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Nr. 23 PAPIER-ZEITUNG 803 seien wohl bemüht, ihren Angestellten so viel Musse als möglich zu gewähren, müssten aber darauf achten, dass nicht aus ländische Mitbewerbe, die mit geringem Unkosten arbeiten, in den Stand gesetzt werden, das einheimische Erzeugnis zu unterbieten. Der Verein empfiehlt den Papierfabrikanten und ihren Geschäftsfreunden das kürzlich eingerichtete »Stelldichein für Papiermacher«, vergl. Nr. 20 der Papier-Zeitung Seite 694. Die britischen Fabrikanten für Filze und Siebe wurden auf den zunehmenden ausländischen Wettbewerb aufmerksam ge macht und ersucht ihre Preise so festzustellen, dass dieser Wettbewerb bekämpft wird. Diese Anregung hatte einigen Erfolg. Der Vorstand berät zur Zeit über folgende Anregungen: Den Fabrik-Arbeitern sollen für zweckmässige Ratschläge zu Verbesserungen in der Fabrikation Preise erteilt werden. Den Fabrik-Besitzern sollen von Zeit zu Zeit die Bedürfnisse fremder Märkte, Zoll, Fracht, Währungsverhältnisse usw. mit geteilt werden, damit sie im Ausland nach der dort üblichen Weise Preise stellen können. Den auf der Hauptversammlung verlesenen Bericht des Arbeitnehmers Dyson über amerikanische Papiermacherei sowie die darüber entstandene Aussprache brachten wir schon in Nr. 22. Schwedischer Zoll auf Pappe. Die beantragte Zollerhöhung auf Pappe (vergl. Nr. 19, Seite 664) wurde in der gemeinschaft lichen Abstimmung beider Kammern des schwedischen Reichs tages am 14. März abgelehnt. F. Löschpapier von hoher Saugfähigkeit Einer Arbeit von Regierungsrat Prof. Lauboeck in Wien in den »Mitteilungen des k. k. Technologischen Gewerbe- Mu seums« in Wien entnehmen wir Folgendes: Der Versuchsanstalt für Papierprüfung am k. k. Technologischen Gewerbe-Museum in Wien wurde vor kurzer Zeit seitens der Papier fabrik P. Piette in Pilsen ein Löschpapier zur Untersuchung einge sendet zu dem Zwecke, die Saugfähigkeit desselben zu konstatiren. Im grossen Publikum begegnet man trotz der guten Löschpapiere, welche in Oesterreich und Deutschland hergestellt werden, noch immer der Anschauung, dass England die besten Löschpapiere herstellt. Verfasser zitirt Arbeiten über die Saugfähigkeit von Löschpapieren von Otto Winkler in Leipzig, Prof. W. Herzberg von den königlichen technischen Versuchsanstalten zu Berlin, sowie seine eigenen Ab handlungen hierüber. Nach Herzberg (1894) erreichte eine englische Probe den höchsten Wert mit 156 mm Saughöhe. Die Maximalwerte der Saughöhen von Löschpapieren anderer Herkunft, welche Herzberg untersuchte, betrugen: für deutsches Lösch papier 107 mm und für französisches 92 mm, alles nach 10 Minuten. Das vom Verfasser untersuchte Löschpapier »Piette’s Biotting« ist weiss mit roter Melirung und hat 178 g/qm Gewicht. Es wurde bei 20° C. Wassertemperatur und 65 pCt. relativer Luftfeuchtigkeit auf Saugfähigkeit untersucht. Der Feuchtigkeitsgehalt des luft trockenen Papieres betrug 8,95 pCt. Die Ergebnisse waren folgende: Saughöhe in der Richtung des Maschinenlaufes nach 1 Minute = 86 mm, Saughöhe senkrecht zum Maschinenlauf nach 1 Minute = 70 mm, Saughöhe in der Richtung des Maschinenlaufes nach 10 Minuten = 200 mm, Saughöhe senkrecht zum Maschinenlauf nach 10 Minuten = 190 mm. Daher