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Buchdruck *** *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Sachliche Mitteilungen finden kostenfrei« Aufnahme Buchgewerbe Buchbinderei * * * * * Buchhandel Nr 5 Mitarbeiter und Berichtsretattoz erhalten angemessene Bezahlung Fraktur oder Antiqua? Prof. Dr. Kirschmann in Toronto hatte Amerikaner kennen gelernt, welche sich Studirens halber mehrere Jahre in Deutsch land aufhielten, sich aber nicht dazu verstehen konnten, in Frakturschrift gedruckte Bücher zu lesen (vergl. Nr. 98 der Papier-Zeitung von 1902). Wie viele Amerikaner oder Aus länder es im Allgemeinen gibt, die auf demselben Standpunkte stehen, entzieht sich allerdings der Feststellung. Dass nicht alle Ausländer diesen Standpunkt einnehmen, dürfte jedoch daraus hervorgehen, dass in einer Anzahl Lehrbüchern der deutschen Sprache für Ausländer die Frakturschrift verwendet wird, also doch wohl in der Annahme, dass man Deutsch mit wirklichem Nutzen nur unter Zuhilfenahme der Fraktur lehren kann. Und zwar sind es Bücher, die sowohl in Deutschland wie im Auslande verlegt werden. Hierher sind zu rechnen die im Verlage von Julius Groos in Heidelberg erscheinenden Grammatiken, Methode Gaspey- Otto-Sauer. Vor mir liegt eine solche unter dem Titel: »First German Book«, verfasst von Dr. Emil Otto, revidirt und durch gesehen von Prof. Dr. Franz Lange, Lehrer an der Königl. Militär-Akademie zu Woolwich, früher Examinator für deutsche Sprache und Literatur an der Viktoria-Universität zu Manchester. In diesem Buche werden die Lernenden nicht blos mit Frakturdruck-, sondern auch mit Frakturschreibschrift bekannt gemacht. In letzterer sind sogar viel mehr Ligaturen (Compound Consonants) als in der Berliner Handfibel von Otto Schulz, nämlich die folgenden: ccssschsp ft th Diese Grammatik muss doch im Allgemeinen für nützlich gehalten werden, denn im Jahre 1896 lag bereits die achte Auflage vor. In London, und zwar im Verlage von Hodder and Stoughton, erscheint ein Buch unter dem Titel: »Der kleine Lehrer or First steps to German Conversation. For the use of young beginners«. Alles Deutsche ist darin ebenfalls in Fraktur ge druckt, und 1891 war bereits eine achte revidirte Auflage her ausgekommen. In Paris, im Verlage von Hachette & Cie., erscheint monatlich zweimal seit 14 Jahren: »Deutsche Zeitung für die französische Jugend« (Journal allemand pour les jeunes Franais), deren ganzer Text aus Fraktur gesetzt ist. Wäre also der Widerwille des Ausländers gegen die Fraktur so allgemein, wie hie und da behauptet wird, dann wäre diesen genannten und noch verschiedenen ähnlichen Ver lagswerken sicherlich nicht eine so lange Lebensdauer be- schieden gewesen. Tatsächlich sind auch den Amerikanern und Engländern die Formen der Fraktur nicht so unbekannt wie man vielleicht meint. Gotische und selbst Kanzleischriften kommen oft zur Verwendung, allerdings nicht als Buch-, son dern als Titel- und Zierschriften. Die Zeitungsköpfe vieler englischer Zeitungen sind frakturartig (schattirte Gotisch). Die alte und grosse Londoner Schriftgiesserei H. W. Caslon & Co. hat ganze Garnituren derartiger Schriften in Matrizen aus Deutschland gekauft, z. B. die Gutenberg-Gotisch von Bauer & Co. (Black Nr. 4), die breite Kanzlei der Schriftgiesserei Flinsch (Expanded Black), die Favoritschrift von Wilhelm Woellmer’s Schriftgiesserei (Teuton Text) u. m. Sie würde die Matrizen sicherlich nicht erworben haben, wenn sie sich nicht ein dauerndes Geschäft mit den daraus gegossenen Typen versprochen hätte. Es sind auch nicht die Formen der Fraktur an sich, welche den Widerwillen der Ausländer erregen, sondern die zu grosse Aehnlichkeit einer Anzahl Buchstaben, z. B. c und e, f und f, n und u, A und U, 58 und V usw., welche abschreckt. Man muss sich immer vorstellen, dass ein Ausländer die Fraktur im Anfang ähnlich behandeln muss, wie es unsere Kinder in der Schule tun müssen, d. h. sie müssen die einzelnen Buch staben der Worte leicht erfassen können. Je weniger hierbei Verwechslungen möglich sind, je schneller sind die Fortschritte. In den modernen Fraktur-Buchschriften ist ja auch schon eine bessere Unterscheidung ähnlicher Buchstabenformen angestrebt, und es ist vielleicht kein Fehler, wenn man darin noch weiter geht, nicht blos mit Rücksicht auf die