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Nr. 23 PAPIER-ZEITUNG 807 Anzeigen der Tageszeitungen; mit 4—5 Garnitoren in ebenso vielen Grössengraden glaube man allein eine Wirkung auf den Leser ausüben zu können, und doch hebe sich auch hier eine mit Abwechslung in mehreren Graden einer Schriftgattung ge setzte Anzeige vorteilhaft ab. Etwas besser ausgestattet finde man die Inserate in den Zeitschriften, welche mehr Zeit auf die Ausstattung verwenden können. Die Hauptsache werde aber immer Einheitlichkeit der Schrift bleiben. Die künst lerische Bewegung habe sich auch bereits auf Wein- und Speisenkarten ausgedehnt, obwohl vielfach noch geringer Wert auf deren Ausstattung gelegt werde; selbst mit künstlerischem Geschmack hergestellte Theaterzettel lassen sich nachweisen. Als grafische Anstalten, deren Erzeugnisse in erster Linie die Kunst pflegen, seien zu nennen die »Steglitzer Werkstatt« in Steglitz bei Berlin, eine von Künstlern geleitete Buch- druokerei und die lithografische Anstalt des Künstlerbundes in Karlsruhe. — Redner verwies auf die ebenso mannigfaltige wie lehrreiche Ausstellung, welche seinen Worten besonderen Nachdruck verlieh. Er betonte ganz besonders, dass auf die Auswahl der Schrift nicht genügend Wert gelegt werde, und doch hänge hiervon oft die Wirkung der ganzen Arbeit ab. Zu Arbeiten im modernen Stil möge man Karaktere wie die Behrens- oder Eckmannschrift, zu altdeutschen Arbeiten eine Schwabacher oder Neudeutsch, zu Reklame-Arbeiten eine gut lesbare Antiqua verwenden. Auch die Autotypie lasse sich in gefälliger Form in den Text einfügen, wie das z. B. in einem Prospekt der Voigtländer’schen Verlagshandlung ge schehen sei. Im übrigen sei vor Ueberladung mit Schmuck zu warnen und darauf zu achten, dass der Buchschmuck zu der gewählten Schrift im Karakter wie in der Tonstärke passe. Wenn eingewendet werde, der Auftraggeber übe einen zu grossen Einfluss auf die Ausstattung der Drucksachen aus, so möge man berücksichtigen, dass es unendlich viele Arbeiten gäbe, bei denen dem Buchdrucker die Wahl freistehe; hierbei aber könne erzieherisch auf das Publikum gewirkt werden, und auch die typografischen Gesellschaften seien berufen, dahin zu streben, dass der Buchdruck wieder eine echte Kunst werde. Herr Könitzer sprach dem Vortragenden den Dank der Gesellschaft aus und wies auf die vielen Anregungen hin, welche die Ausstellung biete. Hierauf trat eine Pause zur Besichtigung derselben ein. Sodann wurden die vom Vor stande ausgearbeiteten Bedingungen für den Wettbewerb zur Erlangung von Skizzen für eine Mitgliedskarte, Briefbogen usw. der Gesellschaft von der Versammlung genehmigt; es wurden für jede der 4 Arbeiten 3 Preise von 15, 10 und 5 M. ausgesetzt. Die Veröffentlichung der Bedingungen erfolgt demnächst. Herr Leopold Stern hatte einige eigenartige Kalligrafien ausgestellt, welche sein Vater in seinen Mussestunden hergestellt. Dieselben stellen architektonische Zeichnungen dar, deren einzelne Linien aus hebräischen Schriftzeichen in etwa Viertelpetitgrösse bestehen, und den Inhalt der Schrift bilden Psalmensprüche. Herr Erler unterzog die Weihnachtsnummern der illustrirten Journale einer Besprechung und hob hierbei hervor, dass eigentlich nur unsere J. J. Weber’sche illustrirte Zeitung geeignet sei, eine Weihnachtsstimmung hervorzurufen, während be sonders die englischen Blätter sich in humoristischen Dar bietungen gefallen. In der Illustrirten Zeitung komme auch der künstlerisch ausgeführte Holzschnitt noch zur vollen Geltung, während die ausländischen Zeitschriften mehr die Lithografie oder den Dreifarbendruck, und nicht immer sehr gut, zur Anwendung bringen. Schliesslich teilte Herr Albin Weber noch mit, dass der bekannte Exlibris-Sammler Graf zu Leiningen-Westerburg den Exlibris-Wettbewerb der Gesellschaft in der deutschen Exlibris- Zeitung besprechen wolle. Auf Vorschlag des Herrn Könitzer wurde beschlossen, die Exlibris-Entwürfe zuvor den Schwester- Gesellschaften in Altenburg und München zum Zwecke der Ausstellung zu überlassen. Schluss der Sitzung 118/4 Uhr. Diebstahl einer wertvollen Handschrift. Aue der Bibliothek von Beauvais ist kürzlich eine wertvolle Handschrift aus dem 15. Jahr hundert entwendet worden. Das auf Pergament geschriebene Werk führt den Titel »Livre d Vinformation de princes*, umfasst 173 Blätter und hat Jean Golein zum Verfasser. Auf der ersten Seite befindet sich eine sehr schöne Miniatur mit 14 Personen, die Jean Golein dar stellt, wie er sein Buch Karl V. darreicht. Der Dieb konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. K. (Hallesche Ztg.) Typografische Gesellschaft zu Leipzig In der Sitzung vom 4. März sprach Herr H. Hoffmeister über »Die Bedeutung der modernen Kunstrichtung für den Buchdrucks. Der Vor tragende gab einleitend einen Ueberblick der modernen Kunstrichtung, wie