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Nr. 24 PAPIER-ZEITUNG 841 und sonstigen Geschäfts-Drucksachen, während grössere, künstlerisch ausgestattete Kataloge, Broschüren usw. immer mehr auswärtigen Druckereien zur Anfertigung übertragen werden. Konditionslos sind gegenwärtig etwa 30 Setzer und Maschinenmeister. Der Jahresbericht der Buchdrucker- (Zwangs-) Innung entwirft von der allgemeinen Lage des Gewerbes ein sehr ungünstiges Bild. Die schwache Betätigung von Handel und Schifffahrt, die auch auf den Geschäftsgang des Buchdruckgewerbes störend einwirkt, sieht der Bericht als eine Felge des südafrikanischen und des chinesischen Krieges an. Da beide beendigt sind, erhofft man für nächste Zeit eine Besserung der Geschäftstätigkeit. Lebhafte Klage wird darüber geführt, dass die Preise für Drucksachen durch Unterbietung oft unter den Selbstkostenpreis herabgedrückt werden. Trotzdem der Vorstand die Kollegen durch Wort und Schrift ermahnt hat, von zweck- und sinnlosen Unterbietungen abzustehen, trotdem er durch Appell an das Publikum in den Tagesblättern den Mitgliedern eine Handhabe geboten hat, der Kundschaft gegenüber die Erhöhung der Druckpreise zu begründen, war der Erfolg sehr gering. Um die Preisunterbietungen bei öffentlichen Ausschreibungen auszugleichen, hat sich die Innung an einer Eingabe an die Gewerbekammer be teiligt, in welcher ein Mindestbetrag des auszuschreibenden Gegen standes von 500 M. und Verweigerung des Zuschlags an solche Mit bewerber gefordert wird, denen Sachkenntnis in Bezug auf den zu liefernden Gegenstand fehlt. Auch hat die Innung um die Unter stützung der Handelskammer beim Senat gebeten, damit dieser beim Bundesrat den Antrag stellen möge: Der Bundesrat wolle auf Grund § 138 der RGO verfügen, dass an den letzten Sonntagen vor Weih nachten in den Hamburger Druckereien das Arbeiten unter Einhaltung der nötigen Arbeitspausen gestattet werden möge, um in der höchst- dringenden Weihnachtszeit über diese Zeit fest verfügen zu können. Der Arbeitsnachweis wurde von 1033 Setzern und Maschinenmeistern (1901: 1011), 864 Hilfsarbeitern und Anlegerinnen (1901: 669) benutzt 1694 (1901: 1295) Stellungen wurden vermittelt. 56 Lehrlinge wurden ein- und 86 ausgeschrieben. Der Innung gehörten am Schlüsse des Jahres 1902 161 Mitglieder an. Zwecks Bildung einer Zentral-Leihbibliothek für die Blinden Deutsch lands ist hier eine grössere Zahl Damen und Herren zusammen getreten. Das Unternehmen soll nach Vorbildern in Frankreich, Eng land, Holland und Nord-Amerika errichtet werden und allen etwa 40 000 Blinden Deutschlands gleichmässig zugute kommen, in dem die angesammelten Werke durch Bücherkisten in den grösseren Städten Deutschlands zur Zirkulation gelangen. Eine Zusammenkunft nordwestdeutscher Volksbibliothekare fand hier am 8. Februar statt. Die u. a. erschienenen Leiter der Volks- biblotheken und Lesehallen in Altona, Lübeck, Neumünster, Itzehoe, Kiel, Osnabrück verhandelten zunächst über die Grundsätze für die Auswahl von Büchern für Volksbibliotheken, und es wurde darauf hingewiesen, dass man von der Einstellung nicht nur schlechter, sondern auch seichter Bücher ganz Abstand nehmen müsse. Schriftstellerinnen wie das Gartenlaubetrio Marlitt-Heimburg-Werner und insbesondere Nataly von Eschstruth seien aus den Volks bibliotheken zu verbannen. Die Bücherhallen könnten nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie ohne Schulmeisterei, aber mit voller Konsequenz, die Heranbildung