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Ich verlangte daraufhin den Wechsel sofort zurück und ersuchte um gleichzeitige Verfügung über die mehrgesandte Ware, auf die ich für vorgelegte Rollspesen 30 und Expedition 40 Pf. Vergütung be anspruchte. Die Antwort der Geschäftsbücherfabrik lautete jetzt anders, wie es ja auch vorauszusehen war. E. R. Die vom Einsender im ersten Absatz geschilderte Zahlungs weise kann nicht zur Nachahmung empfohlen werden. Zahlt man mit Wechseln von längerer Laufzeit, so muß man ent weder auf Skonto verzichten oder von diesem den entsprechen den Diskont abziehen. Der Lieferant, der dem Großhändler vertragsmäßige Ware liefert, kann von diesem auch vertrags mäßige Zahlung fordern. Es trägt nicht zum Ansehen eines Kaufmanns bei, wenn die Lieferer merken, er versuche, so lange es geduldet wird, minderwertige Zahlungsmittel zu ver wenden. Wer die Verbindung mit Firmen, die auf volle Be zahlung dringen, löst, wird bald nur mit Firmen zweiter Güte arbeiten. Bei dem im zweiten Absatz geschilderten Fall werden nicht zusammengehörige Dinge vermischt. Die späte Lieferung und die Mehrlieferung waren damit erledigt, daß die Ware be dingungslos ohne Anstand übernommen wurde. Die Firma war im Recht, als sie vom Skonto den Wechsel-Diskont abzog, und Einsender durfte die zu viel gelieferten, aber über nommenen Kopirbücher nicht dem Lieferer »zur Verfügung stellen«, denn diese Bücher sind durch die Uebernahme Eigen tum des Einsenders geworden. Englische Zierschachteln, Süßigkeitsbehälter und dergl. Von unserm Londoner Berichterstatter In einer rauhen Hülle mag, einem alten Sprichwort ge mäß, zwar oft ein süßer Kern stecken, aber in neuerer Zeit zieht man es vor, einen süßen Inhalt auch in einer geschmack vollen Verpackung unterzubringen. Für diesen Zweck dienen in erster Linie Pappschachteln und Zierbehälter, die von eng lischen Erzeugern für das kommende Weihnachtsgeschäft in der denkbar mannigfaltigsten Ausführung auf den Markt ge bracht wurden. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle Neuheiten zu beschreiben, die auf gute Aufnahme bei der Kundschaft rechnen können, daher seien nur einige der be merkenswertesten herausgegriffen. Eine sehr anziehende Reihe von Zierverpackungen besteht in verschiedenen Gefährten und Fahrzeugen aus Papiermasse und Pappe. Da sieht man z. B. den unvermeidlichen Kraftwagen, dessen goldene Papierräder so naturgetreu sind, daß sie sich voraussichtlich als die Achillesferse des Machwerkes erweisen werden. Aber selbst, wenn ein Zusammenbruch erfolgen sollte, nimmt sich der mit Holzfurnier bekleidete Oberteil des Wagens, der über einen chauffeurmäßig angezogenen Lenker verfügt, noch immer sehr nett aus. Ein weiteres Muster der erwähnten Sammlung stellt einen Schlitten dar, dessen Kasten in sehr geschickter Weise Korbgeflecht nachahmt. Die Schlittenkufen enden vorn in einem Schwanenkopf, der mittels goldener Zügel von einem Por zellanpüppchen gelenkt wird. Eine treffende Anspielung auf den verregneten Sommer macht ein Pappkahn, auf dessen Segel die Aufschrift »Fröhlicher Sommer 1904« angebracht ist. Ein Muster stellt einen Taucher dar, dessen abnehmbarer Kopf den Verschluß des Süßigkeitsbehälters bildet. Auf der Brust platte trägt der Erforscher der wässrigen Tiefe die scherzhafte Inschrift »Straßenkostüm, Mode Sommer 1904«. Diesen Ver suchen, einer sehr unangenehmen Tatsache eine heitere Seite abzugewinnen, reiht sich folgendes Muster an: Hinter den Gelatinefenstern einer Arche Noahs, aufgeklebte Oblaten lassen Menschen aller Art erkennen, wie man sie im täglichen Verkehr auf der Straße trifft. Der Zweck des vorsintflutlichen Fahrzeugs wird erst aus der Aufschrift ersichtlich, die uns verrät, daß wir es mit der neuesten Art Londoner Omnibusse zu tun haben. England hinkt bekanntlich mit seinen Geschmacksrichtungen und Modeströmungen immer um einige Jahre hinter dem Fest lande her. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß die An sichtskartensammelwut sich erst in neuerer Zeit Jung-Englands bemächtigt hat. Dieser Rechnung tragend, zeigt ein Schachtel erzeuger einen Zuckerwerkbehälter, der einen auf fünf Seiten mit Ansichtskarten beklebten Kasten darstellt. Sein Deckel ist mit einer Gelatinescheibe versehen, unter der ein Paket ver sandbereiter Karten sichtbar wird. Als Geschenkgegenstände für kleine Mädchen eignen sich einige Süßigkeitshüllen vor züglich, die Haushaltungsgeräte mit mehr oder minder großer Naturtreue nachahmen. Da sehen wir z. B. einen Handfeger, dessen anscheinend aus Holz bestehender Bürstenrücken eine mit Zuckerwerk gefüllte Schiebeschachtel bildet. Ferner gibt es Petroleumkocher Nähmaschinen, Kochtöpfe und ver