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Kleider aus Papier In der »Vossischen Zeitung« wird geschrieben, dass Papier einst ans ziemlich eigenartigen Anlässen zu Bekleidungszwecken Ver wendung fand. Um das Jahr 1000 n. Chr. besagte in Arabien eine allerhöchste Verfügung, dass alle diejenigen, welche dem Könige ein Bittgesuch oder eine Beschwerde persönlich vorbringen wollten, in papiernem Gewand zu erscheinen hatten. Sie mussten sich auf der Landstrasse, welche der Monarch voraussichtlich passiren würde, mit einem Papiergewand von roter Färbung angetan, reihenweise auf- steilen. An der roten Farbe erkannte der Herrscher die Bittsteller; er machte vor ihnen Halt und nahm das Gesuch eigenhändig in Empfang. Stellte es sich aber zufällig heraus, dass das rote Gewand nicht aus Papier sondern aus anderm Stoff war, so wurde fragliche Person notirt, vor den Kadi geladen, und erhielt den Wortlaut der königlichen Verfügung mittels Ruten auf die Fusssohlen geschrieben. Gleichen Erfolg erzielte derjenige, welcher vor Gericht, gleichviel ob als Kläger oder Verklagter, im Zivil- oder Strafverfahren, in einem anderen Anzuge als einem papiernen erschien. Der Kadi legte grossen Wert darauf, dass die Vorschrift, vor Gericht nur im Papierkleid zu erscheinen, strengstens beachtet wurde, und es kam nicht selten vor, dass bei Zuwiderhandlungen, noch vor Eintritt in die eigentliche Sitzung, ein richterliches Zwischenurteil erging, dessen sofortige Exekution auf die Fusssohlen des Betroffenen zugleich mit dessen Jammergeschrei die Verhandlung einleitete. Das rote Papierkleid des Bittstellers, welches also auch bei den Gerichtsver handlungen als Vorschrift galt, war um das Jahr 1000 fast im ganzen Orient verbreitet, besonders auch in Pertien. Auf Persisch hiess es »kaghidin pirahen« (papiernes Hemdlein), oder »kaghidin dschame« (papiernes Kleidlein). Die gerichtliche Vorschrift, welche das Papier kleid beim Prozessverfahren anbefabl, spricht von einem »pirahen-i- kaghidi« (Hemd von Papier). Professor Karabacek sagt in einer Abhandlung an einer Stelle, wo er die Färbung des Papiers bespricht: »Aber nicht allein den Geniessenden ward das Rot zur Leibfarbe, sondern es wurde auch zur Färbe der Humanität. Als die auffallendste unter allen Farben wurde vornehmlich rot von Bedürftigen und Unterdrückten als Be kleidungsfarbe gewählt, um die Aufmersamkeit mildtätiger Personen nach Möglichkeit auf sich zu lenken«. Danach scheint es, dass äusser den vorerwähnten beiden Fällen, in welchen die rote Papierkleidung Vorschrift war, diese auch in vielen Fällen freiwillig gewählt wurde, gewissermaassen als Geschäftepraxis, wahrscheinlich auch deshalb, weil das Papier vor der Leinwand und anderen Stoffen den Vorzug grösserer Billigkeit und besseren Schutzes gegenüber südlicher Sonnenglut besitzt. Vielleicht wurde aus letzterem Grunde das Papiergewand allmälig auch vorgeschriebene Kleidung für Bittsteller, welche auf den oft wenig schattigen Landstrassen Arabiens und Persiens den Monarchen oft stundenlang erwarteten. Jedenfalls geht aus allem, was über das Tragen von Papierkleidung bei den Orientalen des Mittelalters verlautet, ziemlich klar hervor, dass für sie diese Art der Bekleidung den Beigeschmack der Erniedrigung und Bedrückung hatte. Diese Anschauung muss auch der Sänger Hafis gehabt haben, der in einem seiner rührseligen Lieder sagt: »Blut’ge Tränen muss ich weinen Aufs papierne Bettlerkleid, Weil für mich Gekränkten keinen Trost hat die Gerechtigkeit.« Aber nicht allein in Arabien und Persien waren Papierkleider in früher Zeit in Gebrauch, sondern auch im ferneren Osten, wie in China, Japan, Indien und auf den Südsee-Inseln. In einem bei Alexander Shaw in London anno 1787 gedruckten Buche »Samm lung der durch Kapitän Cook auf seinen Weltreisen gefundenen Kleiderstoffe« sind auch solche aufgeführt, welche von einzelnen Stämmen der Südsee-Insulaner allgemein getragen wurden. Zumeist waren diese Kleiderstoffe gemalt, oft auch matt gefärbt. Ihre Aussen seite hatte grosse Aehnliehkeit mit Leinengeweben; betrachtet man jedoch die Innen- oder falsche Seite, so erkennt jeder Laie auf den