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Betrogen? 4533. Frage: Einem Kunden L. lieferte ich Papierwaren mit 14 tägigem Zahlungsziel. L. versprach Samstag zu zahlen. Am Sams tag sandte er eine neue Kommission und schrieb: »Geld erhalten Sie Dienstag«. So wusste L. mich wochenlang hinzuhalten, und als ich dann drohte gerichtlich vorzugehen, bot er mir 15 pCt. an, obgleich er noch 2 Tage vorher mir eine neue Bestellung zugesandt hatte. Kann ich ihn bei der Staatsanwaltschaft wegen Betrugs belangen? Mein Rechtsbeistand rät zu versuchen das Geld mittels Briefs einzu fordern, worin ich dem Schuldner den Betrug vorhalten soll. Viel leicht würde er zahlen, um nicht noch Gefängnis zu erhalten. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Nur wenn nachgewiesen werden könnte, dass L. schon bei der Bestellung zahlungsunfähig war, könnte er wegen Betrugs mit Erfolg belangt werden. Aus den mitgeteilten Tatsachen folgt dies nicht von selbst, auch nicht aus dem spätem An gebot von 15 v. H.; denn nach der Bestellung kann sich die Vermögenslage des Schuldners verschlechtert haben. Eine Zahlungsaufforderung unter Androhung einer Anzeige wegen Betrugs könnte als Erpressung gelten und ist deshalb nicht tätlich. Wem gehört die Gasleitung? 4534. Frage: Als unsere Strasse mit Gasleitung versehen wurde, früher war Spiritus-Glühlicht, trat an mich die Frage heran, auch meine Lokalitäten mit Gas zu beleuchten. Mein Wirt, mit dem ich darüber sprach, schien geneigt, und nach einiger Zeit kamen Beamte der städtischen Gasanstalt und legten, nachdem sie sich nach meinen "Wünschen betreffs Flammenzahl erkundigt hatten, einen Kostenanschlag vor. Diesen hatte ich unter schrieben, den von seinem Lokal hat mein Wirt auch unterschrieben. Bei der nächsten Mietezahlung bat mich der Wirt, ich möchte meine Leitung bezahlen, es passe ihm zur Zeit nicht mit dem Geld, später würde er die Leitung an mich be zahlen. Nun bat mich der Herr aber innerhalb 3 Jahren zweimal um je 50 M. gesteigert, ohne dass ich etwas Bauliches verlangt habe und ohne dass er was gemacht hat, auch ging er auf keinen Kon trakt ein, da ich nur unter dieser Bedingung das zweite Mal die 50 M. Ueberforderung zahlen wollte. Nun habe ich selbst ein Grund stück erworben und verlege mein Geschäft dahin. Bin ich berechtigt, meine Gasleitung ohne Beschädigung der Wände mitzunehmen, falls mein Hauswirt mir die Leitung, vielleicht mit 10 bis 15 pCt. Nachlass vom Rechnungsbetrag, nicht abnimmt? Ich kann in meinem neuen Laden die ganze Leitung brauchen, nur kommt bei dem Abnehmen, wieder Befestigen und Passendschneiden einzelner Stücke nicht viel heraus. Am einfachsten wäre es, mein Wirt übernähme sie. Wie würde die mutmaassliche Entscheidung des Gerichts sein, wenn ich, ■entgegen dem Verbot meines Wirts und ohne von ihm irgend welche Gegenleistung im Wert der Leitung erhalten zu haben, trotzdem die Leitung mitnehme? Bis zum Gasmesser, denn von da an ist die Leitung mein Eigentum. Antwort: In Berlin wird die Leitung von der Strasse bis zur Gasuhr von der Gasgesellschaft, von der Gasuhr längs den Wänden an die Verbrauchsstellen vom Hausbesitzer bezahlt, und der Mieter hat nur seine Beleuchtungskörper anzubringen. Im Wohnort des Fragestellers scheint es ebenso ge halten zu werden. Da der Hauswirt ihn ersuchte, die in seinem Geschäftslokal befindliche Leitung einstweilen zu be zahlen, und sich zum Ersatz verpflichtete, so gehört diese Leitung dem Hausbesitzer, und Fragesteller kann von ihm nur Ersatz der dafür gemachten Auslagen fordern. Die mehrfachen Steigerungen geben ihm keinen Anspruch auf die Gasleitung, dagegen kann er seine Beleuchtungskörper mitnehmen. Zellstoff-Packpapier 4535. Frage: Bei einer Fabrik bestellten wir Zellstoffpapier in mehreren Formaten nach dem beiliegenden Qualitätsmuster I, in Färbung dagegen dem Muster II entsprechend. Die Lieferung fällt wie Muster III, also erheblich unreiner und dunkler aus, sodass unser Besteller die Annahme des Papieres verweigert. Qualitativ haben wir keinen Anlass zur Reklamation, sondern nur allein die stark ab weichende Färbung macht die Verwendung der Anfertigung un möglich. Können wir unter diesen ümständen zur Abnahme des Postens gezwungen werden? Antwort: Das Papier, dessen Farbe für die Lieferung maassgebend sein sollte, ist heller als dasjenige, welches als Stoffmuster diente. Das gelieferte Papier ist nicht heller als das Stoffmuster, und seine Farbe hält die Mitte zwischen beiden Vorlagen. Da aber die Farbunterschiede aller drei Papiere nur gering sind, so berechtigt unseres Erachtens die Dicht vorschriftsmässige Tönung des gelieferten Papiers nicht zur Annahme-Weigerung. Der Erzeuger des — übrigens auch etwas unreineren — Papiers sollte, um den Streitfall aus der Welt zu schaffen, dem