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Nr. 6 PAPIER-ZEITUNG 177 Kauf auf Abruf Wir bitten über nachstehenden Fall Ihr Dafürhalten, da wir darüber nicht recht klar werden. Einer unserer Kunden bestellte im September 1901 vier Ansichtskarten zu 2600 Stück = 10 000 Stück, die Hälfte lieferbar Frühjahr 1901, der Rest auf Abruf. Zur Her stellung musste der Besteller die vier Vorlagen kostenlos einsenden. Er tat dies aber nicht, sondern sandte erst auf vieles Drängen im Februar 1901 nur zwei Vorlagen. Von diesen zwei Karten sandten wir ihm schon im Mai 1901 die ganzen Auflagen zu, berechneten ihm indessen nur die Hälfte, die andere Hälfte wollten wir später be rechnen. Da uns der Kunde während eines Jahres über die restliche Hälfte, die sich bereits in seinen Händen befand, nichts mitteilte, glaubten wir im Rechte zu sein, ihm nun auch den Reet (zur Zahlung innerhalb drei Monaten) im Juni 1902 berechnen zu können. Er gibt nun an, er habe die erste Hälfte der zwei Karten noch nicht ganz verkauft, wolle daher die zweite Hälfte noch nicht übernehmen. Er habe den Rest »auf Abruf« gekauft und brauche ihn erst nach Jahren, wenn Bedarf vorliegt, zu übernehmen und zu bezahlen. Kann die Klausel »auf Abruf« beliebig lange ausgedehnt werden, wenn es sich um einen Modeartikel wie hier — Ansichtskarten — handelt? Kann sich diese allerdings ungenügend präzisirte Klausel bis in die Ewigkeit fortsetzen? Die restlichen zwei Vorlagen sandte uns der Kunde trotz unserer häufigen Aufforderungen erst im Frühjahr 1902, und wir lieferten ihm nach Fertigstellung von diesen zwei Karten seines Auftrages je die Hälfte, die restlichen Hälften lagern noch bei uns und wurden dem Kunden noch nicht berechnet. Müssen wir auch auf Abruf dieser Reste ein Jahr oder länger warten, oder muss der Kunde, der ja mit der Einsendung der Vor lagen vertragsbrüchig ist — er hätte die vier Vorlagen laut Kom- missionszettel unmittelbar nach Erteilung seines Auftrages einsenden sollen — die Reste gleich übernehmen? KunstansUüt Wie au dieser Stelle unter gleicher Ueberschnit oft er örtert wurde, ist bei einem Kauf auf Abruf die Zeit der Ab nahme nicht in die Willkür des Käufers gestellt, der Abruf muss vielmehr in angemessener Zeit erfolgen. Da es sich hier um Postkarten handelt, so fallen die vom Verein Deutscher Steindruckereibesitzer festgestellten Handelsbräuche ins Ge wicht, nach welchen Lcht- und Steindruckarbeiten, wenn auf Abruf gekauft, spätestens ein Jahr nach der ersten Teillieferung abgerufen werden müssen. Da die erste Teillieferung im Mai 1901 erfolgte, so wäre danach Besteller verpflichtet, spätestens im Mai 1902 abzurufen und drei Monate nach Aoruf, d. h. im August 1902, zu bezahlen. Fragesteller könnte also den Betrag für die übersandten, aber nicht übernommenen 2500 Karten nach den ersten zwei Vorlagen nebst Zinsen vom August an vom Be steller im Notfall auf dem Rechtswege fordern. Nach der in Nr. 5 unter »Etiketten auf Abruf« abgedrnckten obergericht- liehen Entscheidung erscheint es aber möglich, dass das Gericht nicht auf Grund dieses Handelsbrauchs sondern danach entscheiden wird, ob der Käufer Bedarf hatte. Besteller hatte sich verpflichtet, für die restlichen 5000 Karten vor Frühjahr 1901 die zwei Vorlagen zn liefern. Vorausgesetzt, dass der Besteller Kaufmann ist, lag hier ein Spezifikationskauf nach § 376 HGB vor, und als der Besteller mit der näheren Bestimmung, d. h. mit der Ueber- Sendung der Vorlagen in Verzug kam, war Fragesteller be rechtigt, unter Beachtung des im § 326 vorgeschriebenen Ver fahrens Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu fordern. Frage steller hat dies nicht getan, er hat dem Besteller anscheinend auch nicht unter Androhung der Sehadenersatzforderung eine Nachfrist zur Einsendung der Vorlagen gewährt, sondern ge wartet, bis der Besteller im Frühjahr 1902 die Vorlagen lieferte. Infolge dieser Unterlassung hat Fragesteller den Kunden nicht »in Verzug gesetzt« (Ausdruck des Bürgerl. und Handels-Gesetzbuches), demnach gilt auch für diese zwei Muster im günstigsten Fall der Handelsbrauch, dass die Abrufsfrist ein Jahr nach der ersten Teillieferung, also bis Frühjahr 1903, währen darf. Schulschreibhefte im Regierungsbezirk Frankfurt - Oder Die Schuldeputation der Stadt Guben brachte am 23. De zember 1902 folgende von der Kgl. Regierung in Frankfurt a. Oder am 1. Dezember erlassenen Normalbestimmungen über die Beschaffenheit der Hefte in den Volke- und Mittelschulen des Bezirks Frankfurt a. 0. zur öffentlichen Kenntnis mit dem Bemerken, dass von Ostern 1903 ab Hefte von anderer Be schaffenheit in den städtischen Schulen nicht mehr zugelassen werden. 