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2178 PAPIER-ZEITUNG Nr. 61 Hartpappe 4527. Frage: Besteht ein Brauch, wonach Hartpappen Brutto für Netto gehandelt werden? Ich habe einen Posten zu 32 M. die 100 kg gekauft, Sonderbestimmungen betreffs Verpackung nicht ge troffen, und erhalte soeben die Ware samt etwa 5 pCt. Emballage voll berechnet. Bin ich verpflichtet die Faktura voll zu zahlen? Antwort eines Pappen-Fabrikanten: Die Frage, ob ein Brauch bestehe, wonach Hartpappen Brutto für Netto gehandelt werden, muss mit Nein beant wortet werden. Ist bei Erteilung des Auftrags über die Ver packung nichts vereinbart worden, so ist Lieferant verpflichtet, die Ware ordnungsgemäss zu verpacken, und der Empfänger muss ihm die Verpackungskosten vergüten. Handel der Schuldiener 4528. Frage: Vor einiger Zeit wurde hier eine Königliche höhere Schule errichtet und zum Schuldiener ein früherer Beamter bestellt. Dieser betreibt schwunghaften Handel mit Zeichen- und Schreibwaren aller Art. Ist es gestattet, dass Schuldiener und Kastellane von höheren Lehranstalten, auch von Hochschulen u. dgl., solchen Handel betreiben? Man muss doch bedenken, dass wir die hohen Steuern bezahlen müssen, während ein solcher Mann keine Gewerbesteuern zahlt und die Gewerbetreibenden erheblich schädigt. Antwort: Diese Frage lässt sich nicht ein für allemal be antworten. In manchen Schulen ist der Handel der Schuldiener verboten, vergl. »Handel der Schuldiener« in Nr. 48 von 1903 Seite 1683. In anderen Orten hält es die Schulleitung für nötig, dass die Schüler in der Anstalt selbst gewisse unent behrliche Schreib- und Zeichenwaren erhalten. Wir veröffent lichten in Nr. 82 der Papier-Zeitung von 1902 Seite 2960 eine ähnliche Beschwerde der Papierhändler in Hanau, die von der Behörde nicht berücksichtigt wurde. Es empfiehlt sich, dass Fragesteller gemeinsam mit den dortigen Berufsgenossen Be schwerde bei der Schulleitung, und wenn diese erfolglos bleibt, bei der Verwaltungsbehörde erhebt. Vielleicht lässt sich auch in der dortigen Tagespresse und in der Stadtverordneten-Ver sammlung der Fall zur Sprache bringen. Zession einer Forderung 4529. Frage: Bis Ende Dezember 1902 war ich Provisions-Agent; der Firma 8. in Sachsen mit einem gewissen Prozentsatz und 5 pCt. vom Jahresumsatz, zahlbar am Schlüsse des Jahres. Ich erhielt ä Konto 100 Kronen und Abrechnung mit einem Guthaben von 78 M., welche mir jedoch die Firma nur dann auszahlen will, wenn ich ihr eine Unterschrift eines Schuldners (der in Konkurs ist) verschaffe, dass er die Schuld in 1/2 Jahre bezahlen wird. Ich habe kein Delkre dere übernommen und aus Gefälligkeit ersucht, mir die Forderung zu zediren; da ich jedoch nach eingeholter Information erfahren, dass der Schuldner zwar geheiratet hat, seine Mitgift jedoch in Grund stücken besteht, die der Frau gehören, sandte ich die Zedirung zurück und erhielt auf mein Ersuchen um Begleich obige Antwort. Ich habe Herrn S. bei seinem Hiersein versprochen, ihm wenn möglich diese Unterschrift zu verschaffen, glaube aber nicht, dass er berechtigt ist, mir mein Guthaben vorzuenthalten, und will ev. den Rechtsweg be treten. Von der Forderung an den Schuldner wurde mir die