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808 PAPIER-ZEITUNG Nachbildung lithografirter Briefköpfe Hannover, im März 1903 Die Firma E. G. May Söhne in Frankfurt a. M. hat sich das Ver dienst erworben, in Deutschland zuerst darauf hingewiesen zu haben, dass die Urheber- und Verlagsrechte unserer chromolithografischen Kunstanstalten von den Kollegen in den Vereinigten Staaten Nord- Amerikas in keiner Weise berücksichtigt würden. Im Gegenteil, es herrscht dort geradezu ein regelrechtes System der Ausbeutung, so dass wir mit unsern Kunsterzeugnissen in den Vereinigten Staaten vollständig rechtlos sind. Diese Missachtung der Rechte Anderer bat zu einer Vereinigung des deutschen grafischen Kunstgewerbes zum Schutz der Urheber- und, Verlagsrechte geführt, der bereits eine grosse Anzahl hervor ragender Kunstanstalten Deutschland als Mitglieder angehören. Die Namen der nachstehend verzeichneten Vorstands-Mitglieder dieser Sonder-Vereinigung des grafischen Kunstgewerbes Vorsitzender: Kommerzienrat B. Nister, Nürnberg Stellvertretender Vorsitzender; Dr. Hugo Gerschei in Fa. W. Hagelberg, Aktiengesellschaft, Berlin Schriftführer: Dr. Diefenbach i. Fa. E. G. May Söhne, Frank furt a. M. Schatzmeister: Kommerzienrat Schött, Rheydt Beisitzer: Kommerzienrat Meissner i. Fa. Meissner & Buch, Leipzig Syndikus: Rechtsanwalt Dr. Albert Osterrieth, Berlin bieten die Gewähr dafür, dass üebelstände, welche auf rechtlichem Gebiet liegen, durch die angestrebte Arbeitsleistung unter Mitwirkung unserer Berufegenossen nach und nach beseitigt werden. Um in Amerika unser Recht zu finden, ist jetzt seitens der Ver einigung auf die Einladung des Herrn Reichekommissars zur Be teiligung an der Ausstellung in St. Louis dem Herrn Reichskanzler durch die von uns dieserhalb angegangenen Handelskammern Deutsch lands ein wohlbegründetes Gesuch zugegangen, der Regierung der Vereinigten Staaten die tatsächlich vorliegenden Missstände zu unter breiten und auf unbedingte Abhilfe zu dringen; da nur in diesem Falle seitens des chromolithografischen Kunstgewerbes eine Be teiligung an der Ausstellung stattfinden könne. Hoffentlich gelingt es nunmehr unserer Reichsregierung durch eindringliche Vorstellungen im Interesse des Gewerbes eine Aenderung der vorliegenden und schwer schädigenden Verhältnisse in Amerika zu bewirken. Dass auch bei uns in Deutschland die rechtlichen Verhältnisse unseres Kunstgewerbes nach vielen Seiten hin unzulänglich sind und dringend einer Abänderung bedürfen, mögen aus der Praxis heraus die beiden nachfolgenden Briefe beweisen: An den Syndikus der Vereinigung des Deutschen grafischen Kunst- gewerbes zum Schutz der Urheber- und Verlagsrechte Herrn Rechtsanwalt Dr. Albert Osterrieth Berlin W Wilhelm-Strasse 57-68 Als Mitglied der Vereinigung erbitten wir uns Ihren Rat in folgender Angelegenheit: Die lithografische Kunstanstalt von N. N. in G. hat die von uns angefertigte Gravur eines Briefkopfes für die Firma X. in Y. Strich für Strich nachgebildet. Zur Herstellung der Gravur bezw. Entwurfs für beregten Briefkopf waren mehrere Auf nahmen und Reisen nötig, sodass uns an Selbstkosten dafür der Betrag von 225 M. erwuchs. Durch die Nachahmung werden wir schwer geschädigt, da unsere Konkurrenz mit der Durchpausung unserer Vorlage selbstverständlich ein umso billigeres Angebot machen konnte und uns tatsächlich aus dem Geschäft gedrängt hat. Wir haben inzwischen Klage gegen beide Firmen erhoben, die unser Anwalt auf den § 7 des Gesetzes vom 11. Januar 1876 betreffend das Urheberrecht an Mustern gestützt hat. Dagegen wird vom Beklagten scheinbar mit Recht hervorgehoben, dass nach Absatz 2 desselben Paragrafen die Anmeldung und Nieder legung erfolgen muss, bevor ein nach dem Muster oder Modell gefertigtes Erzeugnis verbreitet wird. Danach hat dieser Schutz des § 7 weder für uns noch für irgend einen Kollegen Zweck und Sinn. Wir wissen positiv, dass Hunderte unserer Kollegen genau so wie wir verfahren bei bezügl. Anmeldungen zum Mu-ter-Register. Es werden nämlich Abzüge von den neu gefertigten Originalen, Gravuren usw. 1, 2 oder 3 Monate gesammelt und dann gemäss § 9 des obigen Gesetzes, Absatz 4, gewöhnlich 60 Exemplare in einem Paket zugleich angemeldel. Diese Anmeldung von 60 Exemplaren kostet genau so viel, wie eine Anmeldung von