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2172 PAPIER-ZEITUNG Nr. 61 Handelskammer-Berichte 1902 Chemnitz. (Fortsetzung zu Nr. 60.) In der Druckpapierfdbrikalion hat sich ein Umschwung vollzogen. Die grossen Vorräte von Anfang 1902 waren im Herbst allerwärts geräumt, ein Beweis, dass der Be darf wieder gewachsen war. Teilweise konnte man schon von April ab den Anforderungen kaum genügen und ist auf Monate hinaus so besetzt, dass man den eingegangenen Verpflichtungen kaum nach kommen kann. Der Verband deutscher Druckpapierfabrikanten rechnet, dass die ihm angehörenden Fabriken bereits bis zu 80 pCt. ihrer Erzeugung mit Aufträgen besetzt sind. Die Preise sind schlecht und niedriger als sie vor 3 Jahren vor Eintritt in die damalige Preissteigerung waren. Auskömmliches Fabriziren ist nur möglich auf Grund der billigen Holzschliff- und Zellstoffpreise, vorausgesetzt, dass die Druckpapier fabriken ihren Bedarf für 1903 eingedeckt haben und nicht ausser gewöhnliche Trockenheit sie zu grösseren Holzschliffkäufen zwingt. Buntpapierfabrikation. Der Geschäftsgang während des Berichts jahres war befriedigend. Wenn schon das Herabdrücken der Preise für die fertigen Erzeugnisse gegenüber dem Vorjahre etwas nach gelassen hat, so macht es sich doch immerhin hier und da noch bemerkbar. Dagegen sind die Löhne, namentlich für weibliche Arbeiter, eher gestiegen, da infolge besseren Geschäftsganges in anderen Gewerben das Angebot schwächer geworden ist. Kartonnagenfdbrikation. Das Berichtsjahr begann unter dem dauernden Druck allgemeiner Geschäftsflauheit, sodass sich während der "ersten Monate des Jahres ein Mangel an Aufträgen fühlbar machte. Konnte späterhin auch der Betrieb im vollen Umfange auf genommen werden, so erwies sich doch der ganze Geschäftsgang bis tief in den Sommer hinein als schleppend. Neben der allgemein ungünstigen Geschäftslage dürfte hierzu die Unsicherheit über das Schicksal der deutschen Zolltarifvorlage wesentlich bei getragen haben. Erst im Spätsommer belebte sich das Geschäft, so dass in allen Zweigen reichlich Beschäftigung vorlag und während der Herbstzeit, wie früher, behufs rechtzeitiger Lieferung der für Weihnachten bestimmten Waren Ueberstunden zu Hilfe genommen werden mussten. Der Umsatz ist gegen 1901 etwas gewachsen. Dass er sich nicht noch günstiger gestaltete, liegt daran, dass sich der Bedarf mehr auf wohlfeilere Artikel erstreckte, und teure Sachen verhältnismässig wenig gekauft wurden. Erhebliche Preisschwankungen in den Rohstoffen und Halb fabrikaten sind nicht zu verzeichnen. Für die fertigen Erzeugnisse waren angesichts des starken Wettbewerbs Nachlässe nicht zu ver meiden. Der Absatz nach Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika hat eine erfreuliche Zunahme erfahren. Die Arbeiterver- hältnisse sind ungünstig. Die Löhne stiegen trotz ungünstiger Ge schäftslage. Tapetenfabrikation. Die Bautätigkeit, besonders in den grossen Städten, hat erheblich nachgelassen und die wenigen Neubauten wurden zum Teil ohne genügende Mittel aufgeführt, sodass für den Tapetenhändler manche Verluste entstanden. Trotzdem war die Tapetenfabrikation im Berichtsjahre gut beschäftigt, wenn sich dies auch nur durch grosse Opfer an Musterkollektionen ermöglichen liess. Die Rohstoffe konnten preiswert bezogen werden. An Arbeitskräften fehlte es nicht. Die Ausfuhr in Tapeten steigert sich alljährlich und namentlich tritt Frankreich als neuer und guter Ab nehmer auf. Papierprägerei. Der Geschäftsgang im Präge- und Luxuspapier- warenfach war 1902 mittelmässig und die Preise infolge des vielen Angebots gedrückt. Das Ausfuhrgeschäft liegt noch sehr ruhig, man hofft aber, dass es nach Abschluss der Handelsverträge (lebhafter werden wird. Der Umsatz in Sarg Verzierungen blieb auf gleicher Höhe. In geprägten Wandtaschen, Kalender-Rückwänden usw. war das Ge schäft befriedigend, da das Geschenkgeben der Kleingeschäfte an ihre Kunden sich immer weiter einführt und diese geprägten Papp artikel dazu Verwendung finden. In die sonst so flauen Frühjahrs monate kam insofern etwas Leben, als Schmuck für die Häuser an lässlich der Krönung König Eduards von England in grossen Mengen gekauft wurde. In den Preisen der Rohstoffe änderte sich wenig. Die Löhne für die Arbeiter können günstig genannt werden, und auch die Ver hältnisse mit den Leuten waren auskömmlich. Buch- und Steindruckerei. Der Niedergang des Werkzeugmaschinen baues im Jahre 1902 machte sich auch im Buchdruckgewerbe recht fühlbar. Der geringe Aufwand für Prospekte und Preislisten sowie der Minderverbrauch