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Nr. 14 479 Buchgewerbe Buchdruck *** Buchbinderei * * *** Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung Sachliche Mitteilungen finden kostenfrei« Aufnahme Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Berliner Buchgewerbesaal Pflegschaft des Deutschen Buchgewerbe-Vereins, Frledrlchstr. 231 Die vom Deutschen Buchgewerbe-Verein veranstaltete Ausstellung von Gegenständen aus der deutschen buchgewerb lichen Gruppe auf der I. Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902 ist geöffnet Sonntag, 15. Febr., von 11—2 Uhr mittags. Der Eintritt ist frei. Berliner Buchgewerbesaal Vor ungefähr Jahresfrist wurde der Berliner Buchgewerbe saal seiner Bestimmung übergeben, und die grafischen Ver einigungen, welche seit jener Zeit ihre Sitzungen darin ab halten, haben die Annehmlichkeiten eines eigenen Heims schätzen gelernt und möchten auf keinen Fall darauf ver zichten. Wie aber allgemein bekannt ist, lag der Berliner Typo graphischen Gesellschaft, der Anregerin des Buchgewerbesaals, nicht blos daran, einen geeigneten Versammlungs- und Aus- stellungssaal für die verschiedenen Vereinigungen des Berliner grafischen Gewerbes zu beschaffen, sondern sie betrachtete den Buchgewerbesaal als den Ausgangspunkt zur Errichtung eines Gutenberghauses in Berlin, und als letztes Ziel plante sie eine grafische Hochschule für Belehrung und Anschauung. Demgemäss sind wir mit dem Vorhandensein des Buch gewerbesaals nicht am Ende, sondern am Anfang der Be strebungen zur weiteren Entwicklung des Buchgewerbes in Berlin und zur Heranbildung einer genügend grossen Zahl intelligenter Arbeitskräfte, um in dem immer schärfer werden den industriellen Wettbewerb auf dem Weltmärkte das deutsche Buchgewerbe nicht nur vor dem Rückgänge schützen, sondern auch zu weiteren Erfolgen fähig machen zu helfen. Hierzu wäre zunächst als Belehrungsmittel erforderlich eine möglichst vollständige Fachbibliothek, vielleicht durch Erweiterung der der typografischen Gesellschaft gehörigen. Sodann wären nötig Vorträge von hervorragenden Kunst gewerbe-Gelehrten und befähigten Fachmännern. Ferner wäre erforderlich die stete Auslage von Neuheiten aller Lieferanten des Buchgewerbes, damit nicht nur die Buchdrucker die letzten Neuheiten im Buchgewerbe zu überblicken, sondern auch die beteiligten Künstler jederzeit Gelegenheit finden, was im Kunstgewerbe-Museum nicht möglich ist. Eine fernere Notwendigkeit wäre die stete Auslage aller geeigneten Fach zeitschriften des In- und Auslandes und solcher Zeitschriften und Bücher, die in ihrer Ausstattung praktische Vorlagen für den wahrhaft künstlerischen Fortschritt unseres Gewerbes gewähren. Mit Recht gab Herr Kommerzienrat Büxenstein in seiner Eröffnungsrede dem Wunsche Ausdruck, dass das Ver ständnis für die Kunst im Buchdruck durch die Errichtung des Berliner Buchgewerbesaales nicht nur unter den Berufs angehörigen, sondern auch im Publikum mehr und mehr Ver breitung finden möge. Wenn diesem Wunsche aber entsprochen werden soll, dann ist es erforderlich, dass im Buebgewerbesaal nicht nur die verschiedensten Drucksachen ausliegen, welche zur Er ziehung des Publikums dienen können, sondern dass sie auch täglich zu bestimmten Stunden diesem Publikum zugäng lich gemacht werden. Dies ist wieder nur möglich durch An stellung von einem oder zwei geeigneten Beamten. Dazu gehört natürlich Geld, viel mehr Geld, als dem Buch gewerbesaal durch den Edelsinn einer Anzahl Vereinigungen, Firmen und Angehöriger des grafischen Gewerbes zufliesst. Nach meiner Ansicht ist es aber nicht so schwer, das er forderliche Geld heranzuschaffen. Zunächst muss dafür gesorgt werden, dass der Buchgewerbesaal dem grossen Publikum be kannt wird. Jetzt blüht er fast wie ein Veilchen im Ver borgenen. Ist er aber erst täglich geöffnet, wird von Zeit zu Zeit in den Tageszeitungen zum Besuch allgemein interessiren- der Vorträge im Buchgewerbesaal aufgefordert, dann wird sich mancher Freund des grafischen Gewerbes zu werktätiger Unterstützung bereit finden. Ich