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556 PAPIER-ZEITUNG Nr. 16 Deutscher Faktoren-Verein. In der am 14. Februar stattgehabten Generalversammlung des Berliner Faktoren-Vereins, welcher statuten gemäss die Wahlen für den Vorstand des Deutschen Faktorenbundes zu vollziehen hat, wurde zum zweiten Vorsitzenden anstelle des ver storbenen Herrn Hermann Thieme Herr C. Kulbe, und an dessen Stelle als Beisitzer Herr Obermaschinenmeister Hermann Prescher gewählt. In dieser Versammlung erläuterte Herr Dr. Lövinsohn die Her stellung von Doppeltonfarben und machte auf die Nachteile dieser neuen Farben aufmerksam, welche darin bestehen, dass sie nicht lichtecht sind, leicht durch schlagen, und dass der doppeltonige Effekt sich nicht berechnen lasse, da er auch da aufträte, wo er vielleicht sogar störend wirke; die eigenartige Wirkung der Farben werde durch einen Zusatz von fett löslichem gefärbtem Anilin erreicht, das Anilin aber habe die Eigentümlichkeit, sich zu verflüchtigen und, sofern man unbedrucktes Papier auf den frischen Druck lege, zu wandern, d. h. der ver flüchtigte Stoff gehe durch die Luft aus dem Druckbogen in das darüber liegende Papier über. Deshalb sei Vorsicht beim Gebrauch dieser Farben zu empfehlen. Aus diesen Gründen aber habe die deutsche Farben-Industrie sich mit der Fabrikation von doppeltonigen Farben noch nicht beschäftigt, obwohl deren Zusammensetzung kein Geheimnis sei. In der Versammlung waren u. a. auch Obermaschinen- meister der bedeutendsten Druckereien Berlins anwesend, von denen mehrere bereits grosse Auflagen mit amerikanischen Doppeltonfarben gemacht haben und zu sehr befriedigenden Ergebnissen gelaugt waren; die von Herm Dr. Lövinsohn angeführten Mängel hatten sich nicht ge zeigt; im übrigen aber wurde festgestellt, dass diese amerikanischen Doppeltonfärben nicht als lichtecht verkauft werden, dass sie aber dessen ungeachtet ihrem Zwecke auch dann entsprechen, wenn die doppelfarbige Wirkung sich auf den illustrirten Zeitschriften, die ja im allgemeinen nur dem Tagesbedürtnis genügen wollten, nach einiger Zeit verliere. An Hand einiger mit solchen Farben her gestellter Drucksachen konnte beobachtet werden, dass gewöhnliche Papiere die doppelfarbige Wirkung in höherem Maasse zeigen als gestrichenes Kunstdruckpapier. Der von anderer Seite erhobene Einwand, dass die mit den Illustrationen zusammengedruckte Schrift unrein erscheine oder den Eindruck mache als ob sie schmitze, wurde durch die vorgelegten Druckproben widerlegt. Um Ao- schmitzen oder Durchschlagen der Doppeltonfarben zu vermeiden, braucht man, wie von sachverständiger Seite betont wurde, nur die gleiche Vorsicht anzu wenden, wie beim Druck mit bunten Farben; es darf nicht mehr Farbe auf die Form gebracht werden, als zu einem sauberen Druck erforderlich ist. Das zu verwendende Papier spielt beim Druck mit Doppeltonfarben eine bedeutende Rolle, und es empfiehlt sich, vor dem Druck grosser Auflagen Probedrucke herzu- stellen, um die Wirkung der Farbe, die erst nach einigen Stunden eintritt, beobachten zu können, ehe der Druck der Auflage be gonnen wird. B. Unerlaubte Lotterie Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Wegen unerlaubter Veranstaltung einer Lotterie wurden am 14. Oktober 1902 vom Landgerichte Braunschweig der Buchdruckerei besitzer Georg Rossack in Harzburq und ein Mitangeklagter zu je 10 M. Geldstrafe verurteilt. Beide haben das Harzburger Tageblatt