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Nr. 94 PAPIER-ZEITUNG 3379 Retire-Ware Punkt 12 der Verkaufsbedingungen des Vereins deutscher Papier- fabrikanten stellt fest, daß der Besteller einer besonders anzufertigenden Sorte von der Gesamtmenge bis zu 16 pCt. zweite Wahl (Retir) zu genehmigen hat. Diese Bedingung wird jedoch noch weniger allge mein anerkannt, als die Verpflichtung, 10 pÖt. (bezw. 30 pCt.) mehr als bestellt abzunehmen. Wo ich es irgendwie durchsetzen kann, nehme ich überhaupt keine Retir-Ware ab, da die Kundschaft zwischen Retire-, Partie- und Aus schußware nicht den geringsten Unterschied macht. Die Ausschuß ware kann meistens nur für sehr minderwertige Zwecke verwendet werden; in jedem Falle aber wollen die Verbraucher solche Ware halb geschenkt haben. Meine Zellstoffseiden-Lieferantin besteht bei weiß Seiden stets auf Abnahme des Retirs, welches ich nur mühsam anbringen konnte. Schließlich schrieb ich der Fabrik vor, das Retire nicht auszusortiren und mir das Papier dementsprechend billiger zu berechnen. Ich habe dies für die Folge stets wieder so gehalten und nicht eine einzige Klage dadurch bekommen. Die an sich sehr geringfügigen Fehler fallen nämlich gar nicht auf, wenn die in Format oder Dicke ab weichenden Bogen gleichmäßig unter die reguläre Ware gemischt sind; sogar wenn im Ries ein paar beschädigte Bogen vorkommen, so müßte es schon ein sehr kleinlicher Mensch sein, der wegen eines halben Pfennigs reklamiren würde. Von einem Kartonpapier (für Verpackungszwecke) hatte ich lange eine kleinere Menge in zweiter Wahl am Lager, die ich nicht los werden konnte, weil mir niemand den von mir als »nicht ganz tadel lose Ware« angebotenen Karton abnehmen wollte. Als mir einmal unvorhergesehener Weise die reguläre Ware vollständig ausgegangen war, lieferte ich, durch die Verlegenheit gezwungen, das erwähnte Pöstchen an meinen besten Abnehmer als reguläre Ware. Nach etwa acht Tagen hatte ich wieder eine neue Anfertigung im Hause und nun beeilte ich mich, dem Kunden von dem soeben bemerkten »Ver sehen« Mitteilung zu machen. Dieser war außerordentlich erstaunt darüber — daß ei’ an dem noch vorhandenen Reste gar keine Fehler finden konnte. Seitdem habe ich auch dieses Kartonpapier stets un- sortirt bezogen. Für Holzfrei-Schreibpapier habe ich zwei sehr bedeutende Druckereien in Kundschaft. Die eine nimmt grundsätzlich nur regu läre Ware, und für die andere kann ich kaum genug zweite Wahl auf treiben. Hierüber habe ich mich anfänglich riesig gewundert, jedoch mußte ich dem betreffenden Druckereibesitzer zugestehen, daß die schwarzen Pünktchen und dergleichen nach dem Druck kaum noch aufzufinden waren. Für feinere Arbeiten wurde das Retir natürlich nicht genommen. In Pergamynpapieren ist es ja bekannt, daß Retireposten stets sehr gesucht sind, da die etwaigen Fehler bei der Verpackung von Pleischwaren nicht in Betracht kommen. Es wäre wünschenswert, wenn auch andere Herren ihre Erfahrungen zu dieser Frage, sowohl in praktischer als auch rechtlicher Beziehung, hier veröffentlichen würden. R. Im rechtschaffenen Handel verkauft man keine Ware unter falscher Flagge, sondern entweder Ausschuß oder »unsortirte« oder regelrechte Ware. Paraffin-Papier Wir wären Ihnen für Beantwortung folgender Fragen, die Fabrikation von Paraffin-Papier oder