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2592 PAPIER-ZEITUNG Nr. 73 arbeiten. Die Papierindustrie Dürens (Erzeugung und Ver arbeitung) beschäftigt 3411 Arbeiter und tritt damit an die zweite Stelle der Industrien, die der Kreis Düren aufzuweisen hat. Sie wird nur von der Textilindustrie, die 4283 Beschäftigte zählt, übertroffen. Sie beschäftigt auch zahlreiche Handwerker verschiedenster Art und hat die Entstehung vieler Hilfs-In dustriezweige bewirkt, darunter die Filztuchfabriken von Thom. Jos. Heimbach mit 400 Arbeitern, J. Pohl & Cie. und J. Weck müller. Auch in Maschinen wird Hervorragendes geleistet von J. W. Erkens, Carl Krafft & Söhne und F. H. Banning & Setz. Kollergänge baut Aug. Detombay, Metalltuche und Egoutteure die Firma Andr. Kufferath. Es ist besonders erfreulich, daß die Dürener Fabrikanten allen Gründungs-Versuchen widerstanden und den Besitz der Fabriken ihren Familien erhalten haben. Die Dürener Papier fabrikanten-Geschlechter halten die von den Groß- und Ur großeltern übergekommene Tradition aufrecht, sind mit Recht stolz auf ihren Beruf und bilden einen Adel der Arbeit, auf den Fach und Vaterland stolz sein können. 3. Ärbeiterverhältnisse Die Papierarbeit ist nicht schwer, erfordert aber Gewandt heit. In dem Sortir- und Packraum, d. h. beim Einschlagen und Abzählen der Bogen, können junge Arbeiter Verwendung finden, und der Umstand, daß die Knaben und Mädchen sich von Jugend auf an diese Arbeit gewöhnen, schafft den tüchtigen Arbeiterstamm, den die Dürener Papierindustrie aufzuweisen hat. Es gibt auch kaum eine Fabrikation, welche reinlicher und angenehmer wäre, als die Papier- und Papierwarenfabri kation. Lumpensortiren ist an und für sich nicht angenehm, wird aber durch alle möglichen Vorkehrungen bedeutend er leichtert. Reinlich und angenehm ist aber die Arbeit des Sor- tirens, der Kuvertfalterin, des Kartenschneiders, Prägers oder Goldschnittmachers. Dabei muss vor allem Sauberkeit herrschen, denn einen beschmutzten Bogen kann Niemand gebrauchen. Diese Reinlichkeit, die man allenthalben in den Dürener Fa briken findet, wirkt auf die Leute selbst erzieherisch ein, und so herrscht Reinlichkeit und Ordnung auch in den Fa milien der Dürener Papierarbeiter. Nur ein kleiner Teil der Arbeiterschaft, etwa 9—10 pCt., ist für die Bedienung der Papiermaschinen zur Nachtzeit erforderlich, sonst wird nur bei Tage gearbeitet. Der Schichtwechsel erfolgt meistens um 7 Uhr abends. Jugendliche Arbeiter unter 14 Jahren werden in den Fa briken nicht beschäftigt. Auf die beiden Zweige der Papier industrie verteilt sich die Arbeiterzahl nach dem Geschlecht wie folgt: Papierfabrikation . . . 1538 männlich, 976 weiblich Papierverarbeitung. . . 372 „ 435 » Während also in der Papierfabrikation die männlichen Arbeiter überwiegen, sind in der Papierwarenindustrie die weiblichen in der Mehrzahl. Die Zahl der in der Papierindustrie beschäf tigten Arbeiter ist im Laufe der letzten 50 Jahre um mehr als das 31/2 fache gestiegen. In früheren Jahren, als man noch an der Bütte arbeitete, gehörten die Gesellen mit in den Haushalt des Müllers; sie be zogen von ihm Kost und Wohnung. Eine interessante Schilde rung dieser Verhältnisse von dem Papiermacher Joh. Friedr. Engels aus dem Jahre 1808 lautet wie folgt: Jeder Fabrikant, der eine ordentliche Fabrik besitzt, ist, wie es auch, wenn die Fabrik in Aufnahme kommen soll, sein muß, Herr seiner Leute, die er zwar gut behandelt, doch nach seinem Gutdünken annimmt und verabschiedet, wenn sie ihre Pflicht nicht erfüllen. Er bezahlt die besten Büttenknechte mit 11/. Gulden oder 1 Rthlr. (wöchent lich?) und gibt die Kost oder, wenn die Knechte verheiratet sind, Kostgeld. Die mehrsten können daher noch vieles überverdienen. Ein Lehrjunge wird gewöhnlich ohne Mahlzeit oder Traktement auf zwei Jahre angenommen; er bekommt die Kost und jährlich 10—12 Rthlr. Lohn. Examinirt wird er nach den Lehrjahren nicht; er würde auch schlecht bestehen können, da ein Geselle schon lange gedient haben muß, wenn er, welches die wenigsten lernen, alle Teile der Papier- fabrikation kennen und darüber Probe ablegen soll. Einem wandernden Gesellen geben wir jedoch ganz gutwillig einen halben, auch einen ganzen Tag frey Quartier; er muß sich dabei, wie es recht ist, be scheiden betragen, oder er wird mit der verdienten Verachtung be handelt und abgewiesen, Auf einigen Mühlen gibt man auch jährlich 3 Rthlr, Biergeld, auf den mehrsten aber garnichts. Dieses patriarchalische Verhältnis zwischen Müller und Ge sellen hörte auf, als mit der Einführung der Maschinen sich der Uebergang vom Handwerk zum Fabrikbetriebe vollzog. Damit wurden die Gesellen zu Arbeitern, und an Stelle