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Nr.61 PAPIER-ZEITUNG 2153 Vorläufig haben die Erfinder die Maschine für acht ver schiedene Schriftarten eingerichtet. Die Matrizen haben Stab form, sind reihenweise aufgehängt wie bei der Monoline und werden wie üblich, durch Tastenanschlag in der Reihenfolge des Manuskripts in Tätigkeit gesetzt. Sie werden über einen oder zwei Sammeldrähte geleitet, zur Zeile zu sammengefügt und abgegossen. Dann werden die Matrizen selbsttätig sortirt und ins Magazin zurückgeführt. Auf zwei übereinander angebrachten Rahmen sind die Lauf- und Sammel drähte für die Matrizen, sowie die Ablöse- und Sortir-Vorrich tungen in Tätigkeit. Die Tastatur enthält 96 Tasten in sechs Reihen, hat Tischhöhe, so dass man sitzend arbeiten kann. Eine 97. grössere Taste befindet sich links am Rande, diese dient, wie üblich, zur Auslösung der Ausschlusskeile. Jede Taste entspricht einem Schriftzeichen und bildet den Ausläufer eines einarmigen Hebels, von dem aus ein dünner Draht nach aufwärts zum Ablöse-Mechanismus führt. Von den erwähnten beiden horizontal gelagerten Rahmen trägt der obere 96 Lauf drähte, der untere dagegen 10 Oeffnungen, durch welche die Laufdrähte hindurchführen. Die Matrizen sind aber nicht wie beim Typograf untrennbar von den Laufdrähten, sondern hängen an Haken wie die der Monoline. Jede Matrize ist wie bei der Monoline mit untereinander an einer der Schmalseiten ein gestanzten verschiedenen Schriftzeichen, hier acht verschiedener Gattung, versehen. Der Hals jeder Matrize läuft in einen Doppelzapfen, der Rumpf in einen einfachen Zapfen aus. Die durch den Tastenansohlag ausgelöste Matrize gleitet über das Ende eines Laufdrahtes auf einen Sammeldraht. Je 48 Lauf drähte vereinigen sich in einem Sammeldraht. Für die Aus- schlusskeile ist ein besonderer Draht vorgesehen. Um die jeweils benötigte von den acht verschiedenen Schriftgattungen zu benutzen, ist eine Brücke angebracht, welche mittels Hebel eingestellt werden kann, so dass man nötigenfalls alle acht verschiedenen Schriftarten in einer Zeile anwenden kann. Durch eine von unten wirkende Schiene werden die Ausschluss keile zusammengeschoben, wodurch sie sich, wie bei der Mono line, verstärken und dadurch die Zeile auf die volle Breite ausschliessen. An der Vorderwand des Matrizenkastens be findet sich eine Oeffnung, hinter der die zu giessende Matrizen zeile sichtbar ist. Im gegebenen Augenblick wird der Matrizen kasten gegen die Giessform und beide gegen den Giessmund der Metallpfanne bewegt und fest an diesen angedrückt. Die Giessform besteht aus einem Kreuz, welches durch eine Gabel verschoben und mittels Hebelverbindung gedreht werden kann. Dieses Kreuz hat an jedem Ende eine Verbreiterung, auf der eine Leiste verschiebbar ist. Die Leiste aber ist mit zwei Längsschlitzen versehen, durch welche die in der Verbreiterung befestigten Bolzen hindurchreichen. Zwischen Leiste und Ver breiterung bleibt ein Schlitz, in welchem die Gusszeile entsteht. Durch Verstellung der Leiste wird erreicht, dass man die Zeile länger oder kürzer stellen kann. Dicht am Giesskreuz befindet sich die Giesspumpe, deren Kolben durch einen zweiarmigen Hebel bewegt wird. An diesem ist eine Rolle angebracht, die auf einer Daumenscheibe gleitet. Bewegt sich der