dieselbe ihren Einfluss geltend gemacht hat auf allen Gebieten der Kunst, besonders im Buchdruck. Hier haben berufene Künstler zielbewusst neue Wege gebahnt und durch ihre starke Persönlichkeit es verstanden, neues Leben zu schaffen. Jeder Stil ist aus den Be dürfnissen und Anschauungen der Zeit herausgewachsen, und gleicher maassen verlangte unsere Epoche etwas Neues; man war es satt, die alten ausgetretenen Bahnen länger zu betreten. Die moderne Kunstrichtung hat für den Buchdruck in erster Linie Zweck und Material wieder zu ihrem Rechte gebracht, ferner die Schrift in die ihr gebührende Stellung gerückt. Die oft sehr zweifel haften Ornamente sind verschwunden, und wir bekommen kostbare Schöpfungen in Schriften, wie die Eckmann, Behrens, Neudeutsch usw. Diese Schriften sind beim Lesen leichter zu erfassen, und das Auge ruht mit Wohlgefallen auf ihnen. Die moderne Kunstrichtung hat uns weiter zu der Einsicht ver holten, dass unsere Druckverzierungen Flächenverzierungen sein müssen. Das dekorative Bild unserer Schriften macht aber das Ornament in vielen Fällen überflüssig, an Stelle der Linien, Spitzen- und anderer Einfassungen mit zarten Anschlüssen sind Reihen ornamente ohne Anschlüsse getreten. Sodann hat uns die moderne Richtung das geschlossene Satzbild wiedergebracht; die Anlage des modernen Titels wie auch der Textseite entspricht der Blockform, welche richtig ist, da sie dem Papierformat am besten entspricht. Durch Verwendung einheitlicher Schriften haben unsere Drucksachen an Ruhe gewonnen. Als weiterer Fortschritt gilt die wiedererwachte Freude an der Farbe. Kräftige, reine und frische Farben treten an stelle der seichten und weichlichen Töne früherer Zeiten. Zuletzt sei noch erwähnt, dass kräftige und gute Papiere beliebt ge worden sind. Der Vortragende sprach am Schlüsse seiner Ausführungen den Wunsch aus, dass nun einmal der immerwährende Wechsel der Mode auf höre, da dieser der Kunst- und der Entwicklung des Stiles schade. Zudem wird es dem Akzidenzsetzer sehr schwer, sich fortgesetzt mit neuem Material vertraut zu machen; die Annahme, der Akzidenz setzer habe heute leichteres Arbeiten als früher, ist falsch. Nicht in Ueberladung mit ornamentalem Schmuck, sondern in der Einfachheit zeigt sich die Kunst und die Bildung des Akzidenz setzers. Er soll selbst Künstler sein und das Material richtig zu ver wenden wissen, um so an der Gestaltung des neuen Stils mitzuhelfen. W. J. Das Buchgewerbe auf der Weltausstellung in St. Louis Am 28. Februar 1903 fanden sich auf Einladung des Reichs kommissars in dessen Berliner Bureau eine Anzahl angesehene Ver treter der Kunst und des Buchgewerbes zusammen, um über würdige Beteiligung des deutschen Buchgewerbes an der genannten Aus stellung zu beraten. Die Reichsdruckerei war durch Herrn Geheim rat Roese, der wissenschaftliche Verlag durch Herrn Dr. Gustav Fischer-Jena, der Kunstverlag durch Herrn Direktor Bruckmann- München, die Kunstwissenschaft durch Herrn Direktor Dr. Peter Jessen-Berlin und der Deutsche Buchgewerbeverein durch den 1. Vor steher, Herrn Dr. Volckmann, den Vorsitzenden des Ausstellungs- ausschusses, Herrn Kommerzienrat Meissner und den Verwaltungs direktor Herrn Woernlein vertreten. Für die fotografische Abteilung war Herr Professor Miethe von der Technischen Hochschule in Charlottenburg zugegen. Herr Kommerzienrat Büxenstein war durch Abwesenheit in Südeuropa, Herr Kommerzienrat Nister-Nürnberg durch Krankheit und Herr von König (i. F. König & Bauer) durch anderweite Geschäfte am Erscheinen behindert. In längerer ein gehender Beratung wurde festgestellt, dass neben den rein gewerb lichen unbedingt auch die künstlerischen Gesichtspunkte zur Geltung gebracht werden müssten, und der Wunsch ausgesprochen, dass der wissenschaftliche Verlag in Verbindung mit der vom Königlich Preussischen Kultusministerium arrangirten Unterrichtsausstellung womöglich im Rahmen eines herzurichtenden Bibliothekraumes Auf nahme finden möge. Mit der Durchführung der buchgewerblichen Ausstellung wurde als Vertretung der gesamten Interessen des deutschen Buchgewerbes wiederum der Deutsche Buchgewerbeverein betraut, der schon in Chicago, Paris und Turin die deutsche Ab teilung eingerichtet hat. In gegenseitiger Verständigung wurde enges Zusammengehen der fotografischen und fotomechanischen Abteilung mit der eigentlichen buchgewerblichen erzielt und auch deren Ver tretung in die Hände des Deutschen Buchgewerbevereins gelegt. Entsprechend den in St. Louis vorliegenden besonderen Verhältnissen sollen bestimmte Firmen, von denen man besonderes Interesse voraus setzt oder besonders gute und wichtige Erzeugnisse erwartet, zur Beteiligung ausdrücklich herangezogen werden. Eine Vertretung des Buchgewerbes erscheint nach obiger amtlicher Mitteilung trotz der ablehnenden Haltung der Stutt garter Verleger gesichert.