schiedene andere Geräte für den täglichen Gebrauch, deren Inneres die süßen Ueberraschungen birgt. Sehr gut nehmen sich Porzellannachahmungen aus Papiermasse aus, wie eine Reihe Milchkrüge mit der bekannten chinesischen Zwiebel musterung, ferner ein Teekännchen, das Form und Farbe eines Liebesapfels hat, der auf einem grünem Blatte ruht. Der Deckel des Gefäßes ist mit dem Henkel durch eine Atlas- schleife verbunden. Ueberraschend naturgetreu wirken Ge müseschalen, die mit Marzipan-Kartoffeln oder Kohl und Rüben darstellenden Süßigkeiten gefüllt werden sollen. Sie weisen längliche Bootform auf und ahmen weißes geripptes oder mit Blumen und Goldschmuck versehenes Porzellan nach. Leute, die sogenannte »practica! jokes« lieben, d. h. die sich gern auf Kosten Anderer belustigen, dürften an den neuen Schachteln Gefallen finden, welche die alte Wahrheit beweisen, daß der Schein trügt. Zu dieser Gattung gehören z. B. Zigaretten kästchen aus Pappe mit Zedernholzfurnier. Durch Anbringung eines Siegels, das eine Art Zollstempel wiedergibt, hat man dem Behälter ein eigenartiges Aussehen verliehen. Eine andere harmlose Täuschung bewirkt ein Pappgegenstand, der eine Weckeruhr sehr genau nachahmt. Das Zifferblatt zeigt Buchstaben anstelle der üblichen römischen Ziffern, die, zu sammengesetzt, einen Glückwunsch bilden, während das Ge häuse aus Silberpapier gefertigt ist. Einen gefälligen Zier gegenstand bildet ein Opernglas, daß mit perlmutterartig schimmerndem Papier beklebt ist. Durch große Naturtreue zeichnet sich ferner ein Behälter aus, der eine fotografische Camera zum Vorbilde hat. Eine Gießkanne mit riesigem Henkel, mit künstlichen Blumen umwunden, zählt zu den zier lichsten Geschenkgegenständen, während ein Vogelbauer mit zwitscherndem Insassen der kleinen Welt viel Freude bereiten dürfte. Für letztere eignet sich auch ein reizendes Himmelbett mit Kreppapiervorhängen, hinter denen ein Wachsköpfchen hervorlugt, das beim Ziehen einer Gummischnur einen komischen Laut von sich gibt. Recht drollig nimmt sich ferner ein alter Schuh aus, der einem Terrier Schutz gewährt. Dieser hat sich anscheinend vor den Unbilden der Witterung in den Schuli geflüchtet, denn er kauert unter einem arg durch- löcherten Regenschirm. Unter den billigeren Süßigkeitsbehältern fallen einige eigen artige Sachen auf, z. B. ein Schneeball, dessen Wattehülle mit glänzendem Glimmer bestreut ist, ferner ein Kohlensack oder ein Bierfaß, um das sich ein blaues Band, das Sinnbild der völligen Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken schlingt. Eine Schachtel stellt einen sogenannten »Sampler« dar: dies ist ein mit Kreuzstich-Stickerei versehenes Stramintuch, wie man es zu Zeiten unserer Großmütter in den Schulen für den Handarbeitsunterricht verwendete. Rasche Post-Abfertigung von Einschreibbriefen Im Jahre 1902 ließen einige Ober-Post-Direktionen Versuche mit erweiterter Vorbereitung der Einschreibbriefsendungen seitens größerer Geschäfte anstellen. Die erweiterte Vorbereitung besteht darin, daß die Sendungen, statt bei der Postanstalt, bereits vom Absender mit Einschreibzetteln beklebt und in ein als Posteinlieferungsbuch dienendes Annahmebuch derart eingetragen werden, daß jedesmal im Wege des Durchdrucks eine zweite Ausfertigung entsteht. Das Verfahren ist auf solche größere vertrauenswürdige Firmen usw. beschränkt, die werktäglich wenigstens 10 oder bei seltener Ein lieferung monatlich wenigstens 100 Einschreibbriefsendungen in größeren Mengen gleichzeitig zur Post liefern, und hat sich bis jetzt im allge meinen bewährt. Als hauptsächlichste Vorzüge haben sich wesentliche Beschleunigung in der Abfertigung des Publikums und damit Ent lastung des Schalterverkehrs, besonders in den Abendstunden, ergeben. Die Abnahme vorbereiteter Briefe erfordert etwa nur die Hälfte, bei größeren Masseneinlieferungen sogar nur den dritten oder vierten Teil der früheren Zeit. Den Teilnehmern kommt — abgesehen von der schnelleren Abfertigung ihrer Boten — zugute, daß die einge- lieferten Briefe vielfach früher zur Absendung gelangen und mit den Abendschnellzügen befördert werden. Unzuträglichkeiten für den Postdienst wurden durch die Einrichtung nicht hervorgerufen, nur wurde ein unverhältnismäßig großer Papierverbrauch wahrgenommen, wenn das Verfahren von den Teilnehmern auch beim Vorliegen nur weniger oder gar einzelner Sendungen angewandt wird. In einigen Bezirken erwirkten deshalb die Postanstalten, daß die Teilnehmer Einzelsendungen in gewöhnlicher Weise zur Einlieferung bringen. Infolge der bisherigen günstigen Erfahrungen hat das Reichs-Postamt nunmehr Fortsetzung der Versuche für das ganze Reichspostgebiet un geordnet. (Deutsche Verkehrs-Zeitung)