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Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 697 Pariser Brief Von 0. W. Eigenbericht, Nachdruck verboten Der Fasching schlägt seine vollen Wogen, und sein Ein fluss auf die Papierfabrikation ist nicht zu verkennen. Die Buch- und Papierhandlungen haben einen grossen Umsatz in Visiten- und Ballkarten zu verzeichnen, sowie Speisekarten usw. Der Hauptkonsum aber fällt der Konfetti-Industrie zu. An einzelnen Tagen, wie z. B. am 24. Februar, werden anlässlich der Umzüge, Konfettischlachten usw. tausende von Paketen solcher bunten Papierschnitzel gekauft, um als Wurfobjekt zu dienen. Serpentinenstreifen (Luftschlangen) sieht man seltener; dieselben werden nur hier und da durch Hausbewohner auf irgend einen Bekannten, der eben vorbeibummelt, geworfen; im allgemeinen finden sie mehr während der verschiedenen Pariser Jahrmärkte ihre Verwendung, wo sie namentlich auf Damen, welche auf der Rutschbahn, dem Karussell usw. sitzen, geworfen werden. Die Konfetti-Schnitzel werden zu 50—65 Centimes das Kilo verkauft und mit dem Papiersack abgegeben. Ein Bummler braucht während eines Nachmittags mehrere, oft über ein Dutzend solcher Säcke. Bedenkt man die ungeheuren Volksmengen, die sich an diesen Tagen auf den Strassen befinden und solche bunten Papierschnitzel werfen, sowohl kleine Kinder wie alte Herren, so begreift man die hohe Summe, welche durch diesen Gebrauch der Papier industrie zufällt. Ein Strassenverkäufer zahlt dem Fabrikanten 35 Centimes für den frei ins Haus gelieferten 1 Kilo-Sack. Da früher oft am Boden liegende Schnitzel aufgehoben und wieder verkauft wurden, gestattet man jetzt, um diesem Uebelstand abzuhelfen, nur den Verkauf einfarbiger Konfetti (die auf gehobenen Schnitzel waren gemischtfarbig). Das Mittel hat sich bewährt. Der Vorschlag eines neuen Fabrikgesetees scheint den Fabrikanten nicht gerade besonders einleuchten zu wollen. Dieses schreibt lOstündige, nur für das Heizerpersonal 12stündige Maximai-Arbeitszeit vor. Eine Mittagspause von mindestens 1‘la Stunden mit vollständiger Arbeitseinstellung wird vor geschlagen. Die Arbeit soll je an einem zu bestimmenden Tag, nach einem Intervall von 6 Tagen, ausgesetzt werden; ebenso sollen die staatlichen Fest- und Feiertage gefeiert werden. Es sollen Arbeits-Inspektoren-Posten geschaffen werden and die Inspektoren von den Arbeitgebern Tarife erhalten, worauf Minimal- und Maximallohn jeder Arbeitsklasse an gegeben ist. Die Arbeits- und Ordnungs-Reglements müssen in den Arbeitsräumen angeschlagen werden. Schon diese Be stimmungen des vom Deputirten Dron der Kammer vor gelesenen Gesetz-Entwurfes zeigen, wie bedenklich die französische Gewerbe-Ordnung noch zurück ist. Auch die Papier-Industriellen fanden in der Person des gefürchteten Polizeipräfekten Lepine einen Gönner, wie die Spielzeugfabrikanten, deren permanente Jahres-Ausstellung er ebenfalls ins Leben gerufen hat. Herr Lepine hat nämlich die Verordnung über alte Papiere dahin interpretirt, dass er er laubt, Zeitungspapier, Broschüren und bedrucktes Papier, in sofern dasselbe sauber ist, zum Einwickeln von Nahrungs gegenständen anzuwenden, da er vom Standpunkt ausgeht, dass der Druck an und für sich unschädlich sei und deshalb nicht unter das Verbot falle. Diese humane Interpretation, Welche nun gestattet, altes, aber sauberes Zeitungspapier nutz bringend zu verwenden, findet sowohl bei den Krämern, Metzgern usw., sowie auch bei den Papier-Industriellen leb hafte Würdigung, eine frühere allzu rigorose Interpretation batte diese Papiersorten verboten. (In Nr. 18 Seite 624 wurde eine anaere, u. E. richtigere Auffassung dieser Verfügung mit geteilt. Schriftleitung) Eine Bewegung der französischen Papierfabrikanten, welche immer grössere Dimensionen annimmt, geht dahin, ihre Bedürfnisse an Papierhalbstoffen in Kanada, das als Zukunfts- Staat des Papiers gepriesen wird, zu decken. Hat doch dieses Land im Jahre 1901 an Ganzzeug-Ausfuhr allein fast zwei Millionen Dollar (1937 207 Dollar) aufzuweisen. Besonders Wird Neufundland als zukünftiger Papierstaat gepriesen. Der Sohn des früheren Ackerbau-Ministers Jean Dupuy, Herr Paul Dupuy, Direktor der Zeitung »Le Petit Parisien«, reiste kürzlich Dach Nord-Amerika, um den Papiermarkt und das dortige -Zeitungswesen zu studiren. Da er für sein Blatt, dasselbe kostet 5 Centimes auf der Strasse, täglich 43 000 kg Papier braucht,. gegenwärtig aber 100 kg 30 Frank kosten, so ergibt sich nur für den Papierankauf seines Blattes eine Jahresausgabe von 7 Millionen Frank. Nach Pariser Ge brauch