Wachspapier betreffend, sehr dankbar. a) Wird Wachs oder Paraffin durch fortwährende Wärmezufuhr in Rinnen unverdünnt flüssig gehalten und mit einer Welle, ohne in die Flüssigkeit einzutauchen, nur durch Berührung des oberen Teiles der Walze aufgetragen? b) Falls die Flüssigkeit verdünnt wird, welches sind die Ver dünnungsmittel, wenn es sich um Papiere handelt, die zur Verpackung für Eßwaren dienen, daher möglichst geruch- und geschmacklos sein müssen? c) Wird das Papier, nachdem es die Auftragerolle passirt hat, durch Lineale oder durch Pressung mit Heißwalzen vom Ueberschuß befreit und dann vollständig fertig und versandfähig aufgerollt, oder kann man die Walzenauftragung durch schnelleres oder langsameres Laufenlassen der Walze gleich so gut regeln, daß kein Ueberschuß vorhanden und dadurch auch kein Abpressen oder Abstreichen not wendig wird? d) Muß man bei Papier für Eßwaren eine besonders gute Sorte von Wachs oder Paraffin nehmen, und welche von diesen beiden, einander wohl sehr ähnlichen ist dabei vorzuziehen? e) Womit ist das im Handel befindliche flüssige Paraffin gelöst? f) Welche Rohstoffe sind für den gedachten Zweck am ge eignetsten, woher bezieht man sie am besten, und welche Preislage haben sie ungefähr? X. & Y. Die Papier-Zeitung hat in früheren Jahrgängen mehrere Verfahren zur Herstellung von Paraffin-Papier beschrieben, wir selbst haben darin keine Erfahrung und wissen nicht, ob man nach den bekannt gewordenen Vorschriften und Patent- Beschreibungen erfolgreich arbeiten kann. Wie bei der Her stellung anderer Sondererzeugnisse werden bei'Paraffin-Papier die Herstellungsverfahren von den wenigen erfolgreichen Fabrikanten möglichst geheim gehalten. Vielleicht kann ein Lieferant von Maschinen zu diesem Zweck Auskunft geben. Unfall-Gefahr in Wellpapierfabriken Wir werden von der Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft um Zahlung eines Beitrags von 710 M. 64 Pf. ersucht. Obwohl in dem Gefahren-Tarif die Wellpapierfabriken mit der Gefahren-Ziffer 100 an gegeben sind, legten wir doch gegen einen so hohen Betrag Protest ein. In den paar Jahren des Bestehens unserer Fabrik ist nur ein einziger Unfall vorgekommen, und auch dieser Unfall hatte nichts mit der Fabrikation zu tun; einem Arbeiter auf dem Hofe fiel infolge unvor sichtigen Hantirens ein Ballen auf die Kniee. Die 710 M. 64 Pf. stehen nicht im Verhältnis zu unserm kleinen Betriebe. Wir haben gegen die Besteuerung Beschwerde beim Reichs-Versicherungsamt er hoben, sind aber nicht durchgedrungen. Da wir die Gefahrenziffer 100 für eine Wellpapierfabrik als ungerechtfertigt halten, bitten wir Sie, uns zu raten, was wir in der Sache weiter tun sollen. Wir empfinden eine derartige Belastung als eine große Härte. Wellpapierfabrik. Der Entscheidung des Reichs - Versicherungsamts ent nehmen wir: Auf die Eingabe vom 1. September 1903. Ihre Beschwerde gegen die Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft wegen der Einschätzung Ihres Betriebs zur Gefahrenklasse AA mit der Ziffer 100 hat das Reichs-Versicherungsamt nicht für begründet erachtet. Nach dem Wortlaut des vom 1. Januar 1902 ab gütigen, vom Reichs-Versicherungsamt genehmigten Gefahrentarifs gehören Well papierfabriken mit Kraftbetrieb zur Gefahrenklasse AA mit der Ge fahrenziffer 100. Die dementsprechende Veranlagung Ihres