Käufer 5 pCt. Nachlass gewähren, und in Zukunft keine so schwierigen Bedingungen annehmen. Flaschen-Karton 4536. Frage: Ich lieferte an B. in L. für Flaschen in zwei Grössen Kartonnagen. Im Juli 1901 machte B. einen Abschluss auf 50 000 Stück derselben ohne Abmachung einer Abnahmefrist auf Grund der Herabsetzung des Preises auf 55 M. per 1000 und stellte uns, um rasch liefern zu können, anheim, jeweils einige Tausend vorrätig zu halten. Kaum hatte ich einige Tausend geliefert, so be zog B. andere Flaschen, ohne mich davon in Kenntnis zu setzen, was zur Folge hatte, dass ich Karton zum Teil ganz, zum Teil halb fertig gestellt hatte, der für die neuen Flaschen nicht passte. B. tröstete mich damit, er lasse Flaschen nachgiessen, und ich lieferte ihm bis März 1902 andern Karton. Im Mai 1902 verlangte ich end liche Abnahme, was auch geschah, nachdem ich die Faktura mit dem Vermerk »zahlbar nach Verbrauch« versehen hatte. B. hat seit her nichts mehr bezogen, obwohl von den 50 030 erst 31 000 ab geliefert sind. Ob er anderweitig bezieht oder keinen Bedarf mehr hat, weiss ich nicht, ebenso wenig, ob die letzte Lieferung verwendet ist. Auf meine heutige Mahnung um den Betrag meiner Faktura er klärt mir B , die Kartons seien nicht verbraucht, er sei mir nichts schuldig. .1. Kann ich mein Guthaben mit Erfolg einklagen? 2. Kann ich auf Abnahme der Restlieferung bestehen und in welchem Zeitraum? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: 1. Nach § 133 BGB. ist der Ausdruck »zahlbar nach Ver brauch« nicht wörtlich zu nehmen, sondern nach dem zu er forschenden Willen der Beteiligten zu deuten. Nun kann nicht gemeint gewesen sein, Fragesteller müsse jahrelang auf Zahlung warten, bis die Ware durch die Lagerung vielleicht zerfallen ist und nicht mehr verbraucht werden kann. Ander seits handelt es sich um Waren, welche bei regelmässiger Ge schäftsführung jährlich mehrmals verwendet werden können. Da die Ware schon vor l 1 /* Jahr geliefert ist, so ist B. schuld daran, falls sie noch nicht verbraucht ist, und er muss den Rechnungsbetrag zahlen. 2. Da eine Abnahmefrist nicht bedungen ist, so kann Fragesteller schon jetzt sofortige Abnahme fordern. Verspätete Gehaltszahlung 4537. Frage: Ich bin Verkäuferin eines Papiergeschäfts. Ich bekomme mein Gehalt nicht wie üblich am Letzten des Monats, sondern immer ratenweise im Laufe des folgenden. Für den letzt vergangenen Monat hat die Auszahlung trotz erfolgter Mahnung bis heute noch nicht stattgefunden. Wie kann ich mich dem gegenüber stellen? Bin ich berechtigt, sofort aus dem Geschäft auszutreten und trotzdem Gehalt bis Ende des Monats zu fordern? Beim Engagement wurden in dieser Angelegenheit keine Vereinbarungen getroffen, und ich habe sechswöchentliche Kündigung. Antwort: Das Handelsgesetz gestattet dem Handlungs gehilfen, den Dienstvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungs frist zu kündigen, d. h. den Dienst zu verlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund ist, wenn der Geschäftsherr am Ende des Monats das Gehalt nicht bezahlt. § 70 Absatz 2 des HGB. lautet: »Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des andern Teils veranlasst, so ist dieser zum Ersätze des durch die Aufhebung des Dienst verhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.« Der Schaden ersatz besteht meist in der Zahlung des Gehalts für die Zeit, nach Ablauf welcher der Dienstvertrag bei gesetzmässiger Kündigung am nächst zulässigen Kündigungstermin beendigt worden wäre. Demnach hat Fragestellerin Anspruch auf Ge halt bis 1. Oktober, denn vor Mitte August konnte ihr von rechtswegen nicht gekündigt werden. Sie muss sich aber nach §§ 334 und 615 BGB. anrechnen lassen, was sie bis zum 1. Ok tober durch Verwertung ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu er werben böswillig unterlässt. Das Recht am eigenen Namen 4538. Frage: Die Firma X. in S. bringt neuerdings in ihrem Musterbuche von Billetbriefumschlägen mit Innendruck unsere Firma als Aufdruck auf der Klappe. Wir haben jedoch niemals von X. gekauft und geraten durch diese unseres Erachtens unanständige Handelsweise unsern wirk lichen Lieferanten und Abnehmern gegenüber in eine schiefe Lage, da es so den Anschein erweckt, als ob wir mit X. in besonders leb hafter Verbindung ständen. Wir möchten daher erfahren, ob und in welcher Weise wir diesem Benehmen entgegentreten können. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Zur Anwendung kommt § 37 HGB., wonach der, welcher eine ihm nicht zustehende Firma gebraucht, vom Register richter zur Unterlassung des Gebrauchs der Firma durch Ord nungstrafen anzuhalten ist, deren jede bis 300 M. betragen kann. Indem die gegnerische Firma Muster ihrer Erzeugnisse mit dem Namen des Fragestellers 'versieht und sich durch