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© Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * * * * Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Nr. 58 ~ Sachliche Mitteilungen finden kostenfreie Aufnahme _ 2043 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Berliner Buchgewerbesaal Während der Sommer-Ferien werden an jedem zweiten Dienstag und zwar am 21. Juli, 4. August und 18. August abends von 8 bis 10 Uhr Lesestunden im Buchgewerbesaal abgehalten werden. Die Mitglieder der Typographischen Gesellschaft werden besonders darauf aufmerksam gemacht, dass am Dienstag, 21 Juli, der Wettbewerb von 350 Titel-Entwürfen der Schweizer Graph. Mitteilungen zum letzten Male aus gestellt ist. Wie sollen Bücher und Zeitungen gedruckt werden? Der auf dem Gebiete der Augenheilkunde angesehene und auch in unseren Fachkreisen durch scharfsinnige Unter suchungen bekannte Augenarzt Professor Eermann Cohn in Breslau liess im Verlage von' Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig ein Schriftchen erscheinen, in dem er die zu nehmende Augen-Verschlechterung der heranwachsenden Gene ration durch schlecht gedruckte Schulbücher nachzuweisen versucht. Man könnte annehmen, dass die hochgradige Steige rung der künstlichen Beleuchtung auch in kleinen Orten grossen Anteil an der in erschreckendem Maasse überhand nehmenden Kurzsichtigkeit unserer Jugend haben müsste, und gewiss ist es auch so. In den grossen Städten wird es kaum noch Nacht; jeder Tag bringt neue Verbesserungen der Be leuchtungs-Einrichtungen, die in Wahrheit Verschlechterungen sind, wenn man die Nacht als ein wohltätiges Gesetz ansieht. Die jungen Augen werden in den überhell erleuchteten Strassen, durch die Fülle elektrischen Lichtes, das aus den gross städtischen Läden bricht, und sogar daheim bei Gasglühlicht am Ausruhen verhindert. Unsere Eltern und Voreltern hatten bei trüben Oellämpchen sehr gesunde Augen — die Jungen wurden zeitig ins Bett geschafft, und man pfuschte der Sonne nicht ins Handwerk. Wenn man daher feststellen will, welchen wirklichen Einfluss die moderne Schule mit ihren stärkeren Anforderungen und mangelhaften Schulbüchern an der zu gegebenen Augen-Verschlechterung hat, dann sollte man die Kinder vor, während und nach der Schulzeit untersuchen. Allerdings weist Professor Cohn nach, dass die Kurzsichtig keit mit der höheren Schul-Kategorie zunimmt, dass sie in den Dorfschulen 1, in den Elementarschulen 6, in den Mittel schulen 10 und in den Gymnasien 26 pCt. beträgt. Der Durch schnittsgrad der Kurzsichtigen steigt auch von Klasse zu Klasse und in allen Schulen von der untersten bis zur obersten Klasse stetig. Trotzdem darf man annehmen, dass ein Auge, das bis zur Schulzeit vor allzuviel und allzuhellem Lichte be hütet worden wäre, auch in der Folge widerstandsfähiger sein müsste. Ferner muss in Rechnung gezogen werden, dass sich Kurzsichtigkeit vererbt. Die Eltern gerade derjenigen Schüler, die höhere Schulen besuchen, werden den gebildeten Klassen angehören und aus gleichen Ursachen Augenschwäche zu be klagen haben. Namentlich in Gelehrten-Familien sind Brille oder Zwicker typisch. Immerhin muss zugegeben werden, dass die heutigen Schulbücher zum grossen Teil ein Verbrechen an den Augen der Schüler sind. Ich habe selbst eine Reihe der in Berliner Gymnasien gebrauchten Bücher untersucht, und zwar der Unterstufen, weil da der schädliche Einfluss beginnt. Einzelne Bücher sind so arg ausgeführt, dass man sich wundern muss, warum da keine Aufsichtsbehörde eingreift, und weshalb sich die Eltern das gefallen lassen. Schmale, eng gegossene Schrift, kompress gesetzt und von schlechten Platten mager und un vollkommen gedruckt, ist geradezu Gift für die Augen, und Professor Cohn erwirbt sich ein Verdienst, wenn er mit der Autorität seines Namens hier eingreift. Allerdings kann ich mir seine Schlussfolgerungen nicht zu eigen machen, und ich würde es für sehr bedenklich halten, wenn die Behörden daraufhin Verfügungen