des Meisters, der früher meist auch Inhaber der Mühle war, tritt | der moderne Werkmeister. Denn an den Müller treten andelel Aufgaben, die seine Stellung als Arbeitgeber kennzeichnen. Die Löhne für die Papierarbeiter belaufen sich in den 60 er Jahren des vor. Jahrh. auf etwa 1,9 Thlr. wöchentlich; für 1900 war der Durchschnittslohn für einen gelernten Arbeiter 16 M., für einen ungelernten 10 M. Heute sind diese Zahlen nicht mehr maßgebend. Wie in anderen Industrien, so haben auch in der des Papiers die Löhne bedeutende Steigerung erfahren. Die heutigen Lohnsätze sind ungefähr folgende: für einen Ar beiter auf dem Lande 2 M. 50 Pf. bis 2 M. 75 Pf., in der Stadt 3 M. bis 3 M. 25 Pf. pro Tag als Minimum, für ein Mädchen wird als Anfangslohn gewöhnlich 1 M. festgesetzt, der sich bis zu 2 M. steigern kann, für Kinder unter 16 Jahren wird 1 M. bis 1 M. 20 Pf. gezahlt. Genau lassen sich die Löhne nicht angeben, denn sie richten sich immer nach der Beschäftigung und der Geschicklichkeit des einzelnen. Die Mehrzahl der Ar beiten wird ja auch in Akkord vergeben, sodaß die Höhe des Lohnes ganz von der Leistung des Arbeiters abhängt. Der durchschnittliche Jahresverdienst berechnet sich nach dem Be richte der Sektion I der Papiermacher-Berufsgenossenschaft auf etwa 736 M. Wenn man auch im Allgemeinen das Existenz minimum auf 900 M. annimmt, so muß bei diesem Satze in Er wägung gezogen werden, daß sich dies als Durchschnittssatz sowohl für Erwachsene als auch für jugendliche Arbeiter ergibt, welche nicht getrennt aufgeführt werden. Die Lohnzahlungen aber erhalten noch eine weitere Er gänzung in den freiwilligen Gaben, welche die Dürener Fabri kanten ihren Arbeitern im Laufe der Zeit zuwandten. (Schluß folgt.) Ausfuhr nach England Wir exportiren etwa die Hälfte unserer Papier-Erzeugung in ein und derselben Qualität und Farbe nach England und empfinden es bei der Menge der Aufträge als großen Uebelstand, daß die Kundschaft 6 und 12 Bogen jeden Formats und Gewichts einer einzigen Order als Ausfallmuster verlangt. Die hohen Portokosten treffen uns umso empfindlicher, als die Preise auf einem Niveau angelangt sind, das jeden Nutzen illusorisch macht. Wir sind der Ansicht, und viele Kollegen werden mit uns darin übereinstimmen, daß der Ausfall eines Papiers durch ein einziges Mustei' pro Schwere zur Genüge veran schaulicht wird, und daß es Trecht und billig wäre, wenn die auf grössere Mustersendungen reflektirenden Kunden mindestens die Porto kosten trügen. Größere Musterkollektionen sind ja von Zeit zu Zeit zu Offert- zwecken unerläßlich, wenn aber für jede einzelne Order, die häufig aus diversen Formaten und Schweren zusammengesetzt ist, ein komplettes Musterpaket gratis und franko gewünscht wird, so werden damit an den Fabrikanten unseres Erachtens doch zu hohe Anforderungen ge stellt. Portospesen und der Wert der Muster, die im Laufe des Jahres ein ganz ansehnliches Quantum ergeben, spielen unter solchen Um ständen im Etat einer Papierfabrik eine nicht zu unterschätzende Rolle. Deutsche Papierfabrik Ausspache erbeten. Hüte aus Papier Die Mitteilungen über Hüte aus Papier haben mich zu Versuchen veranlaßt. Das Papier zu wellen und auf Litzen zu nähen, welches in einem früheren Aufsatz erklärt wurde, auch schon bereits geschützt ist, scheint mir zu umständlich und Strohhüten gegenüber zu teuer. Es ist mir auch zweifelhaft, ob es Papier giebt, welches wetter beständig ist, oder ob sich solches herstellen läßt. Ich sende hierbei Halme aus Papier und bitte um fachmännisches Urteil darüber. Nach dieser Arbeitsmethode lassen sich Halme der verschiedensten Gestaltung herstellen; sogar so, daß jeder Halm in der Längsrichtung dreifarbig wird, sowie auch spiralförmig gestreift. Wenn erst mit Hüten der Anfang gemacht ist in Papier, so wird die Herstellung noch sehr vieler Sachen, die jetzt aus Stroh, Binsen und dergl. bestehen, nur noch eine Frage der Zeit sein. Namentlich in Fantasiegegen ständen dürfte sich ein weites Feld für die Papier-Industrie eröffnen. Vorarbeiter Die Halme des Einsenders bestehen aus je zwei Papier streifen von 1 cm Breite, die auf etwa 2 mm Breite, also vier fach zusammengefaltet sind. Solche zwei Streifen sind spiral förmig wie zu einem Seil zusammengedreht und außerdem noch durch einen spiralförmig darum gewundenen Faden zu sammengehalten. Künstliche Papierhalme dieser Art erfordern viel Arbeit und dürften sich erheblich teurer stellen als die von der Natur beinahe kostenfrei gelieferten Strohhalme. Außerdem haben letztere, wie Einsender richtig bemerkt, den Vorzug, daß sie der Näße widerstehen, während Papier dies nicht vermag. Ebenso wie die Halme müßten auch die daraus gefertigten