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Nr. 73 PAPIER-ZEITUNG 259| Hierauf beruht auch die Herstellung von Ersatzstoffen für vegetabilisches Pergament. Was aber bei letzterem auf chemi schem Wege durch Säuren und daher schneller erreicht wird, erzielt man bei den Ersatzstoffen durch langes, mechanisches Einwirken. Zur Entstehung dieses Verfahrens möge man sich erinnern, wie wir als Kinder die kaum gereiften Weizenkörner in den Mund nahmen und aus denselben durch Kneten mit den Zähnen im Munde Gallerte entwickelten, die gegen Wasser unempfind lich, ja abstoßend wurde. Ebenso erreichen wir durch bestän diges Kneten derselben, etwa in einem Mörser, unter Zugabe geringer Mengen lauwarmen Wassers bald einen gallertartigen Stoff, der nur noch von den inkrustirenden Bestandteilen und sonstigen kleinen Beimischungen durch Waschen in reinem Wasser gereinigt zu werden braucht, um Gallerte zu erhalten, die weder klebt, noch in kaltem oder lauwarmem Wasser sich löst, sondern abstoßend gegen Wasser wirkt. Wie Zellwände durch mechanische Behandlung hornartige oder pergamentartige Beschaffenheit annehmen, hat wohl schon jeder an seinem eigenen Körper erfahren. Wenn wir zur Erholung mal ein Boot besteigen und rudern, beginnen die Hände, wo der Druck der Ruder einwirkt, zu schmerzen, es zeigen sich Blasen (Schwielen), und schnell verwandelt sich die zarte feine Hant in Pergamenthaut. Auch hier wird durch mechanische Einwirkung das Zellgewebe der Haut zu Pergament. Ganz das Gleiche erhalten wir auch beim Mahlen unserer Pergament-Ersatzstoffe im Holländer. Auch hier wird durch die lange mechanische Einwirkung möglichst stumpfer Holländer messer auf Zellstoff die Zellwand verrieben und der Inhalt in eine gallertartige Masse, z. T. Hydrozellstoff, verwandelt. Durch Zu sätze chemischer Bestandteile, die allerdings Geheimnis jedes einzelnen sind, können wir die Mahldauer bedeutend herabsetzen und würden miteichtigkeit Pergament-Ersatzstoff herstellen, der sich von dem bisherigen vegetabilischen Pergament in keiner Weise unterscheidet, wenn unsere Papiermaschinen solchen Stoff verarbeiten könnten. Gallertartigen Stoff können wir aber trotz aller Säugpumpen usw. nicht so weit abwässern, um ihn zwischen den Pressen durchzubringen; er wird, da zu nass, total verdrückt, verliert jedes Aussehen und jeden Halt. Doch auch hier dürfte Probiren über Studiren gehen, und da wir Papierfabrikanten, die sich mit der Herstellung von Er satzstoffen für vegatabilisches Pergament beschäftigen, fort während neue Versuche vornehmen, so werden wir früher oder später unbedingt dem Weltmärkte ein Fabrikat bringen, welches das vegetabilische Pergament ersetzt. Wie wir noch vor einigen Jahren nur Mitscherlich-Zellstoff, welcher durch lange Kochzeit mehr vorbereitet ist, gebrauchen konnten, stehen wir schon heute auf einem ganz andern Standpunkt und können jeden unter Einwirkung von schwefliger Säure richtig gekochten Zell stoff in gewünschter Art umarbeiten. Meine ersten Versuche zur Herstellung der erwähnten Er satzstoffe datiren aus dem Jahre 1882, wo ich, entgegen den Bestimmungen meines damaligen Vorgesetzten, der nur aus Lumpen Papier erzeugen wollte, anfing, Zellstoff zu verarbeiten und zwar Löhnberger Stoff. Ich wollte hübsches, hochge glättetes Packpapier herstellen, als meine Papiermaschine in der Nacht durch einen Achsenbruch außer Betrieb kam. Der Nachtaufseher überließ ohne Zweifel die Reparatur dem Schlosser meister und duselte wohl ein; dem guten Beispiel folgend, ergab sich auch der Holländermüller süsser Ruhe und ließ die Hol länder laufen, wie’s ihnen paßte. Aber nun stellten sich bald die bösen Folgen ein; bei meinem Erscheinen am andern Morgen sah ich nur Menschen mit verzweifelten Gesichtern, die über der Gautschpresse hingen, um nur den Papierstoff von ihr herunter zu arbeiten. Sie bemühten sich aber immer und immer vergebens, der Stoff war glatt wie ein Aal und ent wand sich den vielen Händen, die ihn so gern weiter bringen wollten. Endlich gelang es nach vieler Mühe, die Papierbahn durch die Pressen und Zylinder voranzubringen, aber o Graus, wie sah