einem einzigen Exemplar. Aber über den Kostenpunkt haben sich mit uns nur ganz wenige unserer Berufsgenossen klar gemacht, dass diese Anmeldung vollständig zwecklos ist, weil sie den Absatz 2 des § 7 nicht beachtet haben. Wenn demgemäss also der Stützpunkt des § 7 für den Schutz gegen Nachahmung wegfällt, was kann dann im Prozess wege angeführt werden gegen eine Schädigung, die durch der artige Nachahmungen uns bezw. unseren Kollegen zugefügt wird. Wir bitten Sie um Ihre eingehende Rückäusserung hierauf, mit der Sie uns zugleich sagen wollen, ob Namens unserer Vereinigung in dieser Sache irgend etwas geschehen kann, um einen wirklichen Schutz gegen Nachahmung zu erlangen. Hochachtungsvoll Rob. Leunis & Chapman * * * An die Firma Robert Leunis & Chapman Hannover Auf ihre gell. Anfrage erwidere ich Ihnen, dass, falls die Verbreitung des von Ihnen gefertigten Briefkopfes stattgefunden hat, bevor sie ihn zum Muster-Register anmeldeten, allerdings die Musterhinterlegung unwirksam geworden ist und der Brief kopf schutzlos ist. Ihre Ausführung, dass der Musterschutz in folgedessen für Sie und Ihre Berufsgenossen ganz ivertlos ist, ist durchaus zutreffend. Es ist daher von der Vereinigung ge plant worden, eine Denkschrift an die Reichsregierung zu richten, in welcher eine entsprechende Aenderung des Gesetzes ge wünscht wird, und zwar soll sie dahin gehen, dass derartige Schöpfungen, wie Briefköpfe, die unzweifelhaft einen individu ellen künstlerischen Karakter tragen, überhaupt ohne Hinter legung zum Muster-Register gegen unbefugte Nachbildung ge schützt werden. Dies dürfte das einzige Mittel sein, um Ihren Interessen zu genügen. Die Ausarbeitung dieser Denkschrift ist in Vorbereitung genommen und ich hoffe, dass ich sie in wenigen Wochen den Mitgliedern der Vereinigung zur Kennt nisnahme und Begutachtung unterbreiten kann. Hochachtungsvoll 0. Osterrieth Danach ist ersichtlich, dass der einzelne Steindruckereibesitzer Abhilfe dieser Missstände nicht herbeizuführen vermag. Nur die ge schlossene Organisation der Mehrzahl unserer Kollegen wird eine Besserung unseres gewerblichen Verhältnisses herbeitühren. Es ist deshalb unabweisbare Pflicht eines Vertreters unseres Kunstgewerbes, der Vereinigung Deutscher Steindruckereibesitzer, Sitz in Leipzig, als Mitglied beizutreten, um dadurch schon die erheblichen Vorteile für sich zu erlangen, die eine so grosse wirtschaftliche Vereinigung bietet. Fettback i. Fa. Rob. Leunis & Chapman Lohntarif im Buchdruckgewerbe. Die Gehilfen-Mitglieder im Tarif-Amt und Tarif-Ausschuss der Deutschen Buchdrucker sowie die Gehilfen-Mitglieder der Kreisämter erliessen in den Amtsblättern der Tarifgemeinschaft einen »Aufruf an die deutsche Buchdrucker-Gehilfenschaft«, in welchem sie die in nichttarif treuen Druckereien beschäftigten Kollegen das letztemal an ihre tariflichen und kollegialen Pflichten erinnern und auf fordern, Sonnabend, 21. März, bei ihren Prinzipalen die Ein führung und schriftliche Anerkennung des Tarifes zu bean tragen. Wo Ablehnung der Forderung erfolgt, ist dies sofort an das Tarifamt der Deutschen Buchdrucker, Berlin SW 48, Friedrichstr. 239, zu berichten, das im Laufe der folgenden Woche dann zu vermitteln suchen wird. Sind die betreffenden Kollegen bis zum 28. März ohne Bescheid, dann können sie annehmen, dass auch die nochmalige Vermittlung des Tarif- Amtes nutzlos geblieben und ihre Forderung als abgelehnt zu gelten hat. Für diesen Fall empfiehlt der Aufruf »Heraus aus den Druckereien mit nicht tarifmässigen Zuständen!« Büchertisch Die Vorteile der Invalidenversicherung. Zum praktischen Ge brauch für Versicherte, von G. Hunold. Verlag von A. W. Hayns Erben, Berlin SW. Preis geheftet 90 Pf. Im Umfange von 66 Seiten Klein-Oktav hat der Verfasser, welcher Beamter im Reichsversicherungsamt ist, für die Versicherten Rechte und Pflichten, die aus der Invaliden-Versicherung entspringen, ge- schildert. Da unter den Versicherten besonders über die ihnen zu stehenden Rechte häufig sehr irrige Ansichten bestehen, kann dies ver ständlich geschriebene und übersichtlich eingeteilte Heft sehr nützlich sein. Die Ausstattung ist zweckentsprechend. So gewaltig die Erfindung Gutenbergs war, konnte sie doch nur durch die Fortschritte in der Papier-Erzeugung zur heutigen Bedeutung gelangen.