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396 PAPIER-ZEITUNG Nr. II Stoff- und Feuchtigkeits-Verluste 4122. Frage: Bei der Papierfabrikation rechnet man bekannt lich mit sogen. Stoffverlueten, d. h. aus 100 kg Rohstoff — nehmen wir hier Zellstoff an — fertigt man keine ICO kg Papier, wenn die mit den Abwässern verloren gegangenen Stoffe nicht durch einen guten Stofffänger wiedergewonnen werden, and wenn man den Leim und die Farbe unberücksichtigt lässt, mit welchen die Stoffe beschwert worden waren. Es kommt allerdings auch vor, dass man aus 100 kg lufttrockenem Zellstoff 100 kg Papier fertigt, wenn der Stoff gut ge leimt, mit Farben entsprechend beschwert, mässig trocken gearbeitet und der Fangstoff berücksichtigt war. Ein Kollege unseres Faches behauptete jüngst, man rechne bei der Papierfabrikation mit zweierlei Verlusten und zwar a) mit Stoff verlusten und b) mit Gewichtsverlusten, sofern der Zellstoff nur luft trocken gekauft worden sei Ich habe widersprochen und behauptet, dass auch das Papier nur lufttrocken zur Verwiegung gelangen könne, weil etwa zu trocken gearbeitetes Papier in den feuchten Papier fabriksräumen die Luftfeuchtigkeit wieder aufsauge, und dass man deshalb in der Papierfabrikation nur mit Stoffverlueten rechne, d. h. wenn man aus 100 kg Zellstoff 95 kg Papier gefertigt habe, dann seien 5 pCt. Stoffverluste entstanden. Ich habe weiter behauptet, dass man deshalb den Zellstoff luftfeucht berechne, weil auch das Papier nur im luftfeuchten Zustande zur Berechnung gelange, und man ab solut trocknes Papier im Handel gar nicht kenne. Man pflege bei Papier den Trockengehalt nicht anzugeben, ich hätte aber schon Papier gesehen, welches bei der Prüfung auf Trockengehalt 79 pCt. Trockensubstanz und 21 pCt. Feuchtigkeit enthalten habe, und welches doch verkaufsfähig gewesen sei. Man kenne auch keinen absolut trocknen Zellstoff, weil man den zu trocken gearbeiteten Zellstoff ebenfalls vor der Aufsaugung der Luftfeuchtigkeit nicht bewahren könne, wohl aber werde absolut trocknet Zellstoff in Rechnung ge stellt, bei welchem dann der absolute Trockengehalt durch Proben be rechnet worden wäre. Wir sind nun übereingekommen, diesen Streit durch Sie schlichten zu lassen und bitten Sie deshalb um Ihre Meinungsäusserung. Die Fragen lauten: 1. Ist es richtig, dass man bei der Papierfabrikation nur mit Stoff- Verlusten rechnet? 2. Lassen sich Feuchtigkeits-Gewichtsverluste vermeiden, wenn man den Zellstoff lufttrocken 88:100 gehandelt hat, und man das Pa pier auch nur im lufttrocknen Zustande 88:100 verkauft? 8. Können Luftfeuchtigkeits-Gewichtsdifferenzen entstehen, wenn der Zellstoff in trocknem (also absolut trocknem) Zustande gekauft worden ist, und das Papier in der üblichen Weise zur Versendung gelangt? Antwort: Zu 1. Ja. 2. Ja. Papier wird in lufttrocknem Zustand, d. h. mit so viel Feuchtigkeit als es bei gewöhnlicher Temperatur aufnimmt, verkauft, und nicht mit 12 Teilen Feuchtigkeit auf 88 pCt. Trockenstoff. Der Preis des Zellstoffs richtet sich zum Teil auch nach dem Zuschlag von Luft-Feuchtigkeit, der bei dem Verkauf vereinbart wird. 3. Das bezahlte Trockengewicht des Zellstoffs ist von der Versendung unabhängig, da es stets durch Versuch ermittelt werden muss.J Verantwortlichkeit des[BauleitersE 