1. Das Papier soll holzfrei und mindestens 18 sein, stark genug, damit die Schrift nicht durchscheine, gut geleimt und ge glättet, damit die Tinte nicht verläuft und die Feder nicht ausspritzt, also weder rauh noch glänzend. 2. Die Form: Hochquart im Reichsformat, etwa 17 cm breit, 21 cm hoch. Der Seitenrand von 3 cm ist durch eine starke Linie (Doppellinie) abzuscheiden. Längsquartformat ist ausgeschlossen. 3. Die Linien dürfen nicht punktirt, sondern müssen voll aus gezogen, scharf und farbensatt sein, entweder blau oder blaugrün. 4. Die Doppellinien sind so zu ordnen, dass die drei Buchstaben- längen für Grund-, Hoch-, oder Tief- und Langbuchstaben bei deutscher Schrift das Verhältnis von 1:3:5, bei lateinischer Schrift von 1: 21/2 : 4 aufweisen. Der für die Grundbuchstaben bestimmte Mittelraum be trage bei deutscher Schrift für die Anfangsstufe des Heftschreibens 4 mm und verengere sich im Fortgange der Uebung allmälig auf 3 und 2‘/2 mm, sodass sich drei Liniaturen ergeben (1:4,12,20 mm, II: 8, 9, 15 mm, III : 21/2, 71/2, 121/ mm). Für die lateinische Schrift ist der Mittelraum auf 4 bezw. 8 mm zu bemessen (Linlatur 1: 4, 10, 16 mm, II : 8, 71/2, 12 mm). 5. Die einfachen Linien sollen für die Mittelstufe 18 mm, für die Oberstufe 12 mm Entfernung haben. Auf der Oberstufe sind, ins besondere für den Aufsatz, auch Hefte ohne Linien zu verwenden. Der Rand, der ebenfalls durch eine starke Linie abzuscheiden ist, darf in diesen nicht liniirten Heften abweichend von der Bestimmung unter Nr. 2, 4 cm breit sein. 6. Richtungslinien sind ausgeschlossen. 7. Sonstige Beschaffenheit der Hefte: Die Stärke betrage 16—24, in den Aufsatzheften der Oberstufe höchstens 82 Blätter. Sie sollen mit Fäden geheftet und in einen steifen, blauen, nicht aus zwei Blättern zusammengeleimten Umschlag gefasst sein. Auf den vorderen Deckel ist ein weisses Schild fest aufzukleben. Es ist bedauerlich, dass in dem Regierungs-Erlass die un verständliche und offenbar unrichtige Bezeichnung des Papiers als »13pfündig« enthalten ist. Im Papierhandel ist das metrische Gewicht längst allein üblich, und in den kgl. preussischen Papiernormalien wird das Gewicht von 1000 Bogen Papier be stimmter Grösse nur in Kilogramm angegeben. Probenschau Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaren - Faches die Neues oder Bemerkenswertes bieten, kostenfrei beschrieben Ansichtspostkarten von Frits Grandt, Kunstverlag in Berlin SW, Jerusalemerstr. 3/4. Dieser Verlag beschäftigt sich mit Heraus gabe von Autotypie- und Lichtdruckkarten, die von Hand kolo- rirt sind. Die uns gesandten Muster wurden zum Teil nach Gemälden, zum Teil nach fotografischen Aufnahmen lebender Personen gefertigt; unter letzteren zeigt die Serie »Gefundene Herzen« ein Liebespaar in verschiedenen Stellungen, und »Die fünf Sinne« schildern die Naschhaftigkeit eines kleinen Mädchens. Beide Serien sind gut kolorirt. Die nach Gemälden gefertigten Karten haben volkstümliche Poesie, z. B. Müllerlieder, zum Gegenstand, und die Bilder werden durch Verse erläutert. Für die Lichtdruckkarten wurde Kupferdruckkarton verwandt, während die autotypischen Bilder auf Kreidekarton gedruckt sind. Kaisertafelkarten von Heyne & Erbs, Luxuskartenfabrik in Finsterwalde N.-L. Die Firma fertigte vier verschiedene Muster von Tafelkarten für Kaisers Geburtstag, welche auf glattem und rauhem Karton das blindgeprägte Medaillonbild des Kaisers in scharfem Druck tragen. Als weiterer Schmuck dienen die goldgeprägte Kaiserkrone, Lorbeer- und Eichenzweige und deutsche Fahnen, beides geprägt und kolorirt. Die Karten sind sowohl einfach wie als Klappkarten zu haben, und die Ecken sind mit schrägem Goldschnitt verziert. Vergl. Anzeige auf Seite 181. Schwäbische Briefmarken-Anslchtspostkarten von Gebr. Mets in Tübingen. Aus Anlass der Einführung der deutschen Einheits marke wurden von obiger Firma im März 1902 acht Karten mit den Nachbildungen der bisherigen württembergischen Marken herausgegeben. Weil die Markenbilder auf diesen Karten sehr getreu nachgebildet waren, verbot die Behörde den Verkauf, bis die abgebildeten Marken dem Verkehr voll ständig entzogen seien. Daher durften die Karten nicht vor dem 1. Januar 1903 verkauft werden. Äusser den Marken bildern, die mittels Steindruck vorzüglich wiedergegeben sind, wurden noch vier Abschiedsgedichte von W. Widmann und R. Kien auf den Karten abgedruckt, die der wehmütigen Stimmung des Partikularisten beim Aufhören eines Reservat rechtes Ausdruck verleihen.