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2074 PAPIER-ZEITUNG Nr. 59 Papieren in dieser Preislage sind die Schwankungen naturgemäss grösser. Papierfabrik X. in B. Y. & Z. sandten Kauf- und Ausfallmuster, die mit den von X. vorgelegten übereinstimmen, und behaupten, dass der Aus fall hinsichtlich Glätte, Färbung, Reinheit nnd Haltbarkeit des Stoffes minderwertig sei, und dass sie das Papier ihrer Kund schaft anstatt des verkauften unmöglich liefern können. Wir finden demgegenüber zwischen Vorlage und Ausfall keinen Unterschied an Reinheit und Festigkeit, der die zu lässigen Grenzen überschritte. Die Farbe ist nach dem Farb muster gut getroffen, die Glätte des gelieferten Papiers ist aber geringer, auch sieht dieses infolge verdrückter Stellen weniger ansehnlich aus. Y. & Z. können das in Rollen gang barer Breite gelieferte Papier in ihrer Fabrik zu Düten und dergleichen verarbeiten, wenn auch nicht zu derjenigen Sorte, für die es bestimmt war. Wir entscheiden, dass Y. & Z. das Papier übernehmen müssen, die Papierfabrik X. aber 71/ pOt. vom Kaufpreis nachlassen muss. Normalpapier I. Bedeutung und Ursprung Man findet in den Fachblättern manchmal Abhandlungen über Normalpapier, doch dringen nur sehr wenig Angaben über, die Herstellung dieser Papierart in die Oeffentlichkeit. Auch sucht man vergebens nach Vorschlägen zur Beseitigung der Mängel, welche diesen Papieren, wie jeder menschlichen Einrichtung, anhaften. Diejenigen Papierfabriken, welche durchweg gute Normal papiere herstellen, betrachten das Verfahren, wonach sie arbeiten, und welches sie instand setzt, ihren Fabrikaten stets die vorgeschriebenen Eigenschaften zu geben, in der Regel als Fabrikationsgeheimnis. Man würde es den Angestellten verdenken, wenn sie etwas darüber verlauten liessen, wie die Vorbereitung, Zusammenstellung und Verarbeitung der Roh stoffe geregelt werden muss, wenn das zu erzeugende Papier bestimmt vorgeschriebene Eigenschaften erhalten soll. Das Bedürfnis nach Normalpapieren, d. h. nach Papieren von bestimmter Zusammensetzung, Festigkeit, Bruchdehnung, Widerstand gegen Zerknittern, Falzen usw. ist in der Haupt sache durch den Niedergang der guten Eigenschaften fast aller Papiere entstanden, welcher sich gegen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre fast allenthalben bemerkbar machte. In den Jahren von 1870 bis 1885 waren gute Roh stoffe sehr schwer zu beschaffen. Durch die grosse Nach frage nach allen Papieren war die Not um Rohstoff zu holz freien Papieren gross, bis die Einführung des Sulfitverfahrens Abhilfe schaffte. Vorher war man genötigt, soviel Baumwolle und Strohstoff zu nehmen, als man nur irgend in das Papier bringen konnte. Als Natronzellstoff und später Sulfitzellstoff kamen, wurden diese Halbstoffe auch zu solchen Papieren ge nommen, welche diese Stoffe garnicht oder doch nur in ge ringem Zusatz vertragen können. Weil man zu schwache und dabei ungeeignete Rohstoffe gebrauchte, war es manchmal sehr schwer, das Papier an standslos über die Papiermaschine zu bringen, und es wurde oft viel Ausschuss gemacht. Geschwächte Fasern und un geeignete Zusammenstellung der Papiere ergaben auch viel Ausschusss, als die Kalander auf kamen und das Papier in Rollen anstatt, wie bisher, in Bogen zwischen Zinkplatten ge glättet werden sollte. Dies war umso mehr der Falll, als die ersten Kalander in ihrer Einrichtung noch mangelhaft waren, und weil man auch mit dem Feuchten der Papierbahn vor dem Kalandriren nicht genügend Bescheid wusste. Die Einrichtung einer amtlichen Prüfungsanstalt für Papier in Preussen und die Vorschrift, dass nur bestimmte Arten und Mengen von guten, festen Faserstoffen zu den von den Behörden benutzten Papieren verwendet werden dürfen, haben für das ganze Papierfach ungemein segensreich gewirkt. Hierdurch wurde jeder Papierfabrikant veranlasst, der Aus wahl, Vorbereitung und Verarbeitung seiner Rohstoffe grössere Aufmerksamkeit zu widmen. Jetzt musste der Fabrikant beim Einkauf der Rohstoffe mehr auf Festigkeit und gute Erhaltung der Hardernsorten achten und mit dem Umstande rechnen, dass schmutzige und geringe Sorten durch das notwendige starke Kochen und Bleichen zu stark angegriffen, d. h. ge schwächt werden. Weil bei den besseren Normalpapieren keine oder nur ganz bestimmte Mengen Surrogate zugelassen wurden, war man verpflichtet, die Zusammensetzung und Mischung der Stoffe genau zu regeln und zu überwachen. 