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Briefkasten Anonyme Kragen bleiben unberücksichtgt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur|wenn Abdruck ohne Namen gestattet Ueberstunden und Arbeitsordnung 4061. Frage: 1. Ist es einem Fabrikanten in Berlin gestattet, in den verschiedenen Abteilungen seines Betriebes abends 2—2'/ a Ueber stunden durch Arbeiterinnen über 16 Jahre arbeiten zu lassen, oder muss hierzu die Genehmigung des Polizei-Präsidiums eingeholt werden? 2. Ist es notwendig, den Satz in die aushängenden Arbeits- Ordnungen aufzunehmen, dass im Bedarfsfälle Ueberstunden gemacht werden? In meiner bestehenden Arbeitsordnung heisst es: »Bei etwaiger Verlängerung der Arbeitszeit um mehr als eine Stunde wird die erste Viertelstunde als Pause gewährt.« Diese Arbeitsordnung wurde seinerzeit dem Polizei-Bureau, zu welchem der Sitz meiner Fabrik gehört, eingereicht und genehmigt, daher steht mir doch wohl das Recht zu, Ueberstunden auch ohne vorherige Anmeldung machen zu lassen und ohne den erwähnten Satz in die Arbeitsordnung aufzunehmen? Es dürfen doch Mädchen und Frauen über 16 Jahre täglich 11 Stunden beschäftigt werden? Antwort: § 138a der Gewerbe-Ordnung regelt die Ueber stunden-Arbeit von Arbeiterinnen über 16 Jahre. Danach ist die untere Verwaltungsbehörde (in Berlin das Polizei-Präsidium) ermächtigt, die Erlaubnis zu Ueberstunden-Arbeit zu erteilen, wenn diese nicht länger als 2 Wochen bis höchstens 10 Uhr abends dauert. An Sonnabenden ist Ueberstunden-Arbeit un zulässig. Ohne Genehmigung des Polizei-Präsidiums darf keine Arbeiterin mit Ueberstunden beschäftigt werden. Die Aufnahme des erwähnten Satzes über die Ueberstunden-Arbeit von Arbeiterinnen in die Arbeitsordnung wäre überflüssig und nutzlos, denn durch eine solche Bestimmung können die Ver fügungen der Gewerbeordnung nicht geändert werden. Wenn in der Arbeitsordnung Erleichterungen bei Ueberstunden- Arbeit erwähnt sind, so befreit dies den Fragesteller nicht von der gesetzlichen Pflicht, die Ueberstunden jeweils anzumelden. Nach § 137 der Gewerbeordnung dürfen Arbeiterinnen in Fabriken nicht in der Nachtzeit, von 81/2 Uhr abends bis 51, Uhr morgens, und am Sonnabend sowie an Vorabenden der Festtage nicht nach 51/, Uhr nachmittags beschäftigt werden. Die Beschäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahre darf die Dauer von 11 Stunden täglich, an den Vorabenden der Sonn- und Festtage von 10 Stunden nicht überschreiten. Weiohes Filtrirpapier 4062. Frage: Mein Fabrikations -Wasser ist hart, enthält Kalk, dagegen wenig oder gar keine Salze, ebensowenig Bisen oder Säuren. Ich fertige Filtrirpapiere an, welche zwar gut filtriren, doch sich zu hart anfühlen, woran sich die Käufer stossen. Gibt es ein Mittel, diesem Uebelstande abzuhelfen, also das Wasser weich zu machen? Antwort: Wenn das Fabrikations-Wasser hauptsächlich doppelkoblensauren Kalk in Lösung enthält, so kann man es durch Zusatz von Kalkmilch oder Kalkwasser und nachheriges Absitzenlassen des Niederschlages billig weich machen. Vergl. »Speisewasser-Reinigung« in dieser Nummer Seite 36. Die Härte des Papiers wird aber weniger vom Fabrikations-Wasser als von der Bearbeitungsweise und Natur des Faserstoffs herrühren. Berühmte Filtrirpapier - Fabrikanten stellen die feineren Grade dieser Papiersorte nur im Winter her und lassen Halbstoff und Papier durchfrieren, wodurch das Papier besonders weich und filtrirfähig wird. Aber auch durch geeignetes Kochen und Mahlen sowie durch Verwendung stark getragener Lumpen kann man das Papier weicher machen. EKopirseidenpapier 4063. Frage: Nous vous adressons inclus deux ächantiüons de pelure ä copier; l’un marque I A represente une fourniture ancienne, le second IN reprsente une fourniture nouvelle. Nous pensons que IN ne vaut pas IA, et nous avons falt des observations ä notre fournisseur qui trouve lui que IN est plus blanc et plus solide que IA et que les deux fabrications sont de meme composition. Voudriez - vous nous donner votre apprciation ä ce sujet? : Antwort: Fragesteller legt uns 2 Kopirseidenpapiere IA und IN vor. Er meint, die neue Lieferung IN sei nicht so gut wie die alte IA. Sein Lieferant erwidert darauf, dass IN weisser und kräftiger sei als I A, und dass beide aus gleichem Stoff bestehen. Nach unserer Ansicht ist I A fester und scheint auch dicker zu sein als IN. Der Festigkeits-Unterschied ist aber nicht bedeutend und liegt noch innerhalb der zulässigen Grenzen. Die Weisse beider Papiere ist gleich. Visoose 4064. Frage: 1. Kann Viscose als Ersatz für Leder genommen werden ? 