ersten Blick, dass jene Kleider aus Papier gefertigt sind, welches dem japanischen im Aussehen und in der Qualität sehr nahe kommt. Geschäftlicher Trinkzwang Der Deutsche Verein abstinenter Kaufleute, Sitz Hamburg, hielt am 9. August seine zweite Jahresversammlung in Berlin ab. Vertreten waren die Bezirke Altona, Braunschweig, Bremen, Berlin, Flensburg, Hamburg, Kiel, Leipzig, Lübeck und Mannheim, ausserdem waren Einzelmitglieder aus allen Gegenden Deutschlands sowie ver schiedene Vertreter befreundeter Vereine erschienen. Nach der Er öffnung der Versammlung durch den Vorsitzenden Max Warming, Hamburg, wurde durch diesen der Jahresbericht über das Jahr 1902 erstattet, der sichtliches Vorwärtsschreiten des jungen Vereins be zeugte. Dann trat man in die Beratung einiger Satzungsänderungen ein. In den Ergänzungswahlen zur Vereinsleitung und dem Aus schüsse wurden die Herren Wendt, Hamburg, und Jacobsen, Hamburg, gewählt. Am Schlüsse der Verhandlungen hielt Herr Döring, Berlin, einen mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag über »Trink zwang im kaufmännischen Berufe«. Die Versammlung nahm im An schlusse daran folgende Entschliessung an: »Die zweite Jahresversammlung des »Deutschen Vereins ab stinenter Kaufleute« erklärt die entschiedenste Bekämpfung des ge schäftlichen Trinkzwanges als seine vornehmste Aufgabe. Der ge schäftliche Trinkzwang ist des Kaufmannsstandes unwürdig, dieser auf dem Broterwerb lastende Zwang ist umso verwerflicher, als er für die Beteiligten schwere gesundheitliche Schädigungen und moralische Gefahren mit sich bringt. Er ist umso unverständlicher, als die durch ihn erhöhten Spesen nur durch Erhöhung der Verkaufs preise oder Verminderung des Geschäftsgewinnes ausgeglichen werden können. Der »Deutsche Verein abstinenter Kaufleute« hofft daher, dass er bei seiner Bekämpfung des geschäftlichen Trinkzwanges die Unterstützung aller einsichtsvollen Kaufleute und aller kauf männischen Organisationen finden wird.« Die Verhandlungen wurden dann mit einem begeistert auf- genommeten Hoch auf den Verein und seine Bestrebung geschlossen. Die nächstjährige Versammlung soll in Altona abgehalten werden. Briefmarkenkunde Neue rumänische Briefmarken. Rumänien hat anlässlich der Ein weihung des Hauptpostgebäudes in Bukarest eine neue Reihe recht gefällig aussehender Postwertzeichen verausgabt; diese Ausgabe be steht aus 7 Werten von 16 Bani bis 5 Lei. Von jedem Werte sind nur 25000 Stück gedruckt worden. Es ist daher anzunehmen, dass die Marken sehr selten, werden. Der ganze Vorrat ist schon jetzt bei der Post vergriffen, für einen vollständigen Satz werden bis zu 20 Frank gezahlt. R. Argentinische Jubiläums-Postkarten. Die argentinische Postver waltung hat zur Erinnerung an die 25. Wiederkehr des Tages der Gründung der argentinischen Föderation in Santa-Fe Jubiläums-Post karten in den Verkehr gebracht. Der sehr geschmackvolle Wert- Stempel, der eine Frauengestalt auf einem Wappenschild gestützt, einen Lorbeerkranz niederlegend, darstellt, ist braun, auf Karton gedruckt. Auf der Rückseite der Karte sind die Bildnisse der Kongressteilnehmer gedruckt, sodass eine grössere Anzahl ver schiedener Karten zum Vorschein kommen wird. R. Dio kürzlich von den britischen Inseln Nevis und St. Kitts aus gegebenen Briefmarken zeigen als Mittelbild Kolumbus, wie er durch sein Fernrohr nach dem Lande auslugt. Wenn der grosse Entdecker etwas ungeschickt mit dem Instrument umgeht, so darf man es nicht übelnehmen, da das Fernrohr angeblich erst 116 Jahre nach der Ent deckung Amerikas erfunden wurde. K. 148178] Vereinigte Stralsunder Spielkartenfabriken Act.-Ges. in Stralsund empfehlen ihre rühmlichst bekannten Spielkarten. Für jedes Land und jede Gegend die gangbaren Sorten. Preislisten und Handmuster kostenfrei. C. Joachim & Sohn Dappen- und ■ Papiermaschinen in neuer, eigenartiger, practisch erprobter und bewährter Constructio sehr solid ausgeführt, empfehlen zu billigsten Preisen Einzelne Theile als Siebcylinder, hölzerne und eiserne Formatwalzen, Tro ckency linder, Knotenfängert Platten, Schöpfräder etc. etc. schnell und billigst. —== Beste Referenzen « «■, r