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832 PAPIER-ZEITUNG Nr. 23 Briefkasten Anonyme Fragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohneGewhr. Kostenfrei nur wenn Abdruck ohne Namen gestattet Stark rollendes bedrucktes Papier 4229. Frage: Wir bitten Sie um Ihren Rat, was wir in nach stehendem Falle zu tun haben. Seit Jahren beziehen wir immer im Dezember von einem hiesigen Grosshändler das zu beifolgenden Fakturen W. & L. verwendete Papier; den Druck der Fakturen lassen wir stets in ein und derselben lithografischen Anstalt herstellen und haben bisher keinerlei Ausstellungen gehabt. Im Dezember 1902 lieferten wir unserm Kunden W. & L. wieder 10 000 Fakturen und verwendeten wieder dasselbe Papier. Der Kunde beklagt sich nun mit Recht, dass die Fakturen sich vollständig rollen, und er sie des halb nicht verwerten kann; wir liessen danach die Fakturen blocken, konnten jedoch auch dadurch dem Uebelstande nicht abhelfen. Können wir nun den Papierlieferanten hierfür regresspflichtig machen, da der Lithograf das Papier genau wie immer be handelt hat? Antwort eines Fachmannes: Um das starke Rollen der als Muster übersandten Rech nungs-Formulare, welche auf sehr zähes, hartes, ziemlich trans parentes, anscheinend aus Sulfitzellstoff hergestelltes Post papier gedruckt sind, zu beseitigen, liess ich einen Teil der Bogen zwischen mit reinem Wasser gefeuchtetes Makulaturpapier legen. Als dies ohne Erfolg blieb, liess ich auf 3 Teile Wasser 1 Teil Glyzerin zusetzen, auch dies blieb ohne den gewünschten Erfolg. Sobald die Bogen trocken werden, rollen sie wieder. Die Reklamation der Auftraggeber W. & L. ist demnach begründet. Fragesteller hat schon mehrere Jahre dieselbe Qualität Papier von dem Grosshändler bezogen, und es ist anzunehmen, dass die bisherigen Lieferungen gut waren. Fragesteller hat es anscheinend aus Vertrauensseligkeit unter lassen, das Papier vor Uebergabe an die Druckerei zu prüfen. Ich überzeugte mich durch Druckversuche, dass das Papier schon beim Drucken stark gerollt haben muss. Es wäre im vorstehenden Falle Pflicht des Druckers gewesen, die Frage steller vor dem Weiterdrucken der Auflage auf den Uebel stand aufmerksam zu machen. Schuld trägt jedoch auch der Papierfabrikant, denn reguläre Handelsware darf nicht in diesem Maasse rollen. Er hätte durch Anwendung geeigneter Mittel das Rollen verhüten können. Meines Erachtens sind die im Druck tadellos und sauber hergestellten Formulare durch das Rollen der Ränder wohl in ihrer Güte etwas beeinträchtigt, aber nicht unbrauchbar. Da her darf die Lieferung nicht zur Verfügung gestellt werden. Zu empfehlen wäre, die Stösse mit der Druckseite nach unten zu legen, wodurch Gegenrollung erzielt wird. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass durch Lagerung das Rollen wenn nicht ganz so doch zum grössten Teil verschwinden wird. Ich rate den Fragestellern, vom Papierlieferanten und von der Steindruckerei je 5 pCt. Nachlass zu fordern und die Auftraggeber W. & L. durch Gutschrift des Nachlasses zu bewegen, dass sie die Rechnungs-Formulare, die sonst ganz wertlos würden, annehmen. Mitscherlich-Zellstoff 4230. Frage: Als Muster ohne Wert sende ich Ihnen einige Proben unseres gebleichten Mitscherlich-Zellstoffs, welche ich mit BB und BB' bezeichnet habe, sowie ein Schreibpapiermuster, das aus diesem Zellstoff mit Zusatz von Chinaclay angefertigt ist. Das Papier hat 88 g/qm-Gewicht und 12 pCt. Aschengehalt. Da dieses Papier von zu geringer Festigkeit ist, so schiebt der Papierfabrikant die Schuld auf den Zellstoff und sagt, dass dieser nicht fest genug sei. Ich dagegen behaupte, dass man aus diesem Zellstoff ein festeres Papier herstellen kann, wenn die Verarbeitung des Zellstoffs in der Papierfabrik mit genügender Sorgfalt geschieht. (Gemahlen ist der Stoff mit Kegelmühle.) Wie kann man festeres Papier erzielen? Antwort: Das aus dem bemusterten Zellstoff gelieferte Papier ist weisses Schreibpapier mit gutem figürlichem Wasser zeichen. Um solche Wasserzeichen erzeugen zu können muss der Zellstoff rösch gemahlen werden, weil er sonst das Wasser zeichen nicht gut annimmt, und die Faser muss kurz sein, weil das Papier sonst nicht die gewünschte klare Durchsicht