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PAPIER-ZEITUNG 3783 Zeitschriften, welche nicht bloß die Spalten füllen, sondern die Leser auch wirklich belehren wollen, derartige Berichte erst dann veröffentlichen, wenn das Manuskript oder die Korrektur von dem Vortragenden durchgesehen sind, was ja in den meisten Fällen keine besonderen Umstände macht. Dann ließe sich vielleicht auch mancher wieder zu Vorträgen herbei, der bisher davon Abstand nahm angesichts der überstürzten Be richterstattung. Und nun noch eine persönliche Bitte. Einer der Berichte beginnt mit den Worten: »Am 30. Oktober sprach der be kannte Fachschriftsteller Hermann Smalian usw.« Das ist jedenfalls recht gut gemeint, aber der Titel kommt mir nicht zu. Das verhältnismäßig Wenige, was ich schreibe, berechtigt nicht zu diesem Titel. Er kann nur von denen in Anspruch genommen werden, die die Fachsehriftstellerei beruflich be treiben, und das ist bei mir nicht der Fall. Es genügt also vollkommen, wenn mein Name da, wo es notwendig ist, ohne jeden Titel genannt wird. Und ist ein solcher wirklich mal erforderlich, dann trifft der Titel »Buchdrucker« das Richtige, denn der bin ich geblieben trotz dreißigjähriger Tätigkeit im Schriftgießereigewerbe; ich bin sogar der Meinung, daß ich erst hierdurch zu einem vollkommeneren Buchdrucker ge worden bin. Hermann Smalian Frankfurter Brief Frankfurt a. M., 21. Dezember Der Geschäftsgang im Buchdruckgewerbe, über den in den letzten Monaten nichts Besonderes zu berichten war, hat sich bis Anfang Dezember' so gehoben, daß keine Arbeitslosen mehr vorhanden waren. Durch die vor acht Tagen erfolgte Fertigstellung des »Neuen Frank furter Adreßbuches« haben sich die Verhältnisse des Arbeitsmarktes leider wieder ungünstiger gestaltet. Die Schriftgießereien hatten bisher gut zu tun. Das eben erwähnte Adreßbuch, das auf Grund freundschaftlichen Uebereinkommens mit dem bisherigen Verleger Herrn Reinhold Mahlau an die Firma August Scherl übergegangen ist, aber wie bisher von der Firma Mahlau & Waldschmidt hergestellt wird, weist bei völlig neuer Ausstattung (auch Fraktur statt Antiqua) wesentliche Ver mehrung und Verbesserung seines Inhalts auf. Dabei ist der Preis von 8 und 10 auf 6 und 8 M. herabgesetzt worden. Unter dem Titel »Kaufmännische Zeitung« erscheint hierselbst von jetzt ab monatlich zweimal ein »Organ zur Wahrung der Interessen der deutschen Kaufmannschaft«. Der »Allgemeine Anzeiger für Druk- kereien« (Verlag von Klimsch & Co.), der jetzt seinen 80. Jahrgang vollendet, geht von Neujahr ab vom wöchentlich einmaligen zum zweimaligen Erscheinen über. In der Druckerei der »Frankfurter Zeitung« wurde unlängst die vierte Linotype aufgestellt. Mit Hilfe des Maschinensatzes erscheint nunmehr bereits in dem von 7 Uhr abends ab gedruckten ersten Morgenblatt der Hauptteil des ausführlichen Berichtes über die Reichs tags-Verhandlungen. Dieser Bericht ist danach in Frankfurt früher'zu lesen als ihn die meisten Berliner Blätter veröffentlichen. Die hiesigen und benachbarten Buchhändler hatten wiederum ge meinsam einen umfangreichen und schön ausgestatteten Weihnachts- Katalog und Literarischen Ratgeber herausgegeben. Unter den kunstgewerblichen Neuheiten auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt war auch die Luxuspapier-Industrie gut vertreten. In Briefbogen und Umschlägen sind taubengraue