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PAPIER-ZEITUNG 2815 die Freihandel-Flugschriften herausgeben. Am tätigsten ist die »Frei handel-Union«, die schon 14 Millionen Pamflete hat hinausgehen lassen und jetzt wöchentlich zwischen 500 000 und 750 (MIO versendet. Diese Flugschriften beschäftigen sich nur mit der Frage der Lebens mittelsteuern nach ihren verschiedenen Seiten. Die »Unionist Free Food League« hat seit dem 25. Juli wöchentlich durchschnittlich 50000 Flugschriften versandt. Das gibt im ganzen 350 000. Dabei wächst die Tätigkeit der Liga mit jeder Woche. Für die laufende Woche sind 180 000 bestellt, was die »Förderung« jeder früheren Woche weit in den Schatten stellt, Ganz ebenso tätig sind die »Liberal Lea gue« und das »Liberal Publication Department«. Man könnte meinen, daß eine künstlich gesteigerte Zirkulation leicht zu erzielen ist, wenn die Flugschriften willigen und unwilligen Empfängern gleichermaßen zugestellt werden. Das ist aber nicht der Fall. Die Freihandel-Union läßt die Gesuche, die täglich zu tausenden einlaufen, erst prüfen, und wenn man meint, daß der Bewerber mehr verlangt hat, als er wirklich gebrauchen kann, so wird die Anzahl der ihm gesandten Flugschriften dementsprechend beschränkt. Aber das ungeheure Angebot an Flug schriften genügt noch lange nicht der Nachfrage. Die Union wird mit jedem Tag geschäftiger, zwischen 8 bis 9 Millionen werden jetzt allein zum Gebrauch in den »Home Countiese vorbereitet. Sie sind jetzt fertig zum Hinausgehen und bringen die Gesamtsumme der Freihandel- Flugschriften auf eine ungeheure Höhe. Die Behandlung des Themas ist in den Flugschriften der beiden Parteien äußerst mannigfaltig, so daß.sie in der Tat gute Beispiele politischer Literatur sind. Der Ton ist abwechselnd entrüstet, sarkastisch, humoristisch und scharf; auch die bewährte alte Form des Dialogs und die Illustration werden nicht vernachlässigt, g. Papierfabrikation in Japan Der Zeitungspapierverbrauch hat in den letzten Jahren gewaltige Dimensionen angenommen. Während die Fabrikation einheimischen Papiers vom Jahre 1895 bis 1901 nur um 31/2 Millionen Yen, nämlich von 9 Millionen auf 121/, Millionen, gestiegen ist, stieg die Fabrikation von Papier moderner Art in derselben Zeit von 46 auf 114 Millionen Pfund, also um mehr als das Doppelte. Daneben wurde noch etwas vom Auslande bezogen. So lieferten Deutschland und Oesterreich- Ungarn noch für etwa 2 Millionen Yen Papier nach Japan. Einem offiziellen Bericht über die Ausstellung in Osaka ist zu entnehmen, daß sich die japanischen Papierfabrikate durch überraschend schöne Ausführung auszeichnen, was namentlich von den Papierser vietten gilt, die in neuen und ganz originellen Mustern ausgestellt waren. Bekanntlich ist aus, heimischen Pflanzen-Rohstoften angefertigtes japanisches Papier fester und haltbarer als europäisches und eignet sich aus diesem Grunde besser für Papierservietten und ähnliche Artikel. Im Jahre 1902 führte Japan 149 646 Mille Papierservietten im Werte von 190 000 Yen aus, gegen 140 000 Yen im Vorjahre. Deutschland erhielt davon für 50 000 Yen, England und Amerika zu sammen ebensoviel. In der Imitation von Ledertapeten aus gepreßtem unzerreißbarem Papier zeigt Japan in prächtigen Mustern bedeutende Fortschritte. Ebenso nimmt die Ausfuhr feiner Kopirpapiere nach Europa zu, wie ferner auch die Ausfuhr des bekannten »japanischen Papiers«, das zu feinen Akzidenzen