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1862 Buchgewerbe Buchbinderei • * Buchdruck *** *** Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme XXXXXXX Berliner Buchgewerbesaal Während der Sommer-Ferien werden an jedem zweiten Dienstag und zwar am 7. Juli, 21. Juli, 4. August und 18. August abends von 8—10 Uhr Lesestunden im Buchgewerbesaal abgehalten werden. Die Mitglieder der Typographischen Gesellschaft werden ersucht, sich hieran lebhaft zu beteiligen und in Kollegenkreisen auf diese allen Facbgenossen zugänglichen Lese-Abende aufmerksam zu machen. Berliner Typographische Gesellschaft Die von Herrn Könitzer geleitete Sitzung vom 23. Juni war zahlreich besucht. An Eingängen waren zu verzeichnen von der Firma Breitkopf & Härtel in Leipzig ein Heft »Zier stücke aus der alten guten Zeit«; von der Firma Hermann Gauger in Ulm eine Preisliste und verschiedene modern aus gestattete Geschäftskarten; von der Firma Kast & Ehinger durch Herrn Oscar Jäger eine reiche Kollektion von Farbenproben; von dem neugegründeten Buchdruckerfachverein in Posen Mitgliedskarte und Briefbogen; aus Hamburg einige Druck muster eines Verfahrens, um mit einem Druck mehrere Farben zu drucken. Dieses Milton’sche Verfahren werde in ähnlicher Weise ausgeübt wie der Irisdruck, einen grossen praktischen Wert könne man demselben aber wohl kaum beimessen. Der Vorsitzende sprach den freundlichen Gebern den Dank der Gesellschaft aus und teilte ferner mit, dass die Berliner Exlibris- Entwürfe jetzt von München nach Altenburg gegangen seien, und dass man dort einen ähnlichen Wettbewerb ausgeschrieben habe, dessen Endtermin aber wegen des unbefriedigenden Erfolges weiter hinausgeschoben worden sei. Als Mitglied wurde aufgenommen Herr Johannes Mattock, Maschineameister bei der Firma Pass & Garleb. Hierauf gab Herr Freiherr von Biedermann eine Besprechung des im Buebgewerbesaal ausgestellten Wettbewerbs der »Monatshefte für Lithographie usw.« Einleitend bemerkte derselbe, dass diese Zeitschrift anderen Fachblättern keine Konkurrenz machen wolle, dass sie von anderen Gesichtspunkten aus geleitet werde und dem Litho grafen Vorlagen zur Weiterbildung bieten wolle auf dem Gebiete der Flächendekoration, zumal sich die hierbei in der Lithografie herrschenden Ansichten in vielen Fällen mit denen der Künstler nicht deckten. Durch den Wettbewerb habe man die Probe machen wollen, inwieweit die neue Geschmacks richtung bei den praktisch arbeitenden Lithografen Verständnis gefunden habe, und deshalb sei die Beteiligung der Künstler ausgeschlossen gewesen. Unter den 32 Einsendungen seien viel lobenswerte Arbeiten gewesen, und die Preisrichter hätten bedauert, dass nur drei Preise zu verteilen waren; diese ent fielen auf folgende Herren: Erster Preis (100 M.) Herr Ferd. Nockher, zweiter Preis (75 M.) Herr M. K. Kliem, dritter Preis (50 M.) Herr Ernst Schneidter. Die beiden Letztgenannten sind als Schüler der Steglitzer »Werkstatt« bezeichnet. Herr Könitzer dankte dem Vorredner für die Anregung, welche die Ausstellung und seine Erläuterung des Wett bewerbes auch der Typographischen Gesellschaft geboten hätte, indem die Arbeiten zeigten, welcher Formensprache und welcher Ausdrucksmittel die Lithografie sich jetzt bediene. Angeregt durch einige Fragen aus der Mitte der Versammlung, bemerkte Herr Freiherr von Biedermann, dass wir einer Zeit entgegen sehen, in der man von einem bestimmten Stil überhaupt nicht mehr sprechen könne. Man verlange heute vielmehr individuell ausgeführte Arbeiten in künstlerischem Geschmack. Die Künstler der Gegenwart hätten an den verschiedenen Stil richtungen der Vergangenheit ihre Studien gemacht, und auf Grund derselben arbeiten sie dann ihrer Individualität entsprechend, ohne sich an einen bestimmten Stil zu binden. Jede Arbeit, die in sich einheitlich nach künstlerischen Gesichts punkten durchgeführt sei, sei als stilvoll zu