Farben beliebt. Es ist indessen eine alte Klage in diesem Zweig der graphischen Kunst-Industrie, daß ihre neuen eigenartigen Muster von unlauterem Wettbewerb im In- und Ausland sofort nachgeahmt werden. Die Stil wandlung und die Aenderung in der Geschmacksrichtung ist darum hier noch häufiger als auf den übrigen Gebieten der kunstindustriellen Erzeugnisse. Auf dem Gebiete der Ansichtskarten laufen neben schönen, wirklich künstlerischen Mustern doch auch rechte Geschmacklosigkeiten unter. Der Magistrat gibt im Selbstverläge einen neuen amtlichen Plan von Frankfurt und Umgebung heraus, der zwölf Blätter umfaßt und im Maaßstab 1 : 6000 gezeichnet ist. Die Pacht für Straßenbahn - Fahrschein - Anzeigen ist im neuen städtischen Voranschlag mit 10 000 M. gegen 4000 M. im Vorjahre ein gestellt; die Verpachtung der Deckenflächen in den Motorwagen zeigt einen Rückgang von 80 000 auf 26 000 M. Dem Personal in der Druckerei des »General-Anzeiger« wurde wiederum eine schöne Weihnachtsfreude bereitet: jeder ständig daselbst Beschäftigte erhielt 26 M., die vorübergehend nur für die Wochen vor Weihnachten Eingestellten 15 M. Der »General-Anzeiger« zählt zur Zeit 110 000 Bezieher. Die hessischen Handelskammern hielten kürzlich hierselbst eine Zu sammenkunft ab, die über die einheitliche Einteilung sämtlicher Jahresberichte Beschluß faßte. Ferner soll in Rücksicht auf die Verwendung der Jahresberichte im Auslande der Druck in Antiqua erfolgen. Die im Oktober erfolgte Uebersiedlung der Freibibliothek und Lese- hallen in die neu ermieteten Räume in dem Baublock der Aktien gesellschaft für kleine Wohnungen an der Stoltzestraße bedeutet einen weiteren Markstein in der Geschichte dieses gemeinnützigen Instituts. Der Bildung eines Maschinensetzer-Vereins ist im Oktober auch die Gründung einer Typographischen Gesellschaft gefolgt. Zusammenkünfte der Gesellschaft finden jeden Montag im »König von England« (Fahr gasse 94) statt. Der Maschinenmeister-Verein hat auch in diesem Winter wieder Fachkurse veranstaltet. Der Buchdrucker-Stenographen-Verein Gabelsberger eröffnet anfangs Januar einen Anfängerkurs. Der hiesige Bezirksverein des Verbandes der Deutschen Buchdrucker gewährt zu Weihnachten wieder den arbeitslosen Mitgliedern eine Extra-Unterstütung, und zwar verheirateten 6, ledigen 4 M. Der Wettbeiverb der Druckereien hat hier einen geradezu rätsel haften Fall gezeitigt. Eines unserer besten mittleren Geschäfte verlor den seit Jahren besorgten Druck eines Weihnachts-Kataloges, weil eine andere Firma einen um gerade 1000 M. billigeren Preis gestellt hatte: 1200 statt bisher 2200 M. (ohne Papier)! Es läge wohl im all gemeinen gewerblichen Interesse, wenn dieser bemerkenswerte Fall dem Ehren- und Schiedsgericht des Deutschen Buchdrucker-Vereins unterbreitet würde. Claudius Eine neue Vereinigung von Künstlern hat sich in München gebildet unter dem Namen der »Zwölfer-Klub«. Zweck der Vereinigung ist die Herausgabe einer modernen, illu- strirten Halbmonatsschrift mit dem Titel »Kunst und Leben«. Die Illustrationen werden von den Künstlern auf Stein gezeichnet und die bestgelungenen ganzseitigen Blätter vierteljährlich in Mappenform in den Kunsthandel gebracht. Weitere Ziele der Vereinigung sind: Ver anstaltung von Ausstellungen, auch kunstgewerblichen Inhalts, Propa ganda und Tat für künstlerischen Schmuck der Straße, wie Firmen