Betriebs und die darauf gegründete Beitragsberechnung (zu vergleichen § 29 des Gesetzes) sind daher durchaus einwandfrei. Eine rein willkürliche Herabsetzung der Gefahrenziffer ist nicht angängig, denn diese Ziffern beruhen auf.den Ergebnissen der Unfall statistik und stellen das Verhältnis der„Unfallgefährlichkeit dar, - in welchem eine Betriebsgruppe zu den übrigen, einer Berufsgenossen schaft angehörenden Betriebsarten steht. Zeigt sich bei der von Zeit zu Zeit vorzunehmenden Revision des Gefahrentarifs (zu vergleichen § 49 Abs. 5 des Gesetzes), daß die Belastungsziffer und mit ihr die Gefahrenziffer einer Betriebsart sich gegen früher erheblich erhöht hat, so ist damit erwiesen, daß die Unfallentschädigungen innerhalb der betreffenden Betriebsgruppe zugenommen haben, letztere also der Be rufsgenossenschaft ein erhöhtes Unfallrisiko bereitet hat. Dabei kommt nicht in Betracht, ob in einem bestimmten Betriebe Unfälle vorge kommen sind oder nicht, denn die gesetzmäßige Einrichtung der Be rufsgenossenschaften beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen ge meinsamen Verpflichtung; im übrigen kann das zurzeit in einem Be triebe günstige Verhältnis durch den Eintritt schwerer Unfälle jeder zeit in das Gegenteü umschlagen. Gute Betriebsmittel können an der tarifmäßigen Veranlagung ebenfalls nichts ändern, denn normale Verhältnisse, gute, regelrechte Einrichtungen und das Vorhandensein aller bekannten und üblichen Schutzvorrichtungen werden bei allen Betrieben vorausgesetzt (Ziffer 4 Abschnitt III des Tarifs). Auf den Delegirten-Versammlungen der Papierverarbeitungs- Berufsgenossenschaft wurden wiederholt Klagen über zu hohe Gefahrenziffern einzelner Betriebsgruppen laut, aber der Vor stand konnte stets zahlenmäßig nachweisen, daß die Unfall belastung der letzten fünf Beobachtungsjahre jener Gruppen die festgesetzte Gefahrenziffer rechtfertige. Gewisse Betriebe haben sogar höhere Belastung als der Ziffer 100 entspräche, werden aber nicht höher besteuert, da man über die Zahl 100 nicht hinausgeht. Da Einsender den Instanzenweg erschöpft hat, kann er, um das vermeintliche Unrecht abzuwehren, nichts anderes tun, als den Genossenschafts-Vorstand ersuchen, er möge prüfen, ob nicht die Ergebnisse der neueren Beobachtungs jahre eine Herabsetzung der Gefahrenziffer für Wellpapier- Fabriken rechtfertigen. Einsender könnte sich zu diesem Behuf mit seinen engeren Fachgenossen in Verbindung setzen. Papiermacher-Sang und Klang. Dieses in Nrn. 63 und74 von 1903 beschriebene Werk Heino Castorfs hat, wie uns mitgeteilt wird, dem »Hilfsverein für die deutsche Papierindustrie« bereits einen Reinertrag von über 2000 M. eingebracht, eine außerordentlich wertvolle Beihilfe für den Verein, der fast täglich angerufen wird, Not und Elend erwerbsloser Papiermacher und bedürftiger Witwen und Waisen derselben zu lindern. Auch die zweite Auflage der Gedichtsammlung ist vergriffen, und der Hilfs verein beabsichtigt nunmehr eine billige Ausgabe zum Preise von 1 M. das Exemplar herzustellen, falls genügend Voraus bestellungen einlaufen. Diese billige, aber dennoch vorzüglich ausgestattete Ausgabe dürfte als Weihnachtsgeschenk für Kontorbeamte, Werkführer, Arbeiter usw. willkommen sein. Bestellungen sind an Herrn Direktor A. Schinkel in Penig,. Vorsitzenden des Hilfsvereins, erbeten.