4I23.J (Frage: Für einen Neubau- beauftragte ich einen Archi tekten mit der Leitung, wofür er als Entschädigung einen festgesetzten Prozentsatz der Gesamt-Rechnungen, also der Gesamt-Baukosten er hält. Sämtliche eingegangene Rechnungen für Lieferungen zu dem Bau wurden dem Herrn zur Prüfung überwiesen, war er dann nicht auch verpflichtet, die Lieferung selbst auf ihre Richtigkeit zu prüfen oder prüfen zu lassen? Wie sich nachträglich herausstellt, wurden einige eiserne Säulen ohne weiteres aufgestellt, obwohl das dafür angesetzte Gewicht sehr zu bezweifeln ist. Muss der Bauleiter für sich nachträglich herausstellende Unrichtigkeiten aufkommen? * k Antwort: Der Bauleiter ist verpflichtet, aarüber zu wachen, dass die für den Bau gelieferten Gegenstände vertragsmässige Beschaffenheit haben. Zur Nachwiegung eiserner Säulen ist er aber, wenn diese von einem anständigen Hans gekauft sind, nicht verpflichtet, da die dazu nötigen Hundertstel-Wagen nicht überall zur Verfügung stehen, und der Lieferer durch Wieg schein erforderlichenfalls die Richtigkeit nachweisen muss. Für etwaigen durch unrichtiges Gewicht verursachten Schaden bleibt Lieferer haftbar. Provisions-Reisende 4124. Frage: 1. Ist es Handelsbrauch, dass Papier- und Pappen- Grosshandlungen Reisende lediglich auf Provision anstellen? 2. Wieviel Prozente werden in diesem Falle gewährt? Antwort: 1. Wir Ikennen keinen Handelsbrauch der ge fragten Art. Unseres Wissens ist die überwiegende Mehrzahl der Papier-Reisenden auf Gehalt und Provision angestellt. 2. Die Provisions-Sätze sind so verschieden, dass sich kein Durchschnitts-Satz angeben lässt. Pergament-Ersatz 4125. Frage: Inliegend sende ich einen Bogen Pergament-Er satz, welches den Uebelstand zeigt, dass es sich bei Benutzung sofort an den Rändern aufrollt und dadurch dem Konsumenten Schwierig keiten bereitet, indem es bei flottem Geschäftsgänge das Einwickeln zu sehr aufhält. Ausserdem macht dieser Uebelstand es fast unmög lich, das Papier zu drucken, mindestens wird der Druck sehr teuer, weil das Aufrollen den Druck sehr aufhält und dadurch Geld kostet. Ich bitte Sie um Ihr unparteiisches Gutachten, woran dies liegt, und ob der Fabrikant dieses Papiers, welches meine Kunden nicht mehr abnehmen wollen, verantwortlich für diesen Uebelstand ist, oder ob es nicht in der Hand des Fabrikanten liegt, diesen Uebelstand zu vermeiden. Antwort: Das uns eingesandte Papier ist tadellos gear beitet, so gut wie man es überhaupt erwarten kann. Jedes Papier rollt aber auf, wenn es ungleiche Befeuchtung erfährt, wie schon oft in diesen Spalten nacbgewiesen wurde. In höherem Grade als bei gewöhnlichem Papier ist dies bei solchen Arten der Fall, die wie imitirtes Pergament-Papier aus gallertartig zer- mahlenen, Fasern bestehen. Annahme-Weigerung 4126. Frage: Bin Zigarrenhändler bestellte bei meinem Reisenden 1000 Zigarrenbeutel mit einer anderen Firma. Einige Tage später bestellte derselbe für sich 20 000 Zigarrenbeutel mit seiner Firma. Er hat inzwischen dem Reisenden gesagt, »ich muss die bestellten Zigarrenbeutel haben«. Der Reisende hat dies auch im Kontor gesagt. Nun nach 6 bis 8 Wochen sind die 20 000 Zigarrenbeutel fertig, werden geliefert, aber der Besteller verweigert die Annahme, »jetzt brauche er die Beutel