erlassen wollten. Professor Cohn glaubt das Mittel oder Verfahren, schlechten Druck zu erkennen, in Messungen gefunden zu haben, und er hat einen Druckprüfer erdacht, der einen Ausschnitt von 1 cm im Quadrat darstellt. In diesem Ausschnitt dürfen nach Cohn nicht mehr als 2 Zeilen erscheinen, wenn der Druck den als wünschenswert genannten Maassen entsprechen soll. Es heisst dann wörtlich: »Kommen mehr als zwei Zeilen zum Vorschein, so ist der Druck schlecht. In wenigen Sekunden kann nun Jedermann das Gute von dem Schlechten unterscheiden in Büchern und Zeitungen, für welche ja dieselben Gesetze gelten. Dadurch wird die Kritik des Druckes jetzt so ausserordentlich einfach und leicht. 1880 stellte ich als Kegel auf, was wohl von den meisten Autoren angenommen worden ist: »Die Schulbehörden müssen mit dem Millimetermaasse in der Hand in Zukunft alle Schulbücher auf den Index librorum prohibitorum setzen, welche die folgenden Maasse nicht innehalten: Die Höhe des kleinsten n darf nur 1,5 mm, der kleinste Durchschuss nur 2,5 mm, die geringste Dicke der Grundstriche 0,3 mm, die grösste Zeilenlänge nur 100 mm und die grösste Zahl der Buchstaben auf der Zeile nur 60 betragen.« Diese Messung erforderte immer eine kleine Mühe von den Behörden. Jetzt lautet die Regel ganz einfach: Jedes Buch kommt auf den Index, bei welchem mehr als zwei Zeilen in dem Zeilenzählerloche sichtbar werden. Ich behaupte nun, dass Professor Cohn 1880 der Wahrheit näher war als jetzt, und dass der Zeilenzähler ein Irrtum ist, der in der Hand von Schulleuten und Ministerialbeamten ver hängnisvolle Folgen haben kann. Wir sind in der SZ-Frage kaum zur Ruhe gekommen, und die amtlichen Verfügungen wegen der Versal-Umlaute sind so ganz am grünen Tisch ent standen, dass kein Techniker eine vernünftige Lösung finden wird — äusser, man vernichtete den ganzen heutigen Schriften- Bestand und finge von Neuem an, Schriften zu schneiden. Umso besorglicher muss man neue Eingriffe ansehen, die bei der heutigen Entwicklung und Ausdehnung unserer Technik leicht grosse Störungen hervorrufen und unberechenbaren Schaden verursachen können. Um die Hinfälligkeit des Professor Cohn’schen Zeilen zählers darzutun, sei bemerkt, dass das eigene hier vorliegende Werk seines Erfinders auf den Index gesetzt werden müsste, denn es lässt mehr als zwei Zeilen in dem Ausschnitt er scheinen. Diese verwunderliche Tatsache werden, dass zwei Zeilen und drei Durch schüsse gezählt wurden (Bild 1), was nach korrekter Auslegung der Cohn’schen Vor schriften unzulässig ist. Bei Prüfung nach Bild 2 ergibt sich der Fehler. Auch sonst ist der Zeilenzähler nicht geeignet, zur Prüfung von Schulbuch- oder sonstigem Druck zu dienen, weil er nur die Höhe des kleinen n, die Dicke der Grundstriche und die Entfernung der Zeilen von einander festzulegen sucht. Es heisst nämlich in den aufge druckten Vorschriften: »Durch diese 1 qcm grosse Oeffnung dürfen nicht mehr als zwei Zeilen sichtbar werden, wenn ein Buch den Forderungen der Augen- Hygiene entsprechen soll. Die Höhe eines n muss mindestens 1,5 mm, die Entfernung eines n von dem darunter stehenden kleinen Buch staben muss mindestens 2,5 mm, und die Dicke der Buchstaben muss 0,8 mm betragen.« Klar ist diese Fassung nicht, aber man kann annehmen, wie sie gemeint ist. Sind denn dies nun alle Momente, die die Deutlichkeit und leichte Lesbarkeit einer Schriftart be dingen? Ist nicht die Buchstabenbreite, der Abstand der Buchstaben von einander, die innere Weite der Buchstaben, das Verhältnis der Grundstriche zu den Haarstrichen von grosser Bedeutung, wenn man eine Schrift vom Standpunkte der Augen-Hygiene so scharf beurteilen will, um daraufhin gewisse Buch-Ausgaben mit Recht verbieten zu können? Muss nicht auch die Form der Buchstaben, die Art der Rundungen, der wagrechten Ansätze (Sohra ffirungen) in Betracht gezogen werden? Ich habe den Druck des unter Professor Cohns mag damit erklärt Bild 1 Bild 2 (richtige (falsche Messung) Messung)