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Nr. II PAPIER-ZEITUNG 365 wozu ihn seine Kenntnisse vollauf befähigten. Hier gewann er die Freundschaft und Achtung seiner Mitbürger. Im Kreise seiner Frau und seiner Kinder starb Robert am 8. August 1828 im Alter von 66 Jahren. Seine sterbliche Hülle ruht im Friedhöfe von Vernouillet bei Dreux. Otto Vetter Ladenverkauf. - Höfliche Bedienung Ich sah dieser Tage in der Auslage des X.'sehen Papiergeschäfts in Y. einen Füllfederhalter, und da ich die Absicht hatte, einen solchen zu kaufen, trat ich in den Laden, an Herrn X. die Frage richtend, ob er mir den Federhalter zeigen wolle. Diesem Wunsche entsprach er auch, schon im Voraus erwähnend, dass er für diesen billigen Federhalter keine Garantie übernehme, dagegen würde er mir einen andern, erheblich teureren, empfehlen können. Den teureren zu nehmen, konnte ich mich nicht entschliessen, und so bat ich den Herrn, da ich nicht den Laden verlassen wollte ohne etwas gekauft zu haben, um einen Griffelkasten. Ich hatte indess die Rechnung ohne den Wirt gemacht, und — Herr X. gab mir keine Antwort, vielmehr ging er zu seinem jungen Mann, dem er die Worte zurief: »Gehen Sie einmal dorthin, vielleicht haben Sie mehr Glück als ich«. Es scheint also, dass der genannte Herr die Meinung Ver tritt, man müsse das nehmen, was er gerade anbietet. Ich gab den Fall in Freundeskreisen zum besten und hörte bei dieser Gelegenheit, dass eine junge Dame im gleichen Geschäft ein ähnliches Erlebnis erfuhr: Sie kaufte daselbst eine Kleinigkeit, wie solche in Papiergeschäften doch so oft verlangt werden, und legte in Ermangelung von kleiner Münze ein 10 M.-Stück auf das Zahlbrett. In nicht freundlichem Tone musste sie anhören: »Ich verbitte mir, wenn Sie einen Einkauf für 10 Pf. machen, Ihnen 10 M. wechseln zu sollen«. Was soll man zu einet derartigen Benehmen seitens des Geschäfts inhabers sagen? Z. Die Schreibwarenhändler sind vielgeplagte Menschen, und es ist begreiflich, wenn ihnen beim pfennigweisen Vertreiben ihrer Waren die Geduld zuweilen auszugehen droht. Kein Kaufmann sollte aber seinen Unmut an seinen Kunden aus lassen, denn je höflicher er sie behandelt, desto öfter werden sie wiederkommen. Es ist zwar verständlich aber rücksichts los, wenn der Geschäftsherr den Kunden bedient, der eine Füllfeder kaufen will, den Verkauf eines Griffelkastens aber dem jungen Mann überlässt; der Zuruf war für den Kunden verletzend. Das Wechseln eines 10 M.-Stücks bei Einkauf für 10 Pf. ist zwar lästig, aber manchmal ebenso unvermeidlich wie am Schalter der Eisenbahn, in den Pferdebahnen usw. Solche unzweideutig zur Schau getragene Unlust der Be dienung in Fällen, wo keine erhebliche Einnahme zu erwarten ist, treibt die Käufer in die grossen Bazare, wo sie Alles be sehen und erfragen können ohne sich unter moralischem Kauf zwang zu fühlen. Der Käufer besinnt sich dreimal, ehe er eines der kleinen Geschäfte betritt, welche er, wie oben richtig ausgedrückt, nicht verlassen will, ohne wenigstens etwas ge kauft zu haben, während er in grossen Bazaren keinen der artigen Zwang empfindet. Wer die Mühe scheut, einem Kunden 10 M. zu wechseln, oder ihn nicht gleich höflich verabschiedet, ob er nach längerem Suchen nichts oder viel gekauft hat, ist für den Ladenverkauf ungeeignet. Wenn es den Händlern nicht ge lingt, den Käufern das Gefühl zu nehmen, dass sie sich beim Betreten ihres Geschäfts in eine Mausefalle begeben, aus der sie nicht ungerupft herauskommen, werden sie den Bazaren immer mehr das Feld räumen müssen. In den grossen Pariser Kaufhäusern Bon march, Louvre usw. be kommt man nicht nur unter allen Umständen höfliche Aus kunft, sondern erhält auch sein Geld zurück, wenn man nach nicht zu langer Zeit die gekaufte Ware aus irgend welchen Gründen zurückbringt. Schreiber dieses brachte ein vor einer Woche im Bon marohe gekauftes Damenkleidungsstück dahin zurück und er hielt ohne viel Erklärung sofort den Kaufpreis dafür. Dies ge schieht, obwohl Pariser Damen, wie man sagt, Kleider aus diesen Geschäften mehrmals tragen und dann zurückgeben. Nach der Erfahrung der Weltgeschäfte ist es also vorteilhafter, sich den Missbrauch gefallen zu lassen, als dem Publikum weniger Vorteile zu bieten. Man darf annehmen, dass Miss brauch der erwähnten Art nur selten vorkommt, dass aber weitgehendstes Entgegenkommen den Kreis der festen Kund schaft stetig erweitert und die durch Missbräuche erwachsen den Verluste mehr als ausgleicht. Die Händler müssen hieraus die Lehre ziehen, dass stets gleichbleibende Höflichkeit und Gefälligkeit beim Publikum immer