind, wie ebenfalls in der Be stellung angegeben, mit 45, 50 und 60 gezeichnet, sodass man also genau wusste, was die einzelnen Packen enthalten. Nun haben wir es aber unterlassen, bei Faktura eine Spezifikation zu geben, obwohl das unserer Meinung nach nicht absolut notwendig war, denn die Päcke sind wie bestellt gesandt und durch die Signatur nach dem Stückzahl-Inhalte kenntlich gemacht. Aus dem Grunde will uns der Empfänger 20 M. für diese 5000 kg kürzen, dies macht auf 100 kg 40 Pf., da aber nur 80 Pack in Frage kommen, die falsch gezeichnet sein sollen, 40 und 50 anstatt 5/4 und 4/4, so gibt das 20 M. auf diese 80 Pack = 2000 kg = 1 M. für 100 kg. Wir legen Geld dabei zu und schrieben dem Empfänger, dass er, wenn absolut notwendig, die Spezifikation in 5 Minuten telefonisch auf unsere Kosten hätte haben können, oder er hätte die Annahme auf Grund des Fehlens der Spezifikation verweigern können, und das hätte uns vielleicht 2—4 M. Standgeld verursacht. Anbei auch ein Brief vom Empfänger vom 12. Mai. Wir sind junge Anfänger und haben hierbei das Gefühl, dass der Empfänger nur noch etwas dabei herausschlagen will, denn da wir annehmen mussten, die Deckel seien für den Empfänger zu eigenem Gebrauche, wie es auch wohl in der Tat der Fall sein wird, war vorherige Spezifikation nicht nötig, und deren Fehlen kein Schaden. Pappenfdbrik Y. in B. ♦ * » Auch wir sind bereit, uns Ihrem Schiedspruch zu unterwerfen. Wir bestellten bei der Pappenfabrik Y. in B., einem erst seit kurzem eröffneten Betriebe, eine Ladung rohe Strohpappen in mehreren Formaten und verschiedenen Stärken, z. B. 40, 50, 45, 60 Bogen das Paok. Der Waggon kam zum Versand, ohne dass uns Rechnung oder irgend welche Spezifikation erteilt wurde. Die Rechnung kam erst einen Tag nachdem der Waggon von unsern Leuten schon entladen sein musste in unseren Besitz und enthielt trotz unserer dringenden Bitte wiederum nichts von irgend einer Spezifikation, in derselben wurde vielmehr nur die Gesamtpackzahl und das Gesamtgewicht auf geführt. Die Päcke an sich waren zwar gezeichnet, indessen lediglich mit derjenigen Bogenzahl, die in diesen Päcken enthalten war, z. B. mit 40, 42, 43, 44, 52, 54, 57, 6 ■ usw. Hierdurch bekommen wir Schwierigkeiten mit unserer Kundschaft, da diese natürlich verlangt, dass eine bestimmte Stückzahl wie bestellt geliefert wird. Wenn z. B. 50-er bestellt werden, sollen auch 50-er geliefert sein. Geht aber schon aus dem Zeichen hervor, dass die Päcke anstatt 50 Bogen deren 52, 58 oder 48 usw. enthalten, so bekommen wir Reklamationen und Unannehmlichkeiten. Ausserdem waren mehrere 1000 kg direkt an unsere Kunschaft verkauft und sollten sofort aus dem Waggon an die Abnehmer verteilt werden, ohne erst über Lager zu gehen. Info! der unrichtigen Markirung konnten unsere Leute, die die Abfuhr zu besorgen hatten, nicht die richtige Verteilung an die Kundschaft vornehmen, besonders da wir kein Avis oder Rechnung erhalten hatten. Wir waren gezwungen, den ganzen Waggon von der Bahn erst in unser Lager zu schaffen, dort jeden einzelnen Pack mit der maassgebenden Stückzahl zu versehen und dann erst an die Kund schaft zu verteilen. Wir waren also genötigt, rund 2000 kg anstatt direkt vom Bahnhof an die hiesige Kundschaft erst nach unserem Lager zu schaffen. Ausserdem war es notwendig, den Waggon im Lager umzuladen und die einzelnen Päcke zu zeichnen. Für den uns dadurch entstandenen Aufenthalt und für die daraus folgenden Un kosten belasteten wir unseren Lieferanten mit 20 M. Es ist im Pappengeschäft üblich, die Päcke stets mit der bestellten Bogenzahl zu markiren, gleichgiltig ob mal ein oder zwei Bogen mehr oder weniger vorkommen. Ebenso ist es Sitte, sofort beim Abgänge einer Ladung genau spezifizirte Rechnung zu erteilen. Papierwarenfabrik Die Strohpappen-Fabrik hat Fehler begangen. Sie hätte die in der Bestellung angegebenen Zeichen auf die Päcke zeichnen oder, wenn sie im Zweifel darüber war, den Besteller befragen müssen. Keinesfalls durfte sie die Zahl der in den Päcken enthaltenen Bogen, sondern sie musste nach Brauch diejenige Zahl darauf schreiben, die nach Bestellung in den Päcken vorhanden sein sollte. Aus der Vorschrift in der Be stellung, dass die Firma des Pappen-Fabrikanten auf den Päcken nicht verzeichnet werden soll, konnte dieser vermuten, dass die Ladung mindestens zum Teil für Kunden des Be stellers bestimmt war, und musste daher die Vorschriften umso genauer ausführen. Die Unterlassungen des Pappen-Fabrikanten batten Auslagen des Bestellers zur Folge, die der Pappen- Fabrikant zu ersetzen verpflichtet ist. Mit Rücksicht aber darauf, dass dieser ein Anfänger ist, verdient er milde Be handlung, und wir entscheiden, dass er drei Viertel der vom Besteller berechneten Kosten, d. h. 15 M., diesem vergüten muss. Hilfsverein für Fachgenossen der Papier industrie Anlässlich der Dresdner Papiermachertage sind dem Hilfsverein besonders reiche Zuwendungen zuteil geworden. Herr Wilh. Munds in Dresden überwies unserer Kasse 500 M. als Sühnezahlung des Herrn Illgner in Pirna in seiner Privatklage gegen denselben. Verschiedene Sammlungen unter Freunden des Vereins auf der Bastei in Schandau, sowie in Kriebstein erbrachten 870 M., über welche Beträge wir hiermit öffentlich quittiren. Wir fühlen uns gedrungen, allen verehrten Gebern unsern auf richtigsten Dank auszusprechen mit der Versicherung, dass wir nach wie vor bestrebt sein werden, hilfsbedürftige Fachgenossen bereit- willigst zu unterstützen. Penig und Weesenstein, den 2. Juli 1903. Der Vorstand des Hüfsvereins: A. Schinkel. Ferd. Münde.