Volltext Seite (XML)
Briefkasten Anonyme Fragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohneJGewähr. Kostenfrei nur wenn’Abdruck ohne Namen" gestattet Kleben von Marken für Altersversicherung 4554. Frage: Unter Bezug auf eine Notiz in der Papier-Zeitung über Verwendung von Alters- und Invaliden -Versicherungsmarken klebten wir, den dortigen Angaben gemäss, für Krankenkassen-Mit- glieder der 1. Klasse (Arbeitsverdienst über 8 M. im Tag) Marken zu 30 Pf. Jetzt wird von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam ge macht, dass für diese Mitglieder 36 Pf.-Marken zu kleben wären. Wer hat Recht? Sie würden uns (Berliner Buchdruckereibesitzer) durch zuverlässige Nachricht zu grossem Dank verpflichten, damit ■wir Strafen aus dem Wege gehen. Antwort eines Fach-Mitarbeiters: Nach § 34 des Invaliden-Versicherungs-Gesetzes vom 13. Juli 1899 ist für die Zugehörigkeit zu den fünf verschiedenen Lohnklassen nicht die Höhe des tatsächlichen Jahres-Arbeits verdienstes, sondern ein Duchschnittsbetrag maassgebend, und zwar für Mitglieder einer Orts-, Betriebs- (Fabriks-), Bau- oder Innungs-Krankenkasse der 300 fache Betrag des für ihre Krankenkassenbeiträge massgebenden durchschnittlichen Tage lohnes oder wirklichen Arbeitsverdienstes. Hiernach kommt die V. Lohnklasse (von mehr als 1150 M. Jahreslohn) erst dann in Ansatz, wenn der von der Krankenkasse festgesetzte Durchschnittssatz den Betrag von 3 M. 83 Pf. übersteigt, denn 300 X 3 M. 83 Pf. ergeben erst eine Jahressumme von 1149 M. Die weitere Bestimmung im Absatz 3 des § 34, wonach im Falle einer im voraus für Wochen, Monate oder längere Fristen vereinbarten festen Vergütung diese (sofern sie höher als der Durchschnittsbetrag der Krankenkasse ist) zugrunde zu legen ist, kann nach der Entscheidung des eichs-Ver- Sicherungsamts vom 26. Mai 1900 nur da Platz greifen, wo z. B. Gesohäftsangestellte auch bei geschäftsstiller Zeit und vielleicht selbst bei verkürzter Arbeitszeit ihren vollen Lohn oder Gehalt weiter beziehen, ohne anderseits auf eine Lohn erhöhung Anspruch zu haben zu Zeiten grösseren Geschäfts verkehrs mit längerer Arbeitszeit. Demnach sind Arbeiter, welche Ueberstunden bezahlt erhalten, von dieser Vergünsti gung ausgeschlossen. Fragesteller nennt den statutenmässig festgesetzten Betrag des Arbeitsverdienstes der betreffenden Klasse nicht, er sagt nur »über 3 M «, und doch kommt es gerade hierauf an; bei 3 M. 83 Pf. sind noch Marken zu 30 Pf., bei einem auch nur um einen Pfennig höheren Betrag solche zu 36 Pf. zu kleben. Ohne Kenntnis des Kassenstatuts lässt sich die Frage nicht bestimmter beantworten. B. Besuchskarten 4555. Frage: Ein kaufmännisch Angestellter bestellte bei einer lithografischen Anstalt im Auftrage des Chefs 300 Stück Visitenkarten, welche zum Preise von 4 M. 86 Pf. geliefert wurden. Bei Ankunft der Karten stellte sich heraus, dass der Angestellte einen Schreib fehler gemacht hatte, indem der Vorname Friedr, statt »Fried.« auf gegeben war. Infolgedessen wurden die Karten von dem Kunden nicht abgenommen und von ihm 100 Stück neue Karten nochmals bei der lithografischen Anstalt bestellt, wofür diese 1 M. 46 Pf. berechnet. Diese zuletzt gelieferten Karten wurden dem Kunden im Verkauf mit 3 M. 25 Pf. in Anrechnung gebracht. Kann dem Angestellten der Betrag von 4 M. 36 Pf. oder Einkauf 4 M. 36 Pf. und » 1 - 46 „ Summa 6 M. 80 Pf. für 400 Stück ab Erlös durch gelieferte 100 Karten 3 „ 25 „ Differenz 2 M. 55 Pf. bei der nächsten Gehalts- oder Provisionsauszahlung in Abzug ge bracht werden, oder ist der Chef nicht berechtigt, den Angestellten dafür haftbar zu machen? Wenn ja, für den Betrag von 4 M. 35 Pf. oder den Mindererlös von 2 M. 55 Pf.? Ich bemerke noch, dass in dem abgeschlossenen Vertrage des Angestellten mit dem Chef nichts vereinbart ist, wonach der Chef den Angestellten für diese versehentlich vorkommenden Fälle ver antwortlich macht. Antwort: Der Geschäftsherr kann dem Gehilfen den durch dessen Nachlässigkeit entstandenen Schadens-Betrag vom Ge halt abziehen. Streng genommen gehört auch der durch die Fahrlässigkeit des Gehilten entgangene Gewinn hierzu. Es ist aber richtiger, nur den tatsächlichen Schaden abzuziehen, da der Gehilfe meistens dadurch schon empfindlich genug gestraft ist. In diesem Falle würden also 2 M. 55 Pf. abgezogen. Verlags-Plakate 4556. Frage: Eine österreichische Firma bestellte bei unserem Reisenden 1000 Stück Verlags-Plakate, also Plakate, die vorrätig am Lager sitzen, die der Kunde laut vorgelegtem Muster kaufte. Es war dem Kunden