sowohl in Europa wie Amerika in steigendem Maße verwendet wird. Besonders leistungsfähig ist Japan in Papierlaternen, Papierfächern und ähnlichen Waren. Es wurden im vorigen Jahre für 730 000 Yen davon ausgeführt. Ein Drittel davon ging nach Amerika. Die Billigkeit aller dieser Fabrikate erklärt sich durch die niedrigen Arbeitslöhne in Japan. So erhält ein Industriearbeiter etwa 80 Pf. Tagelohn, Frauen gar nur gegen 40 Pf., und die ländlichen Arbeiter gewiß noch weniger. Lm. Hüte aus Papier Die Ansicht des Einsenders in Nr. 73, daß Hüte aus Papier nach 'lern Verfahren, Streifen zu wellen und auf Litzen zu nähen, umständ licher und teurer als solche aus Stroh zu stehen kommen, kann ich durch Tatsachen widerlegen. , Hüte aus Papierpräparat kosten kaum halb so viel wie Strohhüte und sind bezüglich Form und Aussehen denselben mindestens gleich stehend, im Tragen aber viel angenehmer. Ich hatte mir versuchs weise anfangs Juni bei Herrn W. Kochert in Leipzig, welcher solche Hüte herstellt, einige erbeten und war beim Empfang derselben höchst überrascht über den billigen Preis, die elegante Ausführung und deren geringes Gewicht. Herr Kochert sandte mir 2 Herrenhüte für 4 M., 2 Damenhüte für 3 M. und 1 Kinderhut für 1 M. Die Herrenhüte waren fertig garnirt und nach dem genannten Verfahren angefertigt, während die andern drei ungarnirt waren; aber beim Kinderhut war je ein Papier band und eine Strohtresse abwechselnd genäht. Ich habe in Leipzig für einen Strohhut ähnlicher Form 5 M. bezahlt, während ich hier in Neuchatel 6 bis 7 Frank anlegen muß. Der Papierhut wiegt genau 80 g, ein gleich großer Strohhut aber mindestens 300 g, ein Umstand, der den papierenen als bedeutend vorteilhafter empfiehlt. Damit der Papierhut aber luftiger werde, habe ich an demselben ein Paar der bekannten Ventilationsösen angebracht, was ich dem Fabrikanten, Herrn Kochert, auch zu tun empfehlen möchte. Um nun die Widerstandsfähigkeit gegen Nässe zu erproben, habe ich mir das Vergnügen geleistet, bei strömendem Regen ohne Schirm einen halbstündigen Spaziergang zu machen. Nun, mein Hut wird ja hin sein, dachte ich mir, die Krempe hing nach allen Seiten. Zuhause angekommen, legte ich den Hut glatt auf ein Tischchen, bog den Rand etwas nach oben ringsum und ließ ihn trocknen. Bei Strohhüten wird wohl jeder die Beobachtung gemacht haben, daß diese nach einer ähnlichen Taufe hart und brüchig geworden und womöglich die ursprüngliche Form verloren haben, mein Papierhut aber hatte seine ursprüngliche Form wieder und war ebenso ge schmeidig wie vorher und wie der trocken gebliebene. Bei der hier kürzlich stattgefundenen Generalversammlung der Schweizer Buchbindermeister habe ich den Hut, den ich nun den ganzen Sommer getragen habe, gezeigt, alle waren über dessen Be schaffenheit erstaunt und freuten sich, ein solches papiernes Exemplar zu sehen. Ich bin sicher, daß, sobald die Vorzüge des papiernen Hutes weitern Kreisen bekannt sind, die Nachfrage nach denselben und in folgedessen die Herstellung sich steigern wird. Der billige Preis aber wird ihn erfolgreich mit dem Strohhut konkurriren lassen. Henri Bretscher Kartonnagenfabrikant in Neuchtel, Schweiz Auch wir bestätigen gern, daß sich die in Nr. 91 von 1902 und Nr. 25 von 1903 beschriebenen Papierhüte im Gebrauch bewährt haben. Schriftleitung Kaufmännische Fortbildungsschulen Zu Nr. 67 Die Ansicht des Herrn Verfassers scheint auf den ersten Blick