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Kopirfähig ? 157. Schiedspruch Mir wurden von der Druckerei X., hier, 6000 Postkarten mit meiner Firma geliefert, die zum Teil nicht kopirfähig sind. Ich kann die Karten nicht verwenden und stellte sie daher Herrn X. zur Ver fügung, welcher jedoch auf Uebernahme der Karten besteht. Wir sind deshalb übereingekommen, uns Ihrem Urteil zu fügen, und ich sende Ihnen anbei Herrn X’s Zustimmung. Ich bitte Sie, das Richteramt zu übernehmen. Y, Luxuspapier-Fabrikant Wir haben mehrere der uns gesandten Karten mit dicken Tintenstrichen beschrieben. Das Papier der Karten erwies sich dabei als hinreichend gut geleimt. Wir kopirten die beschriebenen Karten und erhielten gute Kopien, auch veränderte sich die Schrift auf den Karten durch das Kopiren nicht. Wir finden demnach die Beschwerde von Y. unbegründet und ent scheiden, dass er die Karten übernehmen muss. Graphische Vereinigung Altenburg Der am 80. Juni stattgefundene Vereinsabend brachte nach Er ledigung des geschäftlichen Teils zunächst einen längeren Vortrag über die Herstellung von Abziehbildern und ihre Verwendung in den verschiedenen Industrien. Aus dem recht lehrreichen Vortrag sei Folgendes kurz wiedergegeben: Die Fabrikation von Abziehbildern hat sich in neuerer Zeit zu einem wesentlichen Zweig der Luxuspapier-Industrie ausgebildet. Abziehbilder werden verbraucht durch Kinder und Liebhaber, ferner zur Verzierung von Massen-Erzeugnissen der Holz-, Glas-, Porzellan-, Metall-, Horn-, Papier- und Blechwaren-Industrie. Ihre Erfindung fällt in die 60er Jahre; das von einem Leipziger Buchdrucker namens Kramer entdeckte Verfahren nannte man Metachromatypie oder Dekalkomanie. Die Bilder werden auf der Steindruckpresse her gestellt wie jede andere farbige Lithografie, nur mit dem Unter schiede, dass die Farben in umgekehrter Reihenfolge aufgedruckt werden. Während man beim gewöhnlichen lithografischen Druckver fahren erst die dunklen und zuletzt die hellen Platten druckt, werden bei den Abziehbildern erst die hellen und alsdann die dunklen Farben töne gedruckt und auf diese Weise ein negatives Bild erzielt. In neuerer Zeit benutzt man in der Tischlerei zur Nachahmung der ver schiedenartigsten Holzmaserungen, deren Wiedergabe bisher immer hin gewisse Geschicklichkeit des Malers erforderte, mit gutem Erfolg Abziehbilder, deren es mit karakteristischen Maserungen aller Holz arten gibt; auch Marmor-Imitationen an Wandflächen werden in der selben Weise erzeugt. Nachdem der Vortragende noch die Ueber- tragung des Bildes auf den zu schmückenden Gegenstand erläutert hatte, gelangte eine ganze Anzahl von Gebrauchsgegenständen zur Auslage, deren Dekoration durch Abziehbilder erfolgt war. Vom Wettbewerbe der Berliner Typographischen Gesellschaft waren die Entwürfe zu einem Exlibris für ihre Bibliothek unserer Vereinigung zu Ausstellungszwecken in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt worden. Die sauber gezeichneten, manche originelle Idee aufweisenden Arbeiten erregten allgemeines Interesse und stellen der Berliner Schwestergesellschaft ein glänzendes Zeugnis in Bezug auf die zeichnerischen Fähigkeiten ihrer Mitglieder aus. Ferner lagen zwei Wettbewerbe aus München vor, welche die Schaffung einer Mitgliedskarte für die dortige Typo graphische Gesellschaft bezweckten. Die grosse Zahl der ein gelieferten Skizzen sind ein erfreuliches Zeichen sowohl für die