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Nr. 95 PAPIER-ZEITUNG 3423 loid muß als unstatthaft und unzweckmäßig bezeichnet werden. Schließlich erwähnt der Vortragende noch seine Versuche, Autotypien mit in Celluloid gefertigten Dreifarbendruckplatten zu koloriren, sowie die auch von anderer Seite gemachten Versuche zur Herstellung von Dreifarbendruckplatten durch Handarbeit. Zu derartigen Versuchen seien Landschaften besser geignet als architektonische Gebilde. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Wiedergabe der Luft. Am besten gelungen sei sie noch bei gekörnten Autotypien, wie einige ausgestellte Arbeiten zeigen. Mit der Herstellung von Auto typien in Celluloid hat der Redner Versuche gemacht, indem er das Celluloid auf löste, das Bild in die Masse einprägte und aus der so gewonnenen Matrize den Druckstock herstellte. Wegen der sich dabei entwickelnden schädlichen Dämpfe hat er dieses Verfahren aber bald wieder aufgegeben. Von anderer Seite werde das Celluloid zur Einprägung des Bildes nur erhitzt, und später zur Anfertigung des Druckstockes durch Hitze erweichtes Celluloid in die erhärtete Matrize hinein geprägt. Der Vortragende schloß seine Ausführungen mit der Bemerkung, daß Celluloid ein ideales Material sein werde, wenn man die Abfälle zu einem angemessenen Preise werde verwerten können. Der Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall entgegengenommen, und der Vorsitzende dankte Herrn Weber für die gegebenen Anregungen; er knüpfte daran den Wunsch, daß auch andere Mitglieder sich bereit finden lassen möchten, ihre Erfahrungen aus der Praxis zum Besten zu geben. Der als Gast anwesende Herr Faktor Böhm führte hierauf seine Reform-Tonplatten vor. Dieselben werden mittels eines gesetzlich geschützten Verfahrens in der Weise hergestellt, daß auf eine 1 mm starke Celluloidplatte zunächst Schirting geklebt wird, der sieh vorzüglich mit dem Celluloid verbindet und der Platte zugleich die zum Druck erforderliche Elastizität gibt. Auf diesen Schirting wird dann eine mehrere Millimeter starke Platte aus Mahagoniholz geleimt, sodaß die ganze Platte etwa 1 Cicero stark ist. Herr Böhm bearbeitete seine Platten sodannmit der Laubsäge, er betont, daß mit seinem Verfahren zwar so künstlerisch ausgeführte Arbeiten, wie sie Herr Weber mit dem Stichel herstellt, nicht zu erreichen seien, daß man aber größere Ornamente, Buchstaben und Einfassungen bei einigermaßen geübter Handhabung der Laub säge in erstaunlich kurzer Zeit herstellen könne. Ein ganz be sonderer Vorteil seines Vor fahrens sei der Umstand, daß das mit der Laubsäge heraus geschnittene Material als zweite Paßform ohne weiteres wieder verwendet werden könne. In dieser Weise ist auch der hier abgedruckte Buchstabe G in einer halben Stunde her gestellt, welcher der Versamm lung in zweifarbigen Abdrücken vorgelegt wurde, ebenso wie das aus zwei Teilen bestehende, ineinandergesteckte Original, das aus einem Stück geschnitten war, bei welchem die zweite Form beim Schneiden der Kontur form von selbst entstanden war. Herr Böhm hatte noch einige andere Platten, z. B. ein Plakat mit dem Monogramm der Gesellschaft »B. T. G.« auf einem grauen Ton und umgeben von einer farbigen Blatteinfassung, mitgebracht. Hier waren die vierfarbigen Abzüge mit einem Druck hergestellt, indem die aus einer Platte herausgeschnittenen vier Formen in vier ver schiedenen Farben eingefärbt, dann wieder ineinandergesteekt und so auf der Handpresse gedruckt worden waren. Zum Schneiden dieser vier Platten hatte der Verfertiger im Ganzen 2'/» Stunden gebraucht. Zu bemerken ist noch, daß sich die weißen Linien zwischen den einzelnen Druckformen, welche durch den Schnitt mit der Laubsäge enstehen, auf Wunsch leicht erweitern lassen, wenn man mit einem scharfen Feder- messer an der Schnittfläche entlang fährt. Das Aufklotzen einer Paßform läßt sich, wie der Vortragende erklärte, sehr leicht und mit Sicherheit ausführen, wenn man die Konturform zunächst auf die Unterlage auflegt, auf der Rückseite mit etwa '/«Petit stark unterlegt, sodann die auf der Rückseite mit Leim bestrichene Paßform hineinfügt, die letztere auf der oberen Seite einer ‘/4 Petit (?) bedeckt, sodaß beide Platten wieder gleich stark sind, und dann unter Druck trocknen läßt, bis