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Zustimmung seiner Eltern, deren Lage durch Unglücksfälle aller Art sich sehr schlimm gestaltet hatte, trat Robert am 23. April 1780 in das »Grenoble-Artillerie« genannte Kanonier- Regiment ein, dessen erstes Bataillon in Calais in Garnison lag. Etwa 15 Monate nach seinem Eintritt in die militärische Laufbahn schifite er sich mit einem nach Amerika gehenden anderen Regiment, dem er auf seinen Wunsch zugeteilt worden war, ein, um am Unabhängigkeitskriege teilzunehmen. In diesem zeichnete er sich, wie einwandsfreie Zeugen bekunden, durch Tapferkeit und Kaltblütigkeit aus. Nach Frankreich zurückgekehrt, fand Robert im Jahre 1794 bei Peter Franz Didot Beschäftigung als Korrektor. Dieser hatte seinem Sohn Didot Samt-Leger die ihm gehörende Papier fabrik abgetreten und ihm geraten, sich Robert’s Mitarbeit zu sichern und ihn zum Aufseher zu ernennen. Hier in Essonnes, dem noch heute durch seine Papier fabriken bekannten Städtchen im Departement Seine-et-Oise, war es Robert ziemlich schwer gemacht, die ihm unterstehen den Arbeiter, an Zahl etwa 300, in Ordnung zu halten, da deren Geister durch die grosse Revolution, deren Zeugen sie zum Teil gewesen, in nicht geringe Aufregung versetzt worden waren. Doch gerade um unter diesen misslichen Verhält nissen von den Arbeitern weniger abzuhängen, gebar sein Geist die Idee der Schaffung einer Maschine zur Herstellung von Papier, wobei ihm seine Kenntnisse der Mathematik und Mechanik zu Hille kamen. Didot Samt-Leger, in seine Pläne eingeweiht, stellte ihm das zur Verwirklichung nötige Material zur Verfügung, Ein erstes Modell wurde fertiggestellt, war jedoch noch weit davon entfernt, den Wünschen des Erfinders zu ent sprechen. Vollständig von seiner Tagesarbeit in Anspruch ge nommen, musste Robert für eine Weile die Maschine ver lassen. Den Ermutigungen Didot’s gelang es jedoch, den Er finder von neuem seinem Werke zuzuführen, und nach 5 Jahren rastloser Versuche und Studien gelang ihm ein neues Modell einer Maschine zur Herstellung langer Papierbahnen. Leider erlaubten ihm seine bescheidenen Mittel nicht, ein Patent zu erwerben, weshalb er sich an den Minister des Innern mit folgendem Schreiben wandte: Paris, am 23. Fructidor des Jahres VI (d. i. der 9. September 1798) Bürger Minister! Seit mehreren Jahren bin ich in einer der bedeutendsten Papierfabriken der Republik beschäftigt. Lange habe ich darüber nachgedaeht die Herstellung des Papiers zu ver einfachen, besonders die zeitraubenden Handgriffe zu ver meiden, vor allem aber, wie man ein Papier von einer un gewöhnlichen Ausdehnung ohne menschliche Hilfe, nur auf rein mechanischem Wege, fabriziren könne. Endlich bin ich, nach vielen Versuchen und Ausgaben, soweit gelangt, eine Maschine fertig zu stellen, die dem mir vorgeschwebten Ziel entspricht: Ersparnis von Zeit und Arbeitslohn und Her stellung von Papier in einer Länge von 12—15 Metern. Dies sind in wenigen Worten die Vorteile meiner Maschine, die ich beim Bürger Didot, Industrieller in Essonnes, gebaut habe. Wahrheitsgemäss muss ich gestehen — und hier ist der Ort es zu sagen — dass ich bei diesem tatkräftige Unterstützung gefunden habe; seine Werkstätten, seine Arbeiter, ja selbst sein Geld wurden mir zur Verfügung gestellt mit jener Gross mut und jenem Vertrauen, die man nur bei den wahren Freunden der Kunst findet. Aber ich kann und darf nicht mehr diese Güte missbrauchen in dem Augenblick wo ich mich an Sie, Bürger Minister, wende, um das Erfindungspatent zu er bitten, das mir mein Eigentum sichern soll. Meine Vermögens umstände erlauben mir jedoch leider weder die Taxe des Patents, das ich auf eine Dauer von 15 Jahren ausgestellt haben möchte, noch die Herstellungskosten eines Modells zu bezahlen. Deshalb bitte ich Sie, Bürger Minister, Sachver ständige zu bezeichnen, die meine im Grossen ausgeführte Maschine untersuchen sollen, und nach ihrem Bericht mir mein Patent ohne Kosten zu übermitteln im Hinblick auf den grossen Nutzen meiner Erfindung. Robert Darauf ging folgende Antwort des Ministers ein: Paris, am 14. Vendemiaire des Jahres VI (d. i. der 5. Oktober 1798) der französischen einen und unteilbaren Republik Bürger! Mit Aufmerksamkeit habe ich die mir unterm 23. Fructidor gesandte Zuschrift gelesen, worin Sie mir klarlegen, dass