beträgt die mittlere Saughöhe nach 10 Minuten 195 mm. Der Wert für die Saughöhe übertrifft somit denjenigen für die Saugfähigkeit des 1894 untersuchten englischen Löschpapieres um 25 pCt. Der österreichischen Papier - Industrie ist es also gelungen, ein Löschpapier von bisher unerreichter Qualität herzustellen. (Nach der für die Saughöho von Löschpapieren aufgestellten Klassifikation ge hören jene Löschpapiere, deren Saughöhe nach 10 Minuten über 60 mm beträgt, zu »Löschpapieren bester Qualität«. Das untersuchte Lösch papier von P. Piette zeigt aber eine mittlere Saughöhe von 78 mm schon nach 1 Minute.) Der Rohstoff, aus welchem das Löschpapier erzeugt wurde, hat durch eigenartige Gärung seine Sprödigkeit verloren, ferner wurde durch einen eigens für diesen Zweck gebauten Holländer und Aende- rungen an der Papiermaschine sehr lose Verfilzung der Fasern erzielt, wodurch das Papier voluminös und gleichzeitig weich wurde. Herr Louis Piette, Teilhaber der Firma P. Piette in Pilsen, zeigte uns vor einigen Wochen Muster dieses Löschpapiers, dessen Saugfähigkeit er auch in Charlottenburg untersuchen liess. Die aussergewöhnliche Löschkraft dieses Papieres zeigte sich darin, dass eine Anzahl grosser Tintenklexe nach einander auf dieselbe Stelle gespritzt wurden, ohne dass die Stelle nass geworden wäre. Schriftleitung Elektrische Bleiche für Papierstoff In Nrn. 16 und 18 werden meine kurzen Ausführungen in Nr. 7 der Papier-Zeitung von Herrn Dr. Neuburger und Herrn Ahlin an gefochten. Wenn die Herren die zugeeagte Vervollständigung meiner Angaben abgewartet hätten, wären ihnen verschiedene Missver ständnisse nicht unterlaufen. Meine Zeit ist auch heute so stark besetzt, dass ich nur ganz kurz auf Einzelheiten in den Aufsätzen der zwei Herren eingehen kann. Bevor Herr Ahlin meinen »Berechnungen« jeden Wert abspricht, hätte er seine in Nr. 88 der Papier-Zeitung von 1902 gemachten Angaben, worauf er sich bezieht, noch prüfen sollen. Bei Erzeugung von 885 kg Chlor (= 1000 kg Chlorkalk) rechnet er einen Gewinn von täglich 86 M. 75 Pf. aus. Das wäre ja ganz nett, wenn er nicht den Chlorkalkpreis zu 140 M. angesetzt hätte. Heute kann aber Herr A. jede Menge zu 100 M. in Billingsfors hinlegen, und statt 86 M. 75 Pf. Gewinn bringt ihm sein Hypochlorit-Verfahren einen Tagesverlust von 8 M. 25 Pf. Da ich durchaus seine eigenen Angaben benutzt habe, wird Herr Ahlin nunmehr hoffentlich einsehen, dass bei den heutigen und voraussichtlich künftigen niedrigen Chlorkalk preisen nur ein gutes Chlor-Soda-Verfahren rentiren kann. Bei der Rohstoffverschwendung der elektrolytischen Bleichlösungsverfahren ist dies nur bei sehr billiger Kraft und bei billigem Salz möglich, aber auch dann arbeiten sie im Vergleich mit einem gutem Soda- Chlor-Verfahren viel zu teuer, namentlich wenn die Kraftangabe des Herrn Ahlin stimmen sollte. Er will nämlich mit 175 PS. nur 1000 kg Chlorkalk ersetzen! Das wäre mehr als das Doppelte von der Kraft, die gute Chlor-Soda-Verfahren aufzuwenden haben. Immerhin bestätigt diese Angabe des Herrn Ahlin meine schon in Nr. 7 geäusserten Zweifel an die Richtigkeit der Kraftangabe des Herrn Dr. Neuburger. Er will mit 80 PS. auskommen, was bei einem Hypochlorit-Verfahren, zumal bei dem aufgegebenen geringen Salzverbrauche, bis heute wohl kaum im Laboratorium erreicht wurde. Sowohl Herr Dr. Neuburger wie Herr A. scheinen meinen Aufsatz in Nr. 7 nur flüchtig gelesen zu haben. Ich sage darin ausdrücklich, dass ich »klare Chlorkalklösung« fabrizire. Wozu mir denn mit aller Gewalt Bleikammer und Chlorkalklösung aufzwingen? Und wenn ich, wie Herr Dr. N. annimmt, eine grosse chemische Fabrik mit »kohlen- säure-Apparaten, Kalzinir-Oefen, Trocken-Anlagen usw.