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3380 PAPIER-ZEITUNG Nr. 94 Geklebter Karton . Seitens unserer Kunden erhalten wir fast regelmäßig Anstände über die gelieferten geklebten Kartons nur aus dem Grunde, weil der Karton beim Bedrucken Falten zieht. Wir stehen diesem Uebelstande ratlos gegenüber, da wir schon alles versuchten, um diesen Fehler zu be seitigen, jedoch zum größten Teil ohne Erfolg. Woran liegt dieser Fehler? Ich glaube, er ist in der Herstellungsart des Rohpapiers, be sonders in der unrichtigen Fabrikation, vielleicht beim Mahlen des Stoffes im Holländer zu suchen. Es wäre mir sehr erwünscht, wenn reichliche Aussprache darüber stattfände, wie man diesen Fehler am besten beseitigt. Ich lege einige Muster bei. I wurde uns erst vor kurzem zur Verfügung gestellt, weil der Karton während des Druckens in Falten ging. II zeigte den gleichen Fehler. III und IV sind Rohpapiere für geklebten Karton. Antwort eines Fachmannes: Die eingesandten Rohpapiermuster weisen in nichts darauf hin, daß sie sich nicht gut verkleben lassen sollten. Das Faltenwerfen ist auf schnelles oder sonst unregelmäßiges Trocknen durch zu starke Hitze oder zu scharfen Luftzug, oder beides zugleich, zurückzuführen. Es ist anzunehmen, daß nicht die ganze Anfertigung so ausfiel, sondern nur diejenigen Teile, welche zu nahe den Heizkörpern und Lüftungsanlagen hingen, falls die Trocknung in einem Trockenraum erfolgte. Kontrolle nach dieser Richtung hin wird Abhilfe schaffen, wie man über haupt darauf achten muß, daß diese dünnen geklebten Kartons nicht vertrocknen, das heißt so knüppeltrocken werden, daß dies die Ursache zum Faltenwerfen bildet. Wenngleich solcher Karton sich ohne Falten noch satiniren oder kalandriren lassen mag, so kann doch der Drucker Schwierigkeiten damit haben. Aber wie erwähnt, ist anzunehmen, daß immer nur ein Teil der Lieferungen diesen Uebelstand zeigte, da in jedem Trocken raume Karton an manchen Stellen schneller, an anderen weniger schnell trocknet. Anders verhält es sich, wenn auf Trocken- Zylindern getrocknet wurde. Dann muß man vermuten, daß die gerügten Kartons zu stark erhitzt wurden, oder daß die Trocknung zu plötzlich erfolgte. Um langsameres Trocknen zu erzielen, dürfte sich Einschaltung noch eines Trocken zylinders bei mäßigerer Beheizung empfehlen. Uebrigens zeigten die eingesandten Kartonmuster den Fehler, daß der Klebestoff zu dick oder zu reichlich aufgetragen oder schlecht fließend war. J. Heß, Fabrikdirektor. Internationale Ausstellung für Nahrungsmittel, Getränke, Gesundheitspflege und verwandte Industrien in Brüssel, Dezember—Januar 1903 04 Eine deutsche Fabrik fotografischer Papiere erhielt aus Paris eine Aufforderung, ihre Erzeugnisse auf einer »internatio nalen Ausstellung« obigen Namens auszustellen, die unter dem hohen Protektorate »Seiner Exzellenz des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe« (der Name ist nicht genannt) stattfindet. Der Versender des Briefes nennt sich Louis Haeusser, »directeur de 1’Office International«, und hat seine Bureaux in Paris, 23 Place des Vosges. Der Kopf seines Briefbogens trägt oben links ein Wappen nebst den Ueberschriften »Räpublique Franaise« und »Ville de Paris 1903«. In der gedruckten Aufforderung heißt es u. a.: Für unsere Bemühungen und Installation sowie Vertretungs spesen berechnen wir insgesamt 50 M. Hierzu kommen die Platz gebühren, die sich auf 80 M. belaufen, was die gesamten Kosten nur auf 180 M. stellt. Wir geben Ihnen die bestimmte Zusicherung, daß wir alles auf bieten Werden, um Ihre Interessen aufs beste zu vertreten, und werden wir auch bei der Jury dahin wirken, daß Ihnen eine würdige Auszeichnung zuerkannt wird, wie es den vorzüglichen Eigenschaften Ihrer Erzeugnisse gebührt, und um Sie gegen jedes Risiko zu schützen, geben wir Ihnen die bindende Garantie, daß Sie uns den festgesetzten Gesamtbetrag von 180 M. erst dann zu bezahlen haben, wenn Sie von der Ausstellungsdirektion die offizielle Anzeige über Ihre Prämierung erhalten haben, und nur wenn Ihnen diese Anzeige die Zuerkennung einer der höchsten Auszeichnungen bestätigt; für den Fall, daß unsere Bemühungen nicht den gewünschten Erfolg haben sollten, tragen wir sämtliche Kosten, sodaß Sie bei einem event. Mißerfolg keinerlei Zahlung zu leisten haben! Ausstellungen mit ähnlichen hochtrabenden Namen und der Zusicherung von Auszeichnungen gegen Bezahlung eines Be trages werden von Herrn Haeusser offenbar gewerbsmäßig veranstaltet. Erst in Nr. 73 von 1903 berichteten wir über eine »Internationale Ausstellung in Rom, Oktober bis Dezember 1903«, bei deren Veranstaltung sich »Häußer & Cie.