nur noch vorbehalten, den Text für die zu liefernden Plakate einzusenden. Unser Reisender gab dem Kunden eine ent sprechende Kommissionskopie mit dem Vermerk, dass der Text noch einzusenden ist. Wir haben den Kunden seit einigen Monaten um die Textaufgabe ersucht, indes blieb er unseren verschiedenen Monirungen gegenüber imun. Können wir nach österreichischem Gesetz den Kunden auf Erfüllung des gegebenen Versprechens, d. h. auf Einsendung des Textes, verklagen, oder sollten wir dem Kunden Faktura über Blanko-Plakate, also ohne Text, senden und, falls er diese nicht bezahlt, Klage erheben? Antwort des österreichischen Anwalts des Papier industrie-Vereins: Der Besteller der 1000 Verlags-Plakate, welcher sjch weigert den notwendigen Text einzusenden, kann im Wege der Fest stellungsklage auf Anerkennung des Vertrages und dann im Wege der Zwangsvollstreckung auf Bekanntgabe des Textes und für den Fall, dass ein Preis und die nähere Bestimmung über die Zahlbarkeit vereinbart waren, sofort nach Fälligkeit auf Zahlung des entfallenden Betrags verklagt werden. Zweckdienlich ist es, dem Besteller schon jetzt eine Faktura zuzusenden und dem Begleitschreiben zuzufügen, dass die Plakate zu seiner Verfügung liegen und Verkäufer erbötig ist den bekannt zu gebenden Text einzufügen. Dr. A. Netti, Laun. Druckfirma auf Plakaten 4557. Frage: Skizze des beiliegenden Plakats wurde dem Auf traggeber mit dem rechts oben angebrachten Namen des Künstlers »G. Belwe« vorgelegt. Auftraggeber fand den Namen an dieser Stelle unpassend und wollte ihn an anderer Stelle angebracht haben. Nach mehrfachem Hin- und Herreden gab er seine Zustimmung, dass der Name »G. Belwe« an der nun einmal vom Künstler ausgewählten Stelle und wie in der Skizze angezeichnet verbleiben könnte. Bei Ausführung des Druckes habe ich nun unter dem Künstlernamen die Druckfirma setzen lassen, ohne jedoch hierüber die Genehmigung meines Auftraggebers einzuholen. Er behauptet nun, dass durch die Anbringung der Druckfirma an dieser Stelle der Eindruck als Plakat für die Fischerei-Ausstellung bedeutend herabgemindert sei, dasselbe wäre ein Plakat für die Steglitzer Werkstatt geworden. Auftrag geber will nun für dieses »aufdringliche« Anbringen der Druckfirma und »Reklame machen« für unsere Druckerei einen Abzug von 100 M. machen. Ist er dazu berechtigt? Antwort: Die Druckfirma »Steglitzer Werkstatt in Steglitz« ist mit halb so grosser Schrift gedruckt wie der Name des Künstlers und nur aus der Nähe, nicht aber aus der Ent fernung, aus der man ein Plakat gewöhnlich betrachtet, leser lich. Wir halten es daher für unzutreffend, dass die An bringung der Druckfirma, wie geschehen, aufdringliche Reklame und der Wert des Plakats herabgemindert sei. Diese Vorwürfe sind umso weniger berechtigt, als der Name »Steg litzer Werkstatt« nicht eine Druckfirma im gewöhnlichen Sinne, sondern zugleich eine Andeutung der von genannter Werk statt betriebenen Kunstrichtung ist. Vergleiche »Worpsweder Künstler-Kolonie«, »Karlsruher Künstlerbund« usw. Zum An bringen der Druckfirma auf Plakaten ist der Drucker be rechtigt, auch wenn er hierzu keine Genehmigung erbittet. Die Druckfirma darf aber nicht vordringlich sein, und das ist sie in diesem Falle nicht. Wir sind daher der Ansicht, dass keinerlei Abzug am Platze ist. Vergilbtes Papier 4558. Frage: Kann ich besseres holzfreies Postpapier, welches nach zwei Jahren, wie die einliegenden Muster zeigen, sowohl im Bruch wie an den Rändern vergilbt ist, zur Verfügung stellen? Das Papier wurde während der ganzen Zeit in einem schönen, trockenen Lagerraum, ohne dem Sonnenlicht ausgesetzt zu sein, in doppelten Umschlägen auf bewahrt. Anderes holzfreies Postpapier von niedrigerem Preis, welches ebenso lange an derselben Stelle gelegen hat, weist diesen Uebelstand nicht auf, obwohl es von derselben Fabrik stammt. Antwort: Nach dem Handelsgesetz müssen Mängel ge kaufter Waren, die sich erst im Lauf der Zeit ergeben, spätestens ein halbes Jahr nach Erhalt gerügt werden, demnach darf Fragesteller das Papier nach 2 Jahren nicht zur Verfügung stellen. Nach den Untersuchungen Dr. Klemms über das Ver gilben holzfreier Papiere, vergl. Nr. 51 Seite 1940 der Papier- Zeitung von 1901 und Nr. 27 von 1902, beruht die Vergilbungs fähigkeit auf einem Gehalt des Papiers an fett- und harzsaurem Eisenoxydul, und je nach den benutzten Roh- und Hilfsstoffen sowie dem Zustand des Fabrikationswassers kann eine und dieselbe Fabrik Papier gleicher Art zeitweise mit, zeitweise ohne Neigung zum Vergilben herstellen.