Provision nicht bezahlt, diese 78 M. stammen vom Jahresumsätze. Antwort: Fragesteller liess sich von seinem Geschäfts herrn eine Forderung zediren, und der Geschäftsherr rechnet diese Forderung gegen den Provisions-Anspruch des Frage stellers auf. Fragesteller möchte nun gern die Zession rück gängig machen. Ob das ohne Einwilligung des Geschäftsherrn möglich ist, erscheint zweifelhaft. Postkarten-Bestellung 4530. Frage: Kürzlich bestellte ich beim Reisenden einer Berliner Firma Postkarten mit dem Bemerken: von diesem Muster 50 Stück in schwarz, von jenem 50 Stück kolorirt. Die Firma sendet mir nun jedes Muster in schwarz und kolorirt, also je 100 Stück; dabei ist auch eine Nummer, die ich tatsächlich nicht bestellt habe, auf der Kopie so schwach durchkopirt, dass man selbige mit blossem Auge kaum wahrnehmen kann. Die Kopie sieht ungefähr so aus; je 128. 180. 184. 802 schw. 81/2 50 St. 225. 290. 800. 408 kol. 4112 Pfg. Bin ich gehalten, das ganze Quantum abzunehmen? Den nicht bestellten Rest stellte ich zur Verfügung. Die Firma beruft sich auf den Bestellschein. Kann ich es auf eine Klage ankommen lassen? Antwort: Fragesteller braucht unseres Erachtens die nicht bestellten Postkarten nicht zu übernehmen. Uns sagt die Be stellung, dass von den in der obern Zeile geschriebenen Nummern je 50 Stück schwarze zu 31/2 und von den in der untern Zeile geschriebenen Nummern je 50 kolorirte Karten zu 41/2 Pf. bestellt sind. Bei Beurteilung durch den Richter wird es auch auf die Aussagen des Fragestellers und des Reisenden sowie etwaiger Zeugen ankommen. Kredit-Schädigung 4531. Frage: Bei L. in A. bestellte ich 7000 Ansichtskarten zum 11. April. Ich stellte sie wegen mangelhafter Ausführung zur Ver fügung und habe sie auch später zurückge;andt. Ich batte sie ander weit per Kasse verkauft und auf den Eingang des Betrags von etwa 200 M. gerechnet. Durch Ausfall desselben war ich genötigt, den L. um Prolongation eines damals fälligen Wechsels von 10 M. zu bitten. Der abschlägige Bescheid veranlasste mich, andere Zahlungen vor zuziehen und den Wechsel zu Protest gehen zu lassen. Bei L. hatte ich noch 4X2000 Karten mit Dorfansichten bestellt, welche 8 Tage später fertig waren. L. sandte mir Ausfallmuster und teilte mir mit, dass er infolge des Protestwechsels von den bisherigen Bedingungen abgehe und mir die Karten nur nach Deckung des Protestwechsels und Voreinsendung des Betrags für die Karten liefere. Ich bat wiederholt, mir die Karten per Nachnahme zu liefern, doch ohne Erfolg. Jetzt erhielt ich von allen 4 Bestellern der Karten fast gleich lautend die Aufforderung, ich solle die Karten binnen 3 Tagen liefern, widrigenfalls darauf verzichtet würde. Nachforschungen ergaben, dass L. an mutmaassliche Besteller in den auf den Karten abgebildeten Ortschaften folgenden Brief geschrieben hatte: Herr H. (Fragesteller) bestellte 20.0 Ansichtskarten laut Einlage. Da wir ihm infolge Nichteinlösung eines uns ge gebenen Akzeptes nicht weiter liefern können und vermuten, dass Sie der Besteller dieser Karten sind, biete ich sie Ihnen zum Ausnahmspreise von 25 M. per Mille an. Ihre Bestellung an H. annulliren Sie am besten dadurch, dass Sie ihm eine Frist von 3 