erhält der Leser auf eine Seite Anzeigen fünf Seiten mit Text! Da der französische Einfuhrzoll nicht hoch ist, so hofft Herr Dupuy in Amerika zu befriedigenden Geschäfts- Abschlüssen zu gelangen, die eventuell in den hiesigen Zeitungsdrucker- und Verlegerkreisen Nachahmung finden könnten. (Der französische Zoll von 10 Frank auf die 100 kg Druckpapier genügt um die amerikanische Einfuhr auszu schliessen. Schriftleitung) Die Kunst der Erhaltung der Kundschaft Auf die Anfragen von -Altem Bezieher« und »Y« in Nr. US. 365 diene Ihnen Folgendes zur Aufklärung: Ich habe seiner Zeit die Methode: »Die Kunst der Erhaltung der Kundschaft« inserirt. Auf diesen Gedanken bin ich verfallen, weil ich von verschiedenen be freundeten Druckerei-Angestellten darüber befragt wurde, was wohl ein gutes Mittel dazu sei, dem unreellen Geschäftsgebaren vieler Firmen etwas entgegenzutreten, die schon wegen einer Bestellung von nur 500 Postkarten usw. in mehr als einem halben Dutzend Druckereien um den Preis anfragen und solchen zu drücken suchen, und dass Einem gerade dadurch die Kunden so leicht verloren gehen. Dadurch bin ich auf den Gedanken verfallen, über diese Sache eine kleine Broschüre zu schreiben, da ich der Ueberzeugung bin, dass die Druckauiträge in wenig kleineren Druckereien zu finden sind. Bevor ich mein Manuskript in Druck geben wollte (etwa 24—80 Oktav seiten) inserirte ich die Broschüre, um festzustellen, ob auch ein den Ausgaben entsprechender Absatz vorhanden sein würde. Innerhalb 8 Tagen waren einige Bestellungen eingelaufen, und ich musste diese, da sie bereits monirt wurden, wohl oder übel aus führen, ohne dass ich den Erfolg anderer Inserate abwarten konnte. Ich fertigte daher in aller Kürze und Eile einen Auszug der Broschüre an, welcher den Hauptgedanken enthielt, und versandte denselben an etwa 6 Besteller, welche den Betrag im Voraus eingesandt hatten. Von da ab habe ich alle Bestellungen derart erledigt, dass ich von den eingesandten 80 Pf. 20 oder 80 Pf. zurückbehalten und von diesen noch 10 Pf. zur Frankirung verwendet habe, da die Sache nicht als Drucksache ging, sodass mir noch etwa 10 Pf. übrig blieben. Wenn Herr J. garnichts erhalten haben will, so wäre es angezeigt gewesen, mich entsprechend zu benachrichtigen, denn äusser ihm war dies nicht der einzige Fall, da die an mich gerichteten Briefe oft mit einer gleichen Adresse, obwohl oft meine nähere Adresse darauf steht, verwechselt und dadurch in der Bestellung verzögert oder aber, wie es auch schon vorkam, ganz verloren gehen. Es wäre daher richtig gewesen, mich erst zu benachrichtigen wie es andere auch getan haben, und Sie wären gewiss befriedigt worden. Dass Sie absichtlich nichts erhalten haben, dürfen Sie ja nicht glauben. Schreiben Sie mir, so erhalten Sie Ihren Betrag. Ich will niemand und so auch Sie nicht auf unreelle Weise um Ihr Geld bringen. Otto Bader, Kaufmann in Göppingen, Schlossstr. 4 Durch obige Entgegnung hat Fragesteller unseres Er achtens den Vorwurf nicht widerlegt, dass er ein garnicht vor handenes Werk zum Verkauf angeboten und den Bestellern dafür einen wertlosen Auszug gesandt hat, dessen Preis er eigenmächtig festsetzte. Wir schliessen hiermit die Erörterung über diesen Fall. Schriftleitung Keine Zugaben auf Schreibhefte Schreibwarenhändler von Charlottenburg und Potsdam fassten in Versammlungen ihrer Berufsvereine kürzlich folgen den gleichlautenden Beschluss: »Die Heftzugaben werden abgeschafft. Unser Vorgehen wird im Hinblick auf die Verteuerung der von Jahr zu Jahr steigenden Lebenshaltung gerechtfertigt, liegt auch ganz in unseren Interessen, nachdem bereits die gesamten Buchhändler durch Börsenbeschluss eine Abschaffung jeglichen Rabattes auf Schulbücher unter Androhung der Kontosperrung usw. im vorigen Jahre beschlossen haben. Die Papierhändler sind schon durch das oft Untrennbare des Papier- und Schreibmaterials gezwungen, jegliche Rabatt- und Zugabebewilligung zu vermeiden, da leicht eine beim Einkauf von Büchern und Schreib heften auf Schreibhefte bewilligte Zugabe von buchhändlerischer Seite als Umgehung des buchhändlerischen Beschlusses gedeutet werden könnte.« Belehrungskurse des Papier-Vereins Berlin und Provinz Branden burg. Der ursprünglich für den 3. März angesetzte Vortrag des Herrn Bruno Engel (Papier-Verein Berlin) über Normalpapiere findet Dienstag, 10. März, abends 81/2 Uhr, im Hörsaal des Post gebäudes, Artilleriestr. 11, statt. Auch Nichtmitglieder haben kostenfreien Zutritt. Eintrittskarten können durch Herrn Ernst Kuhn (W. Reimer Nachflgr.), Belle Alliancestrasse 94, bezogen werden.