bezeichnen. Ein Stil in historischem Sinn werde sich aus der neuzeitigen Be wegung nicht entwickeln. Herr Erler bemängelte an den prämiirten Arbeiten die im Buchdruck durchaus unzulässigen Abkürzungen im Texte und die das Buchdruckerauge ver letzende gedrängte Enge mancher Schriftzeilen im gegebenen Raume; hier müsse doch Jeder zugeben, dass die handwerks mässige Ausbildung des Buchdruckers, durch welche eine ge fällige Raum Verteilung gefordert werde, den Vorzug verdiene. Inbezug auf die Abkürzungen pflichtete Herr von Biedermann dem Redner bei, inbezug auf die Raumverteilung war er ab weichender Meinung und verwies darauf, dass auch die alten Drucker ihre grossen Typen undurchschossen zum Abdruck brachten, weil auch bei ihnen schon ein Hauptgewicht auf die gleichmässige Flächen füllung gelegt worden sei. Herr Könitzer sprach sich im Anschluss hieran noch da- gegen aus, dass man zu Gunsten der Flächenfüllung die Schrift zum Ornament umbilde und zu Dekorationszwecken benütze, weil hierdurch die Schrift verstümmelt werde, und ihre Lesbarkeit leide. Erfreulich sei es, an den Wettbewerbsarbeiten zu sehen, dass die Lithografie sich von der früheren Spritz technik und der mit Halbtönen verbundenen Vielheit von dekorativem Schmuck, durch welchen die in Gravur ausgeführten Arbeiten sehr teuer geworden seien, loszumachen suche. Hierauf hielt das Mitglied der Gesellschaft, Herr B. Feie, einen humorvollen Vortrag über „des Maschinensetzers Werdegang in Freud und Leid“. Redner begann seine Betrachtungen mit dem Jahre 1897, wo er die erste Linotype-Setzmaschine in Leipzig ausgestellt ge sehen habe. Er schilderte dann weiter, wie in den Druckereien die ersten Maschinen als Kuriosa betrachtet und vielfach be spöttelt worden seien, wie die in den Berliner Fabriken in einigen Wochen mangelhaft ausgebildeten Maschinensetzer sich dann vergeblich bemüht hätten, die von den Fabriken den Maschinen nachgerühmte hohe Leistungsfähigkeit in der Praxis zu beweisen und wie die Setzer, die sie - beim Maschinensatz anleiten sollten, darauf angewiesen waren, ihren Lehr meistern das Notwendigste abzusehen, da von einer wirklichen Anleitung keine Rede gewesen sei. Die Schwierigkeiten wurden dadurch erhöht, dass man in der Druckerei, in welcher Redner damals gearbeitet, einen für Fahrrad- und Nähmaschinenrepara turen ausgebildeten Mann mit der Beseitigung der Störungen an der Setzmaschine betraut habe. Vielfach habe man ge glaubt, es genüge für den Maschinensetzer schon, wenn er flott tasten könne, das übrige besorge die Maschine; das sei aber sehr verkehrt. Der Maschinensetzer müsse mit der Technik so vertraut sein, dass er die Störungen selbst beseitigen könne. Redner schilderte dann in launiger Weise, wie er sich durch die Welt geschlagen habe, und welche unangenehmen Er fahrungen er machen musste, bis es ihm gelungen sei, sich zu einem wirklich brauchbaren Maschinensetzer auszubilden. Was die Leistungsfähigkeit des Maschinensetzers anbelangt, so werde die je nach Stimmung und körperlichem Wohl befinden sehr verschiedene Stundenleistung vielfach mit einer Durchschnittsleistung verwechselt, und der Maschinensetzer habe einen schweren Stand, wenn man von ihm fordere, die von der Maschinenfabrik angegebene Leistungsfähigkeit der Maschine durchschnittlich zu erreichen. Die Ausführungen des Herrn Feiz wurden mit lebhaftem Beifall entgegen genommen. Auf eine an ihn gerichtete Frage erklärte er, dass die Simplexmaschins nur mit einem Schriftgrade, die Duplexmaschine mit mehreren arbeite, bei der Zweibuchstabenmaschine aber genüge es, einen Hebel auszuschalten, um die Matrize, auf welcher sich zwei Schriftbilder, eines in der gewöhnlichen und eines in halbfetter Schrift befinden, in eine solche Lage zu rücken, dass statt der gewöhnlichen die halbfetten Matrizen ausgegossen werden. Dies sei erheblich leichter, als das Einschalten halbfetter Matrizen