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728 PAPIER-ZEITUNG Nr. 20 Verarbeitung von Abfall-Zellstoff 4207. Frage: Wie beiliegendes Muster zeigt, ist an mich eine Anfrage zur Verarbeitung von ellstoffästen in unaufgearbeitetem Zu stande ergangen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir hier über folgende Fragen beantworten würden, da ich weder den Wert dieses Stoffes, noch dessen Verwendung in meinem Fach bisher kannte. 1. In welcher Art lässt sich dieser Stoff zur Anfertigung von grauen Pappen verwenden, rein oder unter Zusatz von Papier ? 2. Welcher Preis dürfte für die 100 kg in diesem feuchten Zustande bezahlt werden? 8. Darf dieser Stoff, wie er ist, dem Holländer zugeführt werden ? Antwort: 1. Der Stoff besteht anscheinend ans gekollerten Zellstoffästen und enthält äusser verarbeitungsfähigen Fasern auch Astsplitter. Er lässt sich in der Weise verarbeiten, dass man ihn wie andern Halbstoff in den Holländer einträgt. Der Stoff lässt sich auch allein verarbeiten, erteilt aber der Pappe einen andern Charakter wie Altpapier. Je mehr davon dem üblichen Allpapier - Stoff zugesetzt wird, umso zäher wird bei richtiger Arbeit die Pappe. 2. Der Preis hängt von örtlichen Verhältnissen ab. Frage steller kann auf Grund eines Versuchs am besten selbst beur teilen, wieviel Wert der Stoff für ihn hat. 3. Ja. Wie bei jedem neuen Stoff müssen auch mit diesem Erfahrungen gemacht werden, die durch Auskünfte nicht ersetzt werden können. Probiren geht über Studiren! Mehrlieferung von Beuteln 4208. Frage: Wir haben bei einer hiesigen Papierwarenfabrik 10 000 Stück Beutel wie einl. Probebeutel bestellt. Die Firma liefert uns 11 800 Stück, für die überschiessenden 1800 Stück haben wir keine Verwendung und stellten sie der Lieferantin zur Verfügung, worauf sie uns mitteilt, dass es in der Papierbranche Usus und gerichtlich anerkannt sei, dass die überschiessende Menge mit abgenommen werden muss. Wir wollen gern zugeben, dass vielleicht ein Plus von 5 pCt mit angenommen werden muss, bezweifeln aber, ob wir zur Annahme eines Mehr von 18 pCt. verpflichtet sind. Antwort: Wir kennen keinen Handelsbrauch, wonach bei Papierwaren namentlich bei Beuteln, eine bestimmte Mehr lieferung übernommen werden müsste. Das Anerbieten des Fragestellers, 5 pCt. mehr zu übernehmen, ist ein Beweis billigen Entgegenkommens. Zur Abnahme von 18 pCt. Mehr lieferung ist er keinesfalls verpflichtet. Fabrik oder Kraftwerk? 4209. Frage: Eine Gemeinde hat eine Liegenschaft mit Wasser kraft zu verkaufen und einigemal in den Zeitungen zum Verkauf aus geschrieben. Ein Papierfabrikant im gleichen Ort frägt bei dieser Ge meinde um den billigsten Preis mit dem Bemerken an, dass er be absichtige, auf der Liegenschaft eine Holzschleiferei zu errichten. Folgenden Tags macht die Gemeinde Preisangebot ohne zu be merken, dass ihr die Errichtung einer Holzschleiferei nicht angenehm wäre. Der Kauf kommt zustande, und die Gemeinde macht in § 2 des Kaufbriefes folgende Bedingung: § 2. »Der Käufer übernimmt die Verpflichtung für sich und seine Rechtsnachfolger, ein gewerbliches Fabrik-Etablissement auf dem passendsten und bezw. zweckmässigsten Platz der Kaufobjekte binnen längstens 6 Jahren zu erstellen. Unter lässt er dieses, so hat er der Gemeinde ein Drittel der Kauf summe mit Mk bar als Schadenersatz nachzuzahlen.« Das Konzessionsgesuch zur Gründung einer Holzschleiferei sowie für kleinen Kraftübertrag in die nahe Papierfabrik wird von dem Papierfabrikanten bei dem Gemeinderat eingereicht, welcher jedoch das Gesuch mit dem Bemerken ablehnt, dass er die Erfüllung der Bedingung des § 2 nicht erblicken könne. Könnte die Gemeinde bei einem Rechtsstreit siegen? Antwort: Unseres Erachtens wollte die Gemeinde durch § 2 ausdrücken, sie verkaufe die Liegenschaft nur mit der Be dingung, dass dort ein gewerbliches Unternehmen betrieben werde, wodurch die Bewohner des Ortes Arbeitsgelegenheit er halten sollen. Wenn nun der Papierfabrikant auf der Liegen schaft ein Kraftwerk errichtet, durch welches die Wasserkraft nach der Papierfabrik übertragen wird, so entfällt die Arbeits- Gelegenheit für die Bewohner, und § 2 ist nicht erfüllt. Der Fabrikant will aber ein Kraftwerk und eine Holzschleiferei er richten, und wir glauben, dass die Gemeinde auf Grund des § 2 dies mcht ablehnen kann, wenn die nach der Fabrik zu übertragende Kraft im Verhältnis zu der auf der Liegenschaft ausgenützten Kraft gering ist. Dass eine Holzschleiferei ein »gewerbliches Fabrik-Etablissement« ist, lässt sich nicht be streiten. Strafbare Handlung? — Unlauterer Wettbewerb? 