schilder, Plakate in Bild und Plastik usw. Ordentliche Mitglieder sind nur die zwölf Gründer. In der am 14, Dezember stattgefundenen Ver sammlung wurden gewählt: 1. Vorsitzender Kunstmaler Karl Jozsa; 2. Vorsitzender E. Gino Parin; Ausschußmitglieder: Bildhauer Vittorio Hüttner, Kunstmaler Aug. Hajduk. Außerordentliche Mitglieder haben folgende Bedingungen zu erfüllen: 1. Eine hervorragende Leistung auf künstlerischem Gebiete im weitesten Sinne; 2. Jahresbeitrag von 24 M. Unterstützende Mitglieder sollen einen einmaligen Beitrag von mindestens 60 M. leisten. Rechte der Mitglieder sind: 1. Mitarbeit an der Halbmonatsschrift; 2. Gratisbezug derselben; 8. Teilnahme an sämtlichen Ausstellungen der Vereinigung; 4. Freier Eintritt in diese, und für unterstützende Mitglieder noch Gratisbezug einer Kunstmappe jährlich nach freier Auswahl, y Buchdrucker-Ausstände. Wie dem »PesterLloyd« aus Szatmär,Ungarn, gemeldet wird, haben dort alle Buchdrucker und Schriftsetzer die Arbeit eingestellt. K. Nach einem Telegramm des »Leipz. Tagebl.« sind im ganzen Kanton Tessin sämtliche Buchdrucker und Setzer ausständig. Die Zeitungen können nicht erscheinen. K. Einfuhr verbotenen Lesestoffs. Etwa 60 Exemplare des Bilse’schen Romans »Aus einer kleinen Garnisonstadt« wurden am 17. Dezember auf dem Zollamt in Marienburg, Westpreußen, beschlagnahmt. Die Sendungen waren an dortige Buchhändler und Private gerichtet und kamen aus Wien, wo der Roman nach seiner Beschlagnahme in Deutschland verlegt wird. (National-Ztg.) Geh. Kommerzienrat Georg Jänecke *. Am Sonntag, 20. Dezember, verstarb nach längerem Leiden der Geheime Kommerzienrat Georg Jänecke, der Seniorchef der Königlichen Hof-Buchdruckerei und Verlags handlung Gebrüder Jänecke und der Firma Gebr. Jänecke & Schnee mann in Hannover. Der Verstorbene hat während eines arbeitsreichen, von seltenem Erfolge gekrönten Lebens stets den allgemeinen beruf lichen Angelegenheiten seine Dienste geweiht. Er gehörte dem Deutschen Buchdrucker-Verein seit dessen Begründung, seit mehr als 26 Jahren dem Hauptvorstande desselben, und seit Errichtung der Buchdrucker-Berufsgenossenschaft dem Genossenschafts-Vorstande an und leitete die provinziale Verwaltung dieser Korporationen wie auch den engeren Kreis der Berufsgenossen seiner Vaterstadt. Georg- Jänecke erlernte in dem in bescheidenem Umfange begründeten Ge schäft seines Vaters die Buchdruckerkunst, vervollkommnete seine Ausbildung in Wien und Leipzig und kehrte 1848 nach Hannover zurück, wo er die später in den »Hannoverschen Courier« umgewandelte »Norddeutsche Zeitung« gründete und das väterliche Geschäft zu hoher Blüte entwickelte. Bei seiner Beerdigung waren außer den Vorständen der genannten Vereinigungen, den Herren B. Heimann-Berlin und Joh. Bänsch-Drugulin-Leipzig u. A. erschienen die Buchdruckereibesitzer Bolle-Berlin, Persiehl-Hamburg, Westermann-Braunschweig sowie die Vorstände und Mitglieder der Hannoverschen Buchdruckereibesitzer- Vereinigung sowie mehrere andere graphische Vereinigungen. Auch der Regierungspräsident v. Philipsborn, mehrere Magistrats-Mitglieder, Generalfeldmarschall Graf Waldersee, Eisenbahn-Direktions-Präsident Wiesner, Bezirkskommandeur Frhr. von Collenberg u. A. gaben dem Toten das letzte Geleit. Büchertisch Papier-Warenzeichen 1894—1902. Der Preis dieses in Nr. 101 besprochenen Buches ist nicht 6 M. sondern 4 M. SO Pf.