nicht mehr, er hat schon auswärts welche bestellt«; drei Tage später wurden auch die zuerst bestellten Zigarrenbeutel fertig und abgeliefert, er hat sie angenommen und bezahlt. Wie habe ich mich gegen den Zigarrenhändler zu verhalten? Antwort: Der Käufer der 20000 Zigarrenbeutel war nicht berechtigt vom Vertrag zurückzutreten, weil Fragesteller diese nicht rechtzeitig geliefert hat. Er hätte, als die Lieferung zur richtigen Zeit nicht erfolgte, dem Fragesteller eine angemessene Nachfrist stellen müssen. Da er dies nicht getan hat, lief der Vertrag weiter, und bleibt der Kunde bei seiner Weigerung, so kann ihn Fragesteller auf Abnahme verklagen. Auf Abruf 4127. Frage: A. in B., Inhaber eines Manufakturwaren-Geschäftes, bestellte am 5. Dezember 1901 25 Mille Ansichtspostkarten zum Preise von 20 M. pro Mille, 10 Mille davon abzunehmen im März 1902, den Rest von 15 000 Stück auf Abruf (ohne genauere Zeitangabe). Zah lungs-Bedingung: 8 Monate Ziel oder 2 pCt. Kasse. Während die ersten 10 Mille Postkarten ohne Anstand akzeptirt wurden, verweigert der Besteller die Annahme meiner Sendung vom 12. Dezember 1902, enthaltend den Rückstand seines Auftrages mit 15 Mille Postkarten. Die Gründe der Weigerung des Käufers sind aus dem beiliegenden Schriftstücke zu ersehen. Ausserdem stellt mir A. mehr gelieferte 628 Karten (bestellte Menge 25 Mille) zur Verfügung. Es handelt sich bei dieser Menge um einen Nachdruck von vier verschiedenen Dessins. Wenn die Lieferzeit auf Abruf ohne Zeitangabe vereinbart ist, so bin ich meines Erachtens berechtigt, die Abnahme der Karten nach Ab lauf eines Jahres zu fordern. Ich glaube mich dabei auf ein kürzlich ergangenes, gleichlautendes Erkenntnis des Reichsgerichts berufen zu dürfen. Ferner auch auf den Beschluss der Buch- und Steindrucker Deutschlands, welche durch Versammlungen in allen Teilen des deutschen Reiches als Handelsbrauch bei Abnahme auf Abruf in unbestimmter. Zeit aufgestellt haben, dass die Uebernahme der Waren nach Ablauf eines Jahres zu erfolgen hat. Antwort: Es gibt keine Reichsgerichts - Entscheidung, welche die Wartezeit bei Abrufkäufen allgemein feststellt und kann auch keine geben, weil die Fälle sehr verschieden sind. Es gibt nur Gutachten von Handelskammern, welche die Frist auf ein Jahr bemessen, und es scheint sich auch ein derartiger Handelsbrauch heranzubilden. In Nr. 5 gaben wir jedoch unter »Etiketten auf Abruf« eine Entscheidung wieder, wonach sich die Abruffrist weit über ein Jahr erstrecken kann, wenn Abruf »nach Bedarf« bedungen war. Im vorliegenden Fall war lediglich »auf Abruf« gekauft und mit Rücksicht darauf, dass Postkarten je nach ihrer Art als Saison- oder Modewaren gelten können, erscheint ein Jahr Lieferzeit als angemessen. Das Jahr beginnt jedoch nicht mit dem Tag der Bestellung, wie Fragesteller anzunehmen scheint, sondern mit der Ablieferung der letzten festbestellten Ware, es läuft also von März 1902 bis März 1903. Die Mehrlieferung von 628 Karten sollte vom Besteller nicht beanstandet werden, da er ohnehin noch 15 000 abzunehmen hat, dagegen darf die Gesamt-Lieferung ohne seine Zustimmung nicht über 25 000 betragen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung Berlin W 9 erbeten Druck von A. W. Hayn’e Erben, Berlin SW, Zimmer-Strasse 29