4210. Frage: 1. Eine Papier-Grosshandlung in X. beteiligte sich im Jahre 1901 an einer Submission und erhielt solche von April 1901 bis 1908. Sie lieferte Pausleinen bis Herbst 1901 mustergetreu, dann aber nahm sie eine billigere Ware und sandte solche unter derselben Nummer. Der Abnehmer beklagte sich kurz darauf, worauf Lieferant schrieb, es sei dieselbe Ware. Es kann nun durch Vergleich der Muster und durch die Bücher des Lieferanten des Grossisten nach gewiesen werden, dass dies nicht der Fall ist. Der Schaden des Kunden dürfte sieh auf 50 bis 100 M. belaufen. Liegt hier eine straf bare Handlung vor? 2. Ein Packpapier - Grosshändler in Y. spricht in seinen Briefen an die Kunden stets von »Reservirung von Rohmaterialien«, »Einkauf von Rohmaterialien«, womit er garnichts zu tun hat. und welches nur den Anschein bei der Kundschaft erweckt, er sei ein Papierfabrikant. Ferner gibt er einem Kunden dieserhalb an, er sei an einer Österreich. Papierfabrik beteiligt, was nicht der Fall ist. Verstösst dies gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb? Antwort: Wenn ein Kaufmann nicht mustergetreu liefert, so begeht er noch keine strafbare Handlung. Das Handels- Gesetz gibt dem Käufer das Recht, die Ware bei Erhalt zu prüfen und, wenn sie nicht mustergetreu ist, zu beanstanden. Betrug oder unlauterer Wettbewerb läge nur dann vor, wenn ein Kaufmann dem Abnehmer, um ihn zu täuschen und sich Vermögens - Vorteile zu verschaffen, falsche Tatsachen vor spiegelte oder die Ware unter falscher Flagge verkaufte. Im obigen Fall scheint der Grosshändler sich nicht verpflichtet zu haben, Waren bestimmter Herkunft, sondern nur solche be stimmter Beschaffenheit zu liefern, und er konnte der Ansicht sein, dass auch die billigere Ware der Vorschrift genüge. 2. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verbietet be stimmte Arten marktschreierischer Anpreisungen, wenn solche für einen grösseren Kreis von Personen besimmt sind. Was ein Kaufmann in seinen Briefen an einzelne Kunden schreibt, fällt nicht unter dieses Gesetz. Wenn ein Grosshändler, um seine Kunden über die Preisbewegung und deren Ursachen zu unterrichten, die Schwierigkeiten der Papierfabriken usw. an führt, so gibt er sich damit noch nicht ohne weiteres den Anschein, selbst Papierfabrikant zu sein. Dies wäre nur der Fall, wenn er dies ausdrücklich sagte oder auf seinen Brief köpfen oder andern Drucksachen irreführende Angaben dieser Art anbrächte. Unseres Erachtens liegt in obigem Fall kein unlauterer Wettbewerb vor. Mustergetreu? 4211. Frage: Wir bestellten bei einer Fabrik eine grössere Partie Jute-Bücherpapier in Qualität nach einliegendem Muster und in hoch weisser Farbe gemäss aufgeheftetem Farbmuster. Bei Erhalt der Referenzmuster finden wir, dass die Lieferung weder im Stoff noch in der Farbe unserem Muster entspricht. Während unser Qualitätemuster vollständig rein ist, ist das gelieferte Papier durchaus wolkig, auch ist dasselbe unseres Erachtens in Farbe dunkler als unser Muster. Wir erbitten hierüber Ihr Gutachten. Antwort: Fragesteller bestellte Papier auf Grund zweier Muster und verlangte, dass der Fabrikant Papier herstelle, das an Stoff dem einen und an Farbe dem andern Muster ent sprechen soll. Wenn es schon schwierig ist ein Muster genau nachzuahmen, so wird die Schwierigkeit durch obige Forderung bedeutend erhöht, denn manche Halbstoffe gestatten ihrer Natur nach nicht so weisse Färbung wie andere. Das gelieferte Papier ist an Farbe der Färb Vorlage hinreichend ähnlich, und wenn es an Durchsicht und Griff von der Stoffvorlage etwas abweicht, so liegen diese Unterschiede doch innerhalb der Grenzen, die man dem Papier-Fabrikanten bei der erwähnten besonders grossen Schwierigkeit der mustergetreuen Anfertigung zubilligen muss. Wir sind der Ansicht, dass Fragesteller nicht berechtigt ist die Lieferung zu beanstanden. Unverlangte Muster 4212. Frage: Einliegend überreiche ich Ihnen eine Postkarte, welche ich zu veröffentlichen bitte, wenn angängig mit Namens nennung. Dies ist doch eine Unverschämtheit wie eie wohl im kauf männischen Leben, wenigstens von einem Kaufmann selten vorkommen dürfte; wenigstens mir ist dies bis jetzt noch nicht paseirt, und ich versende doch jährlich ein paarmal hunderte von Mustern. Antwort: Die Karte lautet: »Sie lassen uns heute Muster zugehen, welche wir, da wir dieselben nicht bestellten, in den Papierkorb geworfen haben; Sie wollen sich dies zur Warnung dienen lassen und uns mit Zusendung von weiteren Mustern verschonen.« Wir finden in dieser Karte keine Unverschämtheit und keine Beleidigung. Wer Unverlangtes sendet, muss sich schroff» Abweisung gefallen lassen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczl, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A W. Hayn’« Erben, Berlin, SW, Zimmer-Strasse 29. Papier von Sieler 4 Vogel. Berlin, Leipzig und Hamburg Hierzu eine Beilage von Peniger Maschinenfabrik und Eisengiesserei Aktien-Gesellschaft, Abteilnng: Unruh & Liebig, Leipzig und eine Beilage von Fischer & Erecke, G. m. b. H., Berlin SW 48 und Bielefeld