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736 PAPIER-ZEITUNG Nr. 21 Bei einem kürzlichen Besuch erhielt unser Vertreter die Mitteilung, die Firma beziehe dieselben Briefbogen nun viel billiger, weshalb sie bei uns von diesen Sachen nichts mehr bestellen könne. Auf Wunsch überliess man unserm Vertreter ein Exemplar der neuen Briefbogen. Wir sehen nun, dass dies eine genaue Kopie unseres Kopfes in Buch druck (Klischee) ist und bitten um Nachricht, ob Sie glauben, dass Vorgehen unserseits gegen jene Firma von Erfolg sein werde, und wenn ja, bitten wir Sie uns mitzuteilen, was für Schritte wir zu tun haben. Auf Wunsch sind wir gerne bereit Ihnen fragt Buchdruck- Exemplar, sowie einen unserer lithografischen Köpfe zur Ansicht und Beurteilung einzusenden. Lithogr. Anstalt. Fragesteller können gegen den Nachdrucker der Brief köpfe nur vorgehen, wenn sie die Zeichnung des Briefkopfes als Geschmacksmuster im Sinne des Gesetzes vom 30. November 1874 beim Amtsgericht niedergelegt haben. Andernfalls ist die Nachbildung freigegeben durch § 14 des Gesetzes vom 9. Januar 1876, das Nachahmungen solcher Kunstwerke straflos erklärt, die mit Genehmigung der Urheber an Werken der Industrie, Gewerbe und Manufakturen angebracht sind. (Vergl. »Nach bilden lithografischer Briefköpfe« in Nr. 14 Suite 480.) Ein Gericht hat zwar abgesehen von Spezialgesetzen jede unbefugte Nachbildung fremder Muster als Verstoss gegen die guten Sitten und den Nachbildner schadenersatzpflichtig erklärt, siehe »Bestrafung der Nachahmer« in Nr. 72 der Papier-Zeitung von 1902, es ist aber ungewiss, ob angesichts der klaren Be stimmungen der Spezialgesetze diese Rechtsprechung von den Obergerichten gebilligt würde. Verletzung des Postregals Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Die »Berliner Morgenpost« wurde bis zum Sommer 1902 nach Fürstenwalde und Frankfurt a. 0. in der Weise befördert, dass der Expedient Keller die Exemplare ballenweise als Passagiergut mitnahm. Den für Fürstenwalde bestimmten Teil nahm er mit in das Kupee, den anderen gab er als Gepäck auf. Nachdem er sich in Fürsten walde der für diesen Ort bestimmten Exemplare entledigt, nahm er einen Teil der im Gepäckwagen befindlichen Pakete der Ersparnis wegen zu sich ins Kupee. Hierin hat die Postbehörde eine Ver letzung des Postregals erblickt. Nach den genannten Orten darf die Zeitung nur durch die Post oder durch expresse Boten befördert werden, als expresser Bote wurde aber der Expedient Keller nicht angesehen. Das Schöffengericht hat deshalb ihn und den Expeditions chef Grosskopf zu je 15 671 M. 32 Pf. Geldstrafe verurteilt. Auf die Berufung des Staatsanwalts änderte das Landgericht Frankfurt a. 0. am 19. September v. Js. das Urteil dahin ab, dass die Strafe für jeden der beiden Angeklagten auf 25 080 M. erhöht wurde. Im Urteile heisst es: Keller war kein expresser Bote, da durch Aufgabe bei der Eisenbahn die Ballen während der Fahrt der Aufsicht und Obhut des Boten entzogen waren. Als Strafe wurde der vierfache Betrag des hinterzogenen Portos festgesetzt. Eine ziffermässig genaue Festlegung des Portos war nicht möglich, da nicht feststeht, wieviel Exemplare versandt worden sind Aber mit Hilfe der Post hat das Gericht die genaue Anzahl der an je einem Tage jedes Monats versandten Exemplare