Volltext Seite (XML)
876 PAPIER ZEITUNG Nr. 25 auch ein neues Hilfsmittel für Zeichner, der «Aerograph», zu deutsch der »Luftpinsel«. Es ist ein stiftartiges, spitz zulaufen des Gerät, welches vorne oberhalb der Spitze mit Farbe gefüllt wird. Der Apparat steht mittels eines Schlauches mit einer kleinen Luftpumpe in Verbindung. Diese Luftpampe setzt der Zeichner mit einem Fusse in Bewegung und erzeugt den Luft druck, welcher das Zerstäuben der in dem Luftpinsel befind lichen Tusche oder flüssigen Farbe bewirkt. Bei geschickter Handhabung können Maler, Zeichner und Lithografen schnell und leicht grosse malerische Wirkungen damit erreichen. Das Instrument lässt dem Künstler volle Freiheit, es beschleunigt und erleichtert nur die technische Arbeit. Dem Genie ist Ge legenheit gegeben, seine Ideen unmittelbar festzuhalten. Wenn ich im Bisherigen von der Herstellung der Originale, Zeichnungen, Ornamente, Typen und Lithografien gesprochen und auch der Maschinen zur Nutzbarmachung derselben ge dacht habe, will ich jetzt zum Papier übergehen. Zwischen dem Papierlieferanten und dem Drucker herrscht nicht immer Friede. Wenn der Druck nicht recht gelingen will, weil die Farbe nicht fasst, oder das Papier zu glatt oder zu fest ist, so hat natürlich der Papierfabrikant die Schuld. Dies trifft manch mal, aber nicht immer zu. Oft liegt es auch nur an der ge ringen Geschicklichkeit des Druckers. Daher dürfte es sich empfehlen, wenn der Buch- oder Steindrucker sich über die Fabrikation des Papiers unterrichtet. Dann wird er eher das ihm gelieferte Papier prüfen und richtig beurteilen können. Er kann dann auch bessere Vorkehrungen treffen, um das ge lieferte Papier zu verwerten, selbst wenn es von vornherein nicht so scheint. Die einschlägige Fachliteratur gibt hierfür klare und deutliche Anweisung. Der Drucker kann dann be urteilen, ob das ihm gelieferte Papier für diese oder jene Arbeit brauchbar ist, ob der Stoff genügend geleimt ist, ob es zu glatt oder zu rauh ist und so fort. Im allgemeinen hat die Papierfabrikation mächtige Fort schritte gemacht und liefert ausgezeichnetes Material. Die hohen Anforderungen an die Drucktechnik ergeben ihrerseits wieder hohe Ansprüche an die Papierfabriken. Natürlich kann man nicht erwarten, dass sämtliche gewünschten Eigenschaften in höchster Vollendung bei ein und demselben Papier vereinigt seien; aber es wird erstrebt und — auch erreicht. Schluss folgt Typographische Gesellschaft München Sitzung vom 12. Marz 1908, abends 8 Uhr, im Vereins-Lokale- Unter geschäftlichen Mitteilungen gibt der Vorsitzende bekannt, dass Herr A. Wörnlein, Geschäftsführer des Deutschen Buchgewerbe-Vereins in Leipzig, am 24. März einen Vortrag über i>Reklamedrucksachen mit Projektionsbildern« hier halten wird und fordert die Mitglieder auf, an diesem Abend recht zahlreich zu erscheinen. Dann erhält Herr Friedr. Sommer das Wort zu seinem Vortrage: »Das Celluloid und seine praktische Verwendung für den Buchdiuck«. Der Vortragende unterzieht eingangs seines Referates das Ton plattenmaterial einer Kritik. Der gewöhnliche Karton oder Press span eigne sich nicht gut für feinere Arbeiten, auch löse sich hier bei hohen Auflagen die Kartonschicht oder einzelne Stellen; Buchs baumholz lässt sich, abgesehen von seiner Kostspieligkeit, schwer bearbeiten. Blei schwitzt an den Händen und gibt keine Sicherheit für reine Töne, ebenso hat auch das Linoleum seine Nachteile, obwohl es sich für Reklamearbeiten besonders eignet, hier ist namentlich das Aus franzen der Ränder zu befürchten. Die Fuetterer’schen und Mäser’schen Tonplatten bieten unter den Vorgenannten noch das am besten zu bearbeitende und verwendende Material. Das Celluloid, bekannt durch seine vielfache Verwendung in der Industrie, eigne sich besonders für Tondruck, seine Vorzüge werden noch viel zu wenig gewürdigt. Celluloid ist unlöslich in Wasser, kann demnach vollständig rein gewaschen werden, was bei Herstellung von Farberproben eine nicht zu unterschätzende An nehmlichkeit bietet, indem es hierdurch Neutralität der Farben wahrt. Die Tonplatte kann nach Gebrauch von ihrer Holzunterlage losgelöst werden, aufgehoben, und letztere anderweitig verwendet werden. Die Bearbeitung des Celluloids mit hierzu geeignetem Messer, unter stützt durch Faden- oder Roulettestichel, ist bei einiger Uebung sehr leicht; die Wirkung kann durch Aetzung mit Essigäther wesentlich erhöht werden. Bei Herausschneiden von grösseren Flächen empfiehlt es sich, dieselben vor dem Aufleimen auf Holz mit der Laubsäge auszusägen. Der kleinste Abfall ist beim Celluloid zu verwenden gegenüber den kreidehaltigen Tonplatten, die bei ihrer