Tagen setzen und bei Nichtlieferung auf die Karten verzichten. Da wir an H. nicht liefern, so kann er dieser Auf forderung nicht nachkommen, und Sie sind Ihres Auftrags ent bunden. Es ist übrigens sehr fraglich, ob H. Ihnen auch später noch Karten liefern k nn, da ihm eine andere Firma schwerlich etwas liefern wird. Nun forderte ich L. nochmals zur Lieferung auf, erst auf Klage androhung lieferte er unter Nachnahme. Von den Bestellern haben drei die Karten abgenommen, der vierte macht eine Klage nötig. 1. Kann ich von L. Ersatz des Schadens fordern, der mir durch Ausfall des Verdienstes von 75 M. an den 7000 Karten entstanden ist? (Die Besteller verzichteten auf Ersatzlieterung). 2. In welcher Weise muss ich wegen der 4 Briefe gegen L vor gehen? Ich bin dadurch geschädigt, weil ich in den betreffenden Ort- schaiten für die Zukunft unmögl ch bin, auch auf Nachbestellung nicht mehr rechnen darf. Kann ich dieserhalb auf Schadenersatz klagen und in welcher Höhe? 3. Darf ich vor L. öffentlich warnen und in welcher Weise? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: 1. Zum Schadenersatz wäre L. nur verpflichtet, wenn Frage steller ihn zur Ersatzlieferung binnen einer Nachfrist mit An drohung des Schadenersatzanspruchs aulgefordert hätte. Dies scheint unterblieben zu sein. 2. Die 4 Briefe verstossen gröblich gegen die guten Bitten und ziehen aus der Nichtzahlung eines Wechsels unberechtigte, zu weit gehende Folgerungen; sie verschweigen, dass Frage steller Zahlung des Wechsels unterlassen musste, weil L. schuld barer Weise ihm die Zahlungsmittel entzog. Nach § 826 BGB. muss L. deshalb den entstandenen Schaden ersetzen. Es ist aber fraglich, ob sich ein Schadensbetrag wird berechnen lassen. Es müsste bewiesen werden, dass einer oder mehrere von den Briefempfängern eine Verbindung mit dem Antrag steller trotz seiner Darstellung der Sachlage abgelehnt haben. Der vierte Posten ist zwar noch nicht abgenommen, die Ware ist aber dadurch nicht wertlos geworden, sie ist keine Saison ware und kann vielleicht noch mit Nutzen verkauft werden. 3. Eine Warnung ist unzulässig und wäre unter Um ständen strafbar. Welches Gewicht versteht man unter einem Waggon? 4532. Frage: Ich kaufte von einer Zellstofffabrik auf Abruf im laufenden Jahr 15 Waggon Zellstoff, eie schickte mir erst Wagen von 10 000 kg, in letzter Zeit aber immer Wagen von 12 500 kg brutto. Ich komme nun mit ihr in Meinungsverschiedenheit über die Be deutung des Ausdrucks »ein Waggon«. Ich verstehe darunter 10 000 kg brutto, während der Lieferant glaubt, Wagen von 10—12 500 kg nach seiner Wahl senden zu können und statt dem Brutto- das Netto gewicht anrechnen zu dürfen. Ich bitte um Ihre Ansicht. Antwort: Der Begriff »ein Waggon« bedeutet im Handel Ware im-Gewicht von 10 000 kg brutto, wenn er nicht durch Zusätze anders erläutert wird etwa »Waggon zu 12 500 oder Waggon zu 15 000 kg.« Der Lieferer ist berechtigt Ladungen von grösserem Gewicht zu senden, Fragesteller ist aber nicht verpflichtet, insgesamt mehr als 150000 kg zu übernehmen. Es ist üblich, ein auf die ganze Lieferung entfallendes Mehr gewicht von einigen 1000 kg, z. B. insgesamt 154 000 statt 150 000 kg, nicht zu beanstanden.