Anerkennung finden und mit Sachkenntnis, Tüchtigkeit und Fleiss gepaart zum Erfolg führen. Die Kunst der Erhaltung der Kundschaft In Nr. 98 v. Js. erschien ein Inserat von 0. B., Buchdruckerei- Buchhalter, Schlossstrasse 4, G , in welchem die Schrift: »Die Kunst der Erhaltung der Kundschaft« zum Preise von 80 Pf. an- geboten wird. Der Neugierde wegen kaufte ich ein Exemplar für 80 Pf. und erhielt ein mit der Schreibmaschine geschriebenes Schrift stück, dessen Inhalt ich Ihnen in Abschrift beifolgend zusende. Meiner Ansicht nach bietet der Herr Inserent garnichts Neues, da die angepriesene Methode schon längst in jeder geordneten Buchdruckerei eingeführt ist. Es wird sich fragen, ob es nicht im Interesse Ihrer Zeitung und im Interesse der Buchdruckereien liegt, wenn Sie in Ihrem Blatte eine Warnung erscheinen lassen und das Treiben dieses jungen Herrn in fetter Schrift als das bezeichnen, was es ist. Ich überlasse Ihnen die einliegende Abschrift zur freien Ver fügung. Alter Bezieher ♦ * * Ich habe auf die am 7. Dezember in Nr. 98 der Papier-Zeitung erschienene Anzeige Nr. 142 710 ein Buch »Die Kunst der Erhaltung der Kundschaft« bei 0. B. in G bestellt und meinem Briefe die geforderten 80 Pf. in Marken beigefügt. Bis heute habe ich jedoch weder Buch noch irgend welche Antwort erhalten. Glauben Sie, dass Zusendung noch erfolgt, oder haben Sie ähnliche Klagen gehört? Y. Wer für ein Schriftwerk mit diesem Titel die verlangten 80 Pf. einsandte, konnte nicht erwarten, über die schwierige Frage volle Aufklärung zu erlangen, denn die Kunst der Er haltung der Kundschaft kann nicht aus Büchern sondern nur durch die Erfahrung erworben werden. Immerhin erscheint es ziemlich unverfroren, für zwei geschriebene Quartseiten, die nur Gemeinplätze wiedergeben, 80 Pf. zu fordern. Noch schlimmer ist es aber, wenn der Anzeigende für die 80 Pf. garnichts schickt. Wir empfehlen, den Anzeigen-Aufgeber durch Postkarte zur Einsendung der bezahlten Schrift aufzu fordern, und wenn solche nicht erfolgt, gegen ihn gerichtlich vorzugehen. Andere Klagen über Nichtsendung haben wir nicht erhalten. Schriftleitung Probenschau Glückwunsch- und Trauerkarten von Albert Oesterreicher, Luxuspapierfabrik in Leipzig. Bei allen möglichen, sowohl freudigen wie traurigen Veranlassungen ist es Gebrauch Bekannten und Angehörigen durch reichverzierte Karten die eigene Teilnahme an ihrer Freude oder Trauer oder auch gute Wünsche für die Zukunft auszudrücken. Dieser Sitte ent spricht die neue Mustersammlung obiger Firma, welche von dem Geburtstagsglückwunsch bis zur Beileidskarte für jede Gelegenheit besonders ausgestattete Karten enthält. Zwischen der einfachen auf farbigen Karton mit Gold- oder Silberdruck geprägten Karte und der mit Tüllstickerei und schwarzen Perlen sowie mit Seidenband verzierten Trauerkarte, die auf der Einlage äusser einer grossen Vignette ein langes Beileids gedicht trägt, liegen viele eigenartige und schöne Ausstattungen. Aus der grossen Zahl seien verschiedene Konfirmationskarten als besonders hübsch hervorgehoben; sie sind sämtlich Doppel karten und werden von farbigen Seidenschnüren oder Bändern zusammengehalten. Die Vorderseite ist durch farbige Engel bilder, durch eine fein gedruckte und geprägte Landschaft oder durch eine Blumengruppe verziert. Die Einlagen sind mit geeigneten, meist gereimten Glückwünschen bedruckt. Auch die Gratulationskarten zur Hochzeit, die meist in zart grüner Grundfarbe gehalten sind, zeichnen sich durch ge schmackvollen mässigen Schmuck aus. Besondere Beachtung verdienen die Trauerkarten, die bei Sterbefällen als Beileids kundgebungen versandt werden sollen. Die einfachsten dieser Karten haben schwarzen Karton und Silberbronzesohrift. Bei den teureren Karten dieser Art treten schwarze Seidenschnüre, Prägung und Stanzarbeit mit Tüllfüllung dazu. Aufgeklebte Glasflitter verzieren die geprägten Blumen, und gut gewählte Gedichte haben auf der Einlage der Doppelkarten Platz ge funden. Äusser den Glückwunschkarten, die unter Umschlag als Brief versendet werden sollen, fertigt die Firma auch Postkarten mit mannigfachem Bilderschmuck, die gleichfalls zu Glückwünschen geeignet sind. Z. B. ist eine ganze Serie für Namenstagsgratulationen bestimmt, drei andere Serien sind für das Osterfest bestimmt und tragen scherzhafte Bilder, die auf die Ostergebräuche Bezug nehmen, während eine Kartenserie mit ansprechenden kleinen Landschaften und je einem ge prägten Bilde eines Maikäfers für die Versendung zu Pfingsten bestimmt ist. Die Karten sind sämtlich mit gutem Geschmack und grosser Sorgfalt angefertigt.