Bearbeitung bekanntlich abbröckeln. Durch Eindrücken in Celluloid lassen sich auch sehr gute Negative erzielen. Redner unterstützte seinen Vortrag durch Vorlage einiger von ihm bearbeiteter Celluloid-Tonplatten; reicher Beifall folgte am Schlüsse seiner Ausführungen. Der Vorsitzende forderte die Mitglieder auf, sich an dem Kurse im Celluloidschnitte recht zahlreich zu beteiligen. Der erste Schrift führer berichtete sodann über Neues aus der Fachpresse. Zum Schlüsse des Abends gelangten die zu einem Preisausschreiben des Vereins Berliner Buchdrucker und Schriftgiesser anlässlich dessen 40jährigen Bestehens angefertigten Entwürfe, über 200 Karten und Programme zur Ansicht, welche das lebhafteste Interesse der An wesenden erregten. Die gut besuchte Versammlung schloss 12 Uhr nachts, y Die Typen zur neuen Rechtschreibung Um die Mitte vorigen Jahres beklagte sich ein österreichi scher Buchdruckereibesitzer im »Allgem. Anz. f. Druckereien« darüber, dass die Fachblätter über ihre Stellung zur Recht schreibung vom rein technischen Standpunkte aus fast nichts gebracht hätten. Jener Herr wurde inzwischen eines anderen belehrt, denn die Erörterung darüber fängt an, fast unüber sehbar zu werden. Nach meinem Dafürhalten werden die Schwierigkeiten, welche dem Buchdrucker wie dem Schrift giesser aus der allgemeinen Einführung der neuen Orthografie erwachsen, ganz unnötig vermehrt durch das Bestreben, päpst licher als der Papst sein zu wollen. Wie in Nr. 9 bereits nachgewiesen, wurde amtlicherseits bis 1901 nur das gemeine Eszet in dieser Form fs verlangt. 1902 wurde die Sulzbacher Form ß als besser empfohlen, ohne fs zu verwerfen, und be treffs der Versal-Form ausdrücklich S und Z als ausreichend erkannt: MASZE (Masze). Trotzdem wurde in Konstanz ein Versal-Eszet gefordert, und der Kreisverein Leipziger Schrift giessereibesitzer hat sich denn auch bewogen gefühlt, 8 ver schiedene Formen eines Versal-Eszet in Vorschlag zu bringen (Zeitschr. f. Deutsch]. Buchdr. Nr. 5, 1903). Glücklicherweise ist inzwischen die Wahl einer von mir so oft verlangten ge mischten Kommission, aus Buchdruckern und Schriftgiessern bestehend, in Aussicht genommen, welche diese und noch ähnliche Punkte zur Zufriedenheit erledigen soll, was im all gemeinen Interesse recht sehr zu wünschen ist. Ich hatte schon früher (Allgem. Anz. f. Drucker., Nr. L 1903) darauf hingewiesen, dass die Einführung des Eszet in der Sulzbacher Form die Verwerfung anderer Formen zur Folge haben müsse, die von einigen Giessereien geschnitten und seit 1879 in vielen Druckereien ebenfalls eingeführt sind. Tatsächlich tritt nun auch die Schriftgiesserei Flinsch für ihr Eszet (ß) ein, weil es aus 5 verschiedenen Gründen besser sei, als die Sulzbacher Form (Zeitschr. f. Deutschl. Buchdrucker Nr. 10. 1903). Alle diese Erörterungen kommen, wie gesagt, viel zu spät. Sie hätten in den typografischen Gesellschaften und Fachzeit schriften erfolgen müssen, nachdem behördlicherseits die Typen für die neue Orthografie gefordert wurden. Jetzt kann es sich nur darum handeln, wie wir aus der Sackgasse, in die wir geraten sind, ohne zu grossen Schaden für alle Beteiligten herauskommen. Nach meinem Dafürhalten wird dies am besten geschehen, wenn vorläufig die verschiedenen Formen des Eszet fs ß ß neben einander geduldet werden. Dass dies tatsächlich schon geschieht, beweist der »Allgemeine Anzeiger für Drucke reien«. In seiner Nr. 11 von 1903, S. 397, ist in der Titelzelle (Cicero halbfette Antiqua) ein ß, in der zweiten des Textes ein ß, am Ende des redaktionellen Teiles heisst es: Schluss des redaktionellen Teils! und im Inseratenteil wechseln die Formen ebenfalls, z. B. in ein und demselben Inserat S. 420: »Schriftgiesserei-Reisender« und »Bauersche Gießerei«. Das selbe gemischte Verfahren scheint auch noch bei der Eisenbahn- Direktion Berlin obzuwalten. In einem Wagen der Berliner Ringbahn findet sich nämlich folgende Vorschrift: »Tür schliessen«, halb neue, halb alte Orthografie. Der gemischten Kommission möchte ich besonders empfehlen, eine lesbare Form des Sulzbacher Eszet in fetter Antiqua (Nonpareil bis Cicero) zu schaffen. Die Befürworter der Sulzbacher Form haben uns letzere bisher immer nur in recht grossen Kegel schnitten und in noch grösseren Zeichnungen mundgerecht zu machen versucht. In Nonpareil bis Cicero fetter Antiqua ist mir jedoch bis jetzt kein Eszet begegnet. Und für diese Schrift gattung ist doch das Eszet ebenfalls erforderlich, wenn die Einführung überhaupt einen Sinn haben soll. Hermann Smalian Ein Quell des Wissens und der Bildung ist eine Bücherei. Schöpfe oft daraus, denn Wissen und Bildung machen frei!