Kolben abwärts, so gelangt das flüssige Metall durch den Giessmund in den davor beündlichen Raum, sodass die Zeile entsteht. Darauf hebt sich der Kolben, und Giessform nebst Matrizenkasten werden zurückbewegt. Das Giesskreuz dreht sich nun soweit, dass der Raum, welcher die gegossene Zeile enthält, senkrecht vor die Oeffnung des Behälters zu stehen kommt, welche zur Aufnahme der fertigen Zeilen dient. Die Oeffnung wird von zwei Feilen begrenzt, welche die Stelle der Schabemesser ver treten sollen — eine etwas bedenkliche Einrichtung. Die von der gegossenen Zeile befreite Giessform wandert dann in ihre frühere Stellung zurück. Während des Gusses einer neuen Zeile werden die be nutzten Matrizenstäbe sortirt und ins Magazin zurückbefördert, indem der vorher gesenkte Matrizen-Hebekasten auf einer Gleit bahn nach oben bewegt wird. Das Sortiren wird wie bei der Monoline durch die verschiedenen Längen der Matrizenstäbe, bei Biban-Campe aber nach zwei Seiten hin statt in einer Richtung bewirkt. Die 16 Sortirdrähte verlaufen fächerförmig und sind in einem Rahmen befestigt, welcher um Scharniere drehbar ist. Jede Matrizensorte gelangt auf eine besondere Nadel, die sich aus der senkrechten Lage in eine wagerechte neigt und mit einem Laufdraht in Verbindung kommt. So ge langen die 96 verschiedenen Matrizensorten durch zwei be wegte Leisten auf ihre bestimmten Laufdrähte und auf diesen an ihre Plätze im Magazin. Ein Schild an der Stellbrücke dicht links am Tastbrett zeigt dem Setzer durch Aufdruck der betreffenden Charaktere die verfügbaren verschiedenen Schriftarten. Die 96 Matrizen sind in 16 Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe enthält nur Ma trizen einer bestimmten Weite. Da in jedem Matrizenstabe 8 Schriftzeichen eingestanzt sind, so kann man mit Hilfe der ersten 90 Tasten 90 X 8 = 720 verschiedene Typen setzen. Die 16. Gruppe enthält die Zeichen der 15. Gruppe verstärkt. Man erhält jedes Zeichen in Fettdruck, wenn man die folgende Taste derselben Reihe andrückt. Will man halbfette Fraktur oder Antiqua, Kursiv usw. setzen, so braucht man nur die vor erwähnte Stellbrücke entsprechend zu stellen. Die Erfinder waren ersichtlich bemüht, die Vorzüge der Monoline und des Typograf zu benutzen. Wie weit sie hierin Geschick und Glück gehabt haben und wie sie die schwierige Aufgabe gelöst haben, diese Vorzüge mit der Einrichtung für acht verschiedene Schriften in Einklang zu bringen, das wird die Praxis zu erweisen haben. In fünf bis zehn Jahren werden wir wohl wissen, woran wir sind. Irgend eine Errungenschaft wird voraussichtlich auch dieser neue Versuch strebsamer Geister zu Wege bringen. Freilich dürften auch Streitigkeiten wegen Patentverletzung zwischen den Erfindern einerseits und den Gesellschaften der Monoline und des Typograf anderseits kaum ausbleiben. Paul Hennig. Fabrik oder Handwerk? Pruclterei-Grossbetriebe müssen sur Handelskammer Beiträge leisten. Diese Entscheidung fällte kürzlich als höchste Instanz das Sächsische Ober-Verwaltungsgericht. Der Buchdruckerei besitzer Julius Mäser in Leipzig wollte nicht zur Handels kammer sondern zur Handwerkskammer gehören. Dagegen erhob die Handelskammer Einspruch, die Kreishauptmannschaft Leipzig wies aber diesen Einspruch ab. Auf Rekurs der Handelskammer wurde das Urteil