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3420 PAPIER-ZEITUNG Nr. 95 Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg Am Donnerstag, 19. November, sprach Herr Direktor Wende von der Firma Meisenbach, Riffarth & Co. im Hörsaal der Kaiserl. Ober-Postdirektion, Artilleriestr. 11, über moderne grafische Reproduktions-Verfahren. Der Vortragende hatte zur Projektion einen besonders großen Apparat zur Stelle geschafft, welcher es ermöglichte, sowohl Glasdiapositive wie auch auf Papier gedruckte ein- und mehrfarbige Bilder jeder Art auf einer weißen Wandfläche in starker Vergrößerung zu zeigen. Herr Wende wies eingangs auf die drei Verfahren im Druck hin, den Tiefdruck, Flachdruck und Hochdruck. Das letztere Ver fahren, welches als Buchdruck infolge seiner Einfachheit und der vergleichsweise hohen Auflagen und großen Geschwindig keit die weiteste Verbreitung fand, wurde in seiner Entwicklung aus den Holzschnittdrucken beschrieben, und Redner zeigte der Reihe nach negative und positive Strichätzungen und negative und positive Autotypien in starker Vergrößerung. Dann folgten die einzelnen Platten zu Dreifarbendrucken und schließlich eine ganze Reihe wohlgelungener fertiger Drei- und Vierfarben drucke. Indem Redner dann zum Flachdruck überging, schil derte er die Eigenschaften des lithografischen Steines und die Grundbedingungen des Steindrucks. Er erwähnte die Ver wendung von Aluminium als Steinersatz und führte Druckproben vor von Steindrucken, Algrafien, und von Algrafie in Verbin dung mit Buchdruck. Nach einer Pause wurde dann auch der Lichtdruck beschrieben und schließlich Heliogravüre, Radirung, Kupfer- und Stahlstich sowie Aquatintamanier erwähnt. Die karakteristischen Unterschiede in den verschiedenen Techniken wurden an vergrößerten Durchschnitten von Druckformen gezeigt. Die Anwesenden folgten den Ausführungen des Vortragenden mit regem Interesse. Weiche Zigaretten-Packungen Die Zigarettenpackungen teilen sich im allgemeinen in drei Arten: 1. weiche, d. h. nur aus Papier bestehende, 2. steife, d. h. aus Pappe und Papier gefertigte und 3. aus Blech her gestellte Packungen. Die bedeutende Reklame, welche in neuerer Zeit von Zi garettenfabriken gemacht wird, stellt die Zigarettenpackung sehr in den Vordergrund, da sie sich am besten zur Reklame eignet. In den weichen, nur aus Papier oder dünnstem Karton hergestellten Packungen sind bisher wenig wirkungsvolle Neu heiten geschaffen. Sie sind nüchtern und trocken geblieben. Aber doch verlangen die Verbraucher andere und eigenartige Packungen, denn die gewöhnlichen auf weißem Grunde bunt gedruckten Bilder aus dem Orient oder die in verschiedenen Schriftarten hergestellten Etiketten vermögen keinen Reiz mehr auszuüben. Bei Entwürfen von Packungen für neue Zigarettensorten möge man sich weniger des weißen Glacepapiers, sondern vielmehr eines dunkelfarbigen Lederpapiers, modernfarbigen Leinenpapiers, Gelatine- oder sonst eines anderen modernen Luxuspapiers bedienen. Die Reklameaufschriften können je nach Farbe und Art des Papiers in weiß, gelb, grün, stumpfrot oder blau erfolgen und sind einfach zu halten. Außer der Schrift kann die Packung mit einem Bilde, männlichem oder weiblichem Kopf in fotografischer oder Lichtdruck-Manier, ausgestattet werden. Gold- oder Silber-Aufdruck ist sparsam zu verwenden, und man enthalte sich in diesem Falle jeder anderen Ausschmückung. Besonders eignet sich das mattfarbene Leinen-Imitationspapier ganz vorzüglich zu letzterwähnter Ausführung. Je eine Hülse oder Packung wird zu 10 höchstens 15 Stück Zigaretten berechnet und ist in der Form rund oder oval zu halten. Die einfache Herstellungsweise kann in kürzester Frist gelernt, werden. Hierzu ist eine aus Holz hergestellte Form nötig, welche genau dem Inhalte der Packung entspricht, lieber diesen Klotz wird zunächst die Papierhülse geschlossen und dann der Boden daran gebrochen, denn Boden und Hülse sind aus einem Stück zu schneiden, und es ist nicht nötig, den Boden so rund wie die Hülse an ihrem oberen Rande zu schneiden. Der Boden ist dadurch herzustellen, daß man mit beiden Daumen links und rechts das Papier über den Holzklotz um knifft und dann mit den beiden Daumen und Zeigefingern das Papier zu je einem spitzauslaufenden Dreieck formt, worauf die beiden Spitzen vermittels eines Tupfens Leim übereinander geklebt werden. Als besonderer Schluß kann ein Siegel oder eine Stempelmarke