ermittelt und dann diese Tageszahlen als Minimum angenommen. Die Revision der beiden Angeklagten kam am 20. Februar vor dem Reichsgerichte zur Verhandlung Es wurde ausgeführt: Gross kopf kommt nicht als Person, welche die Zeitung versandt hat, in Betracht. Die Expedition einer Zeitung ist ein Zweig des Verlags geschäftes, also eine Tätigkeit des Verlegers. Keller nahm an, dass er als expresser Bote anzusehen sei. Das war er auch nach einer früheren Entscheidung des Reichsgerichts. Da das hinterzogene Porto nicht genau festgestellt werden kann, so konnte nur auf die niedrigste Strafe, nämlich 3 M., erkannt werden. Keinesfalls gehört auch das Bestellgeld zum Porto. Der Reichsanwalt beantragte jedoch die Verwerfung der Revision und erwähnte, dass das Reichsgericht in einem ganz gleichen Falle auch angenommen habe, dass es sich nicht um einen expressen Boten handle. Der Zeitungsverleger könne der Versender sein, müsse es aber nicht sein. Im vorliegenden Falle sei Grosskopf mit der Ver sendung beauftragt gewesen. Die Bestellgebühr sei ein Bestandteil des Portos, das Gericht habe also mit Recht auch das Bestellgeld bei der Ausmessung der Strafe berücksichtigt. Auf 3 M. müsse nur dann erkannt werden, wenn die berechnete Strafe weniger als 3 M. betragen würde. Das Reichsgericht trat diesen Ausführungen bei und verwarf die Revision. Submissionsblüte. Bei der Vergebung des Stadt-Etats in Bunzlau, welcher in Buchdruck hergestellt werden soll, erhielt eine Saganer Druckerei den Zuschlag. Im Ganzen waren vier Offerten abgegeben. Die höchste von Grass, Barth & Co. lautete auf 1000 M. (der in Bunzlau erscheinende »Niederschlesische Courier« bezeichnet diesen Preis als angemessen), die niedrigste auf 320 M., in Worten: Dreihundert und Zwanzig Mark, für welchen Preis die Saganer Firma den Etat an fertigen will. Na, viel Glück und einen — »guten Verdienst«, ruft hierzu der Niederschlesische Anzeiger aus. Arbeitszeit in Berliner lithografischen Anstalten, Steindruckereien, Buchbindereien und Albumfabriken Die Berliner Gewerkschaften veranstalteten eine statistische Auf- nähme über die Arbeitszeiten verschiedener Berufe, woraus wir folgende Zahlen über obige Gewerbszweige entnehmen, liehe Arbeitszeit betrug: Die wöchent- in Lithografien u. Steindruckereien in Buchbindereien u. Albumfabriken Betriebe Gehilfen Stunden Betriebe Gehilfen Stunden 2 18 48*/, 5 403 48 1 9 45 2 90 51 22 549 48 87 3086 54 6 245 491/2 2 64 57 11 284 51 4 57 60 8 66 52 47 1563 54 2 178 55*/i 9 507 57 1 4 60 ■ 108 8423 105 3847 (Ä) Die Buchdrucker von Rom sind in einen Streik eingetreten; sie ver langen Herabsetzung der Arbeitszeit von 9 und 10 Stunden auf 8 Stunden und gleichzeitige Erhöhung der Löhne. Der Tarif für gewöhnlichen Satz beträgt z. Zt. 50 Centesimi für 1C00 Buchstaben, für Tabellensatz 55 Centesimi die Stunde. Im Wochenlohn kommen die Setzer auf 24—35 Lire. In den Zeitungen werden etwas höhere Löhne bezahlt;, - dort kommen einzelne Setzer auf 10 Lire täglich bei einer Arbeitszeit von 9 Stunden. Die Unternehmer verweigerten zunächst jede Lohnerhöhung mit dem Hinweis darauf, dass in Rom die höchsten Arbeitslöhne bezahlt würden, und wollten nur in Festsetzung der Maximalarbeitszeit auf 9 Stunden willigen. Darauf erfolgte der Ausstand; mittags um 1 Uhr verliessen die Setzer