der Kreishauptmannschaft aufgehoben und obiger Grundsatz ausgesprochen. In dem vom »Dresdner Anzeiger« wiedergegebenen Urteil werden dafür, ob und wann eine Druckerei als Fabrik-, wann als Handwerks betrieb anzusehen sei, folgende Gesichtspunkte aufgestellt: Fabrik und Handwerk seien keine verschiedenen Gewerbszweige, sondern nur verschiedene Betriebsformen eines und desselben Ge werbes; es gebe kein besonderes Fabrikgewerbe und Handwerksgewerbe, sondern nur eine fabrikmässige und eine handwerksmässige Form der Ausübung des Gewerbes. Es handle sich daher im vorliegenden Falle nicht darum, ob das Druckereigewerbe seinem Wesen nach ein Handwerksbetrieb sei; die Fragestellung müsse vielmehr lauten: »Ist die Ausübung dieses Gewerbes seinem Wesen nach nur in den für den Handwerksbetrieb üblichen Formen oder auch in denen des Fabrikbetriebes möglich? Wenn aber das unterscheidende Merkmal zwischen Fabrik und Handwerk lediglich in den Formen, das heisst in der besonderen Gestaltung und dem Umfange des Betriebes ge sucht und gefunden werden müsse, so ergebe sich ohne weiteres, dass die Behauptung Mäsers, das Druckereigewerbe müsse schon wegen seiner innigen Beziehungen zum Handwerk unter allen Um ständen als ein Handwerksbetrieb angesehen werden, auf einer Ver mengung des Gegenstandes und der Form des Gewerbebetriebes beruht, ferner, dass grundsätzlich darauf nichts ankommen könne, ob in der Druckerei der Satz durch handwerksmässig angelernte Setzer hergestellt werde. Uebrigens würde, selbst wenn man auf diesen letzteren Umstand ein grösseres Gewicht legen wollte, hieraus allein die Handwerkemässigkeit des Mäserschen Betriebes noch nicht gefolgert werden können. Denn das Drucken, welches zur Herstellung eines Druckwerkes doch mindestens ebenso wichtig sei, wie die Arbeit des Setzens, vollziehe sich zweifellos nicht in handwerks mässigen Formen: es werde von einer grösseren Zahl durch elementare Kraft bewegter Maschinen besorgt, die von mehr als 20 nicht hand werksmässig gelernten Arbeiterinnen bedient würden. Da das Gesetz über die Handels- und Gewerbekammern eine Begriffsbestim mung des Handwerks- und Fabrikbetriebes nicht enthalte, müssten der Unterscheidung diejenigen Merkmale zugrunde gelegt werden, die in Wissenschaft und Rechtsprechung als maassgebend allgemein anerkannt seien. Sie seien, wie die Klage richtig ausführe: 1. Arbeits teilung zwischen der vorwiegend kaufmännischen, auf die Leitung des Unternehmens sich beschränkenden Tätigkeit des Unternehmers und der technischen Tätigkeit der Gehilfen; 2. Arbeitsteilung unter den Gehilfen; 8. grosse Arbeiterzahl; 4. verhältnismässig grosse Aus dehnung der Betriebsräume und anderen stehenden Betriebseinrich tungen; 5. umfangreiche Verwendung von Kraft- und Arbeitsmaschinen; 6. grosser Umfang der Produktion. Da sich diese nach der herrschen den Rechtsauffassung für das Vorhandensein eines fabrikmässig ge stalteten Gewerbebetriebes charakteristischen Merkmale nur auf die vom Gegenstände des Gewerbes im Wesentlichen unabhängige Form seines Betriebes bezögen, unterliege es keinem Bedenken, sie auch auf das Druckereigewerbe anzuwenden, wie denn auch das Reichs gericht mehrfach in diesem Sinne entschieden habe. Da nun die Mäsersche Druckerei alle dem Fabrikbetriebe eigentümlichen Merkmale