habe zu Berlin das Vertrauen, dass es ebenso viel Gemeinsinn wie andere Städte besitzt, und dass es nur der richtigen Anregung bedarf, um ihn auch für unser Gewerbe betätigt zu sehen. Aber mir schweben auch noch andere Quellen vor. Wir haben eine ganze Anzahl Personen in unserem Gewerbe, die es im Verlaufe ihrer Tätigkeit durch Fleiss und Tüchtigkeit zu grossem, manchmal sogar zu sehr grossem Vermögen ge bracht haben. Sollten diese, wenn sie am Abend ihres Lebens Rückschau halten, nicht bereit sein, bei den Bestimmungen über ihren Nachlass eine entsprechende Summe für den Buch gewerbesaal anzuweisen? Man braucht ja dabei nicht soweit zu gehen wie Dr. Alfred Nobel, der ursprünglich sein ganzes Vermögen den Kindern seiner Brüder vermacht hatte, aber später dieses Testament änderte und die bekannte Nobel- Stiftung schuf, weil er es für Unrecht hielt, Erben, selbst Leibeserben, über das hinaus, was sie zu ihrer Erziehung brauchten, Geldsummen zu geben, die sie nicht selbst er worben hätten. Eine grosse Erbschaft, so meinte Nobel, wäre der gesunden Entwicklung der Fähigkeit eines Menschen, sich selbst eine unabhängige Stellung zu verschaffen, oft hinder lich. Soweit braucht man ja nicht zu gehen; aber je nach dem Umfange des Vermögens, welches in unserem Gewerbe erworben wurde, könnte wohl ein Teil vom Erblasser dem Buchgewerbesaal überwiesen werden. Noblesse oblige gilt nicht blos für den Geburts-, sondern auch für den Geldadel. In anderen Ländern, und zwar nicht nur in solchen, die sich eines beson deren Wohlstandes erfreuen, wie z. B. Italien und Griechenland, hält es fast jeder grossgewordene Industrielle für eine nationale Ehrenpflicht, in seinem Testamente irgend welche Vereine oder Anstalten zu bedenken. Es ist daher gewiss kein unbilliger Wunsch, dass auch im Berliner Buchgewerbe dieses Beispiel Nachahmung finde und dem Buchgewerbesaal ähnliche Zu wendungen gemacht werden, damit diese gemeinnützige An stalt dem grossen Ziele allmälig entgegengeführt werden kann, welches der Typographischen Gesellschaft bei ihrer Errichtung vorgeschwebt hat. Dadurch würde zugleich Manchem Ge legenheit geboten, sich ein Denkmal zu setzen, wie er es sich schöner kaum wünschen kann, eine Gelegenheit, dauernd im Andenken der Berufsfreunde fortzuleben. Hermann Smalian Typographische Gesellschaft zu Leipzig Die Gesellschaft beschäftigte sich in ihrer Sitzung vom 4. Februar mit den von ihr aufgestellten Allgemeinen Satz-Regeln, welche von einer fünfgliedrigen Kommission, bestehend aus den Herren Westram, Peitz, Biener, Kaiser und Marschner, geprüft und umgearbeitet worden sind. Herr Westram als Referent bemerkte einleitend etwa Folgendes: Die vor etwa 20 Jahren von der Typographischen Gesellschaft zu Leipzig aufgestellten Satz-Regeln haben viel Gutes gewirkt und zur Klärung typografischer Fragen beigetragen, sie sind grundlegend und maassgebend geworden für Buchdrucker und Fachschulen. Inzwischen hat sich indess soviel geändert, dass eine Umgestaltung dieser Regeln notwendig ist. Eine ganz neue Richtung hat in der Buch ausstattung Platz gegriffen, und zudem ist die Setzmaschine all gemeiner geworden. Leider zeigt gerade der Setzmaschinensatz, wie wenig die Aueschlussregeln befolgt werden, denn hier kommt es nicht auf die Güte sondern auf die Menge des Satzes an, und die Verhält nisse haben sich eher verschlechtert als gebessert. Auch der Schnitt der Schriften ist anders geworden, und die heutige Auffassung über ein Seitenbild unterscheidet eich wesentlich von der früheren. Jedes Satzbild, auch die Seite eines Werkes, soll abgeschlossen erscheinen, diese Wirkung wird aber nicht erreicht, wenn der Satz zu weit gesetzt ist; zu enger Satz gibt ein verschwommenes und unklares Bild. Diese Veränderungen haben auch auf die Rubrikzeilen, auf Einzüge und Durchschuss Einfluss ausgeübt. An der Beratung der vor liegenden »Allgemeinen Satz - Regeln« nahmen sämtliche Anwesenden Teil. Man wurde nach längerer Aussprache darüber klar, dass der Normalzwischenraum für glatten Satz zu Gunsten des typografischen