2. Aschengehalt Der Umstand, dass man einen gewissen Aschengehalt vor schrieb, hat dem nachgerade unheimlich gewordenen Be schweren der Papiere mit Füllstoffen aller Art Einhalt getan und die Augen der Verbraucher auf diesen Uebelstand ge lenkt. Es ist ja notwendig, für Papiere von besonderer Ver wendungsart Füllstoffe zu verwenden, um ihnen die ge wünschte Druckfähigkeit, Undurchsichtigkeit und schöne Ober fläche zu geben. Aber für Papiere, die längere Zeit möglichst unverändert bewahrt bleiben müssen, und für solche, die durch öfteres Umbiegen und beständigen Gebrauch viel zn leiden haben, ist übermässiger Aschen-, d. h. Füllstoffgehalt, be denklich. Früher war ich der Ansicht, dass z. B. ein Papier von 4000 m Reisslänge und 3 pCt. Bruchdehnung wertvoller sei, wenn es = 20 pCt. Füllstoff enthält, als ein Papier von genau gleichen Festigkeits-Eigenschaften ohne Füllstoff. Man sollte diese Annahme auch für richtig halten, weil ersteres Papier aus viel besseren und gesünderen Fasern bestehen muss, um trotz des Füllstoffgehalts die erwähnten Festigkeits- Eigenschaften zu besitzen. Erfahrene Fachleute und Gelehrte sind indes der Meinung, dass Papiere mit Füllstoffgehalt nicht allein durch die mecha nische Einwirkung beim Gebrauch, sondern auch durch die Einflüsse von Luft und Feuchtigkeit mehr leiden müssen und dabei mehr zur Mikroben-Bildung geneigt seien als in Festig keit gleichwertige Papiere ohne Füllstoff. Ob diese Annahme richtig ist, kann ich nicht beurteilen, und es wäre von hohem Interesse, wenn man hierüber gemachte Erfahrungen mitteilte. Bis jetzt ist man allgemein der Ansicht, dass inbezug auf Dauerhaftigkeit unbeschwerten Papieren der Vorzug zu geben ist. Dieser Tage sprach ich einen erfahrenen Fachmann, welcher wie ich der Ansicht war, dass man bei Normalpapieren den Aschengehalt freigeben solle. Dieser Herr vertrat ent schieden die Ansicht, dass Papier mit Füllstoff wertvoller sei als solches ohne Füllstoff, vorausgesetzt, dass beide Papiere die gleichen Festigkeitseigenschaften besitzen. »Liefern Sie mir Papier mit 20 pCt. Füllstoff«, sagte mir jener Herr, »aber mit den Eigenschatten von Normal la, dann werde ich Sie den tüchtigsten Papiermacher nennen, den ich kennen gelernt habe, und bin sicher, von solchem Fabrikat soviel verkaufen zu können, als ich nur immer bekommen kann«. Man sollte annehmen, dass der Herr recht hat, denn es hält bei einem vorgeschriebenen Mindest-Aschengehalt manch mal unendlich schwer, der Ware die erforderlichen Festigkeits- Eigenschaften zu geben, die Rohstoffe müssen besser sein, und auch die Verarbeitung muss mit grösserer Sorgfalt vor genommen werden. Auch ist Papier mit gewissem Gehalt an geeigneten Füllstoffen reiner, hübscher und weniger durch scheinend, und beschwertes Papier lässt sich besser be schreiben und namentlich besser bedrucken. Da die Festig keitseigenschaften doch garantirt werden müssen, so würde bei Freigabe des Aschengehalts dem Wissen und Können der Papiermacher grösserer Spielraum gegeben, und alle Ein wände fielen weg, die man jetzt noch gegen unsere Normal papiere vorbringen kann. 3. Faserstoffe Zur Herstellung beeter Normalpapiere aus reinen Lumpen müssen diese in ihren Fasern noch gesund sein und möglichst wenig durch Gebrauch gelitten haben. Neues Leinen, neuer Hanf und neue ungetragene Baumwolle sind die besten Roh stoffe, daher verwendet man sie in der Regel zu erstklassigen Normalpapieren. In letzter Zeit verarbeitet man aber zu besten Normal- und Banknotenpapieren mit bestem Erfolg Chinagras oder Ramie, entweder allein oder mit Hanf und Leinen ge mischt. Die neueren französischen Banknoten, sowie die letzten Banknoten von Holland und Niederländisch-Indien be stehen zum grössten Teil aus Chinagras. Im Mikroskop lässt sich Chinagras-Faser nur sehr schwer von Leinen oder Hanf unterscheiden, besonders wenn starke Mahlung der Fasern stattgefunden hat, und der Stoff in Fibrillen zerlegt ist. Chinagras hat von Natur sehr schöne lange Faser, welche un gekocht verwendet werden kann und sehr leicht bleicht. Die selbe braucht daher nicht der Einwirkung von Chemikalien ausgesetzt zu werden, wodurch sie geschwächt würde. Die Mahlung dieser Faser im Halbzeugholländer muss mit scharfem Geschirr vorgenommen und darf nicht zu weit fortgesetzt werden, damit man langen Halbstoff erhält. Im Ganzzeug holländer muss dieser Stoff möglichst dick eingetragen und