Arbeitsfreudigkeit der Münchener Kollegen als auch für ihre Geübt heit im Skizziren von Drucksachen. Beachtenswert waren ver schiedene Stilisirungsversuche von Pflanzen, welche den guten Erfolg des vom Maler Stefan Steinlein geleiteten Zeichenunterrichts nach der Natur kennzeichnen. Beiden Schwestergesellschaften sei auch an dieser Stelle unser Dank für die freundliche Ueberlassung der Arbeiten ausgedrückt. Drucksachen-Ausstellung. Am 21. Juni hatte unser Mitglied Herr A. M. Watzulik aus Anlass des vom Bezirk Altenburg im Verband der deutschen Buchdrucker abgehaltenen Johannisfestes eine Druck- sachen-Ausstellung veranstaltet, welche sich zahlreichen Besuches er freute. Neben dem X. Band des vom Deutschen Buchgewerbe-Verein herausgegebenen Musteraustausches, der neuen Folge von Goebel’s »Graphischen Künsten« und Broschüren über alle Setzmaschinen- Systeme waren waren eine grosse Zahl von amerikanischen Reklame- Drucksachen ausgestellt. Prächtig ausgeführte Illustrationen waren aus St. Petersburg vertreten; hochmodern ausgestattete Drucksachen stellten die Firmen Peter Luhn in Barmen und L. Schwann in Düsseldorf aus. Scheiter & Giesecke in Leipzig hatten in einer vor nehmen Mappe grössten Formats eine Reihe von »Kunstblättern« ver einigt, deren vortreffliche Druck-Ausführung die beste Empfehlung für die von genannter Firma gebaute Schnellpresse »Windsbraut« bilden. Eine Reihe der verschiedensten amerikanischen Zeitungen fesselten das Interesse des Beschauers sowohl durch ihren grossen Umfang als auch durch die zahlreichen, zum Teil farbig gedruckten Illustrationen. Den Hauptanziehungspunkt der Ausstellung aber bildete der von Herrn Albert Mädicke in Leipzig ausgeführte Steck nadelsatz. Mit etwa 22 000 auf Schrifthöhe gefeilten Stecknadeln hat genannter Herr in grosser Geduldsarbeit die in der Gutenberghalle des Deutschen Buchgewerbehauses zu Leipzig aufgestellte Gutenberg- Statue des Bildhauers Adolf Lehnert in origineller Weise nach gebildet. In einer Grösse von 37 X 49 cm ist Standbild sowie die dasselbe umgebende Einfassung auf eine Korkplatte montirt und mit Blei und Gips ausgegossen. Zur Einfassung (äusser den Blumen- Arrangements) sowie zur Wiedergabe der Presse wurden 1/4 Petit starke Nadeln, zu den Blumen und der Figur (ausgenommen Kopf und Bart) solche von Achtelpetit-Stärke genommen, während der Kopf und Bart aus Insekten-Nadeln hergestellt wurden. Die ganze Arbeit erinnert an die Kunstsätze des verstorbenen Wiener Buchdruckers Karl Fasol. Herr Watzulik, der das Original käuflich erworben, hat es auf einer Postkarte reproduziren lassen, welche in geschmackvoller Weise auf der Buchdruckpresse hergestellt wurde. Die von der Direktion der deutschen Reichsdruckerei herausgegebenen Schriften des 16. bis 18. Jahrhunderts in getreuen Nachbildungen füllten ein besonderes Zimmer und führten dem Beschauer die von den alten Meistern so künstlerisch hergestellten Wiegendrucke mit ihrer guten Flächen wirkung und den prächtigen Initialen vor Augen. Ein weiteres grosses Zimmer war ausschliesslich mit Fotografien von Taubstummen- Anstalten aller Länder, deren verschiedenartigsten Einrichtungen, Gruppenbildern der Zöglinge und den Porträts von taubstummen Künstlern angefüllt. Von den letztgenannten lagen wiederum Originalzeichnuogen und andere Arbeiten aus, denen sich grosse Aufnahmen der stattgefundenen internationalen Taubstummen-Kongresse (in Chicago, Paris