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Nr. 13 PAPIER-ZEITUNG 443 Wänden und auf Tisohen ausgestellten Drucksachen, die etwa die Hälfte der in Turin ausgestellten Arbeiten darstellen. Dann ging der Vortragende auf die im Jahre 1904 kommende Aus stellung in St. Louis ein, die von den Veranstaltern in der Bedeutung der Pariser Weltausstellung geplant wird. Er führte aus, dass wohl äusser einigen Firmen, die grosse und kleine Buntdruckbilder nach Amerika verkaufen, im deutschen Buch gewerbe Niemand, selbst im günstigsten Falle, Vorteil von einer Beschickung dieser amerikanischen Ausstellung haben werde. Die Beteiligung könnte nur dann den für das deutsche Reich genügenden Umfang und Wert haben, wenn den Aus stellern keine Kosten erwachsen. Dies würde möglich sein, wenn der Buchgewerbeverein die Anordnung der Gruppe über nimmt. Die umfangreiche Arbeit würde der Verein gern über nehmen, müsste aber vom Reich noch besser mit Geldmitteln ausgestattet werden, als bisher vorgesehen ist. In St. Louis wird wahrscheinlich der deutschen Abteilung besondere Auf merksamkeit zu teil werden. Wohl besteht in den Vereinigten Staaten nur ein mangelhafter Schutz des Urheberrechts, dagegen bieten die öffentlichen Bibliotheken, welche in Amerika einen in der ganzen übrigen Welt unbekannten Reichtum ihr Eigen nennen, die Möglichkeit, auch geschäftliche Vorteile zu erreichen. Der Vortragende wies noch besonders hin auf die seit einigen Jahren in Deutschland bestehenden Bestrebungen zur Kunsterziehung und auf die Werke, welche dem Kinde die Kunst näher bringen sollen. Bei dem grossen Wert, den man in Amerika allgemein der Erziehung des Kit des beimisst, werden Anschauungsbilder, Jugendschriften und Bilderbücher Beachtung und wahrscheinlich auch Absatz gewinnen. Ausser dem ist auch mit der deutschen Bevölkerung Amerikas zu rechnen, die durch eine kräftige Beteiligung des Reiches an der Ausstellung in ihrem Deutschtum gestärkt würde und ausserdem einen guten Abnehmer deutscher Erzeugnisse dar stellen würde. Redner ging dann auf die kleineren Ausstellungen, die Wanderausstellungen des Buchgewerbe-Vereins, ein und betonte, dass diese Ausstellungen grossen Wert für die Ausbildung aller Angehörigen des Buchgewerbes bewiesen haben. Die weitere Ausdehnung dieser Ausstellungen sei nur durch die damit verknüpften hohen Kosten beschränkt. Die Pflegschaft Berlin des Buchgewerbe-Vereins hatte zuerst den Wunsch aus gedrückt, die Turiner Ausstellungssachen zu erhalten, und es sei ihm ein besonderes Vergnügen, in Berlin, wo vor etwa Jahresfrist der Buchgewerbesaal eingeweiht wurde, auch diese Ausstellung eröffnen zu können. Herr Oldenbourg dankte dem Redner im Namen der Pflegschaft Berlin für seinen lehrreichen und anziehenden Vortrag, der von den Zuhörern durch lauten Beifall anerkannt wurde. Stuttgarter Brief Anfang Februar 1903 Die in den letzten Jahren in Stuttgart veranstalteten kleinen Ausstellungen kamen in erster Linie dem Kunstgewerbe zu statten. Will man aber die verschiedenen Zweige des Buchgewerbes nicht zum Kunstgewerbe rechnen, so haben gerade die Angehörigen des Buchgewerbes den grössten Vorteil von diesen Ausstellungen. Die seit 2 Monaten eröffnete Ausstellung moderner Originallithografien übt immer noch grosse Anziehungskraft aus, denn berühmte Künstler, haben darin ihr Können in der Kunst Senefelders zur