aufgeklebt werden. Hierbei ist noch zu erwähnen, daß die Holzform einen erhöhten Absatz erhalten muß, damit die Hülse immer gleich hoch und das für den Boden bestimmte Papier genau ab gemessen wird. Diesen Absatz kann man am leichtesten herstellen, indem man um die runde Holzform 2—3 fach einen Pappstreifen klebt. Solche Hülsen können auch aus durchsichtiger Gelatine hergestellt werden. Man schneidet dann die Gelatine in gleicher Größe wie die Papierpackungen, mit Wegfall des Umschlages, welcher bei den Papierpackungen den Boden bildet, denn die Gelatine läßt sich nicht umbiegen wie Papier. In die ge schlossene Gelatinehülse muß ein ausgestanzter Pappboden, gleichviel ob rund oder oval, mittels Kleisters oder Pflanzen leimes eingesetzt werden. Dieser Pappboden kann nun vorher mit Reklame- oder Firmenaufdruck versehen sein, während die Gelatinehülse einen originellen Schmuck erhalten muß. Man kann z. B. an der Hülse ein kleines Ledergehänge anbringen, das dem Ganzen den Eindruck einer Picknickrolle verleiht; die Gelatine kann auch durch Druck oder aufgeklebte Bilder in derselben Weise verziert werden wie eine Papierpackung. Auch der Humor kann bei diesen billigen Packungen eine Rolle spielen, und er wird stets günstig auf den Absatz der Zigarette einwirken; umsomehr, weil solche Muster bisher kaum auf den Markt gebracht worden sind. Besonders die Litho grafie könnte mit neuen Mustern dienen. Man kann hierbei vielleicht einen Türken, einen Clown, eine Negerin oder der gleichen herstellen. Ein solcher Türke wäre als Halbfigur zu denken, welche rund zu schließen ist, und zwar schadet es nichts, wenn die Zigaretten oben am Kopfe hier und da ein wenig hinausragen. Wenn nötig, kann auch eine Kopf bedeckung, gleichfalls aus buntbedrucktem Kartonpapier zu- sammengesetzt, als Deckel dienen. Allerdings muß die ganze Packung billig bleiben. Bei Herstellung dieser Packungen müssen die Bogen nach dem Druck genadelt werden, dann an den Kanten geleimt und hierauf in Stößen von 25 bis 30 Stück die fraglichen Köpfe mittels Stanzeisen ausgestanzt werden. Dann sind sie in gleicher Weise wie die Papierhülsen zu schließen und der Boden an zubrechen oder als besonderes Pappstück einzusetzen. Für Damenzigaretten könnte folgende Packung - in Frage kommen: einfache weiße oder zartfarbene zylindrische Hülsen aus Karton mit rechteckigem, rundem oder ovalem Quer schnitt werden in Kreppapier eingehüllt und an beiden Stirnseiten mit einem Seidenbändchen oder einem Goldfaden mit kleiner Schleife oder Quaste zusammengebunden. Man kann hierzu auch ein bunt- und goldbedrucktes Kreppapier verwenden, und der Firmenaufdruck wäre in Gestalt eines Stempeletiketts anzubringen. Bei anderen weichen und halbsteifen aus Glace-Glanz oder durchgefärbtem Karton gefertigten Packungen handelt es sich meistens um ausschließliche Maschinenarbeit, welche gar nicht oder nur wenig verändert werden kann. R. Sch. Ansichtskarten in Frankreich. Dem Berliner Lokal-Anzeiger wird aus Paris telegrafirt, daß der amtliche französische Vor druck für Ansichtskarten vom 1. Dezember ab eine zweigeteilte Adressenseite bekomme, die eine Hälfte für die Adresse, die andere für Mitteilungen. Die Neuerung soll den Zweck haben, dem Bild die ganze Rückseite zu überlassen. In England bestehen solche amtlichen Vordrucke schon längere Zeit, vergl. die Abbildung in Nr. 50 von 1903 unter »Ansichtskarten«. Handel der Schuldiener in Halle a. S. Wie aus der Mitteilung eines Papierhändlers in der »Halleschen Zeitung« hervorgeht, läßt der dortige Magistrat in der Handwerkerschule Lehrmittel durch den Hausmann der Schule verkaufen. 30 im »Schutzverein Hallescher Papierhändler« geeinigte Geschäfte klagten schon seit langer Zeit, daß der Verkauf von Reißzeugen, Reißbrettern, Schienen, Winkeln u. dergl. bedeutend gesunken sei. Keiner wußte, woher dies komme, bis der Verkauf in der Handwerkerschule bekannt wurde. Da dort im Sommer rund 1000 und im Winter 1500 Schüler je für 10 M. Lehrmittel brauchen, ent gehen den Zeichenwarenhandlungen 25 000 M. jährlich. Eine Eingabe des Vereins wurde vom Magistrat abschlägig beschieden, und der Magistrat führte zwei Gründe zur Erklärung an: 1. könne er infolge eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung nicht anders handeln, und 2. verkaufe er die Sachen so billig, daß nur sehr geringer Nutzen herausspringe! Der zweite Grund bringe allen Papierhändlern