sämtlicher Druckereien ihre Arbeitsplätze. In den Zeitungsdruckereien wurden die Forderungen der Setzer bewilligt, sodass die Zeitungen weiter erscheinen. An dem Streik sind 2000 Personen beteiligt; 689 arbeiten bis jetzt zu den neuen Bedingungen. Bewilligt haben alle Zeitungs- und 5—6 andere Druckereien. Die Buchdruckerei besitzer haben beschlossen, falls die Streikenden nicht sofort zur Arbeit zurückkehren, ihre Offizinen zu schliessen. K. (Vorwärts, Berlin) Prüfungen für Buchdruckerlehrlinge finden in Berlin am 13. und 20. März, abends 7 Uhr, in der Buchdrucker-Fachschule, Niederwall strasse 6—7, statt. Es werden nur Knaben zugelassen, welche min destens ein Jahr die erste Klasse einer Berliner Gemeindeschule be sucht und ein ärztliches Attest über ihre Tauglichkeit zum Buchdrucker- Beruf beigebracht haben. Wünsche um Zuweisung von ärztlich untersuchten und geprüften Lehrlingen werden im Bureau des Bundes der Berliner Buchdruckereibesitzer, Friedrichstrasse 289, entgegen genommen. Der Unterricht in der Buchdrucker-Fachschule beginnt im Sommerhalbjahr am Freitag, den 17. April, abends 7 Uhr. Setzer und Drucker werden in besonderen Klassen unterrichtet und zwar in beiden Abteilungen in drei aufsteigenden Jahreskursen. Der Unter richt wird Dienstag und Freitag, abends von 7—9 Uhr erteilt; das Schulgeld beträgt für Lehrlinge der Mitglieder des Bundes der Berliner Buchdruckereibesitzer 3 M., für andere Lehrlinge 4 M. 50 Pf. vierteljährlich, und ist im Voraus zu zahlen. Unterrichts-Gegenstände sind in den Setzerklassen: Deutsch, fremde Sprachen, Fachrechnen, Fachtheorie und Fachzeichnen; in den Druckerklassen; Deutsch, Rechnen, Fysik, Maschinenkunde, Fachtheorie und Fachzeichnen. An meldungen werden am 17. und 21. April, abends 7 Uhr, ange nommen. B. Jubelfeste. Am 1. April begeht Herr Buchdruckereibesitzer Carl Behrens in Berlin, Grüner Weg 9/10, das 25 jährige Bestehen seines Geschäfts. Derselbe war vor Erlangung der eigenen Selbständigkeit viele Jahre als Faktor einer grösseren Berliner Buchdruckerei tätig. Seit 1895 gehört er dem Vorstande des Bundes der Berliner Buch- druckereibesitzer an, ist gleichzeitig Beisitzer des Innungsschieds- gerichts und hat sich in seiner Eigenschaft als Dirigent der Buchdrucker-Fachschule und Mitglied des Kuratoriums dieser Schule durch Anregungen, den Unterricht nutzbringender für die Praxis des Berufs zu gestalten, besondere Verdienste erworben. So hat er u. A. ein Rechenbüchlein für Buchdrucker-Fachschulen verfasst, dessen Inhalt der praktischen Tätigkeit des Buchdruckers entnommen wurde. Am 29. März kann Herr Theodor Naumann, Senior-Chef der be kannten im Jahre 1802 begründeten Leipziger Buch-, Stein- und Kupferdruckerei C. G. Naumann, auf 50jährige Berufstätigkeit zu rückblicken. Der Jubilar hat dem gesamten deutschen Buchdruck gewerbe während vieler Jahre als Vorstandsmitglied des deutschen Buchdrucker-Vereins, der Deutschen Buchdrucker-Berufsgenossenschaft und in anderweiter beruflicher ehrenamtlicher Tätigkeit grosse Dienste geleistet. Am 4. April begeht auch Herr Buchdruckereibesitzer Carl Marschner in Berlin, Inhaber der Firma gleichen Namens, Ritterstrasse 41, Ver trauensmann des 5. Bezirks der Sektion VIII der Buchdrucker- Berufsgenossenschaft, die Feier seines 50jährigen Berufejubelfestes.