Schau gestellt und damit den Beweis erbracht, dass die Lithografie als künstlerisches Ausdrucksmittel stets bestehen wird, wenn auch das Gewerbe hart bedrängt wird von der Auto- und Zinkografie in Verbindung mit dem Drei- und Vierfarbendruck auf der Buchdruck- presse. Unter den Hunderten von Blättern, vom kleinen Ex-libris bis zum grössten Porträt, Landschaft und Gruppenbild, einfarbig und bunt, befinden sich vorzügliche Kunstschöpfungen. Äusser Holland sind die Städte London, Paris, Berlin, Frankfurt, Karlsruhe, Leipzig, München Nürnberg, Stuttgart und Weimar vertreten. Die Firma Brend’amour, Simhart & Co. in München-Düsseldorf hat in der Vorhalle unseres Gewerbe-Museums ihre Drei- und Vierfarben-Aetzungen sehr vorteil haft ausgestellt. Ansichtskarten, Köpfe, Gemälde, Landschaften, Plakate und Titel zu Reklamezwecken, teilweise in stilvollem Rahmen, nebst Probeabdrücken von Aetzungen zu gewerblichen und technischen Zwecken bezeugen die erweiterte Leistungsfähigkeit der Buchdruck- presse. Im gleichen Gebäude in der König Karls-Halle wurde ein grosses Rundgemälde aus Aufnahmen grossartiger Baudenkmäler Deutschlands, meist Kirchenbauten, zusammengesetzt. Diese Bilder sind von der Königl. Messbildanstalt in Berlin hergestellt und waren im letzten Jahre in Düsseldorf ausgestellt. In den Räumen des Württembergischen Kunstgewerbevereins, die sich auch im Gewerbe- Museum befinden, wurde vom Vorstand der Vereinigten Werk stätten, Herrn Professor F. A. 0. Krüger, eine Tapeten-Ausstellung eröffnet. Diese Ausstellung bildet den Anfang einer Reihe ähnlicher Veranstaltungen, welche den Zweck haben, den Besuchern die Ent wicklung der Farbentechnik während der letzten 80 Jahre vorzu führen. Neben sehr vielen Proben der gewöhnlichen Muster sind solche mit eingedruckten Figuren, Landschaften usw. sowie die moderne Künstlertapete zu sehen. Die ausgestellten Muster von 0. Eckmann, Walter Leistikow, R. Riemerschmid, Bernhard Pankok u. A. zeigen uns, dass auch wirkliche Künstler sich angelegen sein lassen, den Geschmack an Tapeten zu verbessern, indem sie durch Muster und Barben künstlerisch wirken; hoffentlich gibt das kaufende Publikum diesen Anregungen bald Folge. Der erzieherische Wert dieser Ausstellungen ist sehr bedeutend. Dass auch die Arbeiter darauf bedacht sind, zur Vervollkomm nung ihres Berufes beizutragen, hat der Stuttgarter Maschinenmeister verein bewiesen, indem er kürzlich eine Ausstellung von Ausschnitten veranstaltete, welche in einem Zurichtekursus hergestellt waren. Wenn auch die mechanischen Bilder-Zurichteverfahren, namentlich das Dethleffs’sche. probeweise in mancher Druckerei Eingang finden, wird doch die Kraftzurichtung ebensowenig entbehrlich wie der Hand satz trotz der immer wenn auch langsam sich mehrenden Auf stellung von Zeilengiessmaschinen. Wenn die Arbeitslosigkeit nicht von der Bildfläche verschwindet, so wird der Kampf um Stellungen immer heftiger werden, und die werden am ersten unterliegen, welche mangelhafte technische Ausbildung erfahren haben. Wenn auch die Zahl der arbeitslosen Buchdrucker etwas nach gelassen hat, so ist sie mit etwa 80 immer noch hoch. Geradezu typisch ist es aber, dass im hiesigen N. Tagblatt kürzlich ein ver heirateter tüchtiger Schriftsetzer demjenigen eine Belohnung von 60 M. versprach, der ihm eine Kondition verschafft. Am 2 Februar hat hier die von