das mit so vielem Kummer endlich erzeugte Papier aus? Es glich mehr geronnener Milch als normalem Papier. Der Schmerz um das verdorbene Papier war bald überwunden, denn die unfreiwillig erzeugten Muster brachten mich auf den Gedanken, ob solches Zeug nicht Ersatz für Pergament-Papier werden könne. Gedacht, getan, verkauft war bald nach dem Muster, aber noch lange nicht fabrizirt, und manche schlaflose Nacht hat es mich gekostet, ehe es gelang, marktfähiges Papier ohne zuviel Abfall und Ausschuß herzustellen. Robert Emmel, i. Fa. Gebr. Schmitz in Merken bei Düren Papier-Industrie von Düren und Umgebung Von Josef Bongartz aus Düren Fortsetzung zu Nr. 71. 2. Papierwaren-Fabrikation Die papierverarbeitende Industrie hat sich in kurzer Zeit zu einem so hervorragendem Gewerbszweige entwickelt, daß sie heute im Wirtschaftsleben unseres Volkes eine bedeutende Rolle spielt. Auch in früheren Jahren wurde Papier bearbeitet, wie eine Urkunde im Düsseldorfer Staatsarchiv aus dem Jahre 1799 zeigt, die mit Trauerrand versehen ist, aber es geschah nur in sehr bescheidenem Ma'e. Seitdem aber auch auf diesem Gebiete die Maschinen Eingang fanden, haben sich Drucke reien, lithografische Anstalten, Buchbindereien, Kartonnage- und Luxuspapierfabriken über den Umfang des Handwerks erhoben und sind zu Arbeitsstätten geworden, in denen Tausende ihr Brot verdienen. Hat doch die amtliche Produktionsstatistik des Jahres 1897 30 242 Betriebe der Papierverarbeitung einschließ lich des polygrafischen Gewerbes ergeben mit 218 496 Beschäf tigten. Die Gründe, weshalb diese Industrie in der verhältnis mäßig kurzen Zeit so riesig an Ausdehnung hat gewinnen können, sind in dem gesteigerten Bedürfnis und der wachsenden Leistungsfähigkeit der Betriebe zu suchen. Die Papierverarbeitung kann sich nur niederlassen, wo Handel und Verkehr blüht und wo es genug tüchtige Arbeits kräfte gibt. Sie sucht deshalb große Städte auf und würde sich in Düren nicht niedergelassen haben, wenn ihr nicht die dortige Erzeugung feinster Papiere und Kartons sehr zustatten käme. Mit deren Verarbeitung konnte ein gewinnversprechen der Handel in Dürener Erzeugnissen verbunden werden, und so haben denn auch die meisten Dürener Papierwarenfabriken mehr den Handel als die Fabrikation gepflegt. Ferner mu te der gute Ruf, den die Dürener Papierfabrikate stets genossen, auch diesen Erzeugnissen zugute kommen. Die Gründer fanden ferner eine mit der Papierarbeit vertraute Arbeiterschaft, welche sich leicht auf jede Spezialität einarbeitete. In folgender Liste sind die Firmen der Papierverarbeitung mit der Zahl der beschäftigten Arbeiter aufgeführt. Firma Fabrikationszweige Ar beiter zahl Carl Schleicher & Schüll, Düren Brief- und Schreibpapiere, techn. Papiere, lith. Anstalt, Buchdr., Prägeanst., Buch bind., Karten- etc. Fabrik 221 Eug. Hoesch & Orthaus, Düren Gebr. Herzheim, Berlin u. Düren do. Wachs-, Paraffin-, gummirte Papiere, Karten- etc. Fabrik 112 49 Fel. Peltzer & Co., Düren Kartonpapierfabrik Papyrolin-, Leinen- etc.Papier- fabrik Karten und Trauerpapiere, Prägeanstalt 44 Benrath & Frank, Gelbe Mühle Berh. Lindner & Co., Düren Emmel, Schoeller & Weyers, 14 55 Merken Kuvertfabrik, Karten etc. 60 Gebr. Heyder, Düren Wienstroth & Hammanns, Düren » » » 66 Schachtelfabrik 66 Pet. Lüttgen, Kreuzau Dütenfabrik 38 W. Ingelbach, Düren Schachtelfabrik 28 Gebr. Keller, Birkesdorf Heftefabrik 22 Herm. Grüttner, Düren Karten und Trauerpapiere 17 Fritz Fischer, Düren 18 A. Schwanenberger, Düren, 6 M. Dierdorf, Düren Karten und Prägeanstalt 4 F. C. Kern, Düren Karten 6 Paul Schoeller, Düren Lith. Anstalt Sa 9 807 Äusser diesen, von denen die meisten auch noch den Handel in Dürener und anderen Papieren pflegen, bestehen noch folgende Papiergrosshandlungen, die sich teils mit In lands-, teils mit Auslandsgeschäften befassen: Stein & Steinert, Wilh. Ingenhorst, C. Roseheck, Anton Ollig, Georg Bonn, Wilh. Aubreville und Eduard Mundt. Nach obigen Ausführungen hat Düren heute: 18 Papierfabriken 2 Strohstofffabriken 18 Papierwarenfabriken 7 Papiergro.. handlungen die zusammen mit 7815 PS. Dampf- und 1132 PS. Wasserkraft