Ausländer, sondern auch auf unsere Kinder. Vielleicht entschliesst sich aber auch ein guter deutscher Verlag dazu, zunächst einmal unsere Klassiker Goethe, Schiller und Lessing in Antiqua herauszugeben. Aus der Nachfrage des Auslandes nach diesen Büchern würde sich ja dann erkennen lassen, ob unsere Fraktur bisher wirlich die Ursache war, dass diese Dichter im Auslande nicht in der Weise bekannt und geschätzt wurden, wie sie es verdienen. Auf die Kosten würde ein Verleger mit diesem Versuche ge wiss kommen, da ja auch sicherlich die deutschen Antiqua freunde ihre Bibliothek mit einer solchen Klassiker-Ausgabe ausstatten würden. Ausserdem wäre ein praktischer Versuch zur weiteren Einführung der Antiqua gemacht, der gewiss nicht ohne Nachfolge bliebe. Hermann Smalian Stuttgarter Brief Neujahr 1903 Den Angehörigen des Buchgewerbes hat das alte Jahr wenig Gutes gebracht. Die allgemeine wirtschaftliche Krise hat sich 1902 eigentlich erst voll entwickelt und das Buch- und Papiergewerbe derart in Mitleidenschaft gezogen, dass man im Allgemeinen sagen kann: weniger Arbeit, gedrückte Preise und knapper Verdienst waren die Kennzeichen von 1902. Die in Stuttgart bestehenden 104 Verlagefirmen drücken der Stadt den Stempel des Verlagsplatzes auf, und da das Zeitungs wesen mit anderen Grossdruckstädten, wie z. B. München, Frankfurt, Hamburg usw. sich nicht messen kann, so sind die 65 Stuttgarter Buchdruckereien und auch teilweise die grösseren Steindruckereien vorwiegend auf den Verlag angewiesen. Wird der Absatz des Buch handels infolge der schlechten Zeiten geringer, so haben Autoren, Buchdruckereien, Schriftgiessereien, Buchbindereien, Papierhandlungen und -Fabriken, sowie die verschiedenen Zweige des Buchhandels darunter zu leiden. Ziffernmässig lässt sich so etwas nur bei den veröffentlichten Bilanzen der Aktiengesellschaften und an den Arbeits losen der organisirten Arbeiter nachweisen. Hier sind es vornehm lich die Buchdrucker, welche auf Grund ihres aus der Tarifgemein schaft entsprungenen Arbeitsnachweises allwöchentlich die Zahl ihrer Arbeitslosen veröffentlichen. Einige Wochen vor Weihnachten war die Zahl der arbeitslosen Buchdrucker etwas geringer geworden, in der letzten Woche des alten Jahres aber wieder auf 128 gestiegen. Mancher Buchdrucker hat im letzten Jahre schon eine andere Be schäftigung ergriffen, und Mancher wird im neuen Jahre diesem Bei spiele folgen müssen, da kaum zu hoffen ist, dass diese über schüssigen Arbeitskräfte in absehbarer Zeit wieder untergebracht werden können. Auch die Schriftgiesserei hat sehr unter der Krise und den sich stetig mehrenden Zeilengiessmaschinen zu leiden. In Stuttgart stehen zur Zeit deren 9 und 2 Thorne-Setzmaschinen. Unter den verschiedenen Druckarbeiten hat wohl nur die An sichtspostkarte zugenommen. Der Absatz der einzelnen Karten und die Auflage dürfte aber gegen früher sehr zurückgegangen sein, weil fortgesetzt immer wieder Neuheiten erscheinen, die die früher er schienenen Karten mit ähnlichen Ansichten zu verdrängen suchen. Nachdem nun auch die Warenhäuser sich dieses Artikels bemächtigt haben, ist auch hier der Verdienst stark verringert. Auch sonst haben sich die Warenhäuser und Bazare auf viele Artikel geworfen, durch welche Buchbinder-, Buchhändler- und Papierwarenläden arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Nicht nur Bilderbücher, Alben, Romane, Kochbücher usw. werden zu geringeren Preisen feilgeboten, auch unsere Klassiker müssen den Bazaren als Reklame dienen. Unter solchen Umständen wird die Gründung neuer Geschäfte fast zur Unmöglichkeit. Nur einzelne kleinere Verlagsfirmen, Buch bindereien und Papierhandlungen wurden im letzten Jahre gegründet, ferner eine Buchdruckerei, u. z. die des Motallarbeiter-Verbandes unter der Firma Alexander Schlicke & Co., Teilhaber sind A. Schlicke, Th. Werner und G. Reichel, Vorstandsmitglieder dieses Gewerkvereins. Mit Be ginn dieses Jahres wird hier die früher in Nürnberg gedruckte Metall arbeiterzeitung ihrer grossen Auflage wegen auf einer Zwillings- Rotationsmaschine hergestellt. Der Neubau dieser Druckerei und ihre Einrichtung kann geradezu als mustergiltig bezeichnet werden. Dio Schriftgiesserei Bauer & Co., Filiale der Aktiengesellschaft H. Berthold in Berlin, bezog im letzten Jahre einen stattlichen Neu-