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Bezahlung verlangter Muster 4559. Frage: Es wurde einem Fabrikanten bei dessen persönl. Offerte anheim- bezw. aufgegeben, eine Mustersendung von Galanterie- Waren zu machen, welche ab Fabriklager geliefert wurden. Umfang der Sendung und genaue Preise wurden nicht vereinbart. Die Mustersendung traf ein, auch vom Absender ein Schreiben, worin der Hoffnung Ausdruck gegeben wird, dass die Waren gefallen und sich gut verkaufen. Auf Postkarte wurde dem Absender der Eingang der Sendung bestätigt und mitgeteilt, nicht Konvenirendes behalte ich mir vor, zurück zu schicken. Drei Monate später wurde ein Teil der Sendung bezahlt und ein Teil zurückgesandt. Fabrikant weigert Zurücknahme und klagt auf Abnahme und Zahlung des ganzen Betrages. Ich glaube gelesen zu haben, dass eine Mustersendung stets eine Mustersendung bleibt, und der Absender mich nicht zur festen Annahme und Zahlung zwingen kann, solange ich nicht meine ausdrück liche Bewilligung oder sonst welche Erklärung abgebe. Kläger (Fabrikant) hat in der Klage den Empfang der Karte bemerkt, worin ich ihm mitteilte, dass ich mir vorbehielte, nicht Verkauftes zurück zusenden. Liegt eine landgerichtliche Entscheidung über Annahme- Verpflichtung von Muster- oder Auswahlsendungen vor? Antwort: Wir veröffentlichten über einen ähnlichen Gegen stand in Nr. 30 der Papier-Zeitung von 1902 Seite 1072 die Ent scheidung eines österreichischen Gerichts. Deutsche Gerichts- Entscheidungen sind uns nicht erinnerlich. Wir sind der An sicht, dass Fragesteller die nicht verkauften Muster nicht zu bezahlen braucht, wenn er die Ware nicht fest, sondern mit der Bedingung gekauft hat, dass er dasjenige, was ihm nicht genehm ist, zurückschickt. Eine Frist für die Rücksendung war nicht ausgemacht. Wenn der Fabrikant der Ansicht war, dass Fragesteller die nicht verkauften Muster zu lange bei sich zurückhielt, so hätte er sie von ihm zurückfordern sollen. Erst wenn Fragesteller dieser Forderung nicht nachgekommen wäre, und eine gleichzeitig gewährte Nachfrist nicht eingehalten hätte, wäre er verpflichtet, die Ware zu bezahlen. Wurde darüber, ob die Muster übernommen werden müssen, nichts vereinbart, so muss der Fall verschieden be urteilt werden, je nachdem Fragesteller Gross- oder Klein händler ist. Im ersten Fall dienen die Muster dazu, dass er danach Bestellungen sucht, und er braucht sie nicht zu be zahlen. Ist er aber, wie anscheinend im vorliegendem Fall, Kleinhändler, so muss er die Muster bezahlen, denn der Fabrikant könnte mit den abgegriffenen Mustern, die nicht in seinem Interesse abgenutzt wurden, nichts mehr anfangen. Diktirmaschine 4560. Frage: Ich bitte um Bescheid über die Entwicklung des Verfahrens, Diktate in einen Apparat zu geben, um dieselben später wieder von anderen Personen abzuhören. Falls die Sache als spruch reif zu bezeichnen ist, hätte ich Verwendung dafür. Antwort: In Nr. 79 der Papier-Zeitung von 1902 Seite 2860 druckten wir die Mitteilung einer Breslauer Zeitung ab, wonach dort Diktirmaschinen von Rechtsanwälten zum gefragten Zweck benutzt werden. Seitdem haben wir darüber nichts gehört. Fragesteller sollte sich an eine der grösseren Verkaufsstellen von Fonografen, Grammofonen usw. wenden, deren es in allen deutschen Grossstädten gibt. Dütenpapler-Lieferung 4561. Frage: Ich habe Differenzen mit der Papierfabrik X. wegen des Ausfalls einer Papierlieferung. Sie erhalten hierbei die Papierproben und die mit der Firma gepflogene Korrespondenz. An einer Preisminderung ist mir nichts gelegen, weil ich das Papier überhaupt zur Dütenfabrikation nicht verwenden kann. Ist die Papier fabrik aber im Recht, so will ich das Papier behalten — also: ent weder — oder! Da ich nun anderseits ein Feind von Prozessen bin, möchte ich doch auf gütlichem Wege die Angelegenheit schlichten und gestatte mir, Sie höflichst zu bitten, mir Ihre Ansicht über den Fall auszu sprechen. Antwort: Fragesteller hat bei Bestellung des Papiers aus drücklich darauf hingewiesen, dass das Papier nicht geringer sein darf als die Bestellprobe. Die Ausfallproben sind jedoch weniger fest, weniger glatt und weniger hübsch, und es hat den An schein, als ob sie mehr altes Papier und weniger Zellstoff ent hielten als die Bestellproben. Die Annahmeweigerung er scheint daher berechtigt. Da aber beim Rechtsstreit in der Regel die Anschauung des Sachverständigen maassgebend ist, so wäre das Ergebnis eines Prozesses keinesfalls sicher. Viel leicht wäre eine Einigung dahin möglich, dass Besteller aus den sehr ungleich ausgefallenen Papieren diejenigen aussucht, welche er verwenden kann und die andern zurückschickt. Wir würden der Papierfabrik empfehlen, einem derartigen Vor schlag zuzustimmen. Kalanderwalzen-Papier 4562. Frage: Beigeschlossen sende ich Ihnen 3 Proben