usw.) anreihten, sodass man garnicht genug Musse hatte, all das Interessante und Neue auf diesem Gebiete eingehend in Augenschein zu nehmen. Der zahlreiche Besuch aus allen Bevöl kerungskreisen wird dem Veranstalter dieser lehrreichen Ausstellung wohl der beste Dank für seine grossen Bemühungen gewesen sein. A— z. Drucksachen-Ausstellung. Die in der Osterwoche in Hanau a. M. abgehaltene Drucksachen-Ausstellung (Ausstellung von Erzeugnissen der vervielfältigenden Künste) hat einen Ueberschuss von 800 M. erzielt, der zu 5/8 dem Buchdruckergehilfenverband (Ortsverein Hanau) und zu 3 8 dem Lithografen-Fachverein für Zwecke der Anschaffung von technischen Lehrmitteln (Fachliteratur) überwiesen wurde. K. Büchertisch Der Autor Sir John Falstaff's. Literarische Enthüllungen durch einen Briefwechsel des siebzehnten Jahrhunderts. Von Edwin Bormann, Leipzig. Selbstverlag. Preis geheftet 1 M. In dieser Schrift gibt Edwin Bormann einen neuen Beweis für die Annahme, dass die Shakespeare-Dramen von dem Naturforscher, Filosofen und Staatsmann Francis Bacon, nicht von dem Schauspieler Shakespeare gedichtet seien. Im Jahre 1660 erschien nämlich in London die Briefsammlung Sir Toby Matthews, des Vertrauten Freundes und literarischen Beraters Francis Bacons, deren erster Teil haupt sächlich literarischer Natur ist und fast nur Briefe aus der Zeit Jakobs I. enthält, dessen Kanzler Bacon war. Zu diesem standen alle darin genannten Personen in Beziehung und ihnen sind teils die Bacon-Schriften, teils aber auch die Shakespeare-Dichtungen gewidmet. Es erscheint wichtig, dass der Briefwechsel viel von Dichtungen spricht, die Bacon seinem Freunde Matthew zur Beurteilung über sandte, aber am bedeutsamsten ist ein anderer Umstand. Nachdem in dem Briefwechsel seitenlang nur von Bacon die Rede war, stehen mitten auf der 100. Seite die Worte: »Wie dieses vortrefflichen Autors Sir John Falstaff sagt«, mit einem Zitat aus Heinrich IV. Erster Teil. Da nun Falstaff zuerst in Heinrich IV. vorkommt und eine erfundene Person ist, so muss sein Schöpfer der Verfasser Heinrichs IV. sein und da Bacon dieser Schöpfer war, so ist dadurch seine Identität mit Shakespeare erwiesen. Dass diese Enthüllungen Matthews erst so lange nach Bacons Tode erschienen, liegt an den politischen Wirren und der dem Theater feindlichen Puritanerherrschaft jener Zeit. Mit einer kurzen Zusammenstellung von Bacon-Schriften und Shake speare-Werken, die auf einen Zusammenhang zwischen ihnen hinweist, schliesst Bormann seine zwar kleine, doch beweiskräftige Schrift. Hans Hofmann Bormann will beweisen, dass nicht der Schauspieler W. Shake speare, sondern der Staatsmann Lord Bacon Verfasser der Shakespeare zugeschriebenen Werke sei. Er hat zum Beweise seiner Behauptung schon vielerlei, meist ziemlich dunkle Anspielungen in den Werken Bacons und seiner Zeitgenossen gefunden und in verschiedenen Schriften veröffentlicht. Diese neue Schrift Bormanns dient der alten Aufgabe. Sie betrifft die 1660 in London erschienene Briefsammlung Sir Toby Matthews, eines Freundes des Lord Bacon, in welcher sich verschiedene Hinweise auf den Autor des Sir John Falstaff finden. Möglicherweise sind diese Hinweise auf Bacon zu beziehen. Bor mann versteht es, entgegenstehende Bedenken aus dem Wege zu räumen und fesselt durch seine lebhafte und eindrucksvolle Schreib weise. Die gut ausgestattete Schrift wird für Shakespearefreunde anregend sein. Krause