begründet, erliessen in Nr. 80 eine Aufforderung zum Bezug und setzten den Betrag von 160 M als Prämien aus. Der 100. Besteller sollte 25 M. erhalten, ebensoviel der 800. usw. Sollte Jemand ver zichten, so sollte die Summe zu wohltätigen Zwecken verwendet werden. Eine Erlaubnis zur Veranstaltung einer Lotterie hatten die Angeklagten nicht. Sie behaupten, die Bezieherliste habe im Schau fenster gelegen, sodass Jeder sehen konnte, der wievielte Abonnent er sein würde. Deshalb liege nach ihrer Meinung keine Lotterie vor. Das Gericht war aber anderer Ansicht, da eine ständige Beobachtung der Liste sowohl den innerhalb wie ausserhalb Harzburgs lebenden Personen unmöglich sei, es also dem Zufall überlassen war, wer der soundsovielte Besteller wurde. Das Auslegen der Liste sei notwendig gewesen, um das Publikum von der Ehrlichkeit des Unternehmens zu überzeugen. In der Revision der Angeklagten vor dem Reichs gericht wurde ausgeführt, es sei aus dem Urteile nicht zu ersehen, weshalb die Einwände der Angeklagten nicht stichhaltig sein sollten; sie hätten damit rechnen müssen, dass von der Möglichkeit der Ein sichtnahme in die Listen grosser Gebrauch gemacht würde. Die Er langung der Prämie habe ihrer Ueberzeugung nach nicht von einem ungewissen Ereigniss abgehangen. Das Reichsgericht erkannte jedoch, da das Urteil im Einklänge mit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung steht, auf Verwerfung der Revision. Vertrieb von Schundliteratur. »Unterm Richtbeil vermählt oder un schuldig verurteilt«. Unter diesem Titel hat ein Colportage-Buch- händler aus Hamburg in Altona einen Schauerroman vertrieben. Als Prämie wurden bei Abnahme des 10. Heftes nach Wahl ein Kochbuch oder zwei Oeldruckbilder gegeben. Von diesem Roman sollen in Altona über 1000 Exemplare abgesetzt worden sein. In der Art des Vertriebes sah die Polizeibehörde die Veranstaltung einer Lotterie und leitete gegen den Kolporteur das Strafverfahren ein. K. (Hamburger Nachrichten) Tarifbestrebungen im Steindruck-Gewerbe. In einer in Schlettau, sächs. Erzgebirge, stattgefundenen Versammlung wurde nach einem Vortrag des Buchdruckereibesitzers Müller aus Schkeuditz folgende Resolution angenommen: Die versammelten Lithografen, Steindrucker, Chemigrafen, Lichtdrucker und Berufsgenossen erkennen an, dass durch tarifliche Vereinbarungen mit den Arbeitgebern die ganzen Berufsverhältnisse in geregelte Bahnen gelenkt werden können. Lange Arbeitszeit, niedrige Löhne, wie auch die vielfach vorkommende grosse Zahl der Lehrlinge schaffen eine Schmutzkonkurrenz, die sowohl den Arbeitnehmer, als auch den Arbeitgeber oft schwer schädigt. Hier Abhilfe zu schaffen, halten die Anwesenden für ihre Pflicht und beschliessen daher: 1. An die Arbeitgeber bez. Arbeit geberverbände sind den Tarifvorlagen entsprechende Anträge auf Einführung einer Tarifgemeinschaft zu stellen. 2. Bei Abschluss einer Tarifvereinbarung ist in erster Linie eine Reglung des Lehr- lingsverhältnisses vorzusehen, namentlich bezüglich der Zahl der Lehrlinge, der Dauer der Lehrzeit und der Art der Arbeitsleistung. 