von Kalanderwalzen-Papier, von denen die Sorten A und B in Russland hergestellt sind, während C aus Deutschland bezogen ist. C ist das Muster, nach welchem der Auftrag erteilt wurde, A und B sind Proben aus der daraufhin erfolgten Anfertigung. Der Lieferant bezeichnet die Anfertigung gegenüber dem Vorlagemuster als ebenbürtig. Ich finde diese Ansicht nicht gerecht und bitte Sie um Ihr unparteiisches fachmännisches Urteil darüber, ob die Anfertigung probegemäss er folgt ist, und ob Ihnen das Papier zur Kalanderwalzen-Fabrikation, geeignet erscheint. Antwort: Die Lieferung ist nicht mustergetreu erfolgt, denn die Vorlage C besteht zu wesentlichem Teil aus woll haltigen Schrenzlumpen, während die Lieferung keine oder nur sehr wenig Wollfasern enthält. Ob die nach Mustern A und B gelieferten Papiere sich zur Kalanderwalzen-Fabrikation eignen, wissen wir nicht, dies müsste durch Erfahrung festge stellt werden. Deutsche Maschinenfabriken bevorzugen unseres Wissens Papiere wie Muster C. Reisespesen des Stellensuchers 4563. Frage: Einliegend überreiche ich die Korrespondenz mit der Firma A. Bin ich berechtigt, die mir durch die Reise nach H. entstandenen Auslagen, 29 M. 10 Pf. Fahrschein und 12 M. Spesen für 2 Tage, zusammen 41 M. 10 Pf., zu fordern? Die Firma suchte seiner Zeit in der Papier-Zeitung einen Reisenden, mein Angebot kam in engere Wahl. Auf Brief I teilte ich der Firma mit, dass ich ev. bereit sei, behufs Vorstellung nach H. zu kommen, es solle mir mitgeteilt werden, wann es angenehm sei. Daraufhin erhielt ich ein Telegramm, wovon ich Abschrift bei füge. Da ich jedoch zu jener Zeit geschäftlich in O. zu tun hatte, teilte ich dies A mit, und erhielt darauf Brief III und Karte IV. Ich fuhr dann am 12. Juni nach H. Am Schluss der Rücksprache war ich der festen Meinung, dass eine abschlägige Antwort nicht mehr kommen könnte. A. sagte mir, dass nur noch ein Herr in Frage käme, dieser jedoch nicht nach H. kommen wolle, deshalb wohl auch nicht mehr viel Aussicht hätte. A. ging dann mit mir zur Stadt, und ich nahm an, dass er vergessen hatte nach meinen Auslagen zu. fragen, denn es ist wohl überall Brauch, dass die Auslagen für Vor stellung vergütet werden. Auf mehrfache Anfrage erhielt ich am 28. Juni einliegende Karte VI. Als ich A. daraufhin ersuchte, er möge mir mitteilen,, weshalb ich nicht angestellt sei, und mir meine Auslagen, welche er wohl zu geben vergessen habe, einzusenden, erhielt ich Brief VII. Antwort: Der Wunsch, dass Fragesteller sich vorstelle, ging von A. aus. A. lehnt die Bezahlung der 41 M. 40 Pf. mit der Begründung ab, dass die Reise lediglich im Interesse des Fragestellers erfolgte. Wir halten diese Ansicht für unzu treffend. Beide Parteien hatten gleiches Interesse an der Vor stellung. Da über die Reisespesen nichts vereinbart wurde, muss unsers Erachtens A. die Hälfte der Reisespesen bezahlen. Wir kennen keinen Handelsbrauch, wonach in ähnlichen Fällen der Stellen-Vergeber verpflichtet wäre, die vollen Reisespesen zu bezahlen. Beutel-Lieferung 4564. Frage: Von einer chemischen Fabrik wurde mir ein Probeauftrag auf 10 000 kleine Beutel wie beifolgendes Muster er teilt. Auf meinen Vorschlag war Blaudruck vereinbart. Durch Ver sehen wurde der Auftrag in Schwarzdruck ausgeführt, und der Auf traggeber stellt die empfangene Sendung zur Verfügung. Bisher hatte er diese kleinen Beutel vom früheren Lieferanten nur in Schwarzdruck empfangen, sodass der Zweck der ganzen Sache durch dieses Versehen nicht beeinträchtigt wird, und die Ware daher auch nicht wertlos ist. Nachlass von 6 pCt. habe ich bereits geboten, aber Auftraggeber will die Ware nicht behalten. Wie soll ich mich in dieser Angelegenheit verhalten? Antwort: Es liegt ein Werkvertrag vor. Nach § 633 BGB ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk so herzustellen, dass es die zugesicherten Eigenschaften hat. Hat es, wie in diesem Fall, die zugesicherten Eigenschaften nicht, und lässt sich, wie ebenfalls in diesem Fall, der Mangel nicht beseitigen,, so darf nach § 634 BGB der Auftraggeber nur dann vom Ver trag zurücktreten (d. h. die Ware zur Verfügung stellen), wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit des Werkes er heblich mindert. In diesem Fall ist der Wert garnicht oder nur unerheblich gemindert, daher steht dem Auftraggeber nur das Recht zu, Minderung, d. h. Herabsetzung der Vergütung, zu fordern. Der vom Fragesteller angebotene Nachlass von 5 pCt. des Preises erscheint angemessen. Da aber der Fehler durch Nachlässigkeit des Fragestellers entstand und um bei etwaiger gerichtlicher Lösung der Frage gesichert zu sein, sollte Fragesteller 10 pCt. Nachlass anbieten. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29 Hierzu eine Beilage vom Hilfsverein für Fachgenossen und Beamte der deutschen Papierindustrie