der Stadtverwaltung angeordnete 2. Arbeitslosen-Zählung stattgefunden. Diese Selbstzählung stellte 619 männliche und 6 weibliche Personen als gänzlich arbeitslos und 260 männliche und JO weibliche Personen mit verkürzter Arbeits zeit fest; zusammen 895 Personen gegen 1110 Personen bei der ersten Zählung am 10. November. Der Staatsminister Pischek als Vorsitzender der Verwaltungs kommission der König Karl Jubiläums-Stiftung hat eine Bekanntmachung erlassen über Bewerbung um Zuwendungen aus dieser Stiftung. Geleistet werden: 1. Beiträge zur Unterstützung bestehender oder Einführung neuer Hausindustriezweige in armen Gemeinden Württem bergs; 2. Reisestipendien an besonders befähigte junge Leute der kaufmännischen und technischen Berufe zum Zweck weiterer Aus bildung oder zur Pflege und Erweiterung der Handelsbeziehungen an Hauptplätzen der Industrie oder in den für die heimische Erzeugung in Betracht kommenden Ausfuhrgebieten; 3. Unterstützung von Ein richtungen zur Förderung des Kleingewerbes, besonders Beiträge zur Beschaffung von Triebkräften und Maschinen; 4. Verleihung der Medaille der König Karl-Jubiläumsstiftung für tüchtige Arbeiter und Bedienstete, welche in einem und demselben Geschäft oder Betrieb langjährige treue und erspriessliche Dienste geleistet haben. (Für gewerbliche Betriebe sind mindestens 38 Jahre Dienstzeit in einem und demselben Geschäft notwendig.) Die Stuttgarter Akademie der bildenden Künste und die Kunst gewerbeschule, an denen auch in Lithografie, Kupferstich und Holz schnitt unterrichtet wird, haben diesen Winter 110 und 120 Schüler. Die erst im letzten Jahre in Stuttgart eingerichtete Lehr- und Ver- suchswerkstätte zählt 27 Schüler. S. Handprobe der Schriftgiesserei Gentesch & Heyse in Hamburg. Vor einigen Wochen erschien die neue Handprobe der Schrift giesserei Gentzsch & Heyse in Hamburg. Der starke Oktavband umfasst die wichtigsten Erzeugnisse der Firma in übersichtlicher Anordnung. Durch besondere Titel auf farbigem Papier ist der Inhalt in Brotschriften, Auszeichnungsschriften und Akzidenz schriften geordnet; daran schliessen sich Schriften für fremde Sprachen, Ziffern und Zeichen, Initialen und als letzte Abteilung Einfassungen, Ornamente und Zierleisten. Das ganze Material hat auf 536 Seiten in vorzüglicher und bequemer Weise Platz gefunden. Ein alfabetisches Inhaltsverzeichnis gleich hinter dem Titel erspart langes Suchen bei gelegentlichem Gebrauch, während eine längere Einleitung den Leser mit der Einrichtung und dem Plan des Buches genauer vertraut macht. Von dieser Einrichtung ist als neu und empfehlenswert hervor zuheben, dass jede Schriftgarnitur nur eine besondere Nummer erhalten hat. Die Römische Antiqua hat z. B. Nr. 125; der Nonpareille-Grad wird dann mit Nr. 12506 bezeichnet, Petit mit Nr. 12508, Corpus mit Nr. 12510; es wird also nur die Zahl der Punkte zu der Nummer gefügt. Für die Bestellung einer Schrift ist dann nur die Angabe der Nummer erforderlich. Die Schriftgiesserei ersucht ihre Geschäftstreunde die Probe nicht zu zerschneiden und bietet für besondere Fälle auch einzelne Probeblätter bestimmter Schriften an. Bei dieser Gelegenheit wird wieder darauf hingewiesen, welche grossen Vorteile das sogenannte Normalsystem oder das System Didot und die Pariser Normalhöne hat. Da das ganze Schriftenlager auf dies System und diese Höhe gegossen ist