Sie der Erfinder einer Maschine sind, die Papier von einer ausser ordentlichen Ausdehnung und zwar ohne menschliche Beihilfe herstellt. Sie fügen bei, dass Sie die Absicht haben, sich das Eigentumsrecht Ihrer Erfindung durch ein Patent zu sichern, dass aber Ihre gedrückte Lage Ihnen nicht erlaubt, die Kosten des Patents noch die des Modells zu tragen. Auch wünschen Sie, dass ich Kommissäre mit dem Auftrag ernenne, sich nach Essonnes zu begeben, um dort Ihre Maschine zu prüfen, und dass Ihnen, infolge des abzustattenden Berichts, das Er findungspatent gratis zugestellt werde. So gross auch der Wert Ihrer Erfindung sein mag, kann ich Sie nicht von der Bezahlung der Taxe be freien, die die Gesetze vom 7. Januar und 25. Mai 1791 vor schreiben. Hält jedoch die Maschine das von Ihnen An gegebene, so wird es mir Vergnügen machen, der Regierung vorzuschlagen, dass Sie an den Unterstützungen teilnehmen, die diese den Erfindern von nützlichen Gegenständen be willigt. Ich habe die Mitglieder des Konservatoriums der Künste und des Handwerks beauftragt, einen ihrer Zeichner nach Essonnes zu schicken. Da dieser den Plan Ihrer Maschine aufnehmen soll, bitte ich Sie, Bürger, ihm alle nötigen Be lehrungen zu geben. Heil und Brüderlichkeit! Francois de Neufchateau Am folgenden 14. Frimaire (d. i. 4. Dezember 1798) erhielt Robert zu seiner grossen Freude einen zweiten Brief des Ministers, der also lautet: Bürger! Ihrer Eingabe entsprechend, habe ich die Zeichnungen Ihrer Maschine zur Herstellung von Papier aussergewöhnlichen Formats von Kunstverständigen prüfen lassen. Aus deren Be richt geht hervor, dass die Maschine nützlich ist und die Auf merksamkeit der Regierung verdient. Bei diesem Sachverhalt haben Sie, denke ich, ein Anrecht auf nationale Be lohnung und wird Ihnen zur weiteren Ermutigung die Summe von 3000 Frank ausbezahlt werden. Der Vorsteher der Oberrechnungskammer meines Ministeriums wird Ihnen die zur Erhebung des Geldes nötige Vollmacht sofort ausstellen. Sie erkennen an dieser Gunst, Bürger, das Interesse, das ich am Fortschritt in den Künsten nehme; auch wünsche ich, dass diese Unterstützung Sie in die Lage versetze, noch weiter an der Entwicklung der Industrie mitzuwirken. Heil und Brüderlichkeit! Francois de Neufchateau Dank dieser Beihilfe erwarb Robert am 29. Nivose des Jahres VII (18. Januar 1799) sein Patent. Er war damals 37 Jahre alt. Im besten Mannesalter stehend, im Besitz eines Patents von dieser Wichtigkeit, schien sich Robert, so denkt man, eine glückliche Zukunft aufzutun. Dem war leider nicht so, auch er teilte das Loos der meisten Erfinder und Ent decker. Zuerst kam es zu Streitigkeiten mit seinem ehemaligen Herrn über die Ausbeutung seiner Erfindung, die mit Prozessen vor den Gerichten endeten. Dann errichtete Robert in Darnetal, in der Nähe von Rouen, eine Papierfabrik, die er infolge Mangels an Kapital schliessen musste. Nach Paris zurück gekehrt, trat er in Unterhandlungen mit Didot Saint-Leger; diesem trat er die Rechte seines Patents für die Summe von 27 400 Frank ab. Hiervon wurden 24 000 Frank sofort bezahlt, der Rest sollte durch die Erzeugnisse der Papier mühle in Essonnes gedeckt werden, • deren Leitung Robert übernahm, während Didot nach England reiste, um dort die Maschine bekannt zu machen und womöglich noch mehr zu vervollkommnen. Länger als 5 Jahre hielt sich Didot in England auf. War dessen lange Abwesenheit auch von grossem Vorteil für die Papier-Industrie im Allgemeinen, so führte sie doch zugleich zum Ruin der Anstalten in Essonnes. Abermals stellten sich finanzielle Schwierigkeiten ein; dazu brach ein Aufruhr unter den für ihre Existenz fürchtenden Arbeitern aus — die Folge war der abermalige Schluss und Verkauf der Fabrik. Robert geriet von neuem in eine traurige Lage. Dazu liess seine Gesundheit damals viel zu wünschen übrig. Seine Mittel wurden aufgezehrt, und es gelang ihm nicht das nötige Geld zur Erneuerung seines Patents aufzubringen, das im Jahre 1814 ablief. Nach so vielen Jahren voller Arbeit und Studien, die schliesslich doch von Erfolg gekrönt wurden, befand sich Robert nun ohne Stellung und ohne Mittel. Doch liess er sich nicht von der Verzweiflung völlig niederdrücken. Um seine Familie zu erhalten, gründete er in Dreux, einem Städtchen im Departement Eure-et-Loire, eine Primärschule,