der Leser zum Verständnis und zur Würdigung der Meisterwerke der Literatur anstrebten. Es wurde die Herausgabe eines Musterkqtalogs, also des Verzeichnisses einer Auswahl der besten Bücher, mit einer kurzen Karakteristik (nicht Kritik) für jedes aufgeführte Buch beschlossen und Prof. Dr. Schnoor- Neumünster mit der Ausarbeitung desselben betraut. Kleinere Volks bibliotheken sollen von jetzt ab von der im vorigen Jahre in Ham burg begründeten Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung unterstützt werden. Dem Schriftsteller Walter Classen, Verfasser des im Verlage von C. Boysen erschienenen Romans »Kreuz und Ambos«, wurde von zwei Hamburger Herren ein Jahresgehalt von 1500 M. ausgesetzt, damit er nicht gezwungen sei, im Volksschuldienste zu bleiben. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich kürzlich in der Druckerei von Langenbartels & Jürgens in Altona. Ein dort beschäftigter Ma schinenmeister kam mit dem rechten Arm dem Räderwerk einer Druckmaschine zu nahe. Infolgedessen wurde ihm die Hand buch stäblich abgerissen. Dem Unglücklichen musste der ganze Arm ab genommen werden. Die vor einigen Monaten vom Altonaer Industrie-Verein im Kaiserhof ins Leben gerufene, unter künstlerischer Leitung des Herrn R. Hundrieser stehende »Innenkunst Altona« veranstaltet zur Zeit eine interessante Plakat- und Schwarz-Weiss-Ausstellung, die von her vorragenden Altonaer, Hamburger und auswärtigen Künstlern be schickt ist. Von den Plakatkünstlern seien genannt: Ernst Wiemann, der junge Hamburger Maler Willi Lange mit seinen Bildern und Skizzen aus dem Hafenleben, H. Hadenfeld mit seinen Entwürfen zu Plakaten für Gartenkonzerte und Operntextbücher, H. Kolitz mit einem grossen für die Zigarrettenfabrik von Loeser & Wolff entworfenen Plakat usw. Schöne Entwürfe für Tapeten usw. hat die Altonaer Künstlerin Helene Alberts ausgelegt. Die geschmackvoll angeordnete Ausstellung hat sich guten Zuspruchs zu erfreuen; sie verdient das besondere Interesse aller grafischen Kreise. Der Eintritt ist kosten frei. wüh. Bathol Die dicksten Bücher sind nicht immer die gehaltvollsten. Brief aus Barmen-Elberfeld Barmen, 15. März 1908 Der Geschäftsgang in den Druckereien, Buchbindereien und Kartonnagenfabriken des Wuppertales ist zur Zeit befriedigend. Die Falschmünzer Lithograf Emil Werths und Stein drucker Hugo Thiel, beide aus Elberfeld, wurden vom Elberfelder Schwurgericht zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Genannten hatten Fünfmarkscheine angefertigt und diese nicht allein in Barmen und Elberfeld, sondern auch in Düsseldorf und Köln in Verkehr gebracht. Sein 25jähriges Geschäftsjubelfest bei der Firma Wilhelm Wandt, Buch- und Stein druckerei in Barmen, feierte am 14. März der Buch binder F. W. Dahl. Briefverschlussmarken mit Ansichten von Barmen und Umgebung hat die grafische Kunstanstalt von Hyll & Klein herausgegeben. Die Bilder dieser Marken sind dem vom Verkehrsverein heraus gegebenen Plakate entnommen, 20 pCt. der Einnahme fliessen in die Kasse des Barmer Verkehrsvereins. Der Elberfelder Stadtbücherei wurden von Freiherrn von der Heydt zur Anschaffung der grossen Goethe-Au gabe, die bis jetzt 86 Bände umfasst, 400 M. überwiesen. Wegen Beleidigung durch die Presse hatte sich der Redakteur Dittmann vor dem Schöffengericht in Solingen zu verantworten. Er sollte den Kaufmann Vossen als Verleger und Eigentümer des »Tages anzeigers« in drei Fällen beleidigt haben. Der Angeklagte berief sich auf die