zutreffend. Bei weiterem Nachdenken kommt man aber zu der Einsicht, daß man die Herren Berufslehrer für den Unterricht in den kaufmännischen Fortbildungsschulen nicht entbehren kann. Man sollte die praktische Ausbildung ruhig den kaufmännischen Geschäften selbst überlassen, denn die verschiedenen kaufmännischen Branchen, denen die Lehrlinge einer Klasse angehören, kann selbst ein vielseitig erfahrener Kaufmann nicht alle beherrschen. Die Buchführung könnte man allerdings eine praktische Wissen schaft nennen und diesen Lehrgegenstand einem erfahrenen Buch halter oder einem tüchtigen, selbständigen Kaufmann übertragen; solche Einrichtung besteht schön in manchen Handelsschulen. Solch kaufmännischer Lehrer muß aber den Unterrichtsstoff so einrichten können, daß jeder Lehrling etwas aus dem ihm bekannten Geschäfts zweige darin findet. Auch für die deutsche Handelskorrespondenz würde ein Kaufmann als Lehrer zu empfehlen sein. Er müßte aber ebenso wie ein Berufslehrer bald zu Hilfsbüchern greifen, wenn er allen Geschäftszweigen interessante Themata bieten wollte. Da das Briefschreiben gewöhnlich mit dem Unterricht in der deutschen Sprache zusammengefaßt wird, und der Berufslehrer in dieser Wissenschaft sattelfester ist als der Kaufmann, kann ersterem auch die Unterrichts erteilung in der Korrespondenz anvertraut werden. Die Rechenstunde wird am zweckmäßigsten vom Berufslehrer eiteilt, obwohl auch mancher Kaufmann dazu imstande wäre. Wir alle verdanken die Grundlage unseres Rechnens dem Berufslehrer. Berufslehrer haben die Schul - Rechenbücher, deren Exempel den praktischen Geschäftsvorkommnissen entnommen wurden, verfaßt. Z. B. bekleidet ein früherer Lehrer (Bürgerschullehrer) des Schreibers dieses seit Jahren das Amt eines Bankdirektors in einer Residenzstadt. In den kaufmännischen Fortbildungsschulen kleinerer Städte werden weitere Unterrichtszweige nicht behandelt. Aber selbst wenn weitere Wissenschaften zum kaufmännischen Unterricht zählten, z. B. Geografie, fremde Sprachen, auch vielleicht Stenografie, so wären auch dafür etwaige praktische Kaufleute nicht geeigneter als Berufslehrer. Verfasser dieses hat eigentlich keine Ursache, den Volksschullehrern das Wort zu reden, denn er selbst ist Buchhalter und erteilt schon seit 10 Jahren Unterricht an der kaufmännischen Fortbildungsschule einer kleinen Stadt in Buchführung nach eigener Methode und im Rechnen. Ihm kommt dabei auch zu statten, daß er schon in ver schiedenen Industriezweigen tätig war. Allein die Leistungen tüchtiger, erfahrener Volksschullehrer, auch im kaufmännischen Unterricht, dürfen nicht unterschätzt werden, zumal diese Herren mehr pädagogische Uebung und freie Zeit aufzuweisen haben als ein während des ganzen Tages beschäftigter Kaufmann. Karl Strutz, Bützow in Mecklenburg Kaufmännische Stellengesuche Zu Nr. 75 Ich kann nicht begreifen, daß ein stellensuchender Kaufmann es für ein Unglück hält, unter anderem auch Offerten von Stellenver mittlern, Zeitungen, Zentralen usw. zu bekommen! Es liegt doch einzig und allein an ihm, darauf zu reagiren oder nicht. Erhält er denn deshalb auch nur einen Brief eines Selbstreflektanten nicht? Ich war fast 12 Jahre in verschiedenen Stellungen tätig, und mir war «ein Platz von meiner Heimat zu weit entfernt! Eine meiner besten Stellungen erhielt ich durch ein rheinisches Vermittlungs-Bureau, nach dem ich vielleicht 20 andere Offerten von »ersten internationalen Zen-