an Formularen haben einen grossen Aus fall herbeigeführt. Die Folge hiervon war, dass zum Teil Ent lassungen stattfinden mussten und die Preise noch gedrückter wurden. Die Löhne behielten dagegen ihre seitherige Höhe. In der Stein druckerei, und zwar namentlich für die Textil-Industrie, war der Ge schäftsgang rege. Die Preise der Erzeugnisse sowohl wie auch der Rohstoffe haben keine Veränderung erfahren. Die Löhne sind eher etwas gestiegen. Der Verein Chemnitzer Buchdruckereibesitzer hat Ostern 1903 eine Fachschule errichtet, welche voraussichtlich zur Besserung der Lehrlingsverhältnisse in den kleinsten Druckereien, in welchen oft eine fachmännische Ausbildung völlig fehlt, bei tragen wird. Arbeitsmarkt der Papier industrie im Juni 1903 Aus dem »Reichs-Arbeitsblatt« In der Papierindustrie (soll wohl heissen Papierfabrikation) scheint ein Abflauen gegen den bisher sehr flotten Geschäftsgang einzutreten, immerhin war die Beschäftigung nach wie vor mit Ausnahme des schlesischen Bezirks befriedigend. Die Löhne sind unverändert ge blieben, ebenso die Arbeitszeit. Lebhaft war die Beschäftigung der Zellstofffabrikation, in der fühlbarer Arbeitermangel bestand. Die Beschäftigung im Buchdruckgewerbe ist im Juni wie alljährlich zurückgegangen. Der Sommer bedeutet für die Druckereien die stille Zeit, infolgedessen bestand Ueberangebot von Arbeitskräften. Bei den der Tarifgemeinschaft zugehörigen $5 Arbeitsnachweisen waren zahlreiche Arbeitslose vorgemerkt, deren Unterbringung vorerst nicht möglich ist. Das Ueberangebot übertrifft dasjenige der früheren Jahre. Nebenverdienst Dieses Schlagwort findet man gegenwärtig sehr häufig in Zeit schriften und grösseren Zeitungen über Anzeigen, in denen Allen, die ihr Einkommen erhöhen wollen, mitgeteilt wird, dass sie sich nur an die Adresse des Anzeigenden zu wenden brauchten, um Hunderte von Angeboten zu erhalten. Wer auf solche Anzeige hereinfällt, erhält postwendend ein gedrucktes Schreiben, worin mitgeteilt wird, dass er die gewünschten Angebote zum Geldverdienen mit nächster Post erhalten wird; und in der Tat bringt der Postbote bei seinem nächsten Rundgange einen bauschigen Brief, für den er 1 M. 50 Pf. bis 2 M. als Nachnahme des Absenders verlangt. In den meisten Fällen siegt die Neugierde über die Vernunft, und die Nachnahme wird eingelöst. Der Empfänger wird bald gewahr, dass er zu jenen Leuten zählt, die nicht alle werden, denn das Kuvert enthält nichts als eine Sammlung von Anzeigen aus alten Zeitungen, die der Ab sender entweder zu einem »Erwerbsanzeiger« oder einer Neben- verdienst-»Liste« zusammengestellt hat. Bewirbt sich der Verdienst suchende auf die erhaltenen Anzeigen hin, so wird ihm häufig ein Erwerb in Aussicht gestellt, wenn er so und so viele Mark für Nachweise, Muster oder dergl. einsendet. Auch dieses Geld ist fort geworfen. Viel häufiger erhält aber der Suchende keine Antwort oder seine Zuschrift als unbestellbar zurück, da der Anzeigende längst verschollen ist g. Fortbildung und Arbeitszeit kaufmännischer Arbeitskräfte. Die soziale Kommission der vereinigten kaufmännischen und technischen Vereine Barmens schloss sich nach einem Referate des Leiters der Barmer Kaufmannsschule, Oberlehrers Kümmel, über die kaufmännischen Fortbildungsschulen der Forderung des Schulzwanges an. Der Vor sitzende der Kommission, Heckhausen, sprach über die Arbeitszeit in den Kontoren, und forderte für die Gehilfen neunstündige Maximal arbeitszeit und — mit Rücksicht auf das durch die Lehrlingszüchterei und durch das Eindringen des weiblichen Elements geschaffene Massenangebot — für Lehrlinge und weibliche Angestellte achtstündige Arbeitszeit. Man war einstimmig der Ansicht, dass für den Handlungs gehilfenstand mehr als bisher geschehen müsse, und beauftragte die Kommission mit der Ausarbeitung einer Denkschrift, um zur Beantwortung der Umfrage des Beirats für Arbeiterstatistik über diese Frage Unterlagen zu schaffen. Die anwesenden Prinzipale sprachen eich sehr lobend über die Bestrebungen und das Vorgehen der Kom mission aus, das der Allgemeinheit nur nützen könne. —t. Streikposten. Das sächsische Oberlandesgericht hat in einer Ent scheidung vom 16. Juli das Streikpostenstehen für strafbar erklärt, da es möglicherweise eine Störung der öffentlichen Ordnung herbei führen könne. Neben ihren anerkannt vorzüglichen Qualitäten in Pressspan. für Appretur, Isolirungsmaterial etc. empfehlen Prima Stanzpappen in 3 verschiedenen Qualitäten zu sehr billigen Preisen. Pressspanfabrik@Untersachsenfeld Actien-Gesellschaft vorm. M. Hellinger