8. Im weiteren sind im Tarife eine maximale Arbeitszeit, Feiertags bezahlung, Abschaffung der Ueberstunden, vorkommenden Falles aber Lohnzuschläge für dieselben und ein Mindestlohn vorzusehen. (Dresd. Nachr.) Versammlungen mit ähnlicher Tagesordnung wurden dieser Tage auch von Steindruckern und Lithografen in Leipzig und Barmen abgehalten und endeten mit Annahme eines dem obigen gleichlautenden Beschlusses. Auch der eine Sonderstellung einnehmende Verein der Lithographen, Chemi- graphen, Kartographen und im graphischen Gewerbe tätigen Zeichner in Leipzig beschäftigte sich kürzlich mit der in- tührung der Taritgemeinschait in sein Gewerbe. Die in der Versammlung anwesenden Mitglieder dieses Sonder verbandes waren, wie »Leipziger Tageblatt« meldet, gegen diese Einführung, weil solche Vereinbarungen auf längere Zeit die Aktionsfähigkeit der Gewerkschaften wie auch die individuelle Schaffenskraft des Einzelnen lahm legen, g. Beauftragte der Berliner Handwerkskammer. Zu Beauftragten für das Buchdruckgewerbe gemäss § 94 c und 108 n der Gewerbeordnung hat die Berliner Handwerkskammer am 11. Februar ernannt die Herren Buchdruckereibesitzer Jul. Bahike, Martin Franz (Liebheit & Thiesen), August Hass, Gustav Horn, Hermann Klokow, Ernst Lichtwitz, Wilh. Pilz, Paul Starcke (J. F. Starcke), Otto Walter, A. Winser und Ge schäftsführer A. Stadthagen. Diese Beauftragten haben die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften über das Lehrlingswesen zu überwachen, und die Betriebsunternehmer haben ihnen bei Ausübung dieses Amtes den Zutritt zu den Arbeite- und Unterkunftsräumen der Lehr linge zu gestatten. Befürchtet ein Betriebsunternehmer durch die Besichtigung seines Betriebes durch den Beauftragten eine Schädi gung seiner Interessen, so kann er denselben ablehnen und be antragen, dass auf seine Kosten ein anderer Sachverständiger die Besichtigung vornimmt. Der Deutsche Buchhandel und die Weltausstellung in St. Louis 1904. Im deutschen Buchhandel scheint die Stimmung der Weltausstellung in St. Louis nicht günstig zu sein, und das kann man ihm nicht ver übeln, wenn man die unerquicklichen Zustände auf literarischem Gebiete, wie sie durch den deutsch-amerikanischen Literarvertrag festgelegt sind, betrachtet. Die sogenannte »Manufacturing Clauses die Bestimmung nämlich, dass jedes deutsche Buch, das in Amerika gegen Nachdruck geschützt sein soll, auch dort gesetzt und in min destens 2 Exemplaren dort gedruckt werden muss, macht das Ueber einkommen für den deutschen Buchhandel hinsichtlich der Bücher (mit Musikalien und Kunstwerken steht es besser) fast unbrauchbar. Nun hat der Stuttgarter Verlegerverein kürzlich in seiner ausser ordentlichen Generalversammlung einstimmig eine Resolution gefasst, nach der die Mitglieder sich der Weltausstellung in St. Louis gegen über ablehnend verhalten sollen, weil eine Beteiligung an der Aus stellung den Amerikanern die Werke, die eie zum Nachdruck brauchen können, geradezu ins Haus tragen würde. Der Stuttgarter Verleger verein spricht ausserdem die Erwartung aus, dass bei der bevor- stehenden Abänderung des Handelsvertrags des Deutschen Reiches mit den Vereinigten Staaten von Amerika Gelegenheit genommen wird auch den bestehenden Literarvertrag entsprechend abzuändern, und wird sich seinerseits mit den äusser ihm in Betracht kommenden führenden Vereinen des deutschen Buchgewerbes in Verbindung setzen, um eine Agitation in diesem Sinne einzuleiten. K. (Leipziger Neueste Nachrichten) Arbeiter-Ausstände in Spanien. Der Gouverneur von Barcelona ord nete am 10. Februar die Auflösung der Vereinigung der Arbeiter genossenschaften in Barcelona und des Buchdruckerverbandes an und verfügte, dass die Mitglieder des leitenden Komitees, die aus Bar celona verschwunden sind, festzunehmen seien, g.