« 22, Place des Vosges in Paris, als »Generalkommissare« der ausländischen Sektion beteiligten. Bei dieser Ausstellung kostete eine »würdige Auszeichnung« nur 110 M. Die preußische Regierung hat vor Jahresfrist eine strenge Verordnung erlassen, wonach die Be hörden die volle Strenge des Gesetzes gegen diejenigen an wenden sollen, die von derartigen Ausstellungen verliehene Auszeichnungen auf Briefköpfen und dergl. benutzen. Gegen die ausländischen Veranstalter solcher Ausstellungen sind die Behörden machtlos. Wir hoffen, daß kein deutscher Gewerbetreibender der Einladung des Herrn Häußer folgen wird. Berliner Papier- und Schreibwaren-Neuheiten Eigenbericht. Nachdruck verboten In der bisher üblichen Art, den Gästen die Folge der Speisen einfach aufzuzählen und die dazu dienenden Karten mit einigem Bildschmuck zu versehen, scheint ein fein fühliger Poet krassen Materialismus erkannt zu haben. Und der Empfindung nachgebend, daß das Materielle sich alle mal von möglichst vielem Geist umgeben darstellen müsse, um ansprechend wirken zu können, hat er eine Tafelkarte geschaffen, die in ihrer originellen und künstlerischen Art Gastgebern und Fabrikanten als Vorbild dienen könnte. Diese bei Herrn Hofgraveur Franz Otto ausgestellte Karte ist in folgender Weise ausgestattet. Linksseitig sieht man eine Tafel, die aus der sie umgebenden Illustration ausgespart ist, mit folgender Dichtung: »Herr Ritter Kunz von Nimmersatt Ein Drachentier erjaget hat, Das trug er wohlgemut nach Haus Und briets am Spieß zum Abendschmaus, Verspeiste es in guter Ruh. Der Herold schaut betrüblich zu, Denn leider ist der Drachenbraten Für zwei doch gar zu klein geraten. Doch mög’ er nur das Blättchen wenden, Alsbald wird sich sein Kummer enden.« Und während nun der Raum rechts von der Tafel von dem Ritter ausgefüllt wird, der in Sporenschuhen mit langem Schnabel, den Helm auf dem Kopf, den Bratspieß dreht, nimmt dieser selbst mit dem daraufhängenden Drachen den oberen Teil des Vorderblattes ein, indem der Herold, der »betrüblich zuschaut«, auf einem Wappenschild dargestellt, die linke obere Ecke ausfüllt. Einzelne Teile dieses ganz im Schwarzdruck gehaltenen Bildes, wie der Kater, den sich der Ritter zur Helmzier gewählt hat, die scharfen Spitzen seiner Schuhe und die Dampfwolken des bratenden Drachen überragen den Rand. Auf dem angebogenen zweiten Blatt folgt dann der Küchen zettel. Derartige Poesien, die durchaus nicht klassische Form brauchen, aber humorvoll sein müssen, könnten viel dazu bei tragen, die fröhliche Stimmung der Gäste zu erhöhen. Man könnte aber auch vor allem die Gastkarten, da den zusammen gewürfelten Paaren mitunter der Unterhaltungsstoff ausgeht, auf der Rückseite mit einem Rätsel bedrucken, dessen Lösung neue Anregung bietet, oder man bedruckt sie mit einer unvoll ständigen Strofe, zu welcher der Tischnachbar dann den Reim suchen muß. Die sogenannten »Leberreime« lassen sich da als Vorbild benutzen: z. B.: »Die Leber ist von einem Hecht und nicht von einem — Riesen« ... Je schwerer es ist, zu dem Reimwort den Gleichklang zu finden, desto mehr Heiterkeit verursacht das Dichten. Diese Karten müßten dann mit den verschiedensten Reimsprüchen bedruckt werden, damit die Gastgeber Auswahl haben. Auf Tafelkarten zur grünen Hoch zeit bemerkt man in letzter Zeit bisweilen ein Bild in Schwarz druck, durch welches der Stand des Bräutigams angedeutet wird, für einen Seemann z. B. Schiffe auf See, für einen Land mann ein Gutshof mit Scheunen und Ackergeräten, für einen Maler ein Atelier usw. Dies sind einzelne Karten, auf welchen Linieneinfassungen das am oberen Rand stehende Bild um geben und sich nach unten um die Speisenfolge herumlegen, oder auch Doppelkarten, die auf dem Vorderblatt den vor genannten Bildschmuck in Verbindung mit dem Namenszug oder den Bildnissen des Brautpaares zeigen, während die Speisenfolge auf dem zweiten Blatt steht. In Zukunft würde man die Hochzeitskarten so einzurichten haben, daß auch der Beruf der Braut darauf hervortritt, denn eine Künstlerin, Schriftstellerin, Aerztin, Lehrerin bleibt häufig in dem Beruf, zu welchem sie vorgebildet wurde, auch nach der Heirat tätig. Besonders reich ausgestattet war eine Doppelkarte mit zwei