2. Würde sich Viscose als Ersatz für Leder bei Pumpen und andern Maschinen eignen? 8. Als Ersatz für Holz usw., z. B. als Zwischenlage zwischen eisernen Schienen, Schwellen, Laschen usw.? Antwort: 1. Ueber die Verwendung von Viscose als Leder-Ersatz haben wir keine Nachrichten erhalten. Es könnte sich hier nicht um Visoose selbst handeln, unter welchem Namen man eine lOprozentige wässerige Lösung von Zellstoffthiocar- bonat versteht, sondern um Papier oder Gewebe, welches mit Zellstoff, der ans Viscose gefällt wurde, überzogen ist und da durch einen gewissen Grad von Wasserdichtigkeit erlangt hat. 2. Wie in dem Aufsatz »Viscose und Viscoid« in Nrn. 1—3 der Papier - Zeitung von 1899 mitgeteilt ist, nennt man Blöcke von Zellstoff, die durch Fällung aus Viscose und nachheriges Trocknen gewonnen werden, Viscoid. Diese Blöcke sind hart wie Stein und nicht lederartig. Es ist uns nicht bekannt, dass durch irgend ein neues Verfahren oder besondere Zusatzstoffe Viscoid in lederähnlioher Beschaffenheit gewonnen werden kann. 3. Das unter 2 Gesagte gilt auch hier. Wären diese drei Fragen nicht für Viscose sondern für Vulkanfiber gestellt, so könnte man sie alle bejahen. Abweichende Lieferung. Unfall-Versicherung 4065. Frage: 1. Ich bestellte beim Reisenden einer Papierfabrik eine Anfertigung gerippt Bast nach einliegendem »Bestellmuster« und sagte ihm dabei, dass das Papier mindestens eben so fest und schön glatt sein müsse. Die Lieferung ist nach beifolgenden Mustern I, II und III ausgefallen. Ich habe an der Lieferung auszu zusetzen: a) Die Qualität und Festigkeit ist geringer als bei der Be stellprobe und überschreitet das zulässige Maass. b) ist die Rippung nicht sichtbar. c) ist das Papier durchweg wellig und streifig. In den einzelnen Lagen ist dieser Uebelstand noch bedeutend sichtbarer und störender. Ich habe das Papier der Fabrik zur Verfügung gestellt, die Fabrik will aber auf nichts eingehen und behauptet, das Papier sei für den. Preis (. . Pf. das Kilo) gut geliefert; ich solle das Papier meinen Kunden senden, sie würden es schon annehmen. Eine Garantie aber, dass das Papier schlankweg abgenommen wird, über nimmt die Fabrik nicht. Bin ich berechtigt, das Papier zur Verfügung zu stellen, und wieviel ist dieses Papier weniger wert? Hätten die Hauptfehler, das Welligsein und die Streifen, nicht vermieden werden können, und wo durch sind diese Fehler entstanden? Ich muss das Papier an 6—8 Kunden liefern in Mengen von 50 oder 100 kg. Das Papier wird teils zum Einwickeln, teils um Düten daraus zu machen gebraucht. Ich hätte daher bei jedem Kunden Ausstellungen zu erwarten. 2. In meiner Papiergrosshandlung beschäftige ich augenblicklich 4 Arbeiter mit Papierschneiden, Falzen und Anfertigung von Schreib heften. Bin ich verpflichtet, einer Berufsgenossenschaft beizutreten und wenn ja, welcher? Muss ich die Arbeiter gegen Unfälle ver sichern, und kann ich dafür einer Berufsgenossenschaft beitreten oder ist es vorteilhafter, die Arbeiter bei einer Versicherungs-Gesellschaft zu versichern? Antwort: 1. Wenn die Lieferung den uns vorgelegten 3 Ausfallmustern entspricht, so ist die Beanstandung berechtigt. In der Festigkeit finden wir zwar keinen nennenswerten Unter schied, aber die Rippung ist nicht sichtbar, die Glätte ist ge ringer, und das Papier ist wellig. Infolge dieser Mängel sieht es unansehnlicher aus als die Vorlage. Von billigem Pack papier dieser Art kann man zwar nicht so genaue Ueber einstimmung mit der Vorlage verlangen wie von feineren Papieren, denn die zur Herstellung solcher Papiere benutzten Maschinen sind oft veraltet und ermöglichen kein genaues Arbeiten. Aber der Fabrikant hätte den Auftrag nicht ohne Vorbehalt annehmen sollen, wenn seine Einrichtung ihn nicht befähigte nach Muster zu liefern. Die Fehler in den Ausfall- mustern scheinen von Mängeln der Papiermaschine herzu rühren. Da der Ausgang eines etwaigen Rechtsstreites sich nicht bestimmt vorhersehen lässt, wäre beiden Teilen ein Ver gleich zu empfehlen, wonach Fragesteller das Papier als immerhin für Verpackungszweoke brauchbar übernimmt, wo gegen der Papierfabrikant 15 pCt. vom Kaufpreis nachlässt. 2. Solange das Unfallversicherungs - Gesetz vom 6. Juli 1884 galt, waren Betriebe der beschriebenen Art mit weniger als 10 Arbeitern nicht versicherungspflichtig. Das sogen. Ge werbe-Unfallversicherungs-Gesetz vom 30. Juni 1900 änderte