« einrichten müsste, hätte ich den Papierstofffabrikanten, deren Erfordernisse ich doch ebenso gut wie ein »Outsider«, als welchen ich wohl den Herrn Doktor betrachten darf, kennen sollte, nie das Horgreaves-Bird- Verfahren empfohlen. Der Hauptvorteil dieses Verfahrens ist es aber, die Gewinnung so kochsalzfreier Sodalösung zu gestatten, dass diese in den Papierstofffabriken ohne irgendwelche Weiterbehandlung ver wendet werden kann. Herr Dr. N. meint, dass ich mir durch Massenwirkung einer grosser Fabrikanlage habe imponiren lassen. Dem ist aber nicht ganz so, denn die im November 1899 vorgenommene Besichtigung der Versuchszelle von Hargreaves-Bird in Farnworth genügte vollauf, um mich für immer von allen Bleichflüssigkeitsverfahren loszumachen. Meine vier späteren, zum Teil wochenlangen Studien in der von Zeit zu Zeit grösser werdenden Anlage in Middlewich haben zwar diese Ueberzeugung befestigt, aber imponirt hat mir eine einzige Zelle. Und die Hargreaves-Bird-Zelle wird wohl Allen imponiren, die vorurteilsfrei nach dem Besten suchen. In seinem Aufsatze in Nr. 8 hat Herr Dr. N. ein Beispiel von 4500 kg Chlorkalk-Ersatz vorgeführt. Ich habe mich darüber etwas gewundert, denn im ganzen Deutschland gibt es wohl nur 8, höch stens 4 Papierstofffirmen, die so viel brauchen können. Wenn aber Herr Dr. N. in Nr. 16 von so kleinen Anlagen spricht, dass die Apparate transportabel sein und leicht in und äusser Betrieb gesetzt werden müssen, kann ich ihm nicht mehr folgen. So kleine Anlagen wären nie rentabel. Auch die von Herrn Dr. N. vor Chlorgasanständen ausgesprochene Furcht ist unbegründet. Kalkmilch ist nämlich ein so auchgezeichnetes Absorptionsmittel für Chlorgas, dass ein Entweichen davon bei einiger maassen zweckmässigen Apparaten gänzlich ausgeschlossen ist. Herr Ahlin gibt in Nr. 83 von 1902 die Baukosten für eine elektrolytische Bleichanlage zu 135 M. für jedes Kilo Chlor in 24 Stunden an. Eine Anlage für täglich 4500 kg Chlorkalkersatz käme danach auf 202 500 M. Das wäre nicht wenig, und man kann die um wenigstens 60 000 M. im Jahr billiger arbeitende Hargreaves- Bird-Anlage billiger haben. Ich stelle an eine elektrolytische Anlage die Forderung, dass 1000 kg Chlorkalkersatz bei 12 M. die Tonne Kohle und 15 M. die Tonne Salz nicht mehr als 50—60 M. kosten. Sonst hat man wenig stens bei verhältnismässig kleinen Anlagen und bei den voraussicht lich sinkenden Chlorkalkpreisen zu wenig Anreiz, um sich eine Nebenfabrikation aufzubürden. Wenn die Herren Dr. N. und A. das mit ihren Hypochloritverfahren leisten können, überlasse ich ihnen gerne das Feld. Kristiania, 8. März 1903 L. J. Dorenfeldt Man sieht nur dann recht, wenn man mit ruhiger Besonnen heit sieht; die Leidenschaftslosesten waren immer die grössten Menschenkenner. Ehrenberg