die innere Form auf dem Untersatz festgeklebt ist. Die Reform-Tonplatten des Herrn Böhm stellen sich auf 4 M. für eine Platte in der Größe von 31X40 cm. Herr Gustav Jahn bemerkte, daß seltsamerweise immer noch Druckereien mit Platten von Blei drucken; er schildert die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, und die Unmöglich keit helle Töne rein von Blei zu drucken. Herr Otto Krüger, Lehrer des Tonplattenschnitts an unserer Handwerkerschule, wies darauf hin, daß Blei überhaupt kein Tonplattenmaterial sei; wenn man von Bleischnitt spreche, so könne es sich dabei lediglich um eine Ergänzung unseres Typenmaterials handeln. Das müsse ganz besonders betont werden, damit Unerfahrene davon abgehalten würden, Bleiplatten zum Tondruck zu ver wenden. Weiter machte er darauf aufmerksam, daß auch die Böhm’schen Platten, weil aus mehreren Teilen zusammengefügt, leicht dem Werfen und Verziehen unterworfen sein würden. Die gleichen Erfahrungen habe er bei dem Messerholzschnitt gemacht: ein erfahrener Tischler habe ihm erklärt, daß er ihm sogar sehrifthohe Platten nur noch liefere, wenn er dieselben mit zwei Furnieren versehen, einem oben und einem unten, liefern könne, da sie sich im anderen Falle immer ziehen würden. Herr Böhm bemerkte hierzu, daß diesem Uebelstand bei seinen Platten einesteils durch das zweimalige Kleben schon begegnet werde, daß er demselben aber in Zukunft noch besondere Auf merksamkeit zuwenden und immer befürworten werde, daß man seine Platten vorsichtig behandeln müsse, damit sie dem Ver ziehen nicht ausgesetzt würden. Herr Bruno Senf sprach hierauf noch über den Druck von Abreißkalendern. Er hatte unter Anlehnung an einen im »Allg. Anzeiger für Druckereien« veröffentlichten Artikel die sämtlichen Blätter eines Abreißblocks für das ganze Jahr zu Druckformen zusammengestellt, wie sie einander folgen müssen, um beim Zerschneiden der Druckbogen ohne weiteres schnell und richtig zusammengetragen werden zu können. Der Vorsitzende teilte noch mit, daß das Stiftungsfest der Gesellschaft am Sonnabend, 2. Januar 11)04, im Berliner Buch gewerbesaal als Famlienfest werde gefeiert werden, weil an dem früher in Aussicht genommenen 5. Dezember ein anderes Fest stattfinde, an dem viele Mitglieder beteiligt seien, am 12. Dezember aber der Buchgewerbesaal bereits anderweitig vergeben sei. Schluß der Sitzung 121/2 Uhr. Lokal- und lokale Fragen Wenn der im September in Berlin gegründete »Verband deutscher typografischer Gesellschaften« alle seine Arbeitsgebiete erst wirklich in Angriff genommen haben und dadurch die Tätigkeit der einzelnen Gesellschaften beleben wird, dürfte für manche dieser Vereine die Lokalfrage wieder in den Vorder grund treten. Es gibt wohl kaum einen technischen Verein, bei dem nicht das Suchen nach einem »geeigneten« Lokal sich von Zeit zu Zeit wiederholte. Nur die glücklichen Vereine, die, wie Leipzig und Berlin, in eigenen Räumen arbeiten können, sind dieses Suchens überhoben. Wenn der Arbeitsausschuß des Verb. d. typ. Ges. einige Dutzend Ausstellungstafeln schickt: wo werden wir sie auf hängen oder ausbreiten? Wenn Skizzen-Wettbewerbe eingehen: werden wir sie immer und immer wieder auf den Biertischen auslegen müssen? Wenn ein Vortragender aus der Nachbar schaft- kommt: werden wir in unserem Gesellschaftszimmer Ruhe haben, oder wird dann wieder durch die dünne Wand der rasselnde Gesang einer vergnügten Kneiprunde mitten hinein tönen in flammende Worte für Kunst und Gunst? Und wenn alles emsig verhandelt, besichtigt und berät und darüber das Biertrinken etwas vergessen wird — kann der Wirt mit dem geringen Profit zufrieden sein? Und wenn die eigenen Sammlungen anschwellen, und der Bücherschrank dement sprechend einem neuen, größeren weichen oder gar einen Kollegen erhalten muß, wird noch Platz für ihn sein? Der Erfolg der vornehmsten und besten Bestrebungen hängt von mancherlei äußeren Dingen ab, und für viele Vereine ist die Lokalfrage geradezu eine Lebensfrage. Mancher Verein mag bei seinem Wirte gut aufgehoben sein — bei vielen aber werden tausend Wünsche nach Erfüllung schreien. Und man sorge für möglichste Erfüllung! Man strebe mit allen Kräften nach einem guten Heim für den Verein, man strebe in erster Linie nach einem eigenen Raum. Zunächst müßte es all ent-