Rechtsprechung des Reichsgerichte, wonach Kol lektivpersonen und insbesondere eine Zeitung nicht beleidigt werden könnten. Er habe nicht den Besitzer der Zeitung, auch nicht eine an dem Blatte tätige Person, sondern nur die von der Zeitung vertretene Anschauung treffen wollen. Das Schöffengericht verurteilte den An geklagten aber wegen Beleidigung in zwei Fällen zu 5 Wochen Ge fängnis und wegen Verleumdung in einem Falle zu 150 M. Geldstrafe. —t. Nachbilden lithografischer Briefköpfe Aus dem Rheinland Die Abfertigung, welche Sie in Nr. 14 Seite 480/81 dem »Buch- und Steindruckerei-Besitzer von der Mosel« zuteil werden lassen, ist mir aus dem Herzen gesprochen. Eine Fabrikaufnahme ist und bleibt Eigentum derjenigen Anstalt, welche die Aufnahme gemacht hat. Diese erste Aufnahme ist oft mit grossen Kosten, Reisespesen und Zeitverlusten verknüpft, und es sind oft zwei, drei und mehr Entwürfe notwendig, ehe der Geschmack des Bestellers getroffen ist. Diejenige Anstalt, welche die fertige Arbeit kopirt, hat alle diese teuren Vorarbeiten nicht notwendig, betrügt aber den ersten Hersteller um den Lohn seiner Saat. Deshalb sollte keine anständige Druckerei sich auf das Kopiren schon vorhandener Briefköpfe und sonstiger Drucksachen einlassen; denn dadurch wird nur die Schmutzkonkurrenz grossgezogen. Wenn alle Druckereibesitzer dem »Verein Deutscher Stein druckerei-Besitzer« beiträten, und dieser Verein für Alle gleich gütige Lieferungsbedingungen, in denen auch dieser Punkt festgelegt würde, herausgäbe, dann hörten solche ungesunden Auswüchse von selbst auf. Freilich wird es dahin wohl so bald nicht kommen, es sei denn, dass durch ein Gesetz jeder zum Beitritt gezwungen würde, ähnlich wie dies bei den Berufsgenossenschaften der Fall ist. Inzwischen sollte aber jeder den nötigen Anstand auch gegen seine Berufs genossen bewahren und Alles unterlassen, was geeignet ist, den Stand zu schädigen und in Misskredit zu bringen; hierzu gehört u. A. auch das Kopiren fremder Entwürfe und das unsinnige Unterbieten der Preise, letzteres häufig nur zu dem Zweck, um dem bösen Kon kurrenten den Bissen wegzuschnappen und selbst schnell »gross« zu werden. Man muss auch einmal auf einen Auftrag verzichten können und der Konkurrenz etwas gönnen; lieber weniger machen, das Wenige gut und sorgfältig ausführen und hierfür gute Preise erzielen; damit kommt man ebenso weit, als wenn man jedes Jahr neue Maschinen aufstellt und dann gezwungen ist, jeden Auftrag zu jedem Preise an- zunebmen, nur um Futter für diese Maschinen zu haben, w. Arbeitslosigkeit der Buchdrucker. Die monatlichen Ausgaben, welche der Verband der Deutschen Buchdrucker für seine stellungslosen Mitglieder auf wendet, waren im Januar 1908 grösser als im De zember 1902. Im Dezember v. Js. wurden an 2377 arbeitslose Buch drucker für 85 955 Tage 48 698 M. 56 Pf. gezahlt, im Januar d. Js. dagegen an 2689 Mitglieder für 48 795 Tage 60 689 M. 2 Pf. Jedoch war die Arbeitslosigkeit geringer als im gleichen Monat des Vorjahres, und zwar wurden im Januar 1902 an 88 Mitglieder für 2160 Tage 2667 M. 95 Pf. mehr gezahlt. Die 1689 arbeitslosen Buchdrucker im Januar 1908 setzen sich zusammen aus 2175 Setzern, 426 Druckern und Maschinenmeistern und 88 Giessern, Stereotypeuren usw. Berlin hatte im Januar um 119 mehr Arbeitslose als im Vormonat, Leipzig um 66, Dresden um 84, München um 4, Hamburg um 5, Breslau um 11, Hannover um 12, Frankfurt a. M. um 4, dagegen hatte Stuttgart um 16 weniger, -s-