hat. Durch solche Mahlung kann aber dem Papier nicht diejenige Festig keit verliehen werden, die man sonst bei Zellstoff-Papieren schätzt. Wir glauben, dass man aus dem bemusterten schönen Zellstoff Papier von bedeutend höherer Zähigkeit herstellen kann, wenn man den Stoff schmierig mahlt, d. h. mit stumpfen Holländermessern genügend lange bürstet und nicht durch scharfes Holländergeschirr zerschneidet. Dafür, dass das Wasserzeichen so gut herausgekommen ist, finden wir die Festigkeit des Papiers recht befriedigend. Alleinverkauf 4231. Frage: Ich habe einer Papier Warenfabrik im vorigen Jahre einen neuen Artikel angegeben, unter der Bedingung, dass mir »der Alleinverkauf gegen meine im Januar erfolgende grössere Ordre zu reservirene sei. Da die Neuheit nicht den gewünschten Er folg hatte, konnte ich dem Manne keine Bestellung geben. Bin ich nun zu weiteren Kosten als zur Bezahlung der Muster verpflichtet? Der Fabrikant verlangt eine Ordre von mir. Antwort: Fragesteller hat vertragsmässig einen grösseren Auftrag zum Januar zugesagt und sich dafür den Alleinverkauf gesichert. Eine Klausel, wonach dieser Vertrag nur gelten soll, wenn die Neuheit Erfolg hat, wurde nicht gemacht. Demnach muss Fragesteller den Vertrag erfüllen, d. h. eine grössere Be stellung machen, andernfalls kann ihn der Papierwaren-Fabrikant auf Schadenersatz für entgangenen Gewinn verklagen. Es empfiehlt sich, dass er sich mit dem Fabrikanten auf Zahlung einer mässigen Entschädigung einigt, und dass ihm dafür die Abnahme einer grösseren Menge der neuen Ware erlassen wird. Alleinherstellung 4232. Frage: Mit einer Celluloidwarenfabrik traf ich folgende Vereinbarungen: 1. Die Fabrik übernimmt die Herstellung der zu den Vorunter suchungen erforderlichen Musterstücke gegen entsprechende Ver gütung. 2. Ich verpflichte mich, die Fabrikation der (kommt Name des Gegenstandes) und aller sich aus dieser Konstruktion ergebenden weiteren Artikel ausschliesslich der Firma zu übertragen, bei nor malen, konkurrenzfähigen Preisen. 8. Die Fabrik verpflichtet sich mir gegenüber der strengsten Diskretion, damit ich in der Ausnutzung meiner Erfindung durch andere nicht geschädigt werde. 4. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Konventionalstrafe von 8000 Mark festgesetzt. Der Gegenstand ist mir durch Gebrauchsmuster geschützt, ich möchte es verkaufen oder gegen Lizenz abgeben; die Fabrik teilt mir mit, dass sie den Verkauf an eine Konkurrenz-Fabrik nicht ge statten könne. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass mir die Fabrik den Verkauf des Gebrauchsmusters nicht verwehren kann. Wie ist Ihre Ansicht hierüber? Antwort: Es wäre eine Umgehung des Vertrags, also unstatthaft, wenn Fragesteller das Gebrauchsmuster an einen Dritten verkaufen würde, ohne die vertragsmässigen Rechte der Fabrik zu berücksichtigen. Er müsste beim Verkauf be dingen, dass der Käufer die Ware bei der zuerst dazu be rechtigten Firma herstellen lässt. Ist dies nicht tunlich, so muss Fragesteller versuchen, mit seiner bisherigen Fabrik in Güte auseinander zu kommen. Bricht Fragesteller den Vertrag, so muss er die Konventionalstrafe bezahlen. Der Umstand, dass eine andere Fabrik billiger arbeitet, berechtigt nicht ohne weiteres zum Rücktritt vom Vertrag. Es wird schwierig sein, festzustellen, dass die neue Fabrik zum billigeren Preis ebenso gute Ware herstellt wie die ursprüngliche. Kommt es in solchen Sachen zum Prozess, so wandert leicht der Nutzen aus der Erfindung in die Taschen von Rechtsanwälten und Sachverständigen. _ Nachruf Heute früh verschied sanft in dem Herrn, in seinem 84. Lebensjahr unser hochverehrter Senior-Chef Herr Louis Staffel Begründer der Firma Louis Staffel, Papierfabriken in Witzenhausen und Obersohmitten Wir verlieren in dem Entschlafenen einen treuen Freund von besonderer Herzensgüte und hohen Karakter- Eigenschaften, wodurch er sich bei Allen, die ihn kannten, eine bleibende dankbare Erinnerung bewahrt hat. Sein Andenken wird bei uns alle Zeit hoch in Ehren